Pressemitteilung der Stiftung VIER PFOTEN vom 17. März 2021
Cartagena/Hamburg, Eine Woche nach dem Tod von 895 Rindern des Transportschiffs „Karim Allah“ gehen die Lebendtiertransporte aus Spanien unvermittelt weiter. In den nächsten fünf Wochen sollen laut offiziellen Angaben weitere 40.000 Lämmer und 3.000 Kälber die spanische Küste über das Mittelmeer Richtung Saudi-Arabien, Jordanien und Algerien verlassen. VertreterInnen der globalen Tierschutzorganisation VIER PFOTEN sind nahe des Hafens von Cartagena, dokumentieren die neuankommenden LKW mit jungen Rindern und Schafen und sprechen von einer beispiellosen „Maschinerie der Grausamkeit“. Der spanische Hafen verfrachtet laut Informationen auf seiner Homepage innerhalb der EU am meisten Tiere. VIER PFOTEN fordert ein Transportverbot lebender Tiere in Staaten außerhalb der EU, ein Verbot von Langstreckentransporten über acht Stunden sowie ein Transportverbot von Lebendtieren auf Schiffen. Auch Deutschland hat Anteil an solchen Tiertransporten, von hier aus gehen jährlich rund 20.000 Tiere mit Schiffen in Drittländer – und zwar in tierschutzrechtliche Hochrisikostaaten.
„Im kaputten System Tiertransport ziehen Tiere immer den Kürzeren und werden mehr als Objekte und nicht als fühlende Lebewesen behandelt. Vor allem Schafe und Ziegen sowie junge, männliche Rinder aus der Milchindustrie werden als Schlachttiere per Schiff ins Ausland von skrupellosen Unternehmen verkauft“, so Dr. Martina Stephany, Direktorin für Nutztiere und Ernährung bei VIER PFOTEN.
Laut Stephany leiden beim Verkauf nicht nur die Tiere unter der Fokussierung auf Profitmaximierung: Auch Mensch und Umwelt werden durch dieses kaputte System der Lebendtiertransporte in Mitleidenschaft gezogen. So stehen sowohl der Klimawandel als auch die rasche Verbreitung von Pandemien in direktem Zusammenhang mit der Massentierhaltung.
Nach den schrecklichen Ereignissen vor einer Woche ist es bereits der zweite Tag, an dem die Tiere per Transportschiff den spanischen Küstenraum verlassen. Einige Stunden später befinden sich die Schiffe nicht mehr im EU-Raum. Die EU-Verordnung ist zwar laut den gesetzlichen Bestimmungen bis zur finalen Destination einzuhalten, Kontrollen gibt es allerdings keine. Das bedeutet, die Tiere befinden sich über Tage, Wochen oder sogar Monate de facto in einem rechtsfreien Raum.
„Die Folgen sind Transporte bei überhöhten Temperaturen im Frachtraum, zu wenig Platz unter Deck und keine medizinische Versorgung im Fall von Krankheit oder Verletzung. Stirbt ein Tier an Bord, wird es über Bord geworfen. Im besten Fall hat ein Tier den Transport nach wenigen Tagen hinter sich gebracht“, sagt Stephany.
Im Fall der „Karim Allah” dauerte der Transport beinahe drei Monate. Ein weiterer tragischer Fall war die „Queen Hind” im Jahr 2019 vor der Küste Rumäniens. Als das Schiff kenterte, ertranken mehr als 14.000 junge Schafe qualvoll. Die „Elbeik“, welche noch immer seit Mitte Dezember des Vorjahres unterwegs ist, irrt indes weiterhin durch spanische Gewässer. Wann und wo das Transportschiff unter der Flagge Togos anlegen wird, ist noch nicht bekannt. „Die ,Elbeik` wurde vom Schiffsbetreiber eigentlich nach Cartagena zurück geordert, aber Cartagena hat sich geweigert, das Schiff einlaufen zu lassen. Dieser bürokratische Kampf auf Kosten der Tiere ist unerträglich“, so Martina Stephany.