Berliner Konferenz zu Klima und Sicherheit gibt Startschuss für neue Risikoanalyse

Pressemitteilung des PIK vom 23.Juni 2020

Die Destabilisierung des Klimas erhöht die Risiken für Frieden und Sicherheit. Um diesen Risiken zu begegnen, suchen Wissenschaftler und politische Entscheidungsträger gemeinsam nach Lösungen. Die Berliner Konferenz zu Klima und Sicherheit (BCSC) ist der globale Treffpunkt für führende Persönlichkeiten aus Regierungen, internationalen Organisationen, der Wissenschaft, der Privatwirtschaft und der Zivilgesellschaft, um zu untersuchen, wie sich der Klimawandel auf Frieden und Sicherheit auswirkt – und welche Maßnahmen die internationale Gemeinschaft ergreifen kann, um den Risiken zu begegnen. Die hochrangig besetzte Veranstaltung, die Statements von mehr als 14 Außenministern, Staatschefs und UN-Chefs beinhaltet, untersucht in diesem Jahr die nötigen Schritte, um die Welt nach der Corona-Pandemie für Klima- und Sicherheitsfragen zu sensibilisieren. Organisiert wird sie vom Auswärtigen Amt in Zusammenarbeit mit adelphi und dem Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK).

„Für die meisten von uns war exponentielles Wachstum ein abstraktes Konzept – bis uns die Corona-Pandemie traf“, so der deutsche Außenminister Heiko Maas. „In den vergangenen Wochen haben wir alle lernen müssen, wie katastrophal die Auswirkungen der Pandemie sein können. Beim Klimawandel ist das Muster das gleiche, auch wenn er sich in Zeitlupe vollzieht. Und die Folgen sind ebenso schwerwiegend – für Menschenleben und als Quelle künftiger Konflikte. Die Außen- und Sicherheitspolitik muss dem Rechnung tragen und sich endlich ein neues Sicherheitskonzept zu eigen machen. Heute wissen wir: Es braucht keinen einzigen Schuss, um ganze Regionen in Aufruhr zu stürzen. Eine lange Dürre kann eine ebenso zerstörerische Wirkung haben.“

Die BCSC 2020 findet in zwei Teilen statt. Der erste Teil, vom 23. – 24. Juni 2020, untersucht die wachsenden Risiken, die die Auswirkungen des Klimawandels für den internationalen Frieden und die internationale Sicherheit darstellen, mit dem Ziel, klare Schritte nach vorn zu finden, um auf klimabedingte Sicherheitsrisiken reagieren zu können. Er beinhaltet einen hochrangigen politischen Teil mit dem deutschen Außenminister Heiko Maas. Der zweite Teil folgt vom 7. September bis 2. Oktober 2020 und widmet sich der Frage, wie umfassendere Risikobewertungen eine vorausschauende und präventive Außen- und Sicherheitspolitik unterstützen könnten.


„Sicherheit und Wohlstand im 21. Jahrhundert hängen davon ab, wie wir die globalen Gemeinschaftsgüter managen“

„Das Überschreiten planetarer Grenzen wird zu Situationen führen, in denen es häufiger zu Auseinandersetzungen um Ressourcen kommt. Wir sehen diese Auswirkungen bereits jetzt, zum Beispiel in gefährdeten Regionen in der Sahelzone, wo Dürren zu Ernährungskrisen beitragen, die wiederum Unruhen auslösen können“, sagt der Erdsystemwissenschaftler Johan Rockström, der zusammen mit dem Ökonomen Ottmar Edenhofer das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung leitet. Edenhofer fügt hinzu: „Sicherheit und Wohlstand im 21. Jahrhundert werden zu einem großen Teil davon abhängen, wie wir die globalen Gemeinschaftsgüter managen, einschließlich der Klimastabilität. Wie Kartographen versuchen Wissenschaftler, eine Reihe von Wegen zu identifizieren, um die von der internationalen Gemeinschaft gesetzten Ziele zu erreichen – und ermöglichen es damit den Verantwortlichen, fundierte Entscheidungen darüber zu treffen, welchen Kurs sie einschlagen wollen.“

