Nicht nur Flaschenpost

Hochwasserwelle spülte Müll in den Nationalpark – Naturwacht beräumt vor Wehröffnung

Pressemitteilung des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz vom 20. November 2020

Criewen – Nach ergiebigen Niederschlägen im Einzugsgebiet der Oder in Polen und Tschechien in den vergangenen Wochen hinterließ die Hochwasser-Welle ungewöhnlich viel Müll im Spülsaum entlang der Deiche vor Schwedt/Oder. In mehreren Arbeitseinsätzen beräumten Ranger der Nachturwacht über 300 Kilogramm vorwiegend Altglas und Kunststoffabfall entlang der Deiche. Die Aktion bereitet die Öffnung der Wehre und die Flutung der Aue vor und soll verhindern, dass der Müll in empfindlichere Bereiche des Nationalparks Unteres Odertal gelangt.

Bei dem in der vergangenen Woche in vier Müllsammel-Aktionen beräumten Abfall fanden sich mit Abstand am häufigsten Schnapsflaschen, Verpackungen für Angelköder und anderer Plastikmüll. Aber auch unerwartete Dinge trieben die Oder hinab: viele Schuhe, Teile von Rohrleitungen und eine Flaschenpost eines 13-jährigen Berliners, der wissen wollte, wie weit es seine Sendung geschafft hat.

Die Nationalpark-Ranger wollen den Müll aus den Kerngebieten des Nationalparks heraushalten, aber auch das Landschaftsbild entlang des Oder-Neiße Radwegs wahren. Wie jedes Jahr öffnen die oderseitigen Wehre Mitte November ihre Pforten, um die Polderwiesen im Nationalpark zu fluten. Mit dem Wasser einströmender Müll würde hier kaum mehr wiedergefunden und so zur Gefahrenquelle für die heimische Tierwelt.

Hintergrund Naturwacht Brandenburg

Die seit 1991 in den 15 Großschutzgebieten Brandenburgs als Mittler zwischen Mensch und Natur arbeitenden Ranger erfassen auf rund 9.000 Quadratkilometern – einem Drittel der Landesfläche – Daten zu Tier- und Pflanzenbeständen, Grundwasserspiegeln und zur Gewässerqualität. Sie setzen zahlreiche Naturschutzmaßnahmen um und kontrollieren den Erfolg.

Die 96 Frauen und Männer der Naturwacht sind Ansprechpartner für Anwohnende und Gäste in den Nationalen Naturlandschaften – dem Nationalpark, den drei Biosphärenreservaten und elf Naturparks. Sie begleiten jährlich rund 10.000 Besucherinnen und Besucher auf mehr als 600 geführten Touren. Bei der Arbeit mit Junior Rangern weckt die Naturwacht Interesse für Natur- und Umweltschutz bei der jungen Generation. Auch am Ganztagsschulangebot des Landes beteiligen sie sich. Mehr als 280 Freiwillige unterstützen die Ranger bei ihren Aufgaben. Seit 1997 arbeitet die Naturwacht unter dem Dach der Stiftung NaturSchutzFonds Brandenburg. Mehr Informationen unter: www.naturwacht.de

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Landesregierung muss die Umweltpolitik endlich ernst nehmen – Umweltverbände äußern sich kritisch zu ein Jahr Kenia-Koalition

Pressemitteilung des NABU Brandenburg vom 20.Novembder 2020

Potsdam. Am 20. November 2019 wurde die jetzige Landesregierung vereidigt. Obwohl eine deutliche Verbesserung der Arbeit des von den Bündnisgrünen geleiteten Ministeriums für Landwirtschaft Umwelt und Klimaschutz festzustellen ist, hat die Umweltpolitik immer noch einen viel zu geringen Stellenwert bei der Landesregierung. Die Umwelt- und Verkehrsverbände fordern deutlichere Anstrengungen in den Bereichen Landwirtschaft, Naturschutz, Gewässerschutz, Verkehr und Energie.

„Der beste Beitrag für den Arten- und Naturschutz ist eine andere Agrarpolitik“, so Friedhelm Schmitz-Jersch, Landesvorsitzender des NABU Brandenburg. „Wir brauchen blühende Wiesen für die Insektenvielfalt, Ackerflächen ohne Pestizide in Schutzgebieten, Gewässerrandstreifen zum Schutz der Gewässer sowie Hecken und Feldgehölze als Verbindungselemente in der Landschaft. Im nächsten Jahr muss die neue Agrarpolitik der EU auf Landesebene umgesetzt werden. Für uns ist es entscheidend, ob die Landesregierung es schafft, die Agrarförderung auf wirkungsvolle Maßnahmen auszurichten.“ Die derzeitigen Dialoggespräche zu den Forderungen aus den Volksinitiativen bilden einen ersten Grundstein für wirksame Veränderungen. Zum Schutz der Gewässer ist jedoch bisher wenig beigetragen worden: so ist die Forderung des NABU an die (alte) Landesregierung nach gesetzlich verankerten Gewässerschutzstreifen und die Streichung von Privilegien bei der Erhebung der Wassernutzungsentgelte bisher nicht nachgekommen worden. Weiterhin sieht der NABU Handlungsbedarf bei der konkreten Umsetzung der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie, durch die der Schutz gefährdeter Tier- und Pflanzenarten sichergestellt werden soll.

