Tesla darf Geschwindigkeit nicht über Qualität stellen

Pressemitteilung des NABU Brandenburg vom 7. Dezember 2020

Zweite Rodungszulassung auf dem gerichtlichen Prüfstand

Potsdam/Grünheide, 07.12.2020: Die Brandenburger Landesverbände vom NABU und der Grünen Liga reichten heute beim Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) einen gerichtlichen Eilantrag ein.  Dieser richtet sich gegen die vorzeitige Zulassung der Fällung von weiteren 82,8 Hektar Wald  auf dem für die Tesla-„Gigafatory“ vorgesehenen Grundstück in Grünheide (Mark).

Unter Missachtung diverser artenschutzrechtlicher Vorschriften sollen jetzt erneut Fakten geschaffen werden, obwohl noch immer keine Genehmigung für den Bau der Fabrik vorliegt. Sowohl im Erörterungstermin als auch im Rahmen mehrerer Akteneinsichten wurde immer wieder deutlich, dass die Planungen für die Fabrik noch immer keinen Endstand erreicht haben und damit keine abschließende Aussage über die Genehmigungsfähigkeit getroffen werden kann. Dennoch werden in fast schon blindem Aktionismus Zulassungen erteilt und von Tesla ohne endgültige Genehmigung bereits 30 Prozent der Baukosten einer Gigafabrik verbaut, wodurch eine ergebnisoffene Bewertung des Antrages immer schwieriger erscheint.

„Auch Tesla kann und darf nicht über dem Gesetz stehen. Der Tesla-Antrag muss genauso sorgfältig geprüft werden, wie das bei jedem anderen Antragsteller der Fall ist,“ sagt Heinz-Herwig Mascher, Vorsitzender des Grüne Liga Brandenburg e. V.. „Das ist bei dem von Tesla geforderten Tempo nur mit enormem personellen Einsatz in den Behörden und auf der Grundlage solider Planungen möglich.“

„Zu einer soliden Planung hätte auch der bestmögliche Schutz streng geschützter Tierarten gehört. Wo doch alle Experten wissen, dass selbst nach zwei Jahren intensivem Fang kaum auszuschließen ist, dass bei einer solchen Baumaßnahme Zauneidechsen und Schlingnattern getötet werden, wird hier behauptet, man könne sich bereits nach zwei Monaten sicher sein, alle Tiere abgefangen zu haben.“ berichtet Christiane Schröder, Geschäftsführerin des NABU Landesverband Brandenburg und stellt fest: „Das ist vollkommen unmöglich.“

Zudem umfasst diese Rodungsgenehmigung Flächen, die noch nicht einmal Bestandteil des Genehmigungsverfahrens sind, womit unklar ist, wie diese dann in die vorzeitige Zulassung aufgenommen werden konnten.

Insgesamt bietet das Verfahren noch immer mehr Fragen als Antworten, von denen einige nun das Gericht klären helfen soll.

Kommentar des deutschen Tierschutzbundes vom 7. Dezember 2020

Aufgrund der aktuellen Bauernproteste gegen den Lebensmitteleinzelhandel lädt Niedersachsens Agrarministerin Barbara Otte-Kinast nach Informationen des Deutschen Tierschutzbundes und seines Landestierschutzverbands Niedersachsen heute Nachmittag zu einem Krisengipfel. Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, kommentiert zu den damit verbundenen Forderungen nach höheren Preisen für die Erzeuger:

„Nach wie vor unterbietet sich der Handel mit immer neuen Billigangeboten für tierische Produkte. Mehr Tierschutz lässt sich damit in den Ställen nicht umsetzen. Da reicht es auch nicht, wenn sich u.a. Lidl zu weiteren Zahlungen an die Initiative Tierwohl bereiterklärt – das ist reiner Ablasshandel. Die Sünde, ein krankes System mit politischer Rückendeckung und vollem Bewusstsein mit Vollgas vor die Wand zu fahren, die kann nicht erlassen werden. Der Handel muss sich endlich auch seiner ethischen Verantwortung stellen und damit aufhören, Fleisch, Milch und Eier regelrecht zu verramschen. Mit dieser Billigpreispolitik können gerade die umstellungsbereiten Landwirte kein Vertrauen finden, in mehr Tierschutz zu investieren. Tiere haben einen Wert und weit mehr verdient als ein Billigpreis-Etikett.

Bei allem Verständnis für die Sorgen und auch Not der Landwirte, die um ihre Existenz bangen: Höhere Preise allein werden es nicht richten. Indem nur die Wertschöpfung des Handels erhöht wird, wäre weder Tier noch Landwirt geholfen. Das ganze kaputte System hat keine Zukunft mehr – und darf sie nicht mehr haben. Nach wie vor wird Tierleid durch den Gesetzgeber gedeckt. Die allein auf Wachstum und Export ausgerichtete Agrarpolitik – nach dem Prinzip „Immer billiger und immer größer“ – funktioniert nur auf Kosten der Tiere und letztlich auch der Landwirte. Alle Beteiligten brauchen daher jetzt Planungssicherheit, die nicht Status Quo heißen darf, sondern Veränderung. Es braucht einen wirklichen Wandel hin zu mehr Tier-, Umwelt- und Klimaschutz in der Landwirtschaft.“