Bundesregierung scheitert erneut bei Reduzierung der Versuchstierzahlen

Pressemitteilung des Deutschen Tierschutzbundes vom 9. Dezember 2020

2019 wieder fast drei Millionen Tiere „verbraucht“

Der Deutsche Tierschutzbund übt scharfe Kritik an der Bundesregierung, die es entgegen aller Versprechungen und Ziele ein weiteres Jahr versäumt hat, die Zahl der in Versuchen „verbrauchten“ Tiere zu verringern und endlich zielführende Maßnahmen zu ergreifen, um mittel- bis langfristig aus Tierversuchen auszusteigen. Im Gegenteil: Aktuell veröffentlichte Zahlen des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) zeigen, dass die Gesamtzahl der Tiere leicht gestiegen ist: 2019 wurden 2.202.592 Tiere in Versuchen verwendet, weitere 699.756 wurden ohne vorherige Versuche getötet, um ihre Organe und Gewebe zu verwenden. Damit wurden insgesamt 2.902.348 Tiere für wissenschaftliche Zwecke verwendet; im Vorjahr waren es 2.825.066 Tiere.

„Die Bundesregierung scheitert seit Jahren krachend daran, die Zahl der Tiere, die in Versuchen leiden müssen, zu verringern“, kommentiert Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes. „Damit wird sie ihren eigenen Ankündigungen im Koalitionsvertrag nicht gerecht, sich intensiv für die Erforschung und Anwendung von Ersatzmethoden einzusetzen und fühlt sich offensichtlich auch nicht an das gemeinsame Ziel der EU gebunden, dass Tierversuche langfristig ersetzt werden sollen. Die Bundesregierung muss endlich eine Ausstiegsstrategie erarbeiten, die vorsieht, tierversuchsfreie Forschung mit ausreichenden Fördergeldern zu bedenken statt jährlich Fördergelder im Milliardenbereich in Forschung zu pumpen, die auf Tierversuche setzt“, so Schröder.

Dass die Versuchstierzahlen nicht sinken führt der Tierschutzbund unter anderem darauf zurück, dass die zuständigen Behörden die Unerlässlichkeit und ethische Vertretbarkeit eines Tierversuchsantrags nicht eigenständig und unabhängig von den Angaben und Bewertungen der antragstellenden Wissenschaftler prüfen dürfen. Selbst nach einer Rüge durch die EU-Kommission und der Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen Deutschland scheut sich die Bundesregierung weiterhin davor, die gesetzlichen Regelungen zu Tierversuchen in Deutschland endlich mit den Vorgaben der EU in Einklang zu bringen.

Knapp die Hälfte der Versuchstiere für Grundlagenforschung verwendet

2019 diente mit 47 Prozent der Großteil der verwendeten Tiere nach wie vor der reinen Grundlagenforschung – also für Versuche ohne konkreten oder absehbaren Nutzen für den Menschen. Bei den verwendeten Tierarten kamen mit 69 Prozent vor allem Mäuse zum Einsatz, gefolgt von Fischen (14 Prozent) und Ratten (9 Prozent). Die Anzahl der Fische stieg von 227.434 im Vorjahr auf 394.115, also um ganze 42 Prozent. Aber auch 94.679 Kaninchen und 3.527 Hunde mussten in Versuchen leiden. Die Zahl der verwendeten Katzen lag bei 954 Tieren, eine Steigerung um 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.  Die Zahl der Affen stieg um 3 Prozent auf 3.443 Tiere. Insgesamt 111.596 Tiere, mussten den höchsten Grad an Schmerzen, Leiden und Schäden erleiden. Bei fast einer Million Tiere wurde deren Erbinformation manipuliert, um sie künstlich krank oder dem Menschen ähnlicher zu machen.

Experteneinschätzung: Der Weg des geringsten Widerstands verfehlt das EU-Klimaziel

Pressemitteillung des Potsdamer Instituts für Klimafolgenforschung vom 9. Dezember 2020


Versteckte Risiken und Chancen zu den EU-Szenarien zum 55%-Ziel 2030
Wenn die Europäische Union ab Donnerstag über ein ehrgeizigeres EU-Klimaziel 2030 auf dem Weg zur Klimaneutralität 2050 entscheidet, geht es dabei um mehr als um eine bloße Willensbekundung zu größeren politischen Anstrengungen. Die Zielsetzung überformt auch die deutsche Klimapolitik. Expertinnen und Experten des Kopernikus-Projekts Ariadne zur Energiewende haben jetzt zentrale Szenarien der EU-Kommission durchleuchtet. Setzt die EU weiter auf einen bunten Mix von Instrumenten ohne klares Konzept für deren Zusammenspiel, läuft sie Gefahr, an ihren neuen Zielen zu scheitern, zeigt die Analyse.

