Corona zeigt massive Schwächen des Fleischsystems

Anlässlich der steigenden Zahl an Corona-Infizierten in bisher vier Schlachtbetrieben kommentiert Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes:

„Die schlechten Arbeitsbedingungen für die meist aus Osteuropa stammenden Arbeiter in den Schlachthöfen begünstigen die Ausbreitung des Coronavirus – und gefährden Menschenleben, aber eben auch die Tiere. Wenn ein Großteil der Beschäftigten ausfällt, ist fraglich, ob dem Tierschutz im weiteren Betrieb in allen Belangen Rechnung getragen werden kann. Im Falle einer Schließung des Schlachthofs drohen zudem die ohnehin schon sehr langen Transportzeiten für Tiere noch länger zu werden, weil es keine regionalen Alternativen gibt. Die Anzahl der Schlachthöfe wird immer geringer, ihre Größe immer gigantischer. Schlachtungen im Akkord sind dann Alltag für die Arbeiter, Tierschutzprobleme eben auch. Das sind die tragischen Folgen einer Strukturpolitik, die auf „immer größer, immer effizienter, immer billiger“ setzt, statt auf Regionalität. Angesichts der offenbar nicht tragbaren Zustände bei den Arbeitern will die Bundeskanzlerin nun handeln. Bei den vielen Tierschutzverstößen in den letzten Monaten blieb das Kanzleramt still. Dabei sind weder die Arbeitsbedingungen noch die Tierschutzfrage neu. Auch die Forderung nach regionalen Strukturen wurde stets überhört, ökonomische Interessen der Agrarindustrie hatten Vorrang. Frau Klöckner als die für Tierschutz zuständige Bundesministerin hat stets die Verantwortung von sich gewiesen, Missstände seien Ländersache bzw. in der Zuständigkeit der Behörden vor Ort zu regeln. Formal mag das stimmen, aber es ist eine bittere, fast zynische Erkenntnis, dass dieser Verschiebebahnhof der Verantwortung nun zum Bumerang für die Kanzlerin und die Ministerin wird. Es geht jetzt zuerst um Menschenschutz, aber das geht nicht ohne mehr Tierschutz. Es ist Zeit, dass sich was dreht.“

Corona-Hilfe: Verbraucherschutzministerium unterstützt Tierheime mit einer halben Million Euro

Pressemitteilung des Ministerium Soziales, Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz vom 13.Mai 2020

Tierheime finanzieren sich im Wesentlichen über Spenden und die Vermittlung von Tieren. In der Corona-Krise fallen diese Einnahmequellen zum großen Teil weg. Verbraucherschutzministerin Ursula Nonnemacher hat darum eine Richtlinie auf den Weg gebracht, wonach in Not geratene gemeinnützige Träger von Tierheimen eine Soforthilfe erhalten können. „Tierheime erfüllen eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe und leisten einen unverzichtbaren Beitrag zum Tierschutz in Brandenburg. In Zeiten von Corona geschieht das unter erschwerten Bedingungen, deswegen wird mein Haus den Tierheimen finanziell durch die Krise helfen“, so Nonnemacher.

„Unsere Richtlinie ist eine Corona-Soforthilfe für die Tierheime und ihre Bewohner, ein Zuschuss, um die akute Notsituation abzuwenden und zumindest die Grundversorgung von abgegebenen oder beschlagnahmten Katzen, Hunden oder Hasen in dieser schwierigen Zeit zu gewährleisten,“ sagte Verbraucherschutzministerin Nonnemacher weiter.

Mit der Richtlinie stehen 555.000 Euro aus dem Corona-Rettungsschirm des Landes bereit. Antragsberechtigt sind gemeinnützige Träger von Tierheimen und tierheimähnlichen Einrichtungen im Land Brandenburg, die durch die Corona-Pandemie in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten und deren Existenz bzw. die Versorgung der Tiere bedroht sind. Der Antrag zur Gewährung der Soforthilfe sowie weitere Informationen stehen in Kürze auf der Website des Landesamtes für Arbeitsschutz, Verbraucherschutz und Gesundheit des Landes Brandenburg (www.lavg.brandenburg.de) zur Verfügung.

Hintergrund

Der Landestierschutzverband, dem 27 Tierschutzvereine mit 15 Tierheimen angeschlossen sind, berichtete dem Verbraucherschutzministerium von Fällen, in denen aufgrund der Corona-Krise Tierheimleitungen den Betrieb inzwischen mit privaten Mitteln aufrechterhalten müssen. Wegen der notwendigen Kontaktbeschränkungen sind die Häuser für den Besucherverkehr geschlossen, die Vermittlung von Tieren ist nur noch eingeschränkt möglich. Spendenveranstaltungen oder Tage der offenen Tür fallen weg, ehrenamtliche Helfer bleiben aus. Für viele Tierheime ist es derzeit kaum mehr möglich, die Kosten für grundlegende Dinge wie Fütterung oder tierärztliche Versorgung zu tragen

