Autobahnkirche nun auch als Lebensraum Kirche ausgezeichnet

Damit dürfen sich jetzt zehn Kirchen im Osthavelland mit der Plakette des NABU schmücken

Brieselang/Zeestow.   Seit letzten Sonntag darf sich auch die Autobahnkirche in Zeestow mit der NABU Plakette „Lebensraum Kirchturm“ schmücken. Die Mitglieder der Arbeitsgruppe Turmvögel vom NABU Osthavelland überreichten die Auszeichnung an Pfarrer Dr. Bernhard Schmidt. Zuvor hatte Pfarrerin Elisa Sgraja die Messe, einem Tag nach dem Reformationstag, gelesen.

Foto: Konrad Bauer

Wohnzimmer der Dohlen und Luther

Martin Luther und die Dohlen, dazu hat Konrad Bauer, vom NABU Osthavelland folgendes zu erzählen: „Im April 1530 wurde Martin Luther, der zum Reichstag nach Augsburg wollte, in der Veste Coburg für mehrere Monate aufgehalten und beantwortete in seiner dortigen Zeit über 100 Briefe. Während dieser Zeit beobachtete er die sich dort aufhaltenden Dohlen und wurde zu seiner Tierfabel der „Reichstag der Dohlen“ inspiriert. Seine Beobachtungen über die familiären Zusammenhänge und sozialen Verhaltensweisen der dort brütenden Gruppe der Dohlen sind auch heute noch lesenswert“, so Naturschützer Bauer. Die Dohlen haben sich zahlreich in der Kirche in Zeestow angesiedelt, wie Bauer weiter berichtet, was nicht weiter verwunderlich ist. Ihr wissenschaftlicher Name, Corvus Monedula, eine Anspielung auf die Kleidung der Mönche, die dem Gefieder der Dohle ähnelt, deutet es an, die Dohle ist eifrige Kirchgängerin, durch die Jahrhunderte hinweg und dabei doch konfessionslos.

Foto: Pixabay

Keine Fehlbelegungsabgabe für die Dohle im Schleiereulenkasten

Vor über drei Jahren wurde ein Nistkasten für Schleiereulen vom NABU in die Kirche eingebaut. Ein Gemeindemitglied hatte die Idee dazu gehabt. Statt einer Schleiereule zogen die Dohlen ein. Fehlbelegungsabgabe zahlen die kleinen Rabenvögel aber nicht, versichert Bauer. Denn sie sind dem Naturschützer genauso willkommen wie die Eulen.

Foto: Konrad Bauer

Bereits 40 Brandenburger Kirchen sind auch Lebensräume

Die Kirche in Zeestow ist die zehnte Kirche im Osthavelland, die nun mit Urkunde und Plakette als Lebensraum Kirchturm ausgewiesen wurde. Und die 40. Kirche in Brandenburg. „Das Besondere am Zeestower Kirchturm ist die mehrjährige und erfolgreiche Brut der Dohle, einer der Vogelarten, die im Land Brandenburg auf der Roten Liste der besonders gefährdeten Vogelarten geführt wird und im Sinne der „Bewahrung der Schöpfung“ eine herausfordernde  Rolle spielt“, sagt Bauer.

Bundesweit erhielten 1120 Kirchen die Auszeichnung des NABU. Der Naturschutzbund Deutschland und der Beratungsausschuss für das Deutsche Glockenwesen e.V. zeichnen seit 2007 bundesweit Kirchen aus, die gefährdeten Tierarten in ihrem Kirchturm einen geschützten Lebensraum zugestehen.

Chance verpasst – Jagdgesetz-Novelle lässt Tierschutz außen vor

Pressemitteilung des Deutschen Tierschutzbundes vom 5. November 2020

Der Deutsche Tierschutzbund kritisiert, dass die Novelle des Bundesjagdgesetzes notwendige und wichtige Aspekte des Tierschutzes weiter außen vorlässt. Damit habe das Ministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) die Chance vertan, das seit 2002 bestehende Staatsziel Tierschutz auch in der Jagdgesetzgebung zu verankern. Gestern hatte das Bundeskabinett dem Entwurf zur Änderung des Bundesjagdgesetzes zugestimmt, der von Bundesministerin Julia Klöckner vorgelegt wurde.

„Die Novelle trägt vor allem den Bedürfnissen der Jäger und der Waldbesitzer Rechnung, nicht aber denen des Tierschutzes. Der Aufbau und Schutz von klimastabilen Mischwäldern ist ohne Zweifel dringend notwendig. Dabei aber verstärkt auf Abschüsse zu setzen, bringt in der Praxis erhebliche Tierschutzprobleme mit sich. Zudem fallen nun auch forstliche Monokulturen und Plantagen unter denselben Schutz wie naturnahe Waldgebiete, also sterben künftig mehr Rehe allein aufgrund wirtschaftlicher Aspekte, ohne dass dem Wald an sich geholfen ist“, kritisiert James Brückner, Leiter des Referats für Natur- und Artenschutz beim Deutschen Tierschutzbund. Darüber hinaus werden nun auch Nachtsicht- und Nachtzielgeräte zur Bejagung von Wildschweinen oder von als invasiv eingestuften Arten wie dem Waschbären zugelassen. „Beim Kampf gegen die Afrikanische Schweinepest oder gegen die Ausbreitung gebietsfremder Arten wird das jedoch kaum helfen. Stattdessen wird es zu weiteren Fehlschüssen und einer zusätzlichen Beunruhigung aller Wildtiere am Abend und in der Nacht führen. Schon jetzt lassen überlange Jagdzeiten kaum eine Ruhepause für die heimische Tierwelt zu“, so Brückner. Auch ein möglicher Missbrauch der Technik sei nicht auszuschließen.

