Pressemitteilung der Ärzte gegen Tierversuche vom 8. Januar 2020
Immer mehr Tierversuche – 2,82 Millionen Tieren gequält und getötet / Ärzte gegen Tierversuche kritisieren Verschleierung durch das BMEL
(Köln) – Im Jahr 2018 mussten in deutschen Laboren
2.825.066 Tiere leiden und allergrößtenteils sterben. Das sind 17.768 Tiere
mehr als im Vorjahr. Das Bundeslandwirtschaftsministerium gibt in seiner
aktuellen Veröffentlichung jedoch „nur“ 2,09 Millionen Tiere an und rechnet
686.352 (24%) der zu wissenschaftlichen Zwecken getöteten Tiere sowie rund
40.480 wiederverwendete Tiere raus. So wird die Zahl künstlich niedrig gehalten
und der tatsächliche Anstieg verschleiert, kritisiert der bundesweite Verein
Ärzte gegen Tierversuche (ÄgT).
Die im Dezember veröffentlichte Statistik des
Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) bezieht sich wie im
Vorjahr auf die in Tierversuchen verwendeten Tiere. Bis 2016 wurden jedoch auch
Tiere mitgezählt, die etwa zur Organentnahme getötet wurden (Kategorie „zu
wissenschaftlichen Zwecken getötet“). „Die tatsächliche Gesamtzahl
2018 wird so verschleiert“, kritisiert Dr. med. vet. Corina Gericke,
stellvertretende Vorsitzende von Ärzte gegen Tierversuche. Und weiter:
„Die Unterscheidung zwischen ‚in Tierversuchen verwendeten‘ und ‚zu
wissenschaftlichen Zwecken getöteten‘ Tieren darf nicht darüber hinwegtäuschen,
dass die ‚verwendeten‘ Tiere im Verlauf des Versuchs sterben oder ebenfalls
getötet werden.“
40.480 Tiere wurden aus den Vorjahren erneut
verwendet. Aber auch für sie steht am Ende der Tod. Dieses trifft vor allem auf
größere Tiere wie Hunde, Katzen, Affen und Pferde zu, während Nagetiere und
Fische fast alle gleich während des ersten Versuchs sterben oder getötet werden.
Den größten Teil machen nach wie vor Mäuse aus, nämlich über 2,1 Millionen
(74%), gefolgt von Ratten (298.615 = 10%) und Fischen (227.434 = 8%). Bei
Hunden ist ein erschreckender Anstieg von 3.334 auf 3.993 Tiere gegenüber 2017
zu verzeichnen.
2018 wurden insgesamt 3.324 Affen (hauptsächlich
Langschwanzmakaken) verwendet, etwas weniger als im Vorjahr (3.525 Tiere).
„95 Prozent der Langschwanzmakaken stammen von außerhalb der EU und werden
unter unsäglichen Bedingungen in Ländern wie Mauritius und China für die
Tierversuchsindustrie gezüchtet“, weiß Gericke. Affen dieser Art litten
vor allem in gesetzlich vorgeschriebenen Giftigkeitsprüfungen (2.605 von 2.875
= 91%) wie sie bei den Auftragslaboren LPT in Hamburg und Covance in Münster
durchgeführt werden.
Bei der Aufteilung nach Zwecken werden in der
offiziellen Statistik ebenfalls nur die eigentlichen Tierversuche angegeben,
nicht aber die „zu wissenschaftlichen Zwecken getöteten Tiere“. Den
größten Teil beanspruchte wie auch in den Vorjahren die Grundlagenforschung
(43%), wobei es einen leichten Rückgang gegenüber 2017 gibt. Die gesetzlich
vorgeschriebenen Tierversuche lagen bei 22 Prozent und die angewandte Forschung
bei 15%, der Rest sind Erhaltung von Kolonien gentechnisch veränderter Tiere,
Ausbildung und weitere kleinere Bereiche.
Die Gesamtzahl der genmanipulierten (transgenen)
Tiere wird in der offiziellen Statistik mit 973.394 angegeben, wobei ebenfalls
die „zu wissenschaftlichen Zwecken getöteten Tiere“ nicht in der
Statistik auftauchen, die gerade hier einen großen Teil ausmachen.
Als besonders alarmierend sieht der Ärzteverein
den Anstieg bei den schwer belastenden Tierversuchen von 115.107 auf 124.702
Tiere (6 Prozent der Gesamtzahl). Darunter fallen zum Beispiel die berüchtigten
Botox-Tierversuche, die immer noch für jede Produktionseinheit des Nervengifts
durchgeführt werden, andere Vergiftungen oder der Tod durch Krebs oder
Transplantatabstoßung. Ärzte gegen Tierversuche hatte mit der Überreichung von
rund 72.000 Unterschriften 2018 eine Anhörung im Petitionsausschuss des
Bundestags erwirkt, mit dem Ziel, wenigstens diesen besonders grausamen
Tierversuchen einen gesetzlichen Riegel vorzuschieben. Das von einem
juristischen Gutachten untermauerte und durch EU-Recht ermöglichte Anliegen wurde
jedoch kürzlich abgeschmettert.
„Dass trotz eines Booms an modernen
tierversuchsfreien Verfahren mit 3D-Mini-Organen und Multi-Organ-Chips
Tierversuche weiterhin auf hohem Niveau liegen und sogar zugenommen haben, ist
schockierend und ein Armutszeugnis für die Bundesregierung und den
Forschungsstandort Deutschland“, erklärt Tierärztin Gericke. Der Verein
fordert einen konkreten Ausstiegsplan wie ihn die Niederlande bereits 2016
vorgelegt haben.
Weitere Infos:
ÄgT-Übersicht Tierversuchszahlen 2018: https://www.aerzte-gegen-tierversuche.de/images/pdf/statistiken/tierversuchszahlen_2018.pdf