Deutschland muss Tierschutz voranbringen

Pressemitteilung des Deutschen Tierschutzbundes vom 30.Juni 2020

Der Deutsche Tierschutzbund wirbt dafür, den Tierschutz während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft voranzutreiben. Deutschland übernimmt die Ratspräsidentschaft ab dem 1. Juli und wird dann für sechs Monate verantwortlich sein, die Arbeit der EU aktiv zu gestalten. In der Ratsformation „Landwirtschaft und Fischerei“, die Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner leiten wird, beraten die zuständigen nationalen Minister auch über Tierschutzthemen.

„Auch wenn die Corona-Krise weiter dominiert, dürfen wichtige Tierschutzthemen in den nächsten sechs Monaten nicht unter den Tisch gekehrt werden. Julia Klöckner muss die Zeit nutzen, um tierschutzpolitische Akzente auf EU-Ebene zu setzen und Vorhaben aktiv anzuschieben“, fordert Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes. „Besonders bei den Tiertransporten ist in den heißen Sommermonaten ein Handeln wichtig.“

Unzureichende Bestimmungen

Aus Sicht des Deutschen Tierschutzbundes braucht die EU eine bessere EU-Tiertransportverordnung. Noch immer leiden die transportierten Tiere unter zu seltenen Ruhepausen, hohen Temperaturen und zu wenig Platz. „Solange die Verordnung nicht überarbeitet wurde, müssen die EU-Länder durch häufigere Kontrollen und konsequentere Sanktionen zumindest gewährleisten, dass die bestehende eingehalten wird“, fordert Schröder. Bereits vor der Ratspräsidentschaft hat Klöckner ihre Ideen für eine EU-weite Tierwohlkennzeichnung vorgestellt. Einige Mitgliedstaaten befürworten den Vorschlag eines verpflichtenden Labels, andere favorisieren ein freiwilliges. Dem Deutschen Tierschutzbund geht beides nicht weit genug. Er fordert eine eigenständige verpflichtende EU-weite Kennzeichnung aller tierischen Produkte und solcher, die tierische Bestandteile enthalten, deren Standard deutlich über den gesetzlichen Mindeststandards liegt. Auch fordert der Deutsche Tierschutzbund schon lange, dass landwirtschaftliche Subventionen nicht weiter vorwiegend von der Flächengröße der Betriebe abhängen, sondern von ihrem Engagement für ambitionierte Tierschutz-, Klima- und Umweltprojekte, die über dem gesetzlichen Standard liegen. Dazu Schröder: „Frau Klöckners Ankündigungen, die Reform der Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik (GAP) nach 2020 während der deutschen Ratspräsidentschaft voranzubringen, müssen Taten folgen . Noch immer hat Deutschland keine abgestimmte Position zu den Kommissionsvorschlägen von 2018. Die GAP muss dringend grüner werden.“ Zudem müsse die EU Tierbestände in der Landwirtschaft reduzieren, um die Ziele des European Green Deal zu erreichen und bis 2050 klimaneutral zu werden.

Kommentar des Deutschen Tierschutzbundes zum Internationalen Tag gegen Tiertransporte

„Wir sind es leid, seit Jahrzehnten jedes Jahr an den Internationalen Tag gegen Tiertransporte und das unsägliche Elend für die Tiere erinnern zu müssen. Die Zahl der transportierten Tiere steigt und die Strecken werden immer weiter. Diese Zustände will auch die Bevölkerung nicht mehr hinnehmen; Politiker geraten zunehmend unter Druck, wenn sie Transporte rechtfertigen müssen. Einige Bundesländer und Amtstierärzte werden durch diesen Wandel ermutigt, Transporte zumindest in bestimmte Drittstaaten nicht mehr abzufertigen. Anders als Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner wissen sie, dass die Vorgaben nicht eingehalten werden können; dass es etwa auf der Ostroute nach Zentralasien an Versorgungstationen fehlt. Es wird Zeit, dass ein solches Vorgehen, das Ende dieser Langstreckentransporte, endlich lückenlos für ganz Deutschland beschlossen wird.

Die zuständige Bundesministerin dagegen verweist trotz der bekannten Missstände weiter gebetsmühlenartig auf die EU-Transportverordnung und darauf, dass dort alles geregelt sei. Und das, obwohl sogar die EU-Kommission inzwischen in der Farm-to-Fork-Strategie zugibt, dass die Verordnung dringender Nachbesserung bedarf.

