Unterernährt, übergewichtig, vergeudet: Neue Studie zeigt Folgen der Umstellung globaler Ernährungsgewohnheiten über Jahrzehnte

Pressemitteilung des Potsdamer Instituts für Klimafolgenforschung vom 18.November 2020

Nur eine Handvoll Reis und Bohnen – ein Teil unserer Welt hungert. Pizza Hawaii und Eiscreme – ein anderer Teil unserer Welt ist übersättigt. Diese Kluft wird sich voraussichtlich vergrößern, während Lebensmittelverschwendung und der Druck auf die Umwelt zunehmen: Das ist das Ergebnis der neuen Studie eines Teams des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK). Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler untersuchten die Auswirkungen der Umstellung globaler Ernährungsgewohnheiten über Jahrzehnte, von spärlichen, auf Stärke basierenden Mahlzeiten hin zu tierischen Produkten und verarbeiteten Lebensmitteln; ihre Berechnungen fassen erstmals Schätzungen für Unter- und Übergewicht, Ernährungszusammensetzung und Essensabfälle zusammen. Die Ergebnisse sind alarmierend: Bis 2050 könnten mehr als 4 Milliarden Menschen – fast die Hälfte der Weltbevölkerung – übergewichtig sein, davon 1,5 Milliarden fettleibig. Gleichzeitig würden weiterhin 500 Millionen Menschen an Untergewicht leiden.

„Wenn der beobachtete Ernährungswandel weiter anhält, werden wir das Ziel der Vereinten Nationen nicht erreichen, den Hunger weltweit zu besiegen”, erklärt Benjamin Bodirsky vom PIK, Hauptautor der in Scientific Reports veröffentlichten Studie. „Gleichzeitig wird unsere Zukunft von Übergewicht und Fettleibigkeit in einem extremen Ausmaß geprägt sein“, so Bodirsky. Bis 2050 könnten 45 Prozent der Weltbevölkerung übergewichtig und davon 16 Prozent fettleibig sein – im Vergleich zu etwa 29 und 9 Prozent im Jahr 2010. Diese Entwicklung ist auf die unzureichende globale Verteilung von Nahrungsmitteln zurückzuführen sowie auf die Verlagerung der Ernährung von pflanzlicher, wenig verarbeiteter Kost hin zu unausgewogenen, hochverarbeiteten Speisen; Vollkornprodukte und Hülsenfrüchte werden durch tierisches Eiweiß, Zucker und Fett verdrängt.

Und das ist noch nicht alles, wie Bodirsky betont: „Die zunehmende Verschwendung von Nahrungsmitteln und der steigende Konsum von tierischem Eiweiß führen dazu, dass wir die Umweltfolgen unseres Agrarsystems nicht mehr beherrschen können. Ob Treibhausgase, Stickstoffverschmutzung oder Entwaldung: Wir gehen an die Belastungsgrenzen unseres Planeten – und darüber hinaus.“

Agrarsystem als wesentlicher Faktor für Treibhausgasemissionen

Acker- und Weideland für die Nahrungsmittelerzeugung bedecken rund ein Drittel der globalen Landfläche; unser Ernährungssystem verursacht fast ein Drittel der globalen Treibhausgasemissionen. Die neue Studie zeigt, dass – wenn die derzeitigen Trends anhalten – die weltweite Nachfrage nach Nahrungsmitteln zwischen 2010 und 2050 um etwa 50 Prozent steigen wird, und die Nachfrage nach tierischen Produkten wie Fleisch und Milch wird sich ungefähr verdoppeln – eine Entwicklung, die immer mehr Land erfordern würde.

„Mit der gleichen Landfläche könnten wir aber viel mehr pflanzliche Nahrungsmittel für den Menschen produzieren als tierische“, erklärt Ko-Autor Alexander Popp, Leiter der Forschungsgruppe Landnutzungsmanagement am PIK. „Einfach gesagt: Wenn immer mehr Menschen immer mehr Fleisch essen, gibt es weniger pflanzliche Nahrung für die anderen – und wir brauchen mehr Land für die Nahrungsmittelproduktion, was dazu führen kann, dass Wälder abgeholzt werden. Die vermehrte Tierhaltung erhöht in der Folge den Ausstoß von Treibhausgasen.“

Globale Nahrungsmittelnachfrage: Verteilung und Bildung als Kernprobleme

Die Studie bietet erstmalig einen konsistenten Langzeitüberblick über einen anhaltenden globalen Ernährungswandel von 1965 bis 2100. Unter Verwendung eines Open-Source-Modells prognostizieren die Forschenden, wie viel des Nahrungsmittelbedarfs auf Faktoren wie Bevölkerungswachstum, Alterungsprozesse, zunehmende Körpergröße, wachsenden Body-Mass-Index, abnehmende körperliche Aktivität und zunehmende Nahrungsmittelabfälle zurückzuführen ist.

