Text & Fotos: Silvia Passow
Katja Behling hält auf dem Skuddenhof 50 Mutterschafe mit derzeit 75 Lämmern der kleinen Schafrasse. Eine Herdbuchzucht im Farbschlag weiß. Disziplin und Qualität sind ihr in der Zucht sehr wichtig, sagt die Quereinsteigerin. Die gelernte Einzelhandelskauffrau vermietet auf ihrem Hof fünf Ferienwohnungen, Schafe züchtet sie im Nebenerwerb. Wenn man es so nennen mag, Behling sagt „bezahltes Hobby“ und trifft damit des Pudels, nein des Schafes, Kern.
„Wenn mir einer vor dreißig Jahren gesagt hätte, ich würde mal in Brandenburg Schafe züchten, den hätte ich für verrückt erklärt“, sagt die 52jährige Katja Behling. Doch es ist genauso gekommen, Behling züchtet Schafe im Brandenburgischen Weseram, einen Ortsteil von Roskow, nahe dem Haveldeich. Skudden gehören zu den kleinsten Schafrassen in Deutschland und werden von der Gesellschaft gefährdeter Nutztierrassen (GeH) auf der Roten Liste als gefährdet eingestuft. Behling züchtet seit über zwanzig Jahren und sitzt im Vorstand des Schafzuchtverbandes Berlin-Brandenburg.
Auf den zu ihrem Skuddenhof gehörenden Flächen tummeln sich derzeit rund 50 Mutterschafe und 75 Lämmer. Im Mai konnten sie auf dem Hof wieder Hoffest feiern. Das findet eigentlich alle zwei Jahre statt und fiel, Corona bedingt, im letzten Jahr aus. In diesem Jahr kamen rund 600 Gäste, Kollergen aus der Landwirtschaft, Schäfer, Landfrauen, Nachbarn und zur Begrüßung sprach Brandenburgs Landwirtschafts- und Umweltminister Axel Vogel (Bündnis 90/Die Grünen). Bei einem Rundgang über den Hof konnte Behling die Probleme und Herausforderungen der Schafhaltung mit dem Minister besprechen. Und Überraschung, der Wolf stand dabei nicht an erster Stelle. Auch wenn die Rückkehr des Beutegreifers hier mit großer Sorge betrachtet wird.
Der Minister lobt den Einsatz der Schafe in der Landschaftspflege. Besser als jede Maschine pflegen sie die Wiesen und ganz besonders die Deiche. Wichtig für den Gewässerschutz und ein Beitrag gegen das Insektensterben, sagt er. Doch gleichzeitig können die Schäfer und Schäferinnen nicht von ihren Tieren leben. Mit Fleisch und Wolle der Tiere lässt sich kaum etwas verdienen. „Oft endet die Wolle sogar als Abfallprodukt“, sagt er. 75 Prozent der Einnahmen kommen aus dem Vertragsnaturschutz und durch Förderungen, sagt er weiter. Auch die Zucht der vom Aussterben bedrohter Nutztierrassen wird gefördert, sagt er und stellt eine „massive Ausweitung“ dieser Förderung in Aussicht. Und auch in der Wiederbelebung der Weidetierprämie ab 2023 sieht er deutliche Verbesserung für die Schäfereien im Land. „Schafhaltung hat in Brandenburg Zukunft“, sagt er.
Was das Fleisch abgeht, hat Behling gute Wege der Vermarktung gefunden. Sie verkauft ihre Lämmer im Ganzen, geschlachtet wird im havelländischen Berge, rund 20 Kilometer entfernt, sagt sie. Sorge macht ihr die Vermarktung der Wolle. Sie und ihr Ehemann scheren die Schafe selbst. 30 Cent bekommt sie für ein Kilogramm Wolle, sagt sie. „Der Markt ist satt“, erklärt sie. Wolle kommt heute überwiegend aus Übersee. Hier wieder die Regionalität zu fördern, das könnte sich die Politik durchaus auf die Fahne schreiben, meint sie. Denn mit der gewonnen Wolle ist es nicht getan, die muss sortiert und gewaschen werden. Dafür gibt es spezielle Wollwäschereien. Nur eben nicht in Deutschland, sagt Behling. Schon gar nicht, wenn es um die Abnahme kleinerer Mengen geht. Eine Skudde liefert zwischen 1 und 1,5 Kilogramm Wolle. Bezahltes Hobby trifft es tatsächlich.
Und dann hab ich noch diesen Spruch vom Hoffest mitgebracht:
Früher hieß es:
Mit Bienen und Schafe
Verdienst du Geld im Schlafe
Heute:
Mit Schafen und Bienen
Kannste nichts verdienen
Dürfte sie sich etwas auf den Wunschzettel an den Minister setzen wäre es eine Förderung für solch eine Wollwäscherei. Sie selbst achtet bereits bei der Haltung ihrer Tiere auf eine hohe Woll-Qualität. Dafür ist die Tiergesundheit sehr wichtig und das Futter. Auch die Art, wie die Tiere im Stall gefüttert werden. Das hat schon etwas von Futterkultur, wenn der Nacken der Tiere nicht mit Futterresten verunreinigt werden soll. Der beste Termin zum Scheren ist tatsächlich die Schafskälte, erläutert Behling. Damit gemeint ist ein Zeitraum von Anfang bis Mitte Juni, bei dem die Temperaturen durch einströmende kühle und feuchte Luft sinken.
Und der Wolf? Bisher gab es noch keine Probleme, auch wenn er bereits in der Nähe ist. Behling hat gerade höhere Elektrozäune mit Solar Netzgerät beantragt, die Präventionsmaßnahme wird zu 100 Prozent gefördert. Die Anschaffung von Herdenschutzhunden hält sie für ihre kleine Herde für unverhältnismäßig, sagt sie. Feriengäste und die großen Hunde ergeben aus ihrer Sicht keine gute Kombination. Sollte die Anschaffung solcher Hunde zur Pflicht werden, hört sie auf sagt sie. Das Problem mit dem Wolf hätte schon vor langer Zeit geregelt werden müssen, indem man die Tiere von Ortschaften und Menschen fernhalte, sagt sie und fürchtet den Moment eines Wolfsübergriffes auf ihre Tiere. „Ich weiß nicht, was das mit mir macht“, sagt sie. „Auch wenn wir die Tiere schlachten, sie haben alle Namen“, fährt sie fort und endet in Ratlosigkeit.
Das wäre schade und ein Verlust für den Arterhalt der Skudde, deren Zucht sie 2001 mit vier Schafen und einen geliehenen Bock aufnahm. „Eigentlich hatte ich nur Rasen-Mäher gesucht“, sagt sie. Daraus wurde deutlich mehr, die Zucht, die sie mit so viel Gründlichkeit betreibt, auch ihren Mann, Christoph Behling, lernte sie durch die Schafe kennen. „Für mich sind die Skudden die richtige Rasse. Klein, quirlig, so wie ich selbst“, sagt sie und lacht. Bleibt zu hoffen, dass der Wolf auch weiterhin einen Bogen um den Skuddenhof zieht.