Drei Politikpfade in Form unterschiedlicher Szenarien sieht die EU-Kommission als zielführend und hat sie zur Debatte gestellt: Die EU könnte entweder regulative Maßnahmen verstärken, insbesondere durch eine starke Intensivierung der Politiken im Erneuerbaren Energien- und Energieeffizienzbereich. Sie könnte auch die CO2-Bepreisung durch Einführung eines Emissionshandels in den Bereichen Transport und Gebäude sowie für kleinere Industrieanlagen zum zentralen Leitinstrument machen. Oder sie könnte mit dem bisherigen Politikmix voranschreiten, in dem regulative Maßnahmen verstärkt werden, während der bestehende Emissionshandel für große Energie- und Industrieanlagen um einzelne Sektoren erweitert wird oder ein zweiter, neuer Emissionshandel parallel aufgebaut wird. Jetzt haben Forschende aus dem BMBF-geförderten Kopernikus-Projekt Ariadne diese Politikpfade zum 55-Prozent-Ziel bis 2030 auf zwei entscheidende Faktoren untersucht: einerseits die kurzfristige Umsetzbarkeit und andererseits die langfristige Wahrscheinlichkeit der Zielerfüllung der Pfade. 

 „Alles auf Regulierung“ oder „Alles auf CO2-Bepreisung“?


In dem Regulierungs-Szenario würde die EU ihre Maßnahmen bei Energieeffizienz und Erneuerbaren Energien intensivieren. „Dieser Pfad kann tiefe Eingriffe in nationale Energiestrukturen bewirken. In einem solchen Fall hat die EU bei Vorbehalten der Mitgliedstaaten nicht die rechtliche Kompetenz, diese Maßnahmen zu erlassen“, erklärt die Politikwissenschaftlerin und Professorin Michèle Knodt von der TU Darmstadt, Mitglied des Ariadne-Konsortiums und Direktorin des Jean Monnet Centre of Excellence „EU in Global Dialogue“. Allerdings biete dieses Szenario eine hohe Wahrscheinlichkeit der langfristigen Zielerfüllung: „Das Regulierungs-Szenario kann als ein in sich schlüssiges Gesetzespaket durch das Leitinstrument der EU-weiten Ziel- und Maßnahmenverschärfungen im Bereich der Erneuerbaren Energien und Energieeffizienz funktionieren. Voraussetzung ist aber, dass die bisherigen Durchsetzungsmechanismen der EU-Kommission gegenüber den Mitgliedstaaten, etwa durch Sanktionsmechanismen, verschärft werden.“

In dem preisbasierten Szenario der EU-Kommission würde der CO2-Preis etwa durch einen stark ausgeweiteten Emissionshandel mit den neuen Sektoren Schifffahrt (intra-EU), Gebäude und Verkehr zum zentralen Leitinstrument. Dieser Pfad ist herausfordernd, weil die Politik und letztlich die Wirtschaft bereit sein müssen, gegebenenfalls sehr hohe CO2-Preise zu akzeptieren. „Diese Hürden ließen sich jedoch durch eine faire und sozial gerechte Ausgestaltung der CO2-Bepreisung überwinden. Gäbe es vor diesem Hintergrund in der EU die Bereitschaft für hohe CO2-Preise, überzeugt ein einheitlicher CO2-Preis über alle Mitgliedstaaten und Sektoren hinweg als schlüssiges kosteneffizientes Leitinstrument bei hoher Glaubwürdigkeit in der Zielerfüllung“, sagt der Klimaökonom und Professor Ottmar Edenhofer, Leiter des Projekts Ariadne und Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung sowie des Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change.  

Zügig weiter auf dem Mittelweg? Der gewohnte Politikmix läuft Gefahr, sein Ziel zu verfehlen

„Als Mittelweg erscheint eine Veränderung des vertrauten Instrumenten-Mix als der Pfad, der kurzfristig am leichtesten in der EU durchsetzbar sein dürfte. Doch der Weg des geringsten Widerstands könnte langfristig Risiken bergen“, erläutert die Juristin und Professorin Sabine Schlacke von der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, Mitglied des Ariadne-Konsortiums. Ein Politikmix-Szenario funktioniere nur, wenn die sich teilweise überlappenden und unter Umständen auch gegenläufigen Instrumente und Durchsetzungsmechanismen für die Einhaltung der Ziele aufeinander abgestimmt werden. „Werden diese Inkohärenzen nicht adressiert und vorausschauend in das EU-Politikpaket eingearbeitet, bietet ein Mix am Ende nicht das Beste aus zwei Politikwelten, sondern führt im Gegenteil durch einander behindernde Maßnahmen am Klimaziel vorbei“, fasst Schlacke zusammen.