Alexander Carius, Geschäftsführer von adelphi, betont, dass „wir eine sichere post-Corona-Welt nur dann wieder aufbauen können, wenn wir dem Klimawandel Rechnung tragen. Aber was nützt es, wenn es keinen Frieden gibt? Wir wollen nicht zum ‚business as usual‘ zurückkehren. Wir brauchen ein besseres Verständnis der verschiedenen miteinander verbundenen Risiken, um sicherzustellen, dass eine risikobewusste Politik heute zu einer gesünderen, klimasicheren und friedlichen Zukunft führt.“

Das übergeordnete Ziel der BCSC 2020 ist es, aufzuzeigen, wie umfassendere Risikobewertungen in eine vorausschauende, vorbeugende Außenpolitik umgesetzt werden können. Tatsächlich fehlt uns immer noch eine verbindliche Risikobewertung auf globaler Ebene, die eine ganzheitliche Analyse der klimabedingten Sicherheitsrisiken bietet und klare Botschaften an die politischen Entscheidungsträger liefert.

Ziel: Ein “Global Risk and Foresight Assessment” entwickeln

Um diese Lücke zu schließen, hat das Auswärtige Amt ein Konsortium führender Forschungsinstitute aus Wissenschaft und Politik beauftragt, einen umfassenden Bericht zu Klima-Sicherheits-Risiken zu entwickeln, ein “Global Risk and Foresight Assessment”. Die Initiative, die gemeinsam von adelphi und dem Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) geleitet wird, bringt Klima-, Sozial- und Konfliktwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler zusammenbringen, um kontextspezifische Dimensionen von Risiko und Resilienz zu identifizieren. Ziel ist, zeitnahe, relevante und effektive Antworten auf klimabedingte Sicherheitsherausforderungen zu gewährleisten.

Auf der diesjährigen BCSC wird auch ein neuer Bericht von PIK und adelphi veröffentlicht, der die Grundlage für die Risikobewertung bildet. Er fasst die vorhandenen wissenschaftlichen Erkenntnisse zusammen und kontextualisiert sie, um politischen Entscheidungsträgern zehn Erkenntnisse über Klima und Frieden zu liefern. Diese Schritte Deutschlands, das sich unter seiner UN-Sicherheitsratspräsidentschaft sehr stark für Maßnahmen im Bereich Klima und Sicherheit eingesetzt hat, zeugen von einem anhaltenden Engagement in dieser Frage und setzen die Empfehlungen des Berliner Aufrufs zum Handeln 2019 direkt um.

Nicht nur Fragen des Arbeitsschutzes, sondern auch Tierschutzfragen auf.

Pressemitteilung des Deutschen Tierschutzbundes vom 22.Juni 2020

Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, kommentiert:

„Der Fall Tönnies zeigt, wie anfällig dieses System auch in Tierschutzfragen ist. Die zunehmende Zentralisierung, die über Jahrzehnte durch die EU und die deutsche Agrarpolitik angetrieben wurde, zeigt nun das wahre Gesicht. Wir sehen die Tierschutzprobleme, die jetzt aktuell zu lösen sind: Wohin kommen die Schweine, die nicht mehr bei Tönnies geschlachtet werden? Wie werden die Transportwege gestaltet? Welcher Stau und damit elende Wartezeiten entstehen in den Schlachthöfen? Wie sind die Zustände in den Ställen, wo die Tiere jetzt warten? Diese drängenden Tierschutzfragen müssen jetzt beantwortet werden. Die Antworten darf Bundesministerin Julia Klöckner nicht Herrn Tönnies und NRW-Ministerin Heinen-Esser alleine überlassen. Da braucht es ein Gesamtkonzept, mit dem ein maximaler Schutz für die Tiere gewährleistet wird. Das sind kurzfristige Maßnahmen. Mittelfristig braucht es eine radikale Wende der deutschen und europäischen Agrarpolitik, weg von Zentralisierung, hin zur Regionalisierung. Die wichtige Frage des Arbeitsschutzes und des dringenden Verbots des Sub-Unternehmertums ist nur die eine Seite. Aus Tierschutzsicht gibt es ebenso wichtige Fragen zu lösen, auch unabhängig von Tönnies. Es ist eine Systemfrage, keine Tönnies-Frage.“