Ko-Autor Prajal Pradhan vom PIK erklärt: „Es gibt genug Nahrung auf der Welt – das Problem ist, dass die armen Menschen auf unserem Planeten sich diese nicht leisten können. Und in den reichen Ländern spüren die Menschen die wirtschaftlichen und ökologischen Folgen der Verschwendung von Nahrungsmitteln nicht.“ Aber Umverteilung allein würde nicht ausreichen, denn sowohl ärmere als auch reichere Bevölkerungsschichten ernähren sich mangelhaft – es fehlt an Wissen über eine gesunde Lebens- und Ernährungsweise.

Wie weckt man Appetit auf Veränderung?

„Ungesunde Ernährung ist das weltweit größte Gesundheitsrisiko“, erklärt Ko-Autorin Sabine Gabrysch, Leiterin der Forschungsabteilung Klimaresilienz am PIK. „Viele Länder in Asien und Afrika kämpfen derzeit noch mit Unterernährung und den damit verbundenen Gesundheitsproblemen. Gleichzeitig sind sie zunehmend auch mit Übergewicht und in der Folge mit einer steigenden Belastung durch Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs konfrontiert“, so Gabrysch. Die neue Studie biete hier wertvolle Orientierung über den möglichen Entwicklungspfad verschiedener Länder und Regionen. Sie könne auch die dringend benötigte proaktive Politik hin zu einer nachhaltigen und gesunden Ernährung befördern.

„Wir brauchen dringend politische Maßnahmen, um eine Ernährungsumgebung zu schaffen, die gesundes Essverhalten fördert”, erklärt Gabrysch. „Dazu könnten verbindliche Vorschriften gehören, welche die Werbung für ungesunde Snacks regulieren sowie nachhaltige und gesunde Mahlzeiten in Schulen, Krankenhäusern und Kantinen sicherstellen. Eine stärkere Konzentration auf Ernährungsbildung ist ebenfalls wichtig, von der Früherziehung im Kindergarten bis zur Beratung durch Ärzte und Krankenschwestern. Was wir essen ist von entscheidender Bedeutung – sowohl für unsere eigene Gesundheit als auch für die unseres Planeten.“

Artikel: Benjamin Leon Bodirsky, Jan Philipp Dietrich, Eleonora Martinelli, Antonia Stenstad, Prajal Pradhan, Sabine Gabrysch, Abhijeet Mishra, Isabelle Weindl, Chantal Le Mouël, Susanne Rolinski, Lavinia Baumstark, Xiaoxi Wang, Jillian L. Waid, Hermann Lotze‐Campen, Alexander Popp (2020): The ongoing nutrition transition thwarts long-term targets for food security, public health and environmental protection. Scientific Reports. [DOI: 10.1038/s41598-020-75213-3]

Weblink zum Artikel:www.nature.com/articles/s41598-020-75213-3

Premiere geglückt, Test bestanden – Vogel: Neubau für Polderflutung dient Hochwasserschutz, Landwirtschaft und Naturschutz

Pressemitteilung des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz vom 18.November 2020

Schwedt (Oder)/Stützkow – Umweltminister Axel Vogel hat heute gemeinsam mit Uckermark-Landrätin Karina Dörk das neue Einlaufbauwerk bei Oder-Kilometer 681,5 nahe Stützkow in Betrieb genommen und damit die Polder A/B im Nationalpark Unteres Odertal turnusgemäß zu Beginn des Winterhalbjahres geflutet. „Das neue Bauwerk hilft nicht nur bei Hochwasser, sondern ermöglicht auch eine extensive landwirtschaftliche Nutzung und bewahrt so die wertvolle Tier- und Pflanzenwelt im sensiblen Nationalpark Unteres Odertal“, so Vogel.