Ein glaubwürdiger Politikmix sollte deshalb nach einem klaren Regulierungsprinzip an den Klimaschutzzielen und aufeinander abgestimmten Instrumenten ausgerichtet werden, so die Einschätzung der Expertinnen und Experten des Kopernikus-Projekts Ariadne. Etwa entlang eines Leitinstruments zur Emissionsreduktion wie der CO2-Bepreisung, an dem regulatorisch flankierende Instrumente gezielt nicht erfasste Hemmnisse wie etwa den beschleunigten Ausbau der Infrastruktur adressieren. Letztlich sollte ein Politikmix auch mit einem kontinuierlichen Anpassungsmechanismus ausgestattet werden, der die Zielerfüllung regelmäßig überprüft, fortentwickelt und sich an veränderte Rahmenbedingungen anpasst, etwa durch einen unabhängigen wissenschaftlichen Beirat. Für die Reform des regulatorischen Rahmens, für die die EU Kommission im nächsten Jahr erste Vorschläge vorlegen will, sollte dies dringend berücksichtigt werden, schließen die Fachleute. Sonst könnte der gerade erst mit dem Green Deal eingeschlagene Weg bereits auf den ersten Metern scheitern.

Tierschutzbündnis spricht sich für Ende der Käfighaltung aus

Pressemitteilung von „Vier Pfoten“ vom 9. Dezember 2020

Hamburg, 09. Dezember 2020 – Ein breites Tierschutzbündnis appelliert in einem Brief an den Vorsitzenden der Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL), Prof. Dr. Peter Strohschneider, den Ausstieg aus der Käfighaltung während der Sitzung am 14. Dezember als zentralen Schritt für den notwendigen Umbau der Tierhaltung anzuerkennen. Eine aktuelle Umfrage und der Erfolg der europäischen BürgerInneninitiative „End The Cage Age“ zeigen, dass ein Großteil der Deutschen die Käfighaltung von Tieren in der Landwirtschaft ablehnt.

81 Prozent der Deutschen halten es für Tierquälerei, landwirtschaftlich gehaltene Tiere in Käfige zu sperren – 76 Prozent unterstützen ein Käfigverbot. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage, die das Meinungsforschungsinstitut YouGov im Auftrag von Animal Equality, Compassion in World Farming, Humane Society International – Europe, VIER PFOTEN, WeMove Europe und World Animal Protection Netherlands durchgeführt hat. Das Institut befragte im September 2.156 TeilnehmerInnen in Deutschland. 80 Prozent der Befragten stimmen zu, dass die EU einen Teil der Agrargelder für den Übergang zu käfigfreier Haltung nutzen sollte. Käfige sind noch immer Teil vieler Haltungssysteme wie beispielsweise der Kastenstand für Sauen oder Einzelkäfige für Kälber.

„Die Zahlen sind unmissverständlich – wir fordern, dass das Ende der Käfighaltung am 14. Dezember in der Kommission intensiv diskutiert wird und im Abschlussbericht eine zentrale Rolle einnimmt. Die Aufgabe der Zukunftskommission Landwirtschaft ist schließlich die Entwicklung von Empfehlungen für eine zukunftsfähige Landwirtschaft, die von der Bevölkerung akzeptiert wird. Und um dieses Ziel zu erreichen, ist eine europaweite Abschaffung der Käfighaltung mit weiteren Maßnahmen für den Tier- und Umweltschutz essenziell“, sagt Maria Geußer, Country Representative Germany, Compassion in World Farming.

Der Erfolg der Europäischen BürgerInneninitiative (EBI) End The Cage Age stützt die aktuellen Umfrageergebnisse. Mit der EBI haben sich 1,4 Millionen Menschen gegen die Käfighaltung ausgesprochen – aus Deutschland kamen davon rund ein Drittel der Unterschriften (474.753).

