Immunokastration: Kehrtwende der Länderarbeitsgemeinschaft Ökologischer Landbau ist ein Schlag gegen Tier- und Verbraucherschutz

Pressemitteilung des Deutschen Tierschutzbundes vom 22.Juli 2020

Laut aktueller Medienberichte hat die Ländergemeinschaft Ökologischer Landbau (LÖK) sich darauf verständigt, dass die Impfung gegen Ebergeruch mit Improvac, die sogenannte Immunokastration, für den Ökolandbau zukünftig nicht zulässig sein soll. Der Deutsche Tierschutzbund, der sich für diese tierschutzgerechte Methode als Alternative zur betäubungslosen Ferkelkastration ausspricht, kritisiert diese Aussage scharf.

„Für die ökologische Landwirtschaft wird immer wieder in Anspruch genommen, dass sie einem besonders hohen Tierschutzstandard gerecht wird. Ausgerechnet hier soll nun offenbar eine Methode untersagt werden, welche auf Amputationen verzichtet und aus Tierschutzsicht, neben der Ebermast, eine wichtige Alternative darstellt. Dieses Vorgehen ist für uns absolut unverständlich und inakzeptabel. Wir werden uns daher erneut an die Ländervertreter wenden und unseren scharfen Protest äußern“, sagt Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes.

Die LÖK beruft sich bei ihrer Entscheidung offenbar auf die EU-Kommission, welche Improvac als “hormonähnliche Substanz“ eingestuft hatte. Die Kommission hatte jedoch vermerkt, dass ihre Auffassung und Einschätzung nicht rechtsbindend sei. Die endgültige Auslegung obliege den Mitgliedstaaten. Noch 2010 hatte die LÖK selbst ausführlich über den Einsatz von Improvac und die Kompatibilität mit den Rechtsvorschriften im Ökolandbau diskutiert und in ihrem Protokoll vom 9. März 2010 festgehalten, dass die Improvac-Impfung für den Ökolandbau zulässig ist. „Die Fakten haben sich seitdem nicht geändert. Angesichts der Frist zur Beendigung der betäubungslosen Ferkelkastration Anfang 2021 sendet die LÖK jetzt auf einmal ein völlig falsches Signal und schafft unnötige Unsicherheit. Impfungen werden auch anderweitig in der Bio-Landwirtschaft eingesetzt – es gibt keinen Grund, warum sie nicht auch in diesem Bereich zugänglich bleiben sollten“, so Schröder.

Hintergrund:

Männliche Ferkel werden in Deutschland und in vielen anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union noch immer kastriert. Der Grund: Das Risiko der Entwicklung von Ebergeruch, den viele Verbraucher als abstoßend empfinden, soll verringert werden. In Deutschland allein sind davon jährlich rund 25 Millionen, EU-weit circa 100 Millionen männliche Ferkel betroffen. Aus tierschutzfachlicher Sicht ist die Impfung gegen Ebergeruch als minimal-invasive Methode, die auf das Amputieren der Hoden verzichtet, eine sehr gute Alternative. Bei der Methode handelt es sich um keine Hormonbehandlung, sondern um eine normale, handelsübliche Impfung. Diese unterdrückt die Ausbildung der männlichen Hormone bei den heranwachsenden Schweinen. „Mit der Impfung wird in den Hormonhaushalt eingegriffen, aber das ist gewollt und passiert auch bei der chirurgischen Kastration“, erklärt Dr. Claudia Salzborn, Leiterin des Referats für Tiere in der Landwirtschaft beim Deutschen Tierschutzbund. Die Impfung hinterlässt – wie andere Impfungen auch – keine Rückstände im Produkt und ist so für den Verbraucher völlig unbedenklich.

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