Ein neues Nest für Adebar

Starkregen und Futtermangel führten im letzten Sommer zu starken Verlusten bei den Weißstörchen im Havelland. Für dieses Jahr hofft die Storchenbeauftragte im Landkreis Havelland auf bessere Bedingungen für die Störche. Ein schönes Nest ist eine der Voraussetzungen für die gelungene Familienplanung.

Text & Fotos von Silvia Passow

Noch steht es auf dem Boden der Tatsachen in der Berger Rinne, gleich gehts in luftige Höhen mit dem Nest

Nauen / OT Berge.   Hinter dem Dörfchen Berge führen Landwirtschaftswege auf die Wiesen, Berger Rinne, heißt die Landschaft. Felder, Wiese, eine Baumreihe und weiter hinter geht’s in den Wald. Normalerweise ist hier nicht viel los, wer hier wem gute Nacht sagt ist nicht überliefert, Füchse und Hasen würden aber durchaus in die Landschaft passen. An dem sonnigen Vormittag ist das anders, ein Kranwagen steht auf der Wiese, etwas abseits Tische mit Kaffee und belegten Brötchen. Soll keiner hungern bei der Arbeit. Und die besteht im Hausbau für Familie Adebar. Motoren röhren, langsam richtet sich der 13 Meter hohe Mast auf, auf dessen Spitze sitzt die Horstkrone, eine Arbeit der örtlichen Schlosserei GP Metallbau. Darauf thront geflochtene Nest. Erst wenn der Mast aufgestellt ist wird das Nest mit etwas Rindenmulch ausgelegt. Den Rest müssen die Störche schon hübsch selbst erledigen.

Die Einrichtung des Nestes regt den Bruttrieb an, sagt Claudia Jörg, Storchenbeauftragte des NABU im Osthavelland. 96 Storchennestern im Osthavelland werden von Jörg, betreut, etwa ein Drittel befinden sich festen Storchenkrallen. Die anderen Nester werden durchaus mal besucht, es wird Zwischenstation eingelegt und manchmal ziehen auch andere Mieter ein. Wie in Klein Behnitz im letzten Jahr. Da befand ein Fischadler-Paar den neu aufgestellten Horst für sehr interessant. Dennoch freut sich Jörg über jeden neuen Storchenhorst. Denn das Aufstellen und die damit verbundene Kooperation zwischen den einzelnen Akteuren sind nicht selbstverständlich.

So stellt die Masten der Energienetzbetreiber e.dis. Doch die Masten, an denen einst die Stromleitungen hingen, werden langsam rar. Viele gibt es nicht mehr, sagt Lars Klemmer, der für e.dis mit auf der Wiese steht und den Aufbau des Horstes verfolgt. 200 Masten hat e.dis bereits spendiert, die Hälfte davon steht in Brandenburg. Und mit dem Mast allein ist es noch nicht getan, auch das Aufrichten des Mastes und den sicheren Aufbau übernimmt das Unternehmen als Teil zum Erhalt der Artenvielfalt, wie Klemmer betont. Für Jörg ist diese Zusammenarbeit elementar wichtig, sagt sie. Denn der Storch will bei der Wahl seines Wohnsitzes hoch hinaus. Da sind die ausrangierten Strommasten genau richtig, um einen Nistplatz nach Geschmack des Storches zu schaffen. Im Osthavelland sind nahezu alle Nester künstlich angelegt. Jörg berichtet, dass sie immer wieder mal gerufen wird, wenn Adebar sein Nest auf ein Dach oder einen Schornstein bauen will und dabei den menschlichen Bedürfnissen in die Quere kommt. Manchmal muss auch ein Horst umgesetzt werden, weil das Gebäude darunter nicht mehr vertrauenerweckend ist. So ist es in diesem Jahr in Wansdorf geplant, da wird der Horst umziehen.