„Käfighaltung ist das Sinnbild für die Misshandlung von Tieren in der Intensivtierhaltung. Deutschland muss beim Thema Tierschutz in der Landwirtschaft eine Vorreiterrolle einnehmen und Haltungssysteme verbieten, in denen Tiere systematisch eingesperrt werden und keinerlei arteigenes Verhalten ausüben können. Die Zukunftskommission Landwirtschaft sollte das Ende der Käfighaltung als zentralen Schritt für den notwendigen Umbau der Tierhaltung anerkennen. Einen strukturellen Wandel und gesellschaftliche Akzeptanz werden wir nur mit tiergerechten Haltungsbedingungen erreichen“, so Femke Hustert, Leiterin der Hauptstadtrepräsentanz VIER PFOTEN.
 
Die ZKL sollte darüber diskutieren und in den Abschlussbericht übernehmen, dass  

  • … Deutschland sich in der EU für ein Verbot der Käfighaltung einsetzt und die EBI im EU-Rat unterstützt. Konsequenterweise muss das Verbot auch für importierte und verarbeitete Produkte gelten.    
  • … sich die ZKL zu einer landwirtschaftlichen Tierhaltung ohne Käfige bekennt und konkrete Schritte vorschlägt, wie Deutschland die Abschaffung der Käfighaltung in der EU voranbringen kann. Dazu gehört z.B. auch, die Herstellung und den Export von Käfigsystemen sowie die Übernahme von Exportkreditgarantien durch die Bundesregierung zu stoppen.

Hinweise zur Methodik der YouGov-Umfrage

Alle Zahlen stammen, sofern nicht anders angegeben, von YouGov Plc.
Die Stichprobengröße in Deutschland betrug 2.156 Erwachsene. Die Feldforschung wurde zwischen dem 23. Und 25. September 2020 durchgeführt. Die Erhebungen wurden online durchgeführt. Die Daten wurden gewichtet und sind repräsentativ für alle deutschen Erwachsenen (über 18 Jahre).

Die Befragten wurden gebeten, diese Informationen vor der Befragung zu lesen: “ In der Europäischen Union (EU) werden mehr als 300 Mio. Tiere in landwirtschaftlicher Haltung (z. B. Hühner, Schweine, Kaninchen, Enten, Gänse, Kälber etc.), die für die Produktion von Lebensmitteln bestimmt sind, in Käfigen gehalten. Einige Menschen argumentieren, dass die durch Käfige verursachte Haltung auf engem Raum und die Einschränkung der natürlichen Bewegung nicht vertretbar ist. Andere vertreten die Ansicht, dass Käfige für die Kosteneinsparung in der Landwirtschaft notwendig sind, da sie eine größer angelegte Tierhaltung ermöglichen.“

Tesla darf Geschwindigkeit nicht über Qualität stellen

Pressemitteilung des NABU Brandenburg vom 7. Dezember 2020

Zweite Rodungszulassung auf dem gerichtlichen Prüfstand

Potsdam/Grünheide, 07.12.2020: Die Brandenburger Landesverbände vom NABU und der Grünen Liga reichten heute beim Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) einen gerichtlichen Eilantrag ein.  Dieser richtet sich gegen die vorzeitige Zulassung der Fällung von weiteren 82,8 Hektar Wald  auf dem für die Tesla-„Gigafatory“ vorgesehenen Grundstück in Grünheide (Mark).

Unter Missachtung diverser artenschutzrechtlicher Vorschriften sollen jetzt erneut Fakten geschaffen werden, obwohl noch immer keine Genehmigung für den Bau der Fabrik vorliegt. Sowohl im Erörterungstermin als auch im Rahmen mehrerer Akteneinsichten wurde immer wieder deutlich, dass die Planungen für die Fabrik noch immer keinen Endstand erreicht haben und damit keine abschließende Aussage über die Genehmigungsfähigkeit getroffen werden kann. Dennoch werden in fast schon blindem Aktionismus Zulassungen erteilt und von Tesla ohne endgültige Genehmigung bereits 30 Prozent der Baukosten einer Gigafabrik verbaut, wodurch eine ergebnisoffene Bewertung des Antrages immer schwieriger erscheint.

„Auch Tesla kann und darf nicht über dem Gesetz stehen. Der Tesla-Antrag muss genauso sorgfältig geprüft werden, wie das bei jedem anderen Antragsteller der Fall ist,“ sagt Heinz-Herwig Mascher, Vorsitzender des Grüne Liga Brandenburg e. V.. „Das ist bei dem von Tesla geforderten Tempo nur mit enormem personellen Einsatz in den Behörden und auf der Grundlage solider Planungen möglich.“

„Zu einer soliden Planung hätte auch der bestmögliche Schutz streng geschützter Tierarten gehört. Wo doch alle Experten wissen, dass selbst nach zwei Jahren intensivem Fang kaum auszuschließen ist, dass bei einer solchen Baumaßnahme Zauneidechsen und Schlingnattern getötet werden, wird hier behauptet, man könne sich bereits nach zwei Monaten sicher sein, alle Tiere abgefangen zu haben.“ berichtet Christiane Schröder, Geschäftsführerin des NABU Landesverband Brandenburg und stellt fest: „Das ist vollkommen unmöglich.“

Zudem umfasst diese Rodungsgenehmigung Flächen, die noch nicht einmal Bestandteil des Genehmigungsverfahrens sind, womit unklar ist, wie diese dann in die vorzeitige Zulassung aufgenommen werden konnten.