Endlich die Sau rauslassen

Pressemitteilung des Deutschen Tierschutzbundes vom 22.Juni 2020

Zwölf Tierschutzorganisationen legen Konzept für sofortiges Ende der Kastenstandhaltung vor

Gemeinsam mit elf weiteren Tierschutzorganisationen hat der Deutsche Tierschutzbund einen Vorschlag erarbeitet, wie Kastenstände für Sauen in Deutschland innerhalb weniger Jahre komplett abgeschafft werden können. Unter dem Titel »Sauenhaltung in Deutschland – Handlungsmöglichkeiten aus Sicht des Tierschutzes« zeigen die Organisationen Schritte für einen sofortigen Umbau des Systems Kastenstand auf, hin zu einer für die Sauen weniger leidvollen Gruppenhaltung. Mit dem Papier wollen die Tierschutzorganisationen einen konstruktiven Beitrag zur aktuellen Debatte um die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung leisten. Ihre Position ist dabei klar: Kastenstände sind tierschutz- und verfassungswidrig und müssen abgeschafft werden. Es kann aus Sicht des Tierschutzes keinen akzeptablen Kompromiss zwischen den Bundesländern geben, der lediglich Fixierungszeiten verkürzt und Kastenstandsbreiten anpasst.

„Mit dem Konzept wollen wir den zuständigen Länderministern im Agrarausschuss des Bundesrates sowie den Regierungschef*innen in den Bundesländern aufzeigen, wie es gehen kann. Wir können nur an die Länder appellieren, bei der finalen Entscheidung keinen faulen Kompromiss zu akzeptieren. Denn der Kastenstand ist tierschutzwidrig und in seiner jetzigen Form gesetzeswidrig – das wurde höchstrichterlich bestätigt. Rechtssicherheit besteht, es muss jetzt darum gehen, geltendes Recht auch umzusetzen und das sobald möglich. Dass lange Übergangsfristen nicht vertretbar sind, hat gerade auch erst der Deutsche Ethikrat deutlich gemacht“, sagt Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes.

Die Kernpunkte der Handlungsmöglichkeiten

Nach Vorstellung der Tierschutzverbände sollen zunächst alle Betriebe im Deckbereich nach Abschluss von zwei Jahren auf die Gruppenhaltung – ohne jeglichen Kastenstand – umgestellt haben. Dabei sollen die Sauenhalter*innen innerhalb der ersten sechs Monate ein Umbaukonzept und innerhalb des ersten Jahres einen Bauantrag vorlegen. Die maximale Fördermöglichkeit sollten diejenigen Betriebe erhalten, die noch vor Ablauf der Frist von einem Jahr einen Bauantrag einreichen.

Nach spätestens fünf Jahren müssen alle Betriebe auch auf freie Abferkelsysteme umgestellt haben. Hier ist nach zwei Jahren ein Umbaukonzept und nach einem weiteren Jahr ein Bauantrag vorzulegen. Die maximale Fördermöglichkeit sollten diejenigen Betriebe erhalten, die noch vor Ablauf der Frist von drei Jahren einen Bauantrag eingereicht haben.

Bis der Umbau wie beschrieben vollzogen wurde, müssen die seit 1992 geltenden Mindestanforderungen umgesetzt werden, die bis heute systematisch ignoriert werden. Die Sauenhalter*innen sollen, um die Mindeststandards zu erfüllen, die Kastenstände im Deckbereich öffnen und den Bereich hinter den Kastenständen für die Tiere nutzbar machen oder einen anderen Umstallungsrhythmus wählen.

Um den raschen Systemwechsel zu ermöglichen sollten die Sauenhalter*innen entsprechende finanzielle Unterstützung erhalten. Neben bereits existierenden Fördermöglichkeiten schlagen die Tierschutzorganisationen drei weitere Finanzierungsinstrumente vor: Sonderabgaben auf Produkte tierischen Ursprungs, eine Neuregelung der Mehrwertsteuer auf pflanzliche und tierische Produkte sowie eine Umschichtung der Fördergelder aus dem Budget der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) von der ersten in die zweite Säule. Fördergelder darf es allerdings nur für tierschutzfachlich einwandfreie Um- und Neubauten ohne jeglichen Kastenstand geben und nicht zum Beispiel für die Verbreiterung von Kastenständen.

Neben der Finanzierung bedarf es dringender Anpassungen im Baurecht. Darüber hinaus müssen Genehmigungsverfahren stark vereinfacht und beschleunigt werden, wenn die Baumaßnahmen nicht mit einer Bestandsaufstockung einhergehen.

Ebenfalls braucht es ein zuverlässiges Kontrollkonzept, um die Einhaltung der Vorgaben zu überwachen und gegebenenfalls Sanktionen zu verhängen. Im Tierschutz ist das Kontrollsystem extrem mangelhaft, so dass hier großer Nachholbedarf besteht.

Bettina Hörstrup zur Verwaltungsdirektorin ernannt

Pressemitteilung des PIK vom 17.Juni 2020

Die neue Position der Verwaltungsdirektorin am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung wird mit Bettina Hörstrup besetzt. Die Juristin ist derzeit Leiterin der Personalabteilung und stellvertretende Verwaltungsrätin des Deutschen GeoForschungsZentrums, einem Helmholtz-Zentrum. Ihre Ernennung vervollständigt die neue Leitung des Potsdam-Instituts, die mit Johan Rockström und Ottmar Edenhofer als Direktoren 2018/19 gestartet ist.

„Dies ist eine wichtige Unterstützung für unser wachsendes Institut “, sagt Johan Rockström. „Wir können uns hiermit noch besser auf unsere strategische Entwicklung konzentrieren. Dies ist um so wichtiger, weil wir uns einer Evaluierung nähern. “ Ottmar Edenhofer ergänzt: „Bettina Hörstrup ist nicht nur eine erfahrene Verwaltungsexpertin, sondern auch ein großartiger Mensch. Wir freuen uns sehr darauf, sie als Teil unseres Direktoren-Teams und als Leiterin vieler wichtiger Prozesse zu haben.“

Bettina Hörstrup erklärt: „Ich freue mich sehr, sichtbar zum Erfolg des PIK beitragen zu – können und natürlich freue ich mich darauf, die Menschen zu treffen, mit denen ich in Zukunft zusammenarbeiten werde.“

Bundesregierung berichtet zum Schwänzekupieren bei Schweinen

Pressemitteilung des Deutschen Tierschutzbundes vom 17.Juni 2020

Deutschland verstößt weiter gegen EU-Recht

Anlässlich der heutigen Sitzung des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft des Deutschen Bundestags wiederholt der Deutsche Tierschutzbund seine Kritik am routinemäßigen Schwänzekupieren bei Schweinen. Weil Deutschland das EU-Verbot des routinemäßigen Kupierens nicht einhält, hatte die Europäische Kommission Deutschland dazu aufgefordert, bis Januar 2018 einen Aktionsplan vorzulegen, um dieser Praxis ein Ende zu bereiten. Dieser ist aus Sicht des Tierschutzes leider aber völlig unzureichend und wirkliche Konsequenzen hat die Bundesregierung daraus bis heute nicht gezogen. Sie muss dazu in der heutigen Ausschusssitzung berichten – das sieht Tagungsordnungspunkt 22 vor.

