Caspar und das große Glück

Bei den Fuchs Not Fällen BB werden verwaiste Fuchswelpen aufgezogen und auf ein Leben in Freiheit vorbereitet

Text & Fotos von Silvia Passow

Wandlitz.   Heute ist Caspars großer Tag. Er weiß es noch nicht, vielleicht aber ahnt der temperamentvolle Fuchswelpe mit den strahlend blauen Augen die Veränderung. Vorsichtig wird er aus seiner bisherigen Unterkunft ins Freie getragen. Er lauscht den Vogelstimmen, verfolgt mit den Augen eine vorbeisurrende, träge Hummel. Ob er die Sonnenstrahlen, die sein rotbraunes Fell erwärmen, genießt?

Der Fuchswelpe Caspar hatte Glück im Unglück. Der kleine Waise fand ein neues Zuhause bei den Fuchs Notfällen Brandenburg

Kaum dass seine vier Pfoten den waldigen Boden berühren, rennt er los, dreht eine Runde, noch eine weitere, hält inne, schaut sich um, entdeckt eine der Röhren, schaut hinein, klettert auf die Röhre rauf, schaut durch den Zaun, nach oben in die Baumwipfel. Caspar ist ungefähr neun Wochen alt, das Gehege ist sein erster Schritt in die Freiheit, es werden weitere folgen. Alles unter den Augen seiner Pflegefamilie, bis er eines Tages sein eigenes, freies Leben führt.  

Caspar probiert seine neue Freiheit im Schutz des Geheges aus.

Tierkinder päppeln und pflegen, für manche Menschen ein Lebenstraum. Gunter Franze ist einer dieser Menschen. Er und seine Ehefrau nehmen verwaiste Fuchsbabys auf, pflegen sie, ziehen sie auf, bereiten sie auf ein Leben in Freiheit vor. Einen ganzen Sommer lang. Ist das nicht schön, Tierbabys beim Wachsen zusehen und sie dann in die Freiheit entlassen?  „Hm“, Franze atmet tief aus und schüttelt den Kopf. Zwei Herzen schlagen bei der Frage in seiner Brust. Das eine Herz geht auf vor Liebe und Bewunderung für die roten, pfiffigen Wildtiere, das andere Herz trägt sich mit Trauer. Überfahrene Füchse am Straßenrand, der Fuchs, als Jagdtier, Lebensräume die knapp werden.

Bevor es Richtung Freiheit geht, müssen die Fuchs-Kinder gesund und munter sein. Das kleine Fuchs-Mädchen ist krank und benötigt noch sehr viel Fürsorge. Das Ehepaar Sunaga-Franze gibt dem Jungtier die Chance auf einen guten Start in ein spannendes Fuchs-Leben.

Daniele Sunaga-Franze wird für einen Sommer zur Pflegemutter für die Füchse und Franze sagt, er sei froh darüber, denn er fürchtet, die Tiere zu sehr ins Herz zu schließen. Es ist leichter loszulassen, was man nie wirklich festhielt. Und loslassen muss man, am Ende des Sommers. Denn auch das ist dem Paar sehr wichtig, Füchse sind keine Haustiere, sie gehören in die Freiheit, nicht in die Enge eines Hauses. „Daniele hat sich großes Wissen um die Füchse angeeignet und sie hat ein Händchen für die Tiere“, erzählt Franze. Selbst die größten Wildfänge werden in ihrer Gegenwart ruhig und verzichten rasch darauf ihre menschlichen Zieheltern zu beißen.

Der erste Schritt Richtung Freiheit führt in das Freigehege. Hier können die Kleinen spielen, toben, sicher verstecken. Sie werden noch versorgt und überwacht, doch die pflegenden Menschen gehen bereits hier auf Abstand.

Seit 2017 kümmert sich das Paar um Fuchswaisen. Franze hatte bereits als Kind eine Vorliebe für die klugen Jäger. Wer ihn besucht kann im Haus von seiner Mutter gemalte Füchse bewundern. Auch Daniele Sunaga-Franze war schon immer tierlieb. Die gebürtige Brasilianerin brachte schon als Kind die Straßenhunde mit nach Hause, erzählt ihr Ehemann. Als die beiden in der Tierrettung aktiv werden wollten, wandten sie sich an den Gnadenhof und Wildtierrettung in Oranienburg. Der Verein kümmert sich um Wildtiere in Not und unterhält ein Netzwerk aus Pflegestellen. Einige dieser Pflegestellen sind auf bestimmte Tierarten spezialisiert. Was lag für Franze näher, als sich der verwaisten Fuchswelpen und verletzten Rotschwänze anzunehmen?

Mit viel Aufwand ist das Gehege gestaltet, Röhren und Schächte imitieren Fuchsbauten.

Circa 70 Fuchswelpen hat das Paar aus Wandlitz seit 2017 aufgenommen und ausgewildert.  Eine Zeit- und Kostenintensives Aufgabe. Etwa sieben Stunden täglich kommen für die Pflege zusammen, ein Fuchswelpe kostet in der Versorgung bis zur Auswilderung etwa 1000 Euro. Die Babys bekommen eine spezielle Aufzuchtmilch, später gibt es Welpenfutter, dann rohes Fleisch, Eier und gern auch ein paar Heidelbeeren. Als das Paar seine Arbeit aufnahm, kamen die ersten Füchse mit ins Haus. Sie bemerkten schnell, dass dies keine Lösung war. Sie kauften Land auf waldigem Terrain, umzäunten es, errichteten darin ein 100 Quadratmeter großes Gehege. Mit unterirdischen Bauten und Verstecken. Hier lernen die Füchse die Freiheit kennen, Waldboden unter den Füßen, der Duft des Mooses in der Nase. Mit Wildtierkameras wird beobachtet, sie werden weiterhin gefüttert, doch der Kontakt zum Menschen wird weniger. In der Zeit sucht das Paar bereits nach geeigneten Plätzen für die Auswilderung. Im September ist es dann so weit, und auch hier wird noch weiter beobachtet, geben Wildtierkameras Aufschluss über die Entwicklung der Jungtiere. Zu sehen bekommen sie ihre ehemaligen Schützlinge dann zumeist nur noch mit der Kamera. „Füchse sind wie Katzen, die können immer in der Wohnung gelebt haben, wenn sie rauskommen, wissen sie, wie man Mäuse fängt“, erklärt Gunter Franze.

Meistens verstecken sich die Füchse, sobald sie in das Gehege dürfen, sagt Franze. Caspar ist sehr viel neugieriger als seine Artgenossen. Er nimmt alles genau unter die Lupe und kehrt auch immer wieder zu seiner Zieh-Mutter zurück.

Mäuse gehören in der freien Wildbahn auf jede Fuchs-Speisekarte. Der Mäuse fressende Fuchs sollte doch des Menschen Wohlwollen genießen, gibt Franze zu bedenken. Dass Gevatter Fuchs, wie er im Märchen gern genannt wird, in Deutschland immer noch gejagt wird, macht Franze wütend. „Jedes Argument der Jäger, warum Füchse gejagt werden müssen, lässt sich wiedergelegen“, sagt er und verweist auf Luxemburg. Dort ist seit 2015 die Fuchsjagd verboten. Der befürchtete Anstieg der Fuchspopulationen blieb aus, stattdessen nahmen Infektionen, mit dem Fuchsbandwurm, deutlich ab. Was die bodenbrütenden Vögel und sogenanntes Niederwild angeht, dass durch den Fuchs gefährdet werden könnte, sieht Franze die viel größere Gefahr in der Landwirtschaft. Auch die Sorge vor Tollwut-Infektionen ist unbegründet. Seit 2008 gilt Deutschland, nach den Kriterien der Weltgesundheitsorganisation, als frei von Terrestrischer Tollwut. Räude und Staupe bleiben Probleme, wobei die Milbenerkrankung Räude gut behandelbar ist, wie Franze betont. Gegen Staupe sollten Hundebesitzer ihre Tiere impfen lassen.

Die kleine Teddy zog gemeinsam mit Caspar in das Gehege. Auch sie erkundet das neue Terrain.

Aber auch die guten Absichten der Menschen können nach hinten losgehen. Nämlich dann, wenn Wildtiere einfach aus der Natur mitgenommen werden. Das ist zum einen nicht erlaubt, zum anderen tut man dem Tier nicht immer einen Gefallen. Vermeintlich verlassene Tiere sollten über einen längeren Zeitraum beobachtet werden. Oft kehren die Elterntiere zurück und versorgen den Nachwuchs. Wer sicher gehen will, ob ein Wildtier Hilfe benötigt, sollte Fachleute hinzuziehen. Alarmzeichen sind sichtbare Verletzungen, Bewegungseinschränkungen, struppiges Fell, verkrustete Augen, sagt Franze. Hilfe findet man unter: Gnadenhof & Wildtierrettung Notkleintiere e.V. – Gnadenhof Wensickendorf

Sind gemeinsam erfolgreich ihren ersten Schritt Richtung Freiheit gegangen, Teddy und Caspar. Dank den ehrenamtlichen Tierschützern haben die beiden einen guten Start fürs Leben erhalten.

Wer die Füchse besuchen möchte kann dies über Facebook unter: „Fuchs Notfälle BB“. Die Fuchs Notfälle wie auch die Wildtierrettung freuen sich natürlich auch über Geld- und Sachspenden.

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