Insgesamt bietet das Verfahren noch immer mehr Fragen als Antworten, von denen einige nun das Gericht klären helfen soll.

Kommentar des deutschen Tierschutzbundes vom 7. Dezember 2020

Aufgrund der aktuellen Bauernproteste gegen den Lebensmitteleinzelhandel lädt Niedersachsens Agrarministerin Barbara Otte-Kinast nach Informationen des Deutschen Tierschutzbundes und seines Landestierschutzverbands Niedersachsen heute Nachmittag zu einem Krisengipfel. Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, kommentiert zu den damit verbundenen Forderungen nach höheren Preisen für die Erzeuger:

„Nach wie vor unterbietet sich der Handel mit immer neuen Billigangeboten für tierische Produkte. Mehr Tierschutz lässt sich damit in den Ställen nicht umsetzen. Da reicht es auch nicht, wenn sich u.a. Lidl zu weiteren Zahlungen an die Initiative Tierwohl bereiterklärt – das ist reiner Ablasshandel. Die Sünde, ein krankes System mit politischer Rückendeckung und vollem Bewusstsein mit Vollgas vor die Wand zu fahren, die kann nicht erlassen werden. Der Handel muss sich endlich auch seiner ethischen Verantwortung stellen und damit aufhören, Fleisch, Milch und Eier regelrecht zu verramschen. Mit dieser Billigpreispolitik können gerade die umstellungsbereiten Landwirte kein Vertrauen finden, in mehr Tierschutz zu investieren. Tiere haben einen Wert und weit mehr verdient als ein Billigpreis-Etikett.

Bei allem Verständnis für die Sorgen und auch Not der Landwirte, die um ihre Existenz bangen: Höhere Preise allein werden es nicht richten. Indem nur die Wertschöpfung des Handels erhöht wird, wäre weder Tier noch Landwirt geholfen. Das ganze kaputte System hat keine Zukunft mehr – und darf sie nicht mehr haben. Nach wie vor wird Tierleid durch den Gesetzgeber gedeckt. Die allein auf Wachstum und Export ausgerichtete Agrarpolitik – nach dem Prinzip „Immer billiger und immer größer“ – funktioniert nur auf Kosten der Tiere und letztlich auch der Landwirte. Alle Beteiligten brauchen daher jetzt Planungssicherheit, die nicht Status Quo heißen darf, sondern Veränderung. Es braucht einen wirklichen Wandel hin zu mehr Tier-, Umwelt- und Klimaschutz in der Landwirtschaft.“

Geflügelpest bei Graugans im Havelland festgestellt

Pressemitteilung des Landkreise Havelland vom 4. Dezember 2020

Im Landkreis Havelland ist ein Vogel positiv auf die Geflügelpest (umgangssprachlich auch Vogelgrippe) getestet worden. Die flugunfähige Graugans wurde am 29. November 2020 an der Havel in der Nähe von Hohennauen auf einer Weide aufgefunden und an das Landeslabor Berlin-Brandenburg zur Untersuchung eingesandt. Das positive Untersuchungsergebnis wurde am 3. Dezember 2020 vom Friedrich-Loeffler-Institut Insel Riems bestätigt. Weitere Maßnahmen sind derzeit in Abstimmung.

In der näheren Umgebung des Fundortes sind keine größeren Geflügelhaltungen bekannt. Bisher wurden auch keine Erkrankungen aus den Hausgeflügelbeständen gemeldet. Alle Halter von Geflügel sind zur Wachsamkeit aufgerufen. Die vorgeschriebenen Biosicherheitsmaßnahmen sind unbedingt einzuhalten. So ist etwa jeder direkte oder indirekte Kontakt zwischen Wildvögeln und Nutzgeflügel zu vermeiden.