„Die letzten sehr trockenen Jahre haben gezeigt, dass der Klimawandel sehr direkte negative Auswirkungen auf Brandenburg hat und wir keine Zeit mehr verschwenden dürfen“, äußert sich Carsten Preuß, Vorsitzender des BUND Brandenburg. Trotzdem sei kein Umsteuern in der Haushaltspolitik erkennbar. Das Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz (MLUK) ist vor zahlreiche Herausforderungen wie die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie oder der FFH- Managementplanung gestellt. Diese würden sich aber nicht in der Personalausstattung des MLUK laut aktuellem Haushalt wiederspiegeln. Es sind zahlreiche Altlasten des Vogelsängerministeriums zu beseitigen. So läuft gegenwertig ein Vertragsverletzungsverfahren der EU gegen Brandenburg wegen der mangelhaften Sicherung der FFH-Gebiete. „Mit dem aktuell geplanten Budget rückt auch die Umsetzung der FFH-Managementplanung in weite Ferne“, meint Carsten Preuß weiter. „In anderen Bundesländern wie beispielsweise Thüringen wurde diese Aufgabe mit den Natura-2000 Stationen weitaus zielführender angegangen.“

„In den kommenden Jahrzehnten ist mit häufigeren und extremeren Trockenphasen in Brandenburg zu rechnen“, sagt Heinz-Herwig Mascher, Landesvorsitzender der Grünen Liga Brandenburg. „Dies führt zwangsläufig zu höheren Wasserentnahmen aus dem Grundwasser. Auch in Folge des Kohle- und Kiesabbaus werden dadurch hohe Verdunstungsverluste aus den großen flachen Tagebaurestseen auftreten. Diese Entwicklungen werden die Einzugsgebiete der Flüsse für Jahrhunderte prägen.“ Die Versorgung der Bevölkerung mit Trinkwasser fällt unter die Daseinsvorsorge der Kommunen. Am Beispiel der Ansiedlung des Unternehmens Tesla wird dieser Konflikt besonders deutlich. Mit dieser Industrieansiedlung in der ersten Ausbaustufe geht ein zusätzlicher Wasserbedarf von ca. 1,5 Millionen Kubikmeter Trinkwasser einher. Dies entspricht einer Versorgungsmenge einer mittleren Stadt von 35.000 Einwohnern. Deshalb fordert der Umweltverband GRÜNE LIGA, neben der sofortigen Einrichtung einer Enquete-Kommission zum Wasserhaushalt in Brandenburg, alle Landesplanungsentscheidung zukünftig am Begriff der Nachhaltigkeit zu messen. Hierzu bedarf es einen neu zu berufenden Nachhaltigkeitsbeirat, der über alle Ressortgrenzen agieren kann.

Für die Naturfreunde Brandenburg bleibt ebenso das Thema Wassernutzung im Hausaufgabenheft stehen. Grit Gehrau, Landesvorsitzende der Naturfreunde Brandenburg: „Neben Tesla hat auch der Sandkiesabbau bei Mühlberg gezeigt, dass hier von der Landesregierung noch einiges nachzuholen ist. Ebenso wirft das Niedrigwasserkonzept neue Fragen auf: Wie soll der Wasserrückhalt in der Landschaft gestaltet, wer bei Wasserknappheit bevorzugt werden – Bürger, Industrie, Landwirtschaft oder Naturräume? Wir hoffen, dass Umweltminister Vogel akzeptable Lösungen findet“.

Mit Blick auf die Verkehrswende schätzt Fritz Viertel, Landesvorsitzender des Verkehrsclubs Deutschland (VCD), die Regierungsbilanz ein: „Als erste Koalition hat sich Rot-Schwarz-Grün das konkrete Ziel gesteckt, dass bis 2030 mindestens 60 Prozent des Verkehrs in Brandenburg mit ÖPNV, Rad- und Fußverkehr bewältigt werden soll. Das ist prima! Doch es passiert zu wenig, um das umzusetzen. Kaum ein Projekt aus dem Bahnausbauplan „i2030“ wird tatsächlich bis 2030 fertig. Die versprochene Reaktivierungsoffensive für stillgelegte Bahnstrecken fehlt bisher völlig. Genauso wie eine Unterstützung für Kommunen beim Ausbau der Straßenbahn oder ein Konzept für mehr Querverbindungen zwischen den Bahnlinien. All das geht nicht von heute auf morgen. Doch wenn wir heute nicht beginnen, werden wir im Verkehr keinen wirksamen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Die Verkehrswende muss außerdem sozial sein. Da hat die Landesregierung bisher versagt: Sie unterstützt die zweite Fahrpreiserhöhung in nur einem Jahr, billigt das teurere Semesterticket für die coronagebeutelten Studierenden und unterstützt die Bus- und Tramfahrerinnen nicht bei ihrem Kampf für anständige Löhne.“

Für die Arbeit aller Verbände ist das Freiwillige Ökologisches Jahr unverzichtbar. Die dadurch entstehenden Synergien, Projekte und Verbindungen sind eine win-win-Situation für die Teilnehmenden, die Einsatzstellen, aber vor allem für das Land Brandenburg. Claudia Günther, Jugendbildungsreferentin der NAJU, sagt: „Wir erwarten von der Landesregierung, dass sie Wort hält und den Erhalt dieser Stellen langfristig sichert.“ Derzeit werden die Stellen noch sowohl vom Land als auch über europäische Fördermittel anteilig finanziert.


Die Umweltverbände hatten im März 2019 ihre Forderungen in einem gemeinsamen Positionspapier an die künftige Landesregierung zusammengetragen.