„Dass ein Land, das sich selbst gern als Vorreiter im Tierschutz darstellt, bis heute konsequent EU-Recht missachtet, ist beschämend und ein Armutszeugnis für die deutsche Tierschutzpolitik“, kommentiert Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes. Er fordert die Bundesregierung zum Handeln auf: „Tiere dürfen nicht manipuliert werden, um Defizite in der Haltung auszugleichen oder bestimmte Produktionsziele zu erreichen. Es wird endlich Zeit, dass Deutschland gültiges Recht akzeptiert und die Ausnahmen im Tierschutzgesetz, die diese Manipulationen zulassen, streicht.“

Typisch für Schweine in der konventionellen Haltung sind Verhaltensstörungen, darunter auch das „Schwanzbeißen“. Damit sich die Tiere aufgrund der Langeweile, des Platzmangels oder aufgrund von Stressfaktoren wie Temperaturschwankungen und Futterwechsel nicht gegenseitig verletzen, kupiert man ihnen prophylaktisch die Schwänze – anstatt die Ursachen, wie die Haltung auf engstem Raum und ohne ausreichend geeignetes Beschäftigungsmaterial, zu beseitigen. Das Kupieren geschieht ohne Betäubung und ohne die Gabe eines Schmerzmittels, obwohl längst erwiesen ist, dass der Eingriff schmerzhaft für die Tiere ist. 95 Prozent der Schweine in Deutschland wird der Ringelschwanz kupiert*. Dabei ist dieses routinemäßige Kürzen laut einer EU-Richtlinie bereits seit 1994 verboten. „Die Branche argumentiert gerne damit, dass der Verzicht auf das Schwänzekupieren tierschutzwidrige Zustände nach sich ziehen würde, da die Tiere sich gegenseitig die Ringelschwänze abbeißen und sich so schwer verletzen können. Mit dieser Argumentation macht es sich die Branche jedoch zu einfach! Ohne tiergerechte Haltungssysteme, die sich an dem natürlichen Verhalten und den Bedürfnissen der Tiere orientieren, wird es nicht gehen. Die Haltungsbedingungen müssen endlich an die Tiere, nicht mehr die Tiere an ihre Haltungsbedingungen angepasst werden. Hier braucht es ein Umdenken und einen grundlegenden Systemwandel“, macht Dr. Miriam Goldschalt, Fachreferentin für Tiere in der Landwirtschaft beim Deutschen Tierschutzbund, deutlich.

Kommentar des Deutschen Tierschutzbundes zur „Tierwohlachtung“ vom 16.Juni 2020

Die heute vorgestellte Stellungnahme des Ethikrats „Tierwohlachtung – Zum verantwortlichen Umgang mit Nutztieren“ kommentiert Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes:

„Der Ethikrat gibt der Bundesregierung einen klaren Handlungsauftrag, endlich tiefgreifende Reformen in der Tierhaltung einzuleiten. Was die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger längst weiß, wird in der Stellungnahme bestätigt: Der rein ökonomische Blick und die damit verbundenen intensiven Haltungssysteme in der landwirtschaftlichen Tierhaltung sind ethisch mindestens fragwürdig und nicht mehr tolerierbar. Die aktuelle Debatte um den Kastenstand in der Sauenhaltung liefert  ein Beispiel dafür, wie es nicht mehr sein darf: Die Bundesministerin will die ökonomischen Interessen bevorzugt bedienen, zu Lasten der Schweine.

Die notwendigen Konsequenzen liegen auf der Hand: Das Ordnungsrecht muss angepasst und der Vollzug intensiviert werden. Wir sind in Fragen des Tierschutzes mittlerweile eher ein Entwicklungsland als Vorreiter und durch das Nichthandeln in den vergangenen Jahren in der Tierschutzrangliste nach unten abgesackt. Es gilt jetzt, die Kehrtwende einzuleiten und den Aufstieg in der Rangliste zu beginnen. Frau Klöckner, übernehmen Sie endlich!“

Brieftaubenwesen ist kein „Kulturerbe“ Deutscher Tierschutzbund kritisiert erneute Nominierung

