„Lasst uns kennenlernen und zusammenrücken“

Mehr Gemeinsamkeit, den Wunsch hört man öfter. Diese Schönwalderinnen reden nicht nur davon, sie sind bereits dabei

Reportage von Silvia Passow           Schönwalde-Glien  

Machen ist ja irgendwie wie wollen, nur eben krasser. Sich einfach mal trauen, die Idee nicht nur heimlich mit sich herumtragen, sondern teilen, den Gedanken mit Leben füllen und durch neue Impulse bereichern. „Schönwalde im Wandel“ – Nachbarn für mehr Nachhaltigkeit ist so ein Projekt. Hier wird nicht nur geredet, hier wird angepackt. Unkompliziert und effektiv.

Halten zusammen, die Mitglieder von Schönwalde im Wandel
Foto: Silvia Passow

Sie sind alle Mütter von Söhnen im gleichen Alter. Sie hatten sich in der Schule kennengelernt, fanden sich sympathisch, beschlossen, wir könnten etwas zusammen unternehmen. Es entstand eine Kochgruppe, locker, zwanglos, gemeinsam schnippeln, raspeln, rühren, neue Rezepte ausprobieren. Und klar, zusammen essen. Das war toll und irgendwie doch nicht alles, so ähnlich fasst es Heike Nicolaisen zusammen. „Ich habe die gemeinsame Zeit genossen und doch war da dieses Gefühl, aus der Truppe ließe sich mehr machen“, sagt sie weiter. Veränderung, Nicolaisen spürte diesen Wunsch, etwas in ihrem Umfeld gestalten zu wollen. Sie sprach den Gedanken aus, einfach so, zwischen Gemüse putzen und Tisch decken aus und war erstaunt. Keine der anderen Frauen schaute sie schief an, im Gegenteil. „Es war fast so, als sage ich, was alle anderen dachten“, sagt die 49jährige Nicolaisen. Das ist etwa ein Jahr her und könnte als die Geburtsstunde der Initiative „Schönwalde im Wandel“ gelten, die im Rahmen der Bewegung „Transition Town“ agiert. Hierbei handelt es sich um eine 2006 gegründete Umwelt- und Nachhaltigkeitsinitiative, die in Städten und Gemeinden der westlichen Welt aktiv ist. Nachhaltigkeit ist hier das Ziel, die Schönwalderinnen setzen dabei auf die Nachbarschaft.

Mehr Gemeinschaft gewünscht

Heike Nicolaisen wurde beim Joggen inspiriert sagt sie. „Überall schöne Häuser mit schönen Gärten und wo sitzen die Leute? Drinnen, allein vor dem Fernseher“, erzählt sie von dem, was ihr bei den abendlichen Laufrunden auffiel. Warum sind die Leute allