Verbot von Lebendtiertransporten in Drittstaaten: Tierschutzbund begrüßt Entscheidung aus Niedersachsen

Pressemitteilung des Deutschen Tierschutzbund vom 24.Juli 2020

Der Deutsche Tierschutzbund und sein Landestierschutzverband Niedersachsen begrüßen die Entscheidung des Niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums (ML), das per Erlass die Abfertigung von langen Lebendtiertransporten in Drittländer verbietet.

„Die Entscheidung war längst überfällig, nachdem man 2019 seitens des niedersächsischen Ministeriums die Tierquälerei bei den Transporten lediglich für möglich erachtet und so tausende Rinder ihrem Schicksal überlassen hatte. Auch wenn das Verbot zunächst befristet ist, sind wir mit dem Sinneswandel Niedersachsens erst einmal zufrieden“, sagt Dieter Ruhnke, Vorsitzender des Landestierschutzverbands Niedersachsen. Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, ergänzt: „Nachdem gerade erst Nordrhein-Westfalen ein Ende der Transporte bekannt gegeben hat, zieht jetzt Niedersachsen nach – wir beglückwünschen das Land zu diesem Schritt. Von den beiden Entscheidungen der Länder muss ein klares Signal für den endgültigen Stopp grausamer Transporte ausgehen – auch für die Zeit nach Corona. Die anderen Bundesländer müssen diesem Vorgehen folgen. Und wir erwarten, dass auch die zuständige Bundesministerin Klöckner endlich Gas gibt, die Exportstopps der Länder positiv bewertet und sich auf EU-Ebene auch in ihrer Funktion als Vorsitzende des EU-Agrarrats für ein Ende der Transporte stark macht.“

Die Tierschützer kritisieren, dass Bundesministerin Klöckner in Deutschland noch nicht für eine einheitliche und rechtssichere Regelung gesorgt hat, die ein Ende der Transporte sicherstellt. Stattdessen gehen einzelne Bundesländer voran: Nach Bayern, Hessen, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen folgt nun auch Niedersachsen mit einem Exportstopp. Die Entscheidungen beruhen auf der Tatsache, dass die Vorgaben der EU-Transportverordnung nicht bis zum Ziel eingehalten werden. Gemäß einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes von 2015 ist dies jedoch vorgeschrieben. Erst Anfang dieser Woche hatte erneut eine Reportage in der ARD die an Grausamkeit kaum zu überbietenden Zustände rund um die Langestreckentransporte in Drittstaaten, wie etwa Marokko oder Usbekistan, dokumentiert.

Tiertransporte in Drittländer werden ausgesetzt

Pressemitteilung des Brandenburger Ministeriums für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz vom 24. Juli 2020  

In den Medien und durch Tierschutzorganisationen wurden erneut Missstände bei langen Tiertransporten in Drittstaaten aufgezeigt. Bis zur Klärung der erhobenen Vorwürfe werden die Landkreise Oberspreewald-Lausitz, Teltow-Fläming und Prignitz keine Rinderttiertransporte in Drittstaaten mehr abfertigen. Das wurde mit dem Verbraucherschutzministerium abgestimmt.   

Dazu erklärt Verbraucherschutzministerin Ursula Nonnemacher heute: „Wir werden diese Missstände nicht hinnehmen. Tiertransporte können nur in dem Maße durchgeführt werden, in dem diese unbedingt erforderlich sind und wenn sie vollumfänglich nach den Vorgaben des Tiertransportrechts erfolgen. Das Tierleid müssen wir endlich beenden. Transporteure müssen das Tierwohl bei Transporten nachweislich sicherstellen. Ansonsten sind keine Tiertransporte möglich.“

Brandenburg hat bereits im März des Jahres die Anforderung an die Abfertigung von langen, grenzüberschreitenden Tiertransporten verschärft. „Wir werden die Anforderungen an die Plausibilitätsprüfung bei der Abfertigung von Tiertransporten unter den uns zur Verfügung stehenden Möglichkeiten, ohne eine Rechtsetzungskompetenz des Landes zu besitzen, weiter erhöhen“, so Nonnemacher.

Unmittelbar nach der Regierungsbildung und darüber hinaus haben wir das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft mehrfach gebeten, die rechtlichen Grundlagen für die Tiertransporte zu verbessern sowie insbesondere die Außenvertretungskompetenz des Bundes wahrzunehmen, und für die Validität und Zuverlässigkeit der Daten für Pausen- und Versorgungsstellen in Drittstaaten Sorge zu tragen.

Auch im Rahmen der diesjährigen Verbraucherschutzministerkonferenz wurde auf Antrag von Brandenburg, Hessen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Berlin das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft aufgefordert, die rechtlichen Vorgaben zur Durchführung von Tiertransporten zu verbessern. Insbesondere wurden durch die Verbraucherschutzministerinnen und -minister folgende Forderungen beschlossen:

  • umfassende Überarbeitung der Tiertransportverordnung
  • EU-weite Begrenzung der Schlachttiertransporte auf 8 Stunden
  • Einführung von Verpflichtung, dass Tierärzte an Bord der zum Transport lebender Tiere vorgesehenen Schiffe den Transport begleiten
  • Einrichtung von Kontaktstellen in Drittstaaten nach dem Vorbild der EU
  • Kontrolle und Zertifizierung von Transportrouten einschließlich der Versorgungsstationen in Drittländern durch eine unabhängige Stelle
  • Erstellung einer Übersicht über die in Drittstaaten für Tiertransporte erforderliche und geeignete Infrastruktur
  • Vereinbarung mit Drittstaaten, das die Versorgungsstellen von den vor Ort zuständigen Veterinärbehörden zugelassen werden