Zukunftskommission Landwirtschaft

Pressemitteilung der Stiftung VIER PFOTEN vom 16. März 2021

Heute trifft sich die Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) mit Bundeskanzlerin Angela Merkel. Im Anschluss lädt die Zukunftskommission zum öffentlichen virtuellen „Zukunftsgespräch Landwirtschaft“. Dazu kommentiert Rüdiger Jürgensen, Geschäftsführer VIER PFOTEN Deutschland.

„Auch nach monatelangen Beratungen der Zukunftskommission Landwirtschaft ist weiterhin unklar, wohin die Reise genau gehen soll. Klar ist dagegen, dass wir eine Agrar- und Tierschutzwende in Deutschland brauchen, eine Abkehr von der starken Exportorientierung, eine deutliche Reduktion der Tierbestände und ein Ende tierquälerischer Haltungssysteme und Praktiken. Statt tierischer Produkte sollte eine nachhaltige pflanzliche Ernährung gefördert werden. Ein weiterer wichtiger Baustein für einen zukunftsgerichteten Wandel ist eine verpflichtende Haltungskennzeichnung mit hohen Standards, die echte Transparenz für die Verbraucherinnen und Verbraucher schafft. Um das zu erreichen, muss sich die Zukunftskommission von der bisherigen Agrarpolitik lösen, die immer Tier- und Klimaschutz zugunsten wirtschaftlicher Interessen geopfert hat. Wir brauchen ambitionierte Zukunftsvisionen, wenn wir die riesigen Probleme im Tier- Umwelt- und Klimaschutz lösen wollen.“

Heutige Sitzung der Zukunftskommission Landwirtschaft mit Bundeskanzlerin Merkel

Pressemitteilung des Deutschen Tierschutzbundes vom 16.März 2021

Bundesregierung muss Vertrauen aufbauen

Anlässlich der heutigen außerordentlichen Sitzung der Zukunftskommission Landwirtschaft mit der Bundeskanzlerin macht der Deutsche Tierschutzbund deutlich, dass das Vertrauen der Tierschutzorganisationen in den zukunftsorientierten Veränderungswillen der Bundesregierung extrem belastet ist. Das liegt vor allem am Agieren der für Tierschutz zuständigen Bundesministerin Julia Klöckner, weil sie versprochene Tierschutzzusagen im Koalitionsvertrag nur halbherzig oder zu spät angegangen ist.

„In den letzten Jahren ist es im Tierschutz nicht vorangegangen. Wer von uns Tierschützern jetzt erwartet, dass wir in der Kommission Kompromisse mit Tiernutzern eingehen, der muss zuallererst einmal bei uns Vertrauen aufbauen. Ich erwarte, dass die Bundeskanzlerin hierzu Klarheit schafft und dass das Kanzleramt die Themenführung bei der Umsetzung der notwendigen Schritte hin zu mehr Tierschutz in der Landwirtschaft mit klarem Willen und Mut zu durchgreifenden Veränderungen übernimmt. Der Tiere, aber auch der planetarischen Grenzen und zukünftiger Generationen wegen“, formuliert Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, seine Erwartungen im Vorfeld des Termins.

Als Beispiele für das agrarpolitische Versagen nennt der Deutsche Tierschutzbund u.a. das zu spät erlassene Gesetz gegen das Kükentöten, das bis heute nicht formal beschlossen ist. Die Vorschläge der „Borchert-Kommission“ für einen Umbau der Landwirtschaft wurden seitens des BMEL viel zu spät angegangen. Bei der Frage um die tierschutz- und gesetzeswidrige Kastenstandhaltung von Sauen versuchte das BMEL, bis zu 17 Jahre Übergang als Kompromiss durchzusetzen und die tierschutz- und rechtswidrigen Zustände damit weiter zu legalisieren. Trotz des Versprechens im Koalitionsvertrag wurde keine einzige Lücke im Tierschutzrecht geschlossen: So gibt es bis heute etwa keine rechtlich verbindlichen Haltungsverordnungen für Puten und Rinder. Klöckners staatliches Tierwohlkennzeichen ist in weiter Ferne – die Chance, das Thema im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft voranzubringen, ließ sie ungenutzt verstreichen. Und bei der GAP wirke es so, als wäre die Zukunftskommission für das BMEL eher „nerviges Beiwerk“, so der Tierschutzbund-Präsident. „Uns ist klar, dass die Zukunftskommission keine GAP-Kommission ist. Aber wenn die GAP mit den nationalen Plänen hektisch beschlossen wird, dann ist in den nächsten Jahren keine durchgreifende Veränderung mehr machbar. Dann wäre das alte, nicht zukunftsfähige Agrarsystem zementiert. Statt die Meinung der Zukunftskommission maximal zu missachten, wäre Julia Klöckner gut beraten, sie in die Beratungen einzubinden. In der Kommission werfen wir nicht Wattebäuschchen, aber es beginnt ein guter Dialog. Den aber scheint die Bundesministerin nicht ernsthaft zu wollen.“