Zwar ist es richtig, dass die Bundesländer für die Einhaltung der EU-Transportverordnung zuständig sind, jedoch macht Klöckner es sich sehr einfach, indem sie alle Verantwortung von sich schiebt. Sie überlässt es engagierten Amtstierärztinnen und NGOs, sich ein Bild von Versorgungsstationen und Grenzübergängen zu verschaffen – und festzustellen, dass angebliche Versorgungsställe erfunden wurden und Wartezeiten an den Grenzen Stunden betragen. Als zuständige Bundesministerin könnte sie in Deutschland für einheitliche und rechtssichere Regelungen in allen Bundesländern sorgen, etwa was Tiertransporte nach Zentralasien oder Nordafrika betrifft. Sie bleibt jedoch untätig, das lasten wir ihr an. Ihren Ankündigungen, die Transportrouten durch Angaben in einer Datenbank zu verbessern, lässt sie bis jetzt keine Taten folgen.  Dabei ist es Aufgabe der Bundesministerin, Verantwortung zu übernehmen und Ergebnisse zu liefern.

Tiertransporte müssen auf maximal acht Stunden begrenzt werden. Tierquälerische Transporte in Länder außerhalb Europas müssen endlich beendet werden. Frau Klöckner darf sich nicht aus der Verantwortung stehlen.“

NRW verbietet die Haltung von Gifttieren Chance auf vollumfängliche Regelung verpasst

Pressemitteilung des Deutschen Tierschutzbundes vom 25.Juni 2020

Dem Deutschen Tierschutzbund geht das verabschiedete Gesetz, das in Nordrhein-Westfalen künftig die Privathaltung von Gifttieren regeln wird, nicht weit genug.  Das Gesetz, das der nordrhein-westfälische Landtag gestern am späten Abend verabschiedete, sieht ein Verbot der Privathaltung von Gifttieren vor. Die Haltung von Altbeständen wird an hohe Anforderungen, etwa an die Zuverlässigkeit des Halters, ein Führungszeugnis und das Vorliegen einer Haftpflichtversicherung, geknüpft sein. Auslöser für den Gesetzesentwurf war die im vergangenen Jahr entlaufene Kobra von Herne. Das Gesetz tritt am 1. Januar 2021 in Kraft und ist zunächst auf fünf Jahre befristet.

„Grundsätzlich ist zu begrüßen, dass das Bundesland mit den mutmaßlich meisten Giftschlangenhaltern nun endlich – nach mehreren gescheiterten Initiativen – eine Regelung verabschiedet hat, welche die private Haltung dieser anspruchsvollen Exoten massiv einschränkt bzw. verbietet. Dennoch hat die Landesregierung leider die Gelegenheit einer vollumfänglichen und vernünftigen Regelung im Sinne des Tierschutzes verpasst“, kommentiert Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes. „Die Tatsache, dass das Gesetz befristet ist, führt seinen Sinn und Zweck letztlich auch ad absurdum. Das Gesetz ist zwar ein erster wichtiger Schritt in die richtige Richtung, es besteht jedoch dringender Nachbesserungsbedarf.“

Andere potentiell gefährliche Arten, wie Großkatzen, Primaten, Krokodile oder Riesenschlangen, finden in dem neuen Gesetz keine Berücksichtigung. Auch bezieht sich das Verbot nur auf die Haltung der gelisteten Gifttiere; die Zucht mit Tieren aus Altbeständen und der Handel bleiben erlaubt. Da die Sachkunde und regelmäßige behördliche Kontrollen für die Haltung von Altbestandstieren keine Rolle spielen, kann zudem weder gewährleistet werden, dass diese Tiere tierschutzkonform gehalten werden, noch, dass Haltungseinrichtungen tatsächlich sicher gegen das Entweichen von Tieren sind. Da das Gesetz erst Anfang nächsten Jahres in Kraft tritt, bleibt aus Sicht der Tierschützer auch noch zu viel Zeit zur Anschaffung von „Altbeständen“. Weitgehend ungeklärt bleibt im Gesetz, wer die Kosten übernimmt, wenn Halter ihre Gifttiere freiwillig abgeben oder diese beschlagnahmt werden. Damit besteht die Gefahr, dass Auffangstationen auf den Kosten für die Versorgung dieser meist sehr langlebigen Tiere sitzen bleiben.