Das im Rahmen des Oderprogramms „Sicherheit und Zukunft für die Oderregion“ realisierte Bauwerk wurde einer ersten Funktionsprobe unter Realbedingungen unterzogen.

Agrarumweltminister Axel Vogel: „Das Einlaufbauwerk ist ein weiterer wichtiger Meilenstein für den Hochwasserschutz im Bereich Schwedt (Oder). Die Oderdeichsanierung hat im Land hohe Priorität. Unsere aktuellen Schwerpunkte liegen insbesondere auf Maßnahmen an der unteren Oder bei Schwedt und bei einem besseren innerstädtischen Hochwasserschutz in Frankfurt/Oder. Seit 1997 hat Brandenburg an der Oder rund 328 Millionen Euro in den Hochwasserschutz investiert.“

Das Einlaufbauwerk ist Teil des komplexen Systems aus Vorflutern, Trocken- und Flutungspoldern, Ein- und Auslaufbauwerken sowie Schöpfwerken im Unteren Odertal. Durch die Öffnung der Einlaufbauwerke an der Stromoder werden die Nasspolder jedes Jahr zu Beginn des Winterhalbjahres geflutet. Über die Auslaufbauwerke fließt das Flutungswasser wieder in die Schwedter Querfahrt beziehungsweise in die Stromoder ab, die Polder werden somit durchströmt. Im Frühjahr werden die Einlaufbauwerke wieder geschlossen, um in den Sommermonaten eine Grünlandbewirtschaftung zu ermöglichen. Bei Hochwasser im Sommer können die Polder geflutet werden, um so die Ortschaften entlang des Tals zu schützen.

Für das sanierungsbedürftige Bauwerk war ein Ersatzneubau notwendig. Dabei wurden die Pfeilerdicken nach statischen Kriterien optimiert und dadurch die Durchlassöffnungen verbreitert und die Einlaufkapazität in den Polder A erhöht.

Die Lage auf dem Gebiet des Nationalparks Unteres Odertal und die zu beachtende winterliche Flutung der Polder stellte besondere Anforderungen an die Bauausführung. So konnten keine Arbeiten während der Flutung der Polder im Winterhalbjahr ausgeführt werden, waren die Zufahrten zum Bauwerk auf die Deiche beschränkt (keine Zufahrt durch den Polder) und bei den Bauarbeiten ein besonderes Augenmerk auf Natur und Landschaft zu legen.

Das kombinierte Stahlbeton-Spundwandbauwerk verfügt über vier Durchflussöffnungen. Die Baukosten belaufen sich auf rund 6,6 Millionen Euro, finanziert aus dem „Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raumes“ (ELER), aus Mitteln der Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK) und des Landes Brandenburg.

Erfolgreiches Duo aus Brandenburg – die Naturparke Barnim und Niederlausitzer Heidelandschaft sind ausgezeichnet

Pressemitteilung des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz vom 17.November 2020


Wandlitz – Die beiden Brandenburger Naturparke Barnim und Niederlausitzer Heidelandschaft haben heute im Rahmen der „Qualitätsoffensive Naturparke“ vom Verband Deutscher Naturparke e. V. (VDN) die Auszeichnung als „Qualitäts-Naturpark“ erhalten. Während der Naturpark Barnim die Auszeichnung nach 2009 und 2015 bereits zum dritten Mal in Folge erhält, nahm der Naturpark Niederlausitzer Heidelandschaft in diesem Jahr zum ersten Mal an der Qualitätsoffensive teil.

421 von möglichen 500 Punkten erreichte der Naturpark Barnim in diesem Jahr – sein bislang bestes Ergebnis. Das Scouting der Qualitätsoffensive hob als besondere Stärken die ausgeprägte regionale Vernetzung, Akzeptanz und Wertschätzung des Naturparks bei den Brandenburger und Berliner Kommunen und Partnern sowie seine überregional beachteten Naturschutz- und Regionalentwicklungsprojekte hervor. Besonders genannt wurden unter anderem das Waldweideprojekt Hobrechtsfelde, das „Schönower Heide“-Projekt, das Klimaschutzprojekt „ZENAPA“, der Wettbewerb zum „Naturparkprojekt des Jahres“ und sein innovatives Besucherzentrum „BARNIM PANORAMA“.