Flussschützerinnen: „Bewahrt die naturnahe Oder vor dem Ausbau für die Binnenschifffahrt!“

Pressemitteilung des NABU Brandenburg vom 15. März 2021

Aktivistinnen übergeben an Staatskanzlei „Oderausbau“-Petition mit mehr als 4.500 Unterschriften

Potsdam – 4.537 Bürger:innen sprechen sich auf deutscher Seite für den Stopp der Pläne zum Ausbau der Oder aus. Die entsprechende Petition wollten die beiden Petentinnen aus dem unteren Odertal, Elizabeth Pankhurst und Katrin Dobbrick, an den Polen-Koordinator der Bundesregierung und Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke übergeben. Jedoch ist er durch andere Termine gebunden und aus der Staatskanzlei wurde auch niemand anderes für die Entgegennahme der Petition benannt. Deshalb erfolgt heute die Übergabe nur am Empfang.

Mit der Petition erhält die Landesregierung aus der Zivilgesellschaft den Appell, zu verhindern, dass in naher Zukunft unter dem Label Hochwasserschutz der Ausbau der naturnahen Oder erfolgt. Hinter dem Feigenblatt Hochwasserschutz, durch die Vertiefung der Oder für den Einsatz von Eisbrechern, stecken vor allem wirtschaftliche Interessen. Die deutsche Seite möchte, dass die „Klützer Querfahrt“ ausgebaut wird, damit Küstenmotorschiffe von Szczecin aus Schwedt und die Papierfabrik LEIPA erreichen können. Polen ist aber nur bereit, diesen Oderarm zu vertiefen, wenn im Gegenzug die Oder für große Binnenschiffe ausgebaut wird.

Petentin Katrin Dobbrick dazu: „Als Oder-Anrainerinnen haben wir mit unseren Petitionen in Deutschland und Polen auf die Beteiligung von über 6.500 Bürger:innen hingewirkt. Heute ist es an der Zeit, eine Forderung abzugeben, wie der Schutz der naturnahen Oder und ihrer Flusslandschaft in Zukunft aussehen soll und wie ernst der Landesregierung die Umsetzung europäischen Umweltrechts ist. Die einzig richtige Entscheidung kann nur sein, das Oder-Abkommen in seiner jetzigen Form als gescheitertes Experiment zu verbuchen und es dringend nachzubessern, bevor es noch mehr Schaden anrichtet. Eine Beibehaltung in der jetzigen Form würde nicht nur die Biodiversitätsziele der EU missachten. Es würde auch für eine Erhöhung des Hochwasserrisikos mit existenziellen Gefahren für die Menschen an der Oder sorgen. Der Oderausbau ist keine Hochwasserschutzmaßnahme und darf deshalb auch nicht im künftigen internationalen Hochwasserrisikomanagementplan stehen.“

„Spätestens seit 2004 wurde der Ausbau der Oder und der „Klützer Querfahrt“ in der Staatskanzlei koordiniert. Bereits 2005 einigten sich Deutschland und Polen grundsätzlich auf die Ostsee-Anbindung des Hafens Schwedt und einer für die Binnenschifffahrt besser nutzbaren Oder unter dem Denkmantel Eisbrechereinsatz. Herr Woidke war in allen wesentlichen Phasen, zuerst als Umweltminister, später bei der Vorbereitung und Unterzeichnung des Deutsch-Polnischen Abkommens als Ministerpräsident und Polen-Koordinator der Bundesregierung, in die zentralen Prozesse eingebunden. Entsprechend erwarte ich von ihm auch eine Positionierung zum Oderausbau, der sich immer mehr als ein reines Binnenschifffahrts-Projekt entpuppt“, erklärt Carsten Preuß, Vorsitzender des BUND Brandenburg.

Friedhelm Schmitz-Jersch, NABU-Vorsitzender ergänzt: „Mit Hilfe der europäischen Wasserrahmenrichtlinie sollen unsere Flüsse seit 20 Jahren wieder ein Stück weit lebendiger werden. Das Ausbauprojekt an der Oder wirkt hier wie aus der Zeit gefallen und steht dem entgegen. Es konterkariert die erfolgreiche Naturschutzarbeit der letzten 30 Jahre an diesem großen naturnahen Strom und in Deutschlands einzigem Auen-Nationalpark. Wir müssen den vielen aktiven Bürger:innen an der Oder dankbar sein, dies mit der Petition in die Öffentlichkeit gebracht zu haben. Wenn weiterhin an dem Oderausbau politisch festgehalten wird, müssen wir Verbände als Anwalt der Natur im Zweifel juristisch dagegen vorgehen.“