Zum „Branchengespräch Fleisch“

Kommentar des Deutschen Tierschutzbundes vom 25.Juni 2020

Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner sowie Ursula Heinen-Esser und Barbara Otte-Kinast, die Landwirtschaftsministerinnen aus Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen, haben für morgen zu einem “Branchengespräch Fleisch“ nach Düsseldorf eingeladen. An dem Termin wird der Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, Thomas Schröder, persönlich teilnehmen. Anlässlich des Termins formuliert er vorab die tierschützerischen Erwartungen:

„Bei mir schwingt Verbitterung und Erleichterung mit. Verbitterung, dass es erst diesen Corona-Skandal brauchte, um den Spot auf das durch und durch kaputte Fleischsystem zu lenken. Und Erleichterung, dass es jetzt endlich den Druck gibt, dem sich die Politik nicht mehr länger entziehen kann. Der Fall Tönnies hat noch einmal mehr als deutlich gemacht, dass es eine radikale Wende in der deutschen und auch europäischen Agrarpolitik braucht. Eine Neujustierung ist lange überfällig. Die „Tönnies-Frage“ ist eben eine Systemfrage. Übrigens nicht nur für die Fleischbranche, das gilt auch für Milch und Ei. Es braucht schärferes Ordnungsrecht, dafür ist die Bundesregierung zuständig. Es braucht konsequentere Kontrollen und einen durchgreifenden Vollzug der Behörden, dafür sind die Landesministerien zuständig. Es muss Schluss sein mit der Preisdumpingpolitik, dafür ist der Handel verantwortlich. Daraus die Konsequenzen zu ziehen, um Tier- und Umweltschutz und damit einhergehend auch Menschenschutz zu stärken, das muss das Ergebnis dieses Fleischgipfels sein. Drauf drängen wir. Die „Freiwilligeritis“, mit der Julia Klöckner glaubte, regieren zu können, ist als gescheitert anzusehen – von dem geplanten Tierwohllabel bis zu Branchenvereinbarungen. Das muss die persönliche Lehre für Frau Klöckner sein.“

Aktionstag „Kollege Hund“ bringt Vierbeiner in die Büros

Pressemitteilung des Deutschen Tierschutzbundes vom 25.Juni 2020

Am heutigen Aktionstag erobern wieder die Vierbeiner die deutschen Büros. In den teilnehmenden Unternehmen, darunter Rechtsanwaltskanzleien, Handwerksunternehmen, Buchhandlungen, Versicherungen und Verlagshäusern, dürfen Hunde an diesem Tag mit ins Büro – und die Mitarbeiter*innen können den Arbeitsalltag mit dem tierischen Kollegen einmal austesten. Ein Hund im Büro verbessert das Arbeitsklima, baut Stress ab und die Motivation im Team steigt.

„Auch im Arbeitsalltag bewährt sich der Hund als treuer und verlässlicher Freund des Menschen. Der Aktionstag bietet die Chance, ein mögliches Miteinander von menschlichen und tierischen Kollegen einfach einmal unverbindlich austesten“, erklärt Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes. Hintergrund der Aktion ist, dass sich viele Menschen aufgrund ihrer beruflichen Situation scheuen, einen Hund bei sich aufzunehmen. „Wir wollen insbesondere Arbeitgebern aber auch Arbeitnehmern zeigen, wie gut sich Hund und Beruf vereinbaren lassen und so im besten Fall auch Hunden aus dem Tierheim eine bessere Chance auf Vermittlung bieten“, so Schröder. Unterstützt wird die Aktion, die jedes Jahr am letzten Donnerstag im Juni stattfindet, von der Futtermarke Pedigree.

Firmen, bei denen Hunde bisher tabu waren, können den Aktionstag nutzen, um Berührungsängste zu überwinden; Hundehalter können den Vorgesetzten und Kollegen – deren Einverständnis vorausgesetzt – einmal ihren tierischen Freund vorstellen. Hunde fühlen sich nämlich am wohlsten, wenn sie Herrchen und Frauchen begleiten dürfen. Dann sollten sie aber auch einen festen Rückzugsort am Arbeitsplatz haben, etwa eine Box oder ein Körbchen, an dem sie zur Ruhe kommen können. Neben Hund und Halter profitiert auch das gesamte Team vom „Kollegen Hund“, da sich ein Hund positiv auf das Arbeitsklima auswirkt.

Alle Firmen, die sich am Aktionstag „Kollege Hund“ beteiligen, zeichnet der Deutsche Tierschutzbund im Anschluss mit einer Urkunde als tierfreundliches Unternehmen aus. Mehr Informationen zum Aktionstag unter: www.kollege-hund.de

Szenarien aus der Klimaforschung können Risikobewertung von Zentralbanken dienen

Pressemitteilung des PIK vom 24.Juni 2020

Stabilität ist das Kernziel von Zentralbanken. Um die Risiken aus der Destabilisierung des Klimas abzuschätzen, planen die großen Zentralbanken und Aufsichtsbehörden, Klimaszenarien zu verwenden, die von einem Forscherteam unter der Leitung des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung entwickelt wurden. Diese Szenarien werden in die Klimastresstests einfließen, die Zentralbanken wie die Bundesbank, die Bank of England oder die Banque de France für die von ihnen regulierten Finanzinstitute durchführen wollen. Die Arbeit wurde vom „Network of Central Banks and Supervisors for Greening the Financial System“ (NGFS) in Auftrag gegeben, einer Gruppe von 66 Zentralbanken und Aufsichtsbehörden rund um den Globus, die das Ziel hat, ein Klima-Risikomanagement im Finanzsektor zu entwickeln.