Erstmalig hat der Naturpark Niederlausitzer Heidelandschaft 2020 an der „Qualitätsoffensive Naturparke“ des VDN teilgenommen und sofort die Auszeichnung erhalten. In den fünf bewerteten Handlungsfeldern erreichte er 325 Punkte. Zusätzlich vergab der Scout für das zukunftsorientierte digitale Ausstellungskonzept im Besucherinformationszentrum „erlebnisReich Naturpark“ 5 Punkte. Besondere Stärken wurden dem Naturpark für mehrere Themen bescheinigt, unter anderem für das Projekt zur Wiederansiedlung des Auerhuhns. Auch der jährliche Wettbewerb zur „Naturparkgemeinde des Jahres“ wird als beispielhaft für die Förderung der regionalen Identität hervorgehoben.

Die „Qualitätsoffensive Naturparke“ hat der VDN mit Unterstützung des Bundesamtes für Naturschutz mit Mitteln des Bundesumweltministeriums entwickelt und im „Jahr der Naturparke“ 2006 gestartet. Sie unterstützt die Naturparke in ihren Handlungsfeldern Naturschutz, nachhaltiger Tourismus, Umweltbildung, nachhaltige Regionalentwicklung sowie Management. Eine ständig steigende Qualität der Arbeit und der Angebote von Naturparks sind ebenso das Ziel wie eine bessere Unterstützung ihrer Arbeit in Gesellschaft, Wirtschaft und Politik.

Die an der „Qualitätsoffensive Naturparke“ teilnehmenden Naturparke beantworteten im Rahmen der Qualitätsüberprüfung mehr als einhundert Fragen zu ihrer Arbeit im Bereich „Management und Organisation“ sowie in den vier Handlungsfeldern „Naturschutz und Landschaftspflege“, „Erholung und nachhaltiger Tourismus“, „Bildung und Kommunikation“ sowie „Nachhaltige Regionalentwicklung“. Jeder teilnehmende Naturpark wurde im Anschluss von einem sogenannten „Qualitäts-Scout“ bereist, evaluiert und beraten. Um die Auszeichnung „Qualitäts-Naturpark“ zu erhalten, muss ein Naturpark mindestens 250 von 500 möglichen Punkten erreichen. Wird diese Punktzahl nicht erreicht, ist der Naturpark ein „Partner der Qualitätsoffensive Naturparke“. Die Auszeichnung ist für fünf Jahre gültig. Danach müssen sich die Naturparke erneut in dem Evaluationsverfahren qualifizieren.

Neben dem Naturpark Barnim und dem Naturpark Niederlausitzer Heidelandschaft wurden die Naturparke Dübener Heide (Sachsen-Anhalt, Sachsen), Frankenwald (Bayern), Fränkische Schweiz – Frankenjura (Bayern), Hirschwald (Bayern), Hohe Mark (Nordrhein-Westfalen), Rhein-Taunus (Hessen), Siebengebirge (Nordrhein-Westfalen), Soonwald-Nahe (Rheinland-Pfalz) und Stromberg-Heuchelberg (Baden-Württemberg) als „Qualitäts-Naturpark“ ausgezeichnet. Der Naturpark Rhein-Westerwald (Rheinland-Pfalz) erhielt die Auszeichnung „Partner Qualitätsoffensive Naturparke“.

Mit der diesjährigen Auszeichnung wurde die dritte Phase der „Qualitätsoffensive Naturparke“ abgeschlossen. Im Jahr 2021 startet sie in ihre vierte Phase. Der aktuell überarbeitete Kriterienkatalog wird seine Gültigkeit bis einschließlich 2025 behalten. Insgesamt tragen jetzt 75 der 103 Naturparke in Deutschland das Siegel „Qualitäts-Naturpark“, neun Naturparke sind als „Partner Qualitätsoffensive Naturparke“ ausgezeichnet.

Sie finden weitere Informationen zum Naturpark Barnim auf https://www.barnim-naturpark.de/ und zum Naturpark Niederlausitzer Heidelandschaft auf https://www.niederlausitzer-heidelandschaft-naturpark.de/.

Weitere Informationen zur „Qualitätsoffensive Naturparke“, zu den Qualitätskriterien und zum Verfahren sowie Informationen zu den bereits ausgezeichneten Naturparken finden Sie im Internet unter www.naturparke.de/qualitätsoffensive