Aufräumen in der Heimat der Küchenschelle – Renaturierung des Schlagsdorfer Hügels ist ELER-Projekt im Dezember

Pressemitteilung des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz vom 4. Dezember 2020

Luckau – Das ELER-Projekt Dezember zeigt, wie im Naturpark Niederlausitzer Landrücken / Landkreis Teltow-Fläming Fördermittel aus dem Agrarumweltministerium bei der Umsetzung der Ziele des europaweiten Schutzgebietsnetzes Fauna-Flora-Habitat (FFH) zum Einsatz kommen.

Das FFH-Gebiet „Schlagsdorfer Hügel“ im Naturpark Niederlausitzer Landrücken ist nach dem ehemaligen Ort Schlagsdorf benannt, den es heute nicht mehr gibt. Bei dem Hügel liegt eine kleine, trockene Geländekuppel, die von Äckern und Windkraftanlagen umgeben ist. Die auf den ersten Blick unscheinbare Erhebung ist jedoch ein besonderer Lebensraum: Denn der nährstoffarme Sand ist ungewöhnlich kalkreich und damit wie geschaffen für eines der letzten Vorkommen der Wiesen-Küchenschelle in Brandenburg. Kuhschellen oder Küchenschellen (Pulsatilla) bilden eine Pflanzengattung innerhalb der Familie der Hahnenfußgewächse. Sie blühen im Frühjahr.

Die Entwicklung eines stabilen FFH-Lebensraums „trockener, kalkreicher Sandrasen“ wurde aber erst möglich, nachdem zunächst die gesamte Fläche von Plastikmüll, Eisenschrott und Bauschutt befreit, die Forstbestände aufgelichtet und die Oberbodenschichten mit untypischen Aufwüchsen teils abgetragen wurden. Schließlich folgten der Brunnenbau und die Neuanpflanzungen von Sträuchern wie Wacholder, Weißdorn und Wildrosen. Übermäßig große Pflanzlöcher mit einer Schicht Hackspäne konnten den Jungpflanzen auch in der langen Trockenheit der letzten Jahre einen besseren Start verschaffen.

Das im Übrigen kleinste FFH-Gebiet im Naturpark wird mit Skudden – einer kleinen, seltenen Schafrasse – gepflegt. Im angrenzenden Waldbereich sollen zukünftig die Arten der trockenen Kalkrasen gefördert werden.

Nachhaltiger Erfolg ergibt sich aus einer Kombination aus Beweidung, Mahd und Entnahme. Die Bewässerung sowie die Pflegearbeiten, beispielsweise die Beseitigung von Problemkräutern, bleiben noch viele Jahre eine Herausforderung für den Förderverein NABU Biologischer Arbeitskreis Luckau e.V., der hierfür in den Jahren 2016 bis 2019 ELER-Mittel beantragt hat. Möglich wird dies vor allem durch ehrenamtlich tätige Menschen aus der Region, die ihr Wissen und Können dem praktischen Naturschutz auf diesen rund fünf Hektar im östlichen Niederen Fläming zur Verfügung stellen.

Für Maßnahmen zur Entwicklung des FFH-Lebensraums erhielt der Verein für die Jahre 2026 bis 2019 eine 100-Prozent-Förderung in Höhe der beantragten Kosten von 119.251 Euro. Genau 89.438 Euro wurden aus Brandenburger ELER-Mitteln bereitgestellt, 29.813 Euro aus Landesmitteln. Grundlage für die Förderung ist Richtlinie des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung des natürlichen Erbes und des Umweltbewusstseins  (RL-Teil D).

Geflügelpest-Ausbruch in Mecklenburg-Vorpommern: Beobachtungsgebiet erstreckt sich bis nach Brandenburg

Pressemitteilung des Ministeriums für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz vom 3. Dezember 2020

Im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte (Mecklenburg-Vorpommern) ist in einem Legehennen-Betrieb der Geflügelpest-Erreger H5N8 nachgewiesen worden. Der betroffene Betrieb liegt rund vier Kilometer von der Grenze zu Brandenburg entfernt, es wurde ein Beobachtungsgebiet von zehn Kilometern um den Ausbruchsbetrieb eingerichtet. Damit gehört auch der Landkreis Ostprignitz-Ruppin in Teilen zum Beobachtungsgebiet.

Laut Tierseuchenallgemeinverfügung des Landkreises Ostprignitz-Ruppin gilt für Geflügelhalter innerhalb des Beobachtungsgebietes unter anderem die strenge Einhaltung der Biosicherheitsmaßnahmen und eine Stallpflicht für das gesamte Geflügel.