Tierschutzbund fordert Ende von Lebendtiertransporten EU-Bericht enthüllt Missstände bei Tierexporten per Schiff

Pressemitteilung des Deutschen Tierschutzbund vom 13.Mai 2020

Angesichts eines aktuellen Berichts der EU-Kommission zur Durchführung von Tiertransporten via Schiff fordert der Deutsche Tierschutzbund – gemeinsam mit der europäischen Dachorganisation Eurogroup for Animals – erneut ein Ende der Lebendtiertransporte in Länder außerhalb Europas. Der Bericht der Generaldirektion Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (DG Sante) der EU-Kommission dokumentiert diverse Missstände bei den Transporten: von der Verladung in LKW und im Hafen bis zur Verschiffung sowie der Ankunft im Zielland.

„Die dokumentierten massiven Missstände zeigen erneut, dass die Tierschutzvorgaben während eines Tiertransports in Länder außerhalb Europas nicht eingehalten werden können. In der Konsequenz muss das ein sofortiges Aus dieser Transporte bedeuten. Wir fordern die EU-Kommission auf: Beenden Sie diese lebensverachtenden Zustände! Es geht hier um das Wohl von Mitgeschöpfen, nicht um Waren oder Güter“, so Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes. Aus Sicht der Tierschützer bedarf es dringend einer Überarbeitung der EU-Tiertransportverordnung: Diese müsste die tierschutzwidrigen Langstreckentransporte unterbinden und stattdessen den Handel mit Fleisch und genetischem Material forcieren.

Der Bericht der DG Sante basiert auf Daten der zuständigen Veterinärbehörden, die 2017 und 2018 in verschiedenen Häfen in Irland, Spanien, Kroatien, Rumänien, Frankreich, Portugal und Slowenien erfasst und an die EU übermittelt wurden. Allein 2018 passierten fast 625.700 Rinder und etwa 2.243.000 Schafe und Ziegen diese Häfen, um in Drittländer verschifft zu werden. Darunter auch Rinder, die aus Deutschland etwa nach Nordafrika oder Ägypten transportiert wurden. Die Missstände beginnen oft bereits mit der Verladung der Tiere in LKW, wenn die zuständigen Behörden den Transport mit unvollständigen oder falschen Unterlagen und ohne Berücksichtigung der Wetterbedingungen auf der Strecke genehmigen. Am Hafen angekommen, müsste eigentlich kontrolliert werden, ob die Tiere in einem Zustand sind, der den weiteren Transport zulässt. Der Bericht macht jedoch deutlich, dass eine Dokumentation schlecht oder gar nicht vorgenommen wird. Sehr viele Tiere werden gar nicht kontrolliert. Ursächlich ist offenbar der große Druck, unter dem Veterinärbeamte bei der Verladung in den Häfen stehen: Verzögern oder stoppen sie Transporte, drohen ihnen rechtliche Schritte der Exporteure. Das Personal vor Ort, das die Tiere verlädt – meist in umgebaute Schiffe, die nicht den EU-Vorgaben für den Transport lebender Tiere entsprechen – ist knapp und unqualifiziert. Da die Drittländer nicht routinemäßig rückmelden, in welchem Zustand sich die Tiere während der Seereise oder bei ihrer Ankunft befanden, ist zudem davon auszugehen, dass EU-Vorgaben nicht bis zum Bestimmungsort eingehalten werden, wie es ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs eigentlich vorschreibt.

Vogel-Monitoring der Sielmann-Stiftung

Pressemitteilung der Heinz-Sielmann-Stiftung vom 13.Mai 2020

Morgens um 5:30 Uhr zwitschert, pfeift und tiriliert es derzeit besonders heftig in den brandenburgischen Naturlandschaften der Heinz Sielmann Stiftung und überall, wo noch Vögel sind. Der Frühling ist die beste Zeit herauszufinden, wo welcher Vogel wohnt, singt oder brütet. Die Heinz Sielmann Stiftung hat ihr Vogelmonitoring seit 2018 auf die neuen Standards des Dachverbands Deutscher Avifaunisten (DDA) eingestellt. Diese gelten vor allem auf Flächen des Nationalen Naturerbe. Die Stiftung wendet sie auf all ihren Flächen an.

„Damit leistet die Heinz Sielmann Stiftung Pionierarbeit bei der Bestandsaufnahme der bundesweit vorkommenden Brutvögel. Mit der Anwendung dieses Verfahrens sichert sie noch stärker als zuvor die Vergleichbarkeit der über mehrere Jahre erhobenen Daten“, so Dr. Matthias Wichmann, Biologe und Leiter des Monitoringprogramms der Stiftung.