Claudia Jörg beobachtet den Aufbau

Störche nisten eigentlich ganz gern in menschlicher Nähe, weiß Jörg zu berichten und hofft mit dem neuen Standort in Berge die Ruhe liebenden Vertreter ihrer Art anzusprechen. Nach den starken Verlusten bei den Jungvögeln im letzten Jahr, kann sie für dieses Jahr nur auf bessere Bedingungen für die Störche hoffen. Nicht jedes Paar, dass einen Horst besetzt, brütet auch. Von den 34 Paaren im Osthavelland haben im letzten Jahr 19 Paare gebrütet. 46 Jungvögel konnte Jörg zählen, das waren weniger als in den Vorjahren. 2020 war ein besonders gutes Jahr für die Störche, ein Ausnahmejahr mit 72 flüggen Jungvögeln. 2019 konnte Jörg 51 Jungvögel zählen, ein Jahr davor 67.

Die Futtersituation für die Störche war nicht immer die Beste, sagt Jörg und sie machte auch den Nachwuchs im letzten Jahr zu schaffen. Sie fand sechs tote Küken und dokumentierte drei Jungvögel, die nach ersten Flugversuchen verschwanden. Wahrscheinlich hatten sie das Abenteuer nicht überlebt. Insgesamt zählte Jörg 21 tote Jungvögel, also fast die Hälfte des Nachwuchses aus 2021. Verheerend war dabei der Starkregen, der zur Unzeit für die Jungvögel niederging. Das Gefieder der Jungtiere war noch nicht wasserabweisend. Kleinere Vögel nehmen die Eltern schützend unter die Flügel, doch dazu waren die Jungstörche schon zu groß. Ungeschützt überlebten sie die starken Regenfälle nicht. Dasselbe Schicksal ereilte den Nachwuchs des Fischadler-Paares. Auch deren Jungvögel überlebten den Starkregen nicht.    

In Berge ist der neue Horst die Wohnadresse zwei. Die Schäferei Biermann hat einen Storchenhorst, der auch regelmäßig bewohnt wird. Für Nauens Bürgermeister Manuel Meger (LWN) war ein weiterer Storchenhorst in seinem Heimatdorf Anlass genug, die Aufstellung zu beobachten. Ebenso wie für Peter Kaim, Ortsvorsteher und Chef des benachbarten Havelland-Hofes. Der Landwirt hatte sich für den Aufbau des Storchenhorstes eingesetzt, auch wenn Adebar die Jungen mit Regenwürmern füttert, die der Landwirt im Boden selbst auch schätzt. Aber Kaim kann auch gönnen und schließlich holen Störche auch Mäuse aus den Wiesen und das gefällt dann schon deutlich besser.

Bürgermeister Manuel Meger und Landwirt Peter Kaim

Auch auf dem Jugendhof, der in direkter Nachbarschaft steht, freut sich Johanna Dieckmann über den neuen Lernort in unmittelbarer Nähe.

Die Berger Rinne soll Familie Storch ausreichend Nahrung liefern

Die ersten Störche wurden bereits gesehen und ihre Ankunft gilt eigentlich als Auftakt für den Frühling. In Vietznitz, Niebede und Paretz wurden schon Störche gesichtet. In Gutenpaaren überwintert sogar mindestens ein Storch, sagt Jörg und vermutet, dass das Tier gefüttert wird. Wogegen sich die Storchenbeauftragte deutlich ausspricht.

Unterhalb des Storchenhorstes in Berge werden später noch zusätzliche Nistkästen angebracht. In den Nestern der Störche bilden sich ohnehin Lebensgemeinschaften, Dohlen, Sperlinge ziehen gern dazu. In Ribbeck entdeckte Jörg im letzten Jahr sogar ein Turmfalkennest im 2,5 Meter hohen Horst. Bleibt zu hoffen, dass es das Wetter in diesem Jahr besser mit dem Nachwuchs des klappernden Storches meint.

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