Verbraucherstaatssekretärin Anna Heyer-Stuffer: „Bislang sind keine Geflügelpestfälle beim Nutzgeflügel im Beobachtungsgebiet auf Brandenburgischer Seite aufgetreten. Dennoch rufe ich zu höchster Wachsamkeit auf. Die Gefahr einer weiteren Ausbreitung des Erregers und auch eines möglichen Eintrags in Nutzgeflügelhaltungen und Vogelbestände in zoologischen Einrichtungen ist hoch. Landesweit intensivieren wir weiter das Geflügelpest-Monitoring und bitten um besondere Vorsicht. Kontakt zwischen Wildvögeln und Nutzgeflügel ist unbedingt zu vermeiden. Wildvögel dürfen keinen Zugang zu Futter und Einstreu oder sonstigen Gegenständen haben.“

In Brandenburg wurden in diesem Herbst bislang drei Fälle von HPAI H5N8 bei Wildvögeln nachgewiesen, erstmals am 7. November im Landkreis Ostprignitz-Ruppin.

Die hochpathogene Aviäre Influenza (HPAI) ist eine anzeigepflichtige Tierseuche des Geflügels. Bei der Geflügelpest („Vogelgrippe“) handelt es sich um eine besonders schwer verlaufende Form der Aviären Influenza bei Geflügel und anderen Vögeln, die durch hoch pathogene Influenzaviren der Subtypen H5 und H7 verursacht wird.

Umweltminister Axel Vogel zum Weltbodentag (5.12.): Mit angepasster Landnutzung, Moorschutz und Entsiegelung Herzstück der Umwelt schützen

Pressemitteilung des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz vom 3. Dezember 2020

Potsdam – “Böden sind zusammen mit Wasser und Luft unsere wichtigste Lebensgrundlage. Sie sind ein begrenztes und nicht vermehrbares Gemeinschaftsgut mit lebenswichtigen Funktionen für uns Menschen und die Ökosysteme. Zunehmenden Flächenversiegelungen und intensiven Nutzungen wollen wir mit einem Moorschutzprogramm, Initiativen für eine bodenschonende Landwirtschaft und einer Entsiegelungsstrategie entgegenwirken“, sagt Brandenburgs Umwelt- und Landwirtschaftsminister Axel Vogel zum Weltbodentag am 5. Dezember. Anlässlich des Aktionstages wird das Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz seine Steckbriefe „Brandenburger Böden“ erweitern und veröffentlichen.

Muddemoor und der Gartenboden Hortisol gehören nun neu zu den insgesamt 33 wichtigsten Bodenarten in Brandenburg, die in den „Boden-Steckbriefen“ erfasst sind. Außerdem sind dort sogenannte Themensteckbriefe aufgenommen, nun auch zu den Aspekten „Moorfolgeböden“, „Bodenfruchtbarkeit“ und „Archive der Naturgeschichte“. Die unter

https://mluk.brandenburg.de/info/steckbriefe-brandenburger-boeden

eingestellte Zusammenstellung richtet sich an Praktikerinnen und Praktiker aus Land- und Forstwirtschaft, an Studierende, Interessierte sowie an die Wissenschaft.

Aktuell werden intensiv die Wechselwirkungen zwischen Böden mit ihren Funktionen und dem Klimawandel sowie zwischen Bodenfunktionen und den Einflüssen verschiedener Nutzungsformen in der Fachwelt und Öffentlichkeit diskutiert. Dabei geht es um Böden als Quelle und Senke von Treibhausgasen, den Umgang mit kohlenstoffreichen Böden, Bodenerosion durch Wind und Wasser, den Schutz natürlich gewachsener Böden und den Erhalt der natürlichen Bodenfruchtbarkeit. Die Erkenntnisse fließen auch in die Klimaschutzstrategie des Landes, in das Moorschutzprogramm und die Entsiegelungsstrategie zur Reduzierung des Flächenverbrauchs ein.

Boden des Jahres 2021

Der Lössboden, der von Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe mit dem „Kuratorium Boden des Jahres“ am Freitagvormittag (4.12. https://bit.ly/2VtlnwQ), traditionell zum Weltbodentag, zum „Boden des Jahres 2021“ gekürt wird, ist in Brandenburg weniger anzutreffen. Reine Lösse gibt es in Brandenburg keine; im Süden des Bundeslandes kommen aber Sandlösse und Lösssande verbreitet vor.

