Kommentar zum „Kastenstand-Kompromiss“ vom Deutschen Tierschutzbund vom 29.Mai 2020

Aktuellen Medienberichten zu Folge sollen sich die Länder Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein auf einen Kompromissvorschlag zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung verständigt haben. Am 5. Juni soll das Thema und damit die Zukunft der Sauenhaltung im Kastenstand auf der Tagesordnung des Bundesrates stehen. Dazu kommentiert Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes:

„Die Verordnung gilt seit 1992, nach Ablauf der damals vorgesehenen Übergangsfrist. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, mit dem der heute praktizierte Kastenstand als rechtswidrig eingestuft wird, war 2016. Jetzt haben wir 2020. Und wenn der Kompromiss zwischen den Landesministern nun gelten soll, dann gäbe es für die Sauenhalter nochmals bis zu acht Jahren Bestandsschutz. Das sind dann insgesamt 36 Jahre rechtswidriger Zustand, die durch diesen Antrag im Bundesrat legitimiert werden sollen. Und das vor dem Hintergrund eines mittlerweile seit 18 Jahren geltenden Staatsziel Tierschutz. Das ist ein Rechtsbruch mit Ansage.

Wer den auf dem Tisch liegenden Vorschlag liest, der erkennt, dass dies allen Beteiligten bewusst ist. So wird davon geredet, dass die technischen Hindernisse sofort abgebaut werden müssen, damit die Sau sich ausstrecken kann. Im Volksmund würde man das als Irreführung der Öffentlichkeit bezeichnen. Denn in den wenigen Ställen dieser alten Bauweise, die überhaupt technische Hindernisse abbauen müssten und in allen anderen Ställen, in denen sich Sauen schon jetzt durch die Gitter in den Nachbarstand strecken können, gilt: Auch eine benachbarte Sau ist laut Urteil ein Hindernis, das es so nicht geben darf. Wir wissen, dass gerade die grünen Minister es in harten Verhandlungen geschafft haben, die schlimmsten Klöckner-Pläne zur Zementierung der Sauenqual zu verhindern. Das bewerten wir positiv.

Der mögliche Kompromiss bleibt aber eine eklatante Missachtung eines höchstrichterlichen Urteils und des Staatsziel Tierschutz. Dies nun damit zu begründen, dass nicht mehr verhandelbar war, mag man Pragmatismus nennen, ich aber nenne es einen Verrat an der Sau! Wir können die anderen Landesminister*innen, egal welcher Parteifarbe, nur deutlich davor warnen, diesem Antrag zuzustimmen. Es bleibt abzuwarten, ob sich eine Mehrheit im Bundesrat findet und ob die Bundesministerin diese Verordnung dann auch so freigibt. Wir jedenfalls haben das Schicksal der Sau noch nicht aufgegeben. Natürlich sehen auch wir die ökonomischen Folgen. Aber wer Jahrzehnte an Gesetzen vorbei handelt, mit Genehmigung der örtlichen Behörden, der darf dafür nicht auch noch belohnt werden. Das wäre ja so, als würde man einem Einbrecher nach Festnahme nochmals eine jahrelange Frist geben, weiterzumachen, bevor er zur Rechenschaft gezogen wird. Zudem lassen sich ökonomische Folgen auch durch kluges Management abfangen. Abgesehen davon, dass es in der Verantwortung der Genehmigungsbehörden liegt, hier mit Schadensersatz für Ausgleich zu sorgen, wenn sie die Ställe seit 1992 so genehmigt haben. Es bleibt dabei: Freiheit für die Sau!“


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