Priort blüht auf, Einwohner haben farbenfrohe Bienenweiden vor ihren Grundstücken gepflanzt
Wustermark/OT Priort. Letzten Freitag verteilte Sylvia Gehrke die Bienenfreundlichen Stauden an interessierte Einwohner in Priort. Im Rahmen der Aktion „Priort blüht auf“ hatte Gehrke fünf Blumenpakete verlost. Die Stauden sollen als buntes Statement zum Artenschutz vor den Grundstücken gepflanzt werden. Bewerber waren aufgefordert ein Foto, eines für die Pflanzung vorbereiteten Streifens vor ihrem Grundstück, einreichen.
Neue Studie belegt Insektensterben
Ebenfalls am Freitag veröffentlichte das Deutsche Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena- Leipzig neue Daten zum Insektenschwund. Die hierbei ermittelten Daten stammen aus 166 Langzeitstudien an weltweit 1676 Orten. Diese Analyse zeigt, dass es bei den landlebenden Insekten einen Rückgang von 0,92 Prozent pro Jahr gibt, was einem Rückgang von 24 Prozent in rund 30 Jahren entspricht. Bei den an Gewässer gebundenen Insekten liegt die Zahl bei 1,08 Prozent pro Jahr. Allerdings weist die Studie auch auf regionale Unterschiede hin.
Aus Liebe zur Natur in die Politik
Der alte Kirchbaum war Schuld. Der wollte nicht mehr so recht tragen, erzählt Harald Ackermann, Gehrkes Ehemann. Also schaffte das Paar Bienen an und siehe da, der Baum blühte auf, der Einsatz wurde mit einer reichen Ernte belohnt. „Die Bienen zeigten mir, was für sie wichtig ist“, sagt Gehrke. Deren Garten ist naturnah gestaltet, Hühner picken gemächlich umher, Frösche quaken im Teich, ein großer Gemüsegarten versorgt das Paar. Und: Vor der Tür blüht und grünt es ungezähmt, auf dem Blühstreifen. Gehrke sagt, sie hat das tiefe Bedürfnis etwas gegen das Artensterben zu tun. Und sie will die Verantwortung für ihre Umgebung nicht einfach abgeben. „Nicht nur fordern oder meckern, sondern selber machen“, sagt sie, ist ihre Devise. Um gestalten zu können, ist Mitsprache nicht schlecht und so ließen sich Gehrke und Ackermann als Parteilose in den Ortsbeirat von Priort wählen. Hier möchten sie für die Artenvielfalt eintreten. „Und rennen damit bei der Gemeinde offene Türen ein“, sagt Gehrke. So zahlte die Gemeinde Wustermark die fünf Pflanzpakete. Gehrke schlug das Projekt vor und erhielt Zustimmung, unter der Voraussetzung, dass sie sich um die Umsetzung kümmere, sagt sie.
Nicht der erste Blühstreifen
Das Duo Gehrke/Ackermann geht jetzt ins dritte Jahr ihrer begrünenden Aktivitäten. Zusammen mit anderen Dorfbewohnern hatten sie Krokusse an zentraler Stelle im Ort gepflanzt. Vor dem Gemeindehaus haben sie einen Blühstreifen angelegt. Diese Aktionen kommen nicht bei allen gut an, das weiß Gehrke. „Manchmal werde ich belächelt oder höre, wie Leute sagen: Schau, da gießt sie wieder ihr Unkraut“, erzählt sie. Und dann die andere Seite, wenn Kinder vor einer gemeinschaftlichen Pflanzaktion zur Mutter sagen. „Mami, heute gehen wir die Bienen retten, stimmts?“ Da wird ihr warm uns Herz sagt Gehrke. Es gibt Einwohner, die besuchen sie, um ihr zu sagen, wie schön sie das „wilde Priort“ finden. Der Rückhalt beflügelt das Paar und er wird mehr, zeigt sich öfter, gibt Rückenwind.
Die Restaurantstraße für Bienen
Die neue Top-Adresse für Bienen findet sich an der Haarlake, denn hier gab es gleich drei Familien, die sich für einen Blühstreifen vor der Tür beworben haben. Sie pflanzen nun großblumige Glockenblume, rotblühende Königskerze und den Oregano Faltertreff, um nur einige der Bienenweiden zu nennen. Dazu bekommen sie ein Schild, der vorbeispazierende Besucher soll wissen, warum hier mehr zu sehen ist, als der übliche Rasen. Denn, nicht jede Blüte ist für Bienen und Co zugänglich oder nützlich. So gelangen Insekten in gefüllte Blüten, wie mancher Gärtner sie schätzt, gar nicht erst hinein und andere Blumen bieten den Insekten keine Energie, werden entweder gar nicht erst aufgesucht oder sind nicht nahrhaft. In etwa das, was für den Menschen ein labberiges Toast wäre, statt knackiges Vollkornbrot.
Gemeinde positioniert sich gegen Artensterben
„Die Blühstreifen vor den Grundstücken werden von der Gemeinde Wustermark nicht nur befürwortet. Sie werden gewünscht“, sagt Gehrke und verweist dabei auf einen Beschluss der Gemeinde Wustermark. „Wir wollen aktiv gegen das Artensterben antreten“, sagt sie und setzt hinzu: „Preußisch kurz war gestern“ und meint damit den Rasenstreifen vor dem Grundstück.
Uwe Jesussek hat ein Pflanzpaket bekommen und nimmt nun, wie seine Nachbarinnen, die Pflänzchen entgegen. Gehrke gibt noch ein paar Tipps zu den leckeren Bienenhappen. Jesussek hat bereits Stockrosen und Lavendel vor seiner Tür gepflanzt, dazu die neuen Stauden, fertig ist ein hübsches, buntes Bienen-Buffett. Auf den bunten Anblick freut er sich bereits, sagt er. Auch Gehrke freut sich, sagt sie und hofft auf Nachahmer, vielleicht wenn die farbige Pracht nicht nur die Bienen, sondern der Anblick auch die Menschen, erfreut.