Der meiste Löss entstand in der letzten Eiszeit vor 13.000 bis 115.000 Jahren. Gletscher und Frost zerkleinerten damals Felsen und Steine zu Gesteinsmehl, das durch Verwehungen als Lössablagerung kilometerweit entfernt vom Ausblasungsort niederfiel. Die entstandenen Lössböden sind einfach zu bearbeiten, ertragreich und können das Wasser für Pflanzen gut nutzbar speichern und leiten. Sie wurden schon früh besiedelt und ackerbaulich genutzt – bis heute. Weil sich Lössboden ohne eine neue Eiszeit nicht wiederbilden kann, ist dieser Boden besonders zu schützen. Informationen sowie Faltblätter und Poster zum Lössboden bietet das Umweltbundesamt an. Die Steckbriefe zu den Böden des Jahres findet man beim Bundesverband Boden zum Download.

Schlachthofskandale in Baden-Württemberg – Tierschützer nehmen Minister Hauk in die Pflicht

Pressemitteilung des Deutschen Tierschutzbundes vom 3. Dezember 2020

Der Deutsche Tierschutzbund und sein Landestierschutzverband Baden-Württemberg kritisieren, dass der baden-württembergische Agrarminister Peter Hauk nach wie vor jegliche Verantwortung für die Schlachthofskandale im Land von sich weist. Der von ihm nun vorgestellte Maßnahmenplan „Tierschutz für Nutztiere in Baden-Württemberg“ birgt gute Ansätze, reicht aber nicht aus, um den Tierschutz wirklich voranzubringen. Kürzlich wurde, nach Gärtringen und Waldshut, in Biberach der dritte Schlachthofskandal in Baden-Württemberg in diesem Jahr bekannt.

„Minister Hauks Verhalten rund um die Schlachthofskandale war bisher mehr als blamabel. Gegenüber dem Tierschutzbeirat und der Presse wurde behauptet, es gäbe keine relevanten Tierschutzverstöße auf baden-württembergischen Schlachthöfen. Erst der Einblick in das Monitoring legte dar, dass ein Drittel der Betäubungsanlagen unzureichend funktioniert und es zu vielen Fehlbetäubungen kommt. Da verliert man das Vertrauen und fragt sich, wo die Verantwortung im Amt als Landwirtschafts- und Tierschutzminister bleibt“, sagt Stefan Hitzler, Vorsitzender des Landesverbands Baden-Württemberg des Deutschen Tierschutzbundes. „Nicht diejenigen, die die Zustände ans Licht bringen, sollten in Misskredit gezogen werden, sondern diejenigen, die bestehende Missstände leugnen und wie hier geschehen, Sanktionen des Landratsamtes gegen einen Schlachthof-Betreiber rückgängig machen. Der Tierschutz ist im Grundgesetz unserer Landesverfassung verankert – nicht jedoch das Recht, aus Geldmangel bestehende Gesetzte zu missachten.“  

Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, ergänzt: „Minister Hauk trägt die politische Verantwortung für die Missstände. Die muss er persönlich auch annehmen, die kann man nicht durchreichen an Landratsämter. Da hilft es auch nicht anzukündigen, zukünftig den Tierschutz in der Landwirtschaft stärker fördern zu wollen. Das ist zwar richtig und wichtig, aber aus seinem Mund klingt das im Kontext der aktuellen Vorfälle wie der Versuch eines Ablasshandels.“

Da Tierschutzverstöße auf Schlachthöfen häufig lange unbemerkt bleiben, fordert der Deutsche Tierschutzbund die flächendeckende Installation von Überwachungskameras. Wenn dies – wie von Minister Hauk geplant – auf rein freiwilliger Basis geschieht, müssten Betriebe, die dies nicht umsetzen, zumindest durch häufigere und vor allem unangekündigte Kontrollen unter Druck gesetzt werden, so die Tierschützer. Zusätzlich müssen die Kameras nicht nur durch die Betreiber, sondern auch durch die amtlichen Kontrollstellen ausgewertet werden. Ansonsten macht man den Bock zum Gärtner. Das amtliche Kontrollpersonal auf den Schlachthöfen sollte bei den Einsätzen rotieren, um eine möglichst objektive Überwachung sicherzustellen. Neben strengeren Kontrollen sind aus Sicht der Tierschützer auch harte Sanktionen notwendig, da bei vielen Schlachtbetrieben derzeit augenscheinlich das Bewusstsein für praktizierte Rechtsverstöße fehle. Der Deutsche Tierschutzbund kritisiert auch seit Langem, dass es kein Zulassungs- und Wartungsverfahren für Betäubungsgeräte gibt und es dadurch zu Problemen mit den Geräten und immer wieder zu fehlerhaften Betäubungen kommt – wie zuletzt im Schlachthof Biberach.