Fernglas, offene Ohren und viel Erfahrung

Seit Anfang März sind einige Mitarbeiter der Heinz Sielmann Stiftung und zahlreiche ehrenamtliche Kartierer mit dem Sonnenaufgang auf den Beinen und mit Fernglas und weit offenen Ohren in den Landschaften unterwegs, um sowohl die häufigen Brutvogelarten als auch seltene und gefährdete Vogelarten aufzuspüren.

In Sielmanns Naturlandschaft Döberitzer Heide bei Berlin läuft das so: Tim Funkenberg, Biologe bei der Stiftung und sein Kollege Jörg Fürstenow gehen von März bis Juni frühmorgens festgelegte Routen von einem Kilometer und zählen innerhalb einer Stunde alle Vogel-Individuen, die sie mit ihrem geschulten Ohr hören oder mithilfe ihres Fernglases sehen. Dabei halten sie auch ihren genauen Standort fest.

Jeder erkannte Vogel wird mittels einer App erfasst und sein Standort in eine Karte eingegeben. Zu den relevanten Daten gehören Art, Geschlecht, Standort und Art des Rufs. Dieser gibt zu erkennen, ob der Vogel sein Revier markiert, in der Balz ist oder sich bereits zur Brut niedergelassen hat.

Mehr Vogel-Individuen und seltene Arten

Ziel der Aktion ist es, die Anzahl der Brutpaare herauszufinden. In diesem Jahr konnten die Vogelkenner in der Döberitzer Heide mehrere seltene Vogelarten wie Braunkehlchen, Wendehals und Grauammer häufiger beobachten als in den vergangenen zwei Jahren. Auch die Summe der insgesamt beobachteten Vögel hat sich von 2018 zu 2019 hier auffällig erhöht. In Sielmanns Naturlandschaft Kyritz-Ruppiner Heide haben Vogelkenner in diesem Jahr die wegen ihrer besonderen Tarnung schwer zu beobachtende Waldschnepfe erfassen können.

Erstmaliges Spechtmonitoring

Neu in diesem Jahr war ein erstmaliges Specht-Monitoring im Rahmen der Erfassung seltener Brutvögel. Auf zwei Routen in der Döberitzer Heide wurden Schwarzspecht, Grauspecht, Mittelspecht und Kleinspecht intensiv kartiert. Für den Kleinspecht wurden drei, für den Mittelspecht sieben und den Schwarzspecht drei Reviere nachgewiesen. Der Grauspecht ist in Brandenburg an seiner Verbreitungsgrenze und konnte erwartungsgemäß nicht beobachtet werden. In den folgenden Jahren wird das Spechtmonitoring fortgesetzt, um lokale Veränderungen ablesen und deutschlandweit vergleichen zu können, denn auch diese Daten fließen in die zentrale Datenbank des DDA ein.

Daten für Wissenschaft und Öffentlichkeit

Seit 2018 werden auf allen von der Heinz Sielmann Stiftung bundesweit betreuten Flächen, so auch in Sielmanns Naturlandschaften in Brandenburg, das vom Dachverband Deutscher Avifaunisten (DDA) entwickelte neue Standardverfahren für das Vogelmonitoring auf Flächen des Nationalen Naturerbes umgesetzt.

Die Heinz Sielmann Stiftung stellt die erfassten Daten den Bundesbehörden, dem Netzwerk Nationales Naturerbe und der Öffentlichkeit, zum Beispiel auf ornitho.de, zur Verfügung. Mit der Umsetzung der neuen DDA-Standards entspricht das Monitoring der Stiftung höchsten Ansprüchen, die vor allem auf den Flächen des Nationalen Naturerbes seit 2018 verpflichtend sind. Aber auch vor 2018 auf den Flächen der Stiftung erfasste Daten flossen in den vergangenen Jahren in die wissenschaftliche Erfassung und Veröffentlichung der Brutvogelvorkommen ein.

Sielmanns Naturlandschaften in Brandenburg

Viele seltene Vögel und Insekten bevorzugen die offene und halboffene Landschaft der Döberitzer Heide mit ihren lichten Eichenwäldern und offenen sandigen oder feuchten Flächen. Auch die Kyritz-Ruppiner Heide bietet großräumige Sand- und Heideflächen sowie Mischwaldgebiete als Lebensräume. Im Sandboden finden seltene Wildbienen Brutplätze, große und kleine Falter finden passende Nahrung an den Waldrändern. Vögel wie Wiedehopf und Wendehals, Steinschmätzer und Heidelerche, die man in der Kulturlandschaft sonst kaum mehr findet, leben auf den großen Flächen in zunehmender Zahl. Wegen ihrer Arten- und Lebensraumvielfalt genießen die beiden Landschaften als Flora-Fauna-Habitat (FFH) den höchsten europäischen Schutz. Sielmanns Naturlandschaft Kyritz-Ruppiner Heide ist mit einer Fläche von 4000 Hektar auch Teil des Nationalen Naturerbes.

Mehr Informationen über die Landschaften der Heinz Sielmann Stiftung finden Sie unter www.sielmann-stiftung.de/naturlandschaften/