Zum Referentenentwurf des BMEL hatte der Deutsche Tierschutzbund bereits im August Stellung bezogen und darauf hingewiesen, dass die Novelle insgesamt enttäuschend sei, da wichtige Tierschutzaspekte keine Beachtung fanden. Auch ist versäumt worden, die Liste der jagdbaren Tierarten anzupassen, sodass weiterhin Tierarten bejagt werden dürfen, die in ihrem Bestand bedroht oder stark rückläufig sind, für deren Bejagung keine Notwendigkeit besteht oder die nicht genutzt werden. Nicht zuletzt fehlt weiterhin die aus Tierschutzsicht notwendige Verankerung des „vernünftigen Grunds“ für die Tötung eines Tieres als zusätzliche Vorgabe im Jagdrecht.

Überarbeitung des Bundesjagdgesetzes war überfällig

Pressemitteilung des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz vom 5. November 2020

Potsdam – Mit dem Gesetzentwurf zur Novellierung des Bundesjagdgesetzes reagiert Bundesministerin Julia Klöckner auf die dramatische Situation in Deutschlands Wäldern. Neben formalen Anpassungen zu einer einheitlichen und anspruchsvollen Jagdscheinausbildung enthält der Entwurf Regelungen, um die überhöhten Schalenwildbestände zu reduzieren und Blei in Jagdgeschossen zu minimieren.

Die Wälder leiden nicht nur in Brandenburg, sondern in ganz Deutschland unter der Trockenheit und den Hitzeperioden der letzten drei Jahre. Hinzu kommen überhöhte Bestände von Rehen und Hirschen, die eine natürliche Verjüngung der Wälder stark behindern und teilweise unmöglich machen.

Forstminister Axel Vogel: „„Hierauf jetzt mit einer Änderung des Bundesjagdgesetzes zu reagieren und die Jäger mehr in die Verantwortung zu nehmen, ist genau der richtige Weg. Allerdings sind nicht alle Vorschläge im Gesetzentwurf hierzu ideal geeignet. Freiwillige Abschusspläne für Rehwild, die von Behörden geprüft und freigegeben werden müssen, würden zu einer deutlichen Bürokratisierung führen. Für Brandenburg wurde der behördliche Abschussplan für Rehwild bereits 2014 abgeschafft. Daran wollen wir festhalten“.

Überhöhte Schalenwildbestände verhindern die natürliche Verjüngung im Wald, es kommt zur „Entmischung“. Der Verlust an Biodiversität bei den wichtigen Nebenbaumarten wie Eberesche, Hainbuche und Wildobst ist für Brandenburgs Wälder dramatisch. Diese Baumarten, aber auch Sträucher und die Krautschicht werden flächig von zu hohen Schalenwildbeständen aufgefressen. Nur durch ein regelmäßiges Verbissgutachten lassen sich die Schäden bewerten und die Ergebnisse einen Rückschluss auf die Höhe der Wildbestände und erforderliche Abschussquoten zu. Jetzt mehr Zäune zu bauen, um den jungen Wald zu schützen, wie es manche fordern, ist keine Lösung. Zäune sperren das Wild wie auch Waldbesucherinnen und -besucher aus. Dem Wild wird Lebensraum entzogen – von den Kosten ganz zu schweigen.

Weniger Blei in Jagdgeschossen zu verwenden, ist ein wichtiger Schritt, dieses Gift in der Natur und im Lebensmittel Wildbret zu verhindern. Während in Brandenburg auf den Flächen des Landesforstbetriebs und in vielen privaten Jagden bereits „bleifrei“ gejagt wird, gilt ab 31. März 2021 in Brandenburg für die gesamte Jagd auf Schalenwild der Bleifrei-Grundsatz. Es ist nur konsequent und überfällig, dies im Bundesjagdgesetz für ganz Deutschland anzuordnen.

Sinnvolle Gesetzesänderungen sind ebenfalls das Verbot des Kaufs und Verkaufs von Tellereisen, der Besitz von fangbereiten Fallen für Greifvögel sowie die Jagdausübung an Wildbrücken.

Unabhängig von den Änderungen des Bundesjagdgesetzes hat sich die Regierungskoalition in Brandenburg auf eine Novellierung des Brandenburgischen Jagdgesetzes verständigt. Nach der jüngsten ersten Befassung des Landesjagdbeirats mit dem Thema erarbeitet das Umweltministerium aktuell einen ersten Entwurf.