„Klimabedingte Risiken sind für die Weltwirtschaft sehr real“, erklärt Elmar Kriegler, leitender Koordinator des Projekts am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). „Einerseits werden die physischen Auswirkungen von Klima- und Wetterereignissen erheblich sein – wie etwa bei Überschwemmungen oder Dürren. Andererseits ergeben sich aus der erforderlichen Transformation zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft viele Chancen, aber auch Risiken für die Finanzmärkte, wenn sie den Klimaschutz nicht vorausschauend berücksichtigen. Wie genau und unter welchen Bedingungen solche Risiken auftreten können, das sollen unsere Szenarien veranschaulichen und erforschen helfen.“

Szenarien als wichtiges Instrument zur Risikoreduktion

Diese Informationen sind entscheidend für die Beurteilung wirtschaftlicher und finanzieller Risiken. „Als Zentralbanken und Aufsichtsbehörden ist es unsere Aufgabe, die Auswirkungen des Klimawandels auf die Wirtschaft und das Finanzsystem in einer Vielzahl möglicher Zukunftsszenarien zu verstehen“, erläutert Sarah Breeden, Exekutivdirektorin der UK Deposit Takers Supervision bei der Bank of England und Vorsitzende des Arbeitsstrangs des NGFS zum – so nennen es die Fachleute – ‚makro-finanziellen‘ Einfluss des Klimawandels. „Deshalb freue ich mich sehr, dass der NGFS heute diese Szenarien veröffentlicht. Sie sind eine wichtige Ergänzung unseres analytischen Werkzeugkastens. Indem wir dabei helfen, die Maßnahmen zu identifizieren, die wir jetzt ergreifen können, um zukünftige Kosten und Risiken zu reduzieren, können wir wirklich etwas bewirken.“

In seinem ersten umfassenden Bericht vom April 2019 gab der NGFS sechs Empfehlungen dazu ab, wie Zentralbanken und politische Entscheidungsträger sicherstellen können, dass das Finanzsystem gegenüber klimabedingten Risiken widerstandsfähig ist. Eine dieser Empfehlungen bestand darin, Szenarien als gemeinsamen Ausgangspunkt für die Analyse von Klimarisiken für die Wirtschaft und das Finanzsystem zu entwickeln.

Die erste Runde der Szenarien ist jetzt veröffentlicht worden. Eine zweite wird um den Jahreswechsel folgen. Die Forschung wird vom PIK in enger Zusammenarbeit mit dem NGFS koordiniert. Weitere Partner sind das International Institute for Applied Systems Analysis (IIASA), Climate Analytics, die University of Maryland in den USA und die ETH Zürich.

Klimaforscher und Zentralbanker lernen voneinander

„Um den Finanzspezialisten die Arbeit mit den Szenarien zu erleichtern, verwenden wir den ‚Scenario Explorer‘ des IIASA“, erklärte Bas van Ruijven, Senior Research Scholar bei IIASA. „Über diese Website können die Benutzer ihre eigenen Grafiken und Arbeitsbereiche zu allen Aspekten dieser Übergangsszenarien erstellen, etwa zur makroökonomischen Entwicklung, zu Veränderungen im Energieverbrauch oder zur Nutzung von Energieressourcen. Die Benutzer können auch den gesamten Datensatz oder nur die Teile der Daten herunterladen, mit denen sie arbeiten möchten.“

„Wissenschaftsbasierte Informationen sind essentiell für eine fundierte Entscheidungsfindung. Im Verlauf des Projekts haben Klimaforscher und Zentralbankern viel voneinander gelernt“, so Elmar Kriegler. „Es war spannend zu sehen, dass die Szenarien zum Klimawandel für die Finanzregulatoren genauso wertvoll waren wie zuvor für die Klimapolitiker.“

Mehr Information zu den NGFS Szenarien und dem dazugehörigen Guide findet sich hier: https://www.ngfs.net/en/liste-chronologique/ngfs-publications

Die Datenbank wird hier verfügbar sein: https://www.ngfs.net/ngfs-climate-scenarios

Der erste umfassende NGFS Report (2019) mit allen sechs Empfehlungen findet sich hier: https://www.banque-france.fr/sites/default/files/media/2019/04/17/ngfs_first_comprehensive_report_-_17042019_0.pdf

Auszeichnung für „Schwalbenfreundliches Haus“ in Pausin

Der NABU verlieh in Pausin die Plakette „Schwalbenfreundliches Haus“

Schönwalde-Glien/Pausin.  Am Freitag verlieh der NABU Osthavelland in Pausin die Plakette mit Urkunde „Schwalbenfreundliches Haus“ an die Familie Bannasch. Seit beinahe zwei Jahrzehnten lässt die Familie Rauschwalben bei sich am Haus und den Pferdestallungen nisten. Die für die Aufzucht ihrer Jungen notwendigen Insekten finden die Schwalben in der Umgebung der Pferde und halten diesen damit die surrenden Plagegeister vom Hals. Familie Bannasch unterstützt und fördert mit ihrem Engagement die Population der Rauchschwalben. Durch ihren Einsatz konnten viele der als Glücksboten geltenden Vögel das Licht der Welt erblicken.

Verleihung der Auszeichnung an Familie Bannasch
Foto: Konrad Bauer

Der Brutbestand der Rauchschwalben in Deutschland, hat sich laut Konrad Bauer vom NABU Osthavelland, in den letzten 50 Jahren halbiert. „Die Rauschschwalbe hat in den letzten Jahren unter dem Rückgang der Weidewirtschaft und dem Verlust von strukturellen Landschaftselementen Bestandseinbußen erlitten. Leider wird ihr auch häufig der Brutplatz an Gebäuden und Stallungen verwehrt“, sagt Konrad Bauer der gemeinsam mit Monika Weber, ebenfalls NABU Osthavelland, die Auszeichnung überreichte.

Als Gebäude-Innenbrüter sind die Schwalben auf die Toleranz des Menschen angewiesen. Neben dem Mangel an Brutplätzen leiden die Schwalben auch an den abnehmenden Insekten-Beständen. Eine Rauschwalbe verspeist täglich 11 Gramm Insekten. Das heißt in der Zeit von April bis September, während sie in unseren Breiten lebt, futtert sie rund 2000 ! Stechmücken und 600 Blattläuse weg. Das entspricht einer Menge von 1,8 Kilogramm Insekten. Den Rest des Jahres verbringen die etwa 19 Zentimeter großen Zugvögel südlich der Sahara, in Afrika. Ende April kommen die Rauschwalben, deren Bäuche weiß und deren Rücken glänzend blau in der Sonne leuchten, zum Brüten zurück. Sie legen 4-5 Eier, die sie in 15 Tagen ausbrüten. Nach 24 Tagen sind die Nestlinge flügge. Und manchmal brüten die Schwalben noch ein zweites Mal im gleichen Jahr. Etwa 8 Jahre alt kann eine Rauchschwalbe werden.

Ein Nest voller Glück, kleine Rauchschwalben
Foto: Eppo Bannasch

Rund 350 000 Rauchschwalben brüten in Deutschland. Wenn die Tiere aus ihren Winterquartieren zurückkehren, suchen sie gern die bestehenden Nester auf. Es folgt eine Renovierung, sprich, die Vögel richten sich im alten Nest wieder ein. Rauchschwalben und ihre Nester sind ganzjährig geschützt. Das Zerstören von Schwalbennestern ist eine Ordnungswidrigkeit, die mit bis zu 50 000 Euro geahndet werden kann.

Für den wichtigen Beitrag zum Artenschutz werden in Brandenburg regelmäßig Hausbesitzer, die Schwalben einen sicheren Brutplatz bieten, vom NABU ausgezeichnet.

Kleine Leute im Einsatz für den Artenschutz

Die Sielmann-Natur-Ranger haben Nisthilfen für Meisen, Wiedehopf, Baumhummel und Marienkäfer gebastelt

Wustermark/Elstal.  Daniela Erler geht in die Knie und zeigt mit einem kleinen, dünnen Ast auf eine filigrane Pflanze mit weißen Blüten. „Weiß jemand, was das ist?“ Sie schaut in neun ratlose Augenpaare. „Schafsgarbe vielleicht?“ Die Unsicherheit klingt in der Kinderstimme deutlich mit. Erler schüttelt den Kopf. „Du hast Recht, sie sieht der Schafsgarbe ähnlich, ist aber Schierling. Und der ist sehr giftig. Ihr dürft den Schierling wirklich niemals anfassen“, erklärt Erler. Erler erläutert, wie man beide Pflanzen auseinanderhalten kann, was sie unterscheidet und die drei Mädchen und sechs Jungen im Alter von 6-12Jahren lauschen ihr aufmerksam. Die Kinder gehören zu den Sielmann Natur-Rangern, dem Team Döberitzer Heide. Einmal im Monat erobern sie mit Erler die Heide, gehen raus in die Natur und erleben noch echte kleine Abenteuer. Sie entdecken Käfer und Spinnen und können sie mit Namen benennen. Auch viele der Blumen, Sträucher und Bäume sind ihnen namentlich bekannt.

Daniela Erler erklärt den Schierling
Foto: Silvia Passow

Heute ist erst einmal Schnipseljagd angesagt. Die Kinder haben einen Fragebogen bekommen und damit strolchen sie durch die Heide. Sie suchen nach den versteckten Nummern, die hier in den Büschen hängen. Ist eine solche Nummer gefunden, sehen sich die jungen Naturschützer um. Was könnte hier so Besonderes sein? Wenn sie selbst nicht darauf kommen, hilft Erler und erklärt, um was es an dieser Stelle geht. Zwei Kilometer legt die Truppe auf diese Weise zurück, dann ist erst einmal Pause. Auch die fleißigsten Natur-Ranger brauchen eine Stärkung.

Groß für die Natur im Einsatz, die Sielmann-Natur- Ranger
Foto: Silvia Pasow

Für manche der Kinder ist es eine Herausforderung zwei Kilometer zu laufen, sagt Erler. Doch sie lernen schnell und wenn es überall am Wegesrand etwas Spannendes zu entdecken gibt, fühlt sich die Distanz gar nicht so weit an. Seit fünf Jahren führt Erler einmal im Monat die Kinder auf Entdeckungstour durch die Heide. Manchmal werden sie dabei von Naturexperten begleitet. Sie macht das ehrenamtlich. Sie möchte, sagt sie, dass die Kinder hier spielerisch lernen, toben, entdecken, riechen, kosten können. Es gibt ein bisschen Kräuterkunde und Erler erklärt die Landschaftsformen. Und es geht natürlich um den Naturschutz, um das Verstehen, dass sich die Natur nichts ohne Sinn ausdenkt. „Ich möchte, dass die Kinder, wenn sie eine Spinne sehen nicht igitt rufen,“ sagt sie. Die Kinder sollten ihren Namen kennen, ihren Nutzen, dann werden sie die Spinne unbeschadet zurück in die Natur setzen, sollte dies erforderlich sein. Zweiundzwanzig Kinder gehören zu den Sielmann Natur-Rangern Döberitzer Heide. Im Moment ziehen sie nicht gemeinsam los. Corona bedingt wurde die Gruppe getrennt, die eine Gruppe ist Vormittags in der Heide, die andere am Nachmittag.

Voller Stolz zeigen die Ranger was sie gebastelt haben
Foto: Silvia Passow

Als sich abzeichnete, dass Corona die Gruppenerlebnisse erst einmal auf Eis legen würde, gab Erler den Kindern eine Hausaufgabe mit. Sie verteilte Baumaterial und Bauanleitungen für Nistkästen und Insektenhotels. Viele der Kinder bastelten und nun bekommen die Nisthilfen den letzten Schliff und werden dann in die Bäume oder an die Hauswand des Ranger-Quartiers angebracht.

Eine zu Hause? Eine verlassene Spechthöhle
Foto: Silvia Passow

Schöne Nistkästen für Vögel und besonders schick, auch für Schmetterlinge, bekommen noch einen farbigen Anstrich. Die Kinder überlegen, welche Farbe verwendet werden soll und einigen sich schnell und demokratisch. Erler hat bereits Halterungen an der Hauswand angebracht. Die kleinen Dosenkäfer, Insektenhotels aus Blechdosen, mit Pfeifenreiniger verziert, können direkt in die Bäume gehängt werden. Es wird eifrig gesägt, abgemessen und gepinselt. Und am Ende haben viele Insekten und Vögel ein neues Zuhause bekommen.  

Ein Mini-Insektenhotel
Foto: Silvia Passow

Die Sielmann Natur Ranger sind die Jugendorganisation der Heinz-Sielmann-Stiftung. Die 1998 gegründete Organisation ist bundeweit aktiv und möchte Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit bieten, Natur allen Sinnen zu entdecken, um einen verantwortungsvollen Umgang mit ihr zu entwickeln.

Daniela Erler hängt die kleinen Dosenkäfer in die Bäume
Foto: Silvia Passow

Mehr zu den Sielmann-Natur-Ranger unter: www.natur-ranger.de

Die Vier von der Fahrradwerkstatt

Wenn der Sattel wackelt, der Reifen eine Acht hat, die Kette klemmt, in der Fahrradwerkstatt gibt es unkompliziert und kostengünstig Hilfe

Wustermark.  Wustermark hat wieder eine offene Fahrradwerkstatt. Die Idee, dem Drahtesel bei Wehwehchen selbst, unter Anleitung bastelfreudiger Handwerker, zu helfen ist für Wustermark nicht neu. Sie ruhte, nachdem die Initiatoren an einen anderen Ort gezogen waren. Nun ist sie wieder da, neu besetzt, vier Fahrrad-affine und handwerklich begabte Männer aus den verschiedenen Ortsteilen der Gemeinde, warten auf Spannende und knifflige Fahrradreparaturen.

Jeden ersten Samstag im Monat können in Wustermark unter Anleitung Fahrräder repariert werden
Foto: Silvia Passow

Thomas Türk sitzt vor dem rotem Backsteinhaus in der Sonne, das Vorderrad eines Fahrrades auf den Schoss. Er dreht sacht an dem Rad, das charakteristische Surren ist zu hören. Ein Problem mit den Speichen, diagnostiziert der 61jährige. Nichts was sich nicht lösen ließe. Türk hat das erste Fahrrad vor sich, dass in der neuen offenen Fahrradwerkstatt repariert wird. Der Besitzer hat es zur Reparatur abgegeben, was nicht unbedingt dem entspricht, was Türk und seine drei Mitstreiter in der Werkstatt erreichen wollen. Fahrräder reparieren, ja, doch sollte der Besitzer oder die Besitzerin nach Möglichkeit dem Vorgang beiwohnen, besser noch, selbst am Patienten Fahrrad operieren. Wenigstens als Assistenzarzt, so die Idee. Denn hier geht es um ein gemeinsames Projekt, der Besitzer hat die Chance, seinen Drahtesel unter die Pedale zu schauen und damit besser kennen zu lernen. Türk, den hier viele auch als den Fraktionsvorsitzenden der Bündnisgrünen kennen, lebt mit der Werkstatt den Nachhaltigkeitsgedanken aus, sagt er.

Peter Mendl, Christoph Wewel und Thomas Türk beim Frei-Luft-Werkeln
Foto: Silvia Passow

Peter Mendl gesellt sich zu Türk, schaut auf das Rad und bestätigt den von Türk gestellten Befund. Mendl, der in seinem Leben diversen beruflichen Tätigkeiten nachging, hat sich schon immer gern handwerklich beschäftigt, sagt er. Als junger Mann fuhr der heute 67jährige Rentner zur See. „Und da hatte man gar nicht die Möglichkeit, alles neu zu kaufen. Hier musste man reparieren und improvisieren“, sagt er. Beides hat er offenbar nicht vergessen und wendet es nun hier in der Werkstatt an. Christoph Wewel ist eigentlich Vermessungsingenieur, gern ehrenamtlich aktiv, so auch bei der Freiwilligen Feuerwehr. Fahrräder reparieren liegt bei Wewel in der Familie, bereits der Vater hauchte den kaputten Drahteseln wieder Leben ein und Wewel hält es genauso. Dinge reparieren, statt wegwerfen, finde er weitaus besser, sagt der Hoppenrader Wewel. Der Jüngste im Bunde ist Edgar Kalischer aus Elstal. Der 19jährige reparierte sein eigenes Fahrrad bei den Vorgängern der Fahrrad-Werkstatt und als er hörte, dass dieses Projekt wiederbelebt werden soll, war er sofort dabei, erzählt er. Handwerklich aktiv sein, sagt er, das ist ohnehin seine Leidenschaft, sagt er. Sein eigenes Fahrrad hat er liebevoll hergerichtet und einen echten Blickfang geschaffen.

Ein echter Hingucker, das Fahrrade von Edgar Kalischer
Foto: Silvia Passow

Die Vier reparieren nun einmal im Monat kostenlos Fahrräder. Und sie nehmen auch gern Fahrräder, die nicht mehr genutzt werden, an. Sie bauen sie auf und geben sie an Menschen, die sich kein Fahrrad kaufen können, weiter. Der Service an sich ist kostenlos, die Ersatzteile müssen selbst besorgt werden und in der Werkstatt steht ein Sparschwein, dass sich gern mit Bargeld füttern lässt.

Hier sind Christoph Wewel, Peter Mendl und Edgar Kalischer am Werk
Foto: Silvia Passow

Zum vierköpfigen Team gehört noch ein Mann, ohne dem die Werkstatt nicht möglich geworden wäre. Alexis Schwarz stellt auf dem ehemaligen Vierseitenhof den Platz zur Verfügung. Der Hof gehört zum ökologisch-sozialen Wohnprojekt, dass hier an der Friedrich-Rumpf-Straße entstanden ist. In der kleinen Werkstatt wird das Material und das Werkzeug gelagert. Gearbeitet wird im Freien, vor der Werkstatt. Zurzeit gelten die üblichen Corona-Schutzmaßnahmen.

Edgar Kalischer, Peter Mendl, Christopher Wewel, Thomas Türk, Wustermarks Bürgermeister und Fan der bekennender Fan der Werkstatt Holger Schreiber und Alexis Schwarz
Foto: Silvia Passow

Die ehrenamtliche Fahrradreparatur kann jeden 1. Samstag im Monat von 10-14 Uhr aufgesucht werden. Zu finden ist sie in der Friedrich-Rumpf-Straße 18, in Wustermark.

Gute Laune und Drahtesel, in der Fahrradwerkstatt Wustermark
Foto: Silvia Passow

Mitmischen:

Mit dem schicken neuen/alten Fahrrad unterwegs und Anregungen für eine fahrradfreundliche Umgebung aufgespürt? Noch bis zum 28.Juni können sich die Wustermarker am Radverkehrskonzept beteiligen. Die Onlinebeteiligung zum Radverkehrskonzept findet sich unter: mpt.link/wustermark-radverkehr. Der Fragebogen kann auch ausgedruckt und in Papierform eingereicht werden.

Tiere brauchen Schutz vor großer Sommerhitze

Pressemitteilung des Deutschen Tierschutzbundes vom 23.Juni 2020

Die anstehende Sommerhitze bedeutet für Haustiere eine Gefahr. Im schlimmsten Fall droht der Tod durch einen Hitzschlag. Der Deutsche Tierschutzbund empfiehlt Tierhaltern, stets für Schatten und frisches Trinkwasser zu sorgen und Haustiere nicht körperlich anzustrengen. Hunde oder auch andere Tiere dürfen keinesfalls allein im Auto bleiben, denn hier besteht akute Lebensgefahr.

„Tierhalter sollten ihre Haustiere bei den steigenden Temperaturen stets im Blick behalten, um mögliche Anzeichen von Überhitzung schnell zu erkennen“, sagt Dr. Moira Gerlach, Fachreferentin für Heimtiere beim Deutschen Tierschutzbund. „Dies können starkes Hecheln und Unruhe sein.“ Spätestens dann muss das Tier aus der Hitze gebracht werden. Nasse Handtücher um die Gliedmaßen helfen dabei, das Tier langsam runterzukühlen. Lebensgefährliche Kreislaufprobleme können sich durch stark gerötete oder sehr blasse Schleimhäute, flache Atmung, verlangsamte Reaktionen und apathisches Verhalten äußern. Dringende Warnsignale sind außerdem Gleichgewichtsstörungen. „Bei diesen Symptomen muss unmittelbar ein Tierarzt aufgesucht werden“, so Gerlach.

Schatten und Wasser sorgen für Abkühlung

Anders als der Mensch können viele Tierarten nicht schwitzen. Die meisten Haustiere regulieren ihren Wärmehaushalt über Trinken oder Hecheln. Deshalb ist jederzeit verfügbares frisches Trinkwasser wichtig. Außerdem braucht das Tier einen kühlen Schattenplatz, an den es sich stets zurückziehen kann. Große Anstrengungen sollten dringend vermieden werden. Mit Hunden sollte man deshalb in den kühleren Morgen- und Abendstunden Gassi gehen. Ein Hundepool kann für die Vierbeiner die nötige Abkühlung bringen; Katzen bevorzugen dagegen ein schattiges Plätzchen im Garten oder ziehen sich gern ins kühlere Badezimmer oder den Keller zurück. Wer Kaninchen oder Meerschweinchen im Außengehege hält, sollte immer prüfen, ob sich ein großer Teil des Geheges den ganzen Tag über im Schatten befindet. Schattenspendende Häuschen, kühle Steinplatten oder feuchte aufgehängte Tücher können zusätzlich für Kühlung sorgen.

Das Auto wird schnell zur tödlichen Falle

Unter keinen Umständen dürfen Tiere alleine im Auto gelassen werden. Auch bei bedecktem Himmel oder geöffneten Fenstern steigt die Temperatur im Inneren rasch auf 50 Grad und mehr an und das Fahrzeug kann so schon innerhalb weniger Minuten zur tödlichen Falle werden. Passanten, die ein Tier in Not bemerken, sollten umgehend die Polizei oder auch die Feuerwehr informieren, um das Fahrzeug öffnen zu lassen, falls der Fahrzeughalter oder Fahrer nicht schnell genug gefunden werden kann.

Weitere Tipps auf: www.jugendtierschutz.de/hitze