Kleinstkorrekturen statt großer Wurf

Pressemitteilung der Stiftung Vier Pfoten vom 10.März 2021

Geplante Regelung zu Kontrollen von Tierkadavern in Verarbeitungsbetrieben ungenügend / weiterhin klaffende Lücken beim Schutz von Nutz,- Heim- und Wildtieren

Das Bundeskabinett hat heute einen Entwurf zur Änderung des Tierschutzgesetzes beschlossen. Damit soll eine Rechtsgrundlage für Tierschutzkontrollen von Tierkadavern in Verarbeitungsbetrieben geschaffen werden. Den Beschluss des Bundeskabinetts kommentiert Femke Hustert, Leiterin Hauptstadtrepräsentanz VIER PFOTEN Deutschland: „Die Regelung zur Datenerfassung bei Tierkadavern in Deutschland ist längst überfällig: Jährlich werden allein 13,5 Millionen tote Schweine in den Tierkörperbeseitigungsanlagen wie Müll entsorgt. Niemand kontrolliert, woran und wie die Tiere verendet sind, ob sie schlimme Verletzungen hatten oder fachgerecht getötet wurden. Damit bleiben Tierleid und Verstöße gegen das Tierschutzgesetz regelmäßig unbemerkt. Der jetzt vorliegende Entwurf kam nur aufgrund des Drucks der Bundesländer zustande und hat noch zu viele blinde Flecken. Es ist absolut unverständlich, warum nur Kadaver von Schweinen und Rindern kontrolliert werden sollen. Auch Tierschutzverstöße bei Schafen, Ziegen, Einhufern und Geflügel müssen nachverfolgt werden können. Hier muss dringend nachgebessert werden.

Mit dem jetzt vorgelegten Entwurf verpasst die Bundesministerin Julia Klöckner auch die Chance, die großen Lücken im Tierschutzgesetz zu schließen: Immer noch können Hundewelpen oder gefährdete Exoten und Wildtiere unreguliert verkauft, unter vier Wochen alte männliche Rinder, Schafe und Ziegen betäubungslos kastriert und auch Kälbern die Hornanlagen ohne Betäubung ausgebrannt werden. All das ignoriert Bundeslandwirtschaftsministerin Klöckner mit ihrem Entwurf, frei nach dem Motto: Lieber Kleinstkorrekturen statt großem Wurf. Sie versäumt es, das Tierschutzgesetz so zu reformieren, dass es die Tiere auch wirklich schützt. Jetzt sind die Bundesländer und die Abgeordneten des Deutschen Bundestages gefordert, im weiteren parlamentarischen Verfahren eine dringend notwendige Überarbeitung des Tierschutzgesetzes voranzubringen.“ Weitere Informationen zu Tierkörperbeseitigungsanlagen

Bisher wurden auf den sogenannten Tierkörperbeseitigungsanlagen keine Daten von den Behörden erhoben, wie die Tiere in den Ställen zu Tode gekommen sind. Faktisch ist jeder dort angelieferte Tierkadaver eine nicht identifizierte Leiche. Hohe Sterblichkeitsraten sind im industriellen Tierqualsystem mitkalkuliert. Eine Studie von 2017 hat gezeigt, dass 13,5 Millionen Schweine in Deutschland jährlich schlicht und einfach im Müll landen und das gesamte System von Erzeugern, Behörden und Politikern die Augen verschließt, wie und warum das passiert. 13 Prozent der Tiere haben laut der Studie mit „länger anhaltenden erheblichen Schmerzen und/oder Leiden“ gelebt. Fast 62 Prozent waren mangelhaft betäubt und/oder getötet worden. Der Bundesrat hat bereits 2019 die Bundesregierung aufgefordert, eine entsprechende Regelung zu formulieren. Der Bundesrat hatte keine Beschränkung auf bestimmte Tiergruppen vorgenommen. Forderungen von VIER PFOTEN zum Entwurf Neben Rindern und Schweinen müssen auch Schafe, Ziegen, Einhufer und Geflügel auf den Verarbeitungsbetrieben kontrolliert werden. Bis auf Geflügel ist eine Einzeltierkennzeichnung zu implementieren. Bei Geflügel ist es möglich, anhand der angelieferten Charge den Haltungsbetrieb zu ermitteln. Um Tierkadaver routinemäßig zu überwachen, müssen die personellen Kapazitäten und finanziellen Mittel bereitgestellt werden. Für die fachgemäße Sachkunde im Umgang mit kranken oder verletzten Tieren und bei der Nottötung müssen regelmäßig verpflichtende Schulungen angeboten werden.
Das Positionspapier zu weiteren Änderungen des Tierschutzgesetzes von VIER PFOTEN finden Sie hier. Quellen:
E. große Beilage (2017): Untersuchungen an verendeten/getöteten Schweinen in Verarbeitungsbetrieben für tierische Nebenprodukte, Hannover 2017, DVG-Service GmbH, ISBN 978-3-86345-389-3  

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