Pressemitteilung des Deutschen Tierschutzbundes vom 12.Juni 2020

Der Deutsche Tierschutzbund rät ausdrücklich davon ab, das Brieftaubenwesen in das bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes aufzunehmen, wie vom Land Nordrhein-Westfalen schon zum zweiten Mal vorgeschlagen. In einem Schreiben an die zuständige UNESCO-Kommission hat der Verband die Nominierung kritisiert und die tierschutzwidrigen Bedingungen des vermeintlichen Kulturguts betont: Von der Zucht über die Haltung, das intensive Training und den Transport bis hin zu den Strapazen der Wettflüge sind Stress, Leid und Tod gang und gäbe. Eine erste Nominierung im Jahr 2018 war gescheitert – auch damals hatten die Tierschützer Einspruch eingelegt.

„Die Wettflüge basieren grundsätzlich auf Stress, denn die orts- und partnertreuen Tauben versuchen dabei, zu ihrem Heimatschlag zurückzukehren. Das ist kein Sport, sondern Ausbeutung!“, kommentiert Katrin Pichl, Fachreferentin für Artenschutz beim Deutschen Tierschutzbund. Die UNESCO reagierte bereits auf den Brief und erklärte, dass Tierethik bei der Bewertung der Vorschläge eine wichtige Rolle spiele. „Das lässt hoffen“, meint Pichl. „Das Immaterielle Kulturerbe hat den Anspruch, dass Menschen ihre Traditionen und ihr Wissen zukunftsgerichtet weitergeben. Darin muss sich auch der Wunsch unserer Gesellschaft nach einem Mehr an Tierschutz widerspiegeln. Tierschutzwidrige Praktiken dürfen nicht unter dem Deckmantel der Tradition gefördert werden.“

Der erste Antrag war auch deshalb abgelehnt worden, weil sich der Verband Deutscher Brieftaubenzüchter nicht ausreichend mit Tierschutzfragen auseinandergesetzt hatte. Auch wenn der Brieftaubenverband dies nach eigenen Angaben nachgeholt hat, bestehen viele Missstände weiterhin: Schon die Wettkampfvorbereitungen können die Tiere körperlich überfordern. Unabhängige Trainingskontrollen, die das Wohlbefinden der Tauben überprüfen, gibt es nicht. Obwohl das Tierschutzgesetz eigentlich verbietet, einem Tier Leistungen abzuverlangen, die es nicht erbringen kann, treiben die Wettflüge die Vögel an ihre Grenzen. Teilweise müssen bis über tausend Kilometer zurückgelegt werden und im Schnitt kehren 10 Prozent der ausgebrachten Tiere nicht mehr heim. Vor allem Jungtiere verfliegen sich leicht und sterben durch Entkräftung, Beutegreifer oder Unwetter, die auch durch ausgefeilte meteorologische Vorhersagen nicht vermieden werden können, wie Vorfälle mit hohen Verlusten immer wieder zeigen. Einige verirrte Brieftauben schließen sich großen Taubenpopulationen in Städten an – was ein elendes Leben bedeutet und wiederrum die Stadttaubenproblematik verschärft. Bestenfalls landen verirrte Brieftauben im Tierheim. Dort werden die Tiere zwar liebevoll versorgt, sie stellen aber auch eine räumliche und finanzielle Belastung dar, denn nicht immer sind die Züchter ermittelbar oder gar gewillt, ihre Tauben zurückzunehmen. Zudem ist zu befürchten, dass die Züchter die zurückgenommenen Tiere im Anschluss einfach töten. Bereits bei der Zucht werden Tiere, die aufgrund ihrer Leistung, ihrer Abstammung und ihres Körperbaus nicht ins Profil passen, aussortiert und als „unbrauchbar“ getötet.

Urteil zum Kükentöten jährt sich: Kein Ende des Tötens in Sicht

Pressemitteilung des Deutschen Tierschutzbundes vom 10.Juni 2020

Am 13. Juni jährt sich das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts Leipzig zum Töten männlicher Eintagsküken. Anlässlich dieses „Jahrestages“ zieht der Deutsche Tierschutzbund ein Fazit und kritisiert die bis heute unveränderte Praxis des Kükentötens. Obwohl die Richter kein sofortiges Verbot aussprachen, hatten sie deutlich gemacht, dass das Töten nicht mit dem Tierschutzgesetz und dem Staatsziel Tierschutz vereinbar ist. Dennoch liegt der Ausstieg aus dem Kükentöten auch ein Jahr später noch in weiter Ferne.

„Die Branche hatte immer wieder bekräftigt, dass man bereits an Alternativmethoden arbeite, um das Töten zu beenden und konnte das Gericht so offenbar einlullen. Ein Jahr nach dem Urteil aber wird deutlich, dass die Richter sich verkalkuliert und blind auf die Zusicherung einer Branche vertraut haben, die bis heute keine marktreifen und tierschutzgerechten Alternativmethoden zum Kükentöten vorzuweisen hat“, kritisiert Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes. „Flankiert wird das Ganze von einer Bundesministerin, die, anders als im Koalitionsvertrag versprochen, das Töten von Eintagsküken noch immer nicht beendet hat. Statt einen längst fälligen Strukturwechsel hin zu Zweinutzungshühnern einzuleiten, hat Frau Klöckner die Verantwortung für den Ausstieg an die Geflügelwirtschaft abgeben. Damit hat sie den Bock zum Gärtner gemacht. Ein für Ende 2021 geplanter Ausstieg ist somit jetzt schon hinfällig.“

Tierfreundliche Alternativen fehlen bis heute

Die Richter hatten in ihrem Urteil auf die Geschlechterbestimmung im Ei verwiesen, die ohnehin „in näherer Zukunft“ möglich sein würde. Anders als von der Branche angekündigt, fehlen jedoch bis heute geeignete technische Lösungen, um das Töten der männlichen Küken zu verhindern. Methoden zur Geschlechtererkennung im Ei sind entweder noch nicht marktreif oder können erst zu einem so späten Zeitpunkt angewendet werden, an dem Schmerzen für den Embryo nicht auszuschließen sind. Aus Sicht des Deutschen Tierschutzbundes umfassen die technischen Lösungen nicht das gesamte Problem, das durch die starke Spezialisierung in der Hühnerzucht entstanden ist, weshalb die Branche sich längst stärker auf tierschutzgerechte Methoden, wie die übergangsweise Bruderhahnaufzucht, und letztendlich auf eine Rückkehr zu Zweinutzungshühnern hätte fokussieren müssen

Kommentar des deutschen Tierschutzbundes zur Vertagung der Entscheidung zum Kastenstand vom 5.Juni 2020

Der Bundesrat hätte heute über die 7. Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung und damit über die Zukunft der Sauenhaltung im Kastenstand abstimmen sollen. Die Entscheidung wurde jedoch zum zweiten Mal vertagt. Dazu kommentiert Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes:

„Wir hätten uns gewünscht, dass heute im Sinne der Sauen, im Sinne des Staatsziels Tierschutz entschieden worden wäre und die gültige Rechtsprechung nicht länger ignoriert wird. Nun geht das politische Gefeilsche um die Sau weiter.

Nichtsdestotrotz ist es schon eine Leistung, dass das Verfahren um den Kastenstand und die angestrebte Änderung der Verordnung so lange offengehalten werden konnten – wo doch sonst schnellstmöglich im Sinne der Agrarlobby entschieden wird. Die schlimmsten Pläne von Bundesministerin Klöckner konnten verhindert werden. Somit bedeutet die Vertagung auch einen Hoffnungsschimmer: Hoffnung darauf, dass die Qual der Sau doch noch beendet wird.

Wir haben schon früh darauf hingewiesen, dass eine sofortige Umsetzung des Magdeburger Urteils möglich ist – auch ohne überfordernde wirtschaftliche Folgen. Die Sauen müssen ihre Gliedmaßen ungehindert ausstrecken können, dabei dürfen weder bauliche Hindernisse noch benachbarte Sauen im Wege sein. Der Landkreis Jerichower Land, in dem der Prozess um die Kastenstandhaltung angestoßen wurde, zeigt, dass dies machbar ist: Kein Sauenhalter dort wandert ab oder gibt auf. Wir wissen also, dass es geht und wie es geht und bekräftigen unsere Forderung nach dem sofortigen Vollzug.

Eine weitere Duldung der rechts- und tierschutzwidrigen Kastenstandhaltung darf dagegen keine Option sein – auch nicht für weitere acht Jahre im Deckbereich, wie es der eingebrachte Änderungsantrag aus Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen als Kompromiss vorsah. Wenn wir eines unter der amtierenden Koalition gelernt haben, dann, dass auf gesetzte Fristen kein Verlass ist. So wurden die vom Gesetzgeber beschlossene Ausstiegsfrist aus der betäubungslosen Ferkelkastration von Union und SPD auf Drängen der Agrarindustrie im Handstreich aufgehoben und verlängert. Die für den Kastenstand vorgesehenen Fristen wären somit schon jetzt Makulatur.“

Neue Ausgabestelle gesucht

Tierschutzverein „Sonnenzeiten für Tiere“ sucht neues Zuhause

Falkensee.  Petra Birkholz hofft auf ein Wunder. Dieses Wunder sollte vier Wände und ein Dach haben, etwa 20 Quadratmeter Fläche aufweisen, gut erreichbar mit Bus oder Bahn sein und, jetzt kommt die Sache mit dem Wunder, die kleine Bleibe sollte nach Möglichkeit nichts kosten. Einziehen sollte in die Unterkunft ihre Ausgabestelle für Tierfutter, die Birkholz mit dem Verein „Sonnenzeiten für Tiere“ betreibt. Mit dem Verein unterstützt Birkholz finanzschwache Tierbesitzer, verteilt regelmäßig Futter und tierisches Zubehör. 

Petra Birkholz sucht für ihre Tiertafel einen neuen Standort.
Foto: Silvia Passow

Gerade erst vor einigen Wochen feierte die tierische Tafel für Falkensee ihren ersten Geburtstag. Die Futterausgabe fand da noch auf dem Gelände der Falkenseer Tafel statt. Doch kurz nach dem ersten Geburtstag erreichte das Land die Corona-Welle. Die Veränderungen durch das Virus betreffen auch die Tierfutterausgabe. „Wir durften kein Futter mehr auf dem Gelände verteilen“, sagt Birkholz. Seitdem verteilt sie an zwei Tagen die Woche den Tierbedarf von zu Hause aus. Die Kunden müssen sich dafür vorher anmelden und bekommen einen Termin. Im 30-Minuten-Takt gibt Birkholz den Tierbedarf aus. Das geht nicht ewig so weiter, sagt Birkholz, die sich auch um ihre Nachbarn sorgt. Die sollen sich nicht durch den erhöhten Verkehrsstrom in der Straße gestört fühlen, sagt sie.

Derzeit versorgt Birkholz auf diese Weise zwölf Hunde, achtzehn Katzen, einen Hamster, ein Meerschweinchen, vier Kaninchen und siebzehn Stubenvögel. Es sind weniger Kunden, als noch auf dem Tafel-Gelände, sagt sie. Dennoch, für Birkholz zählt jedes dieser Tiere und ihre menschlichen Begleiter. Gleichzeitig nehmen auch die Spenden ab, es wird weniger Tierfutter in die Spendenbox in der Rembrandtstraße abgegeben. Mit einem festen Standort könnten die gespendeten Waren besser gelagert werden und es entfielen die Transporte an einen Ausgabeort.

Informationen zur Vereinsarbeit und Kontakt unter: www.sonnenzeiten-ev.de oder telefonisch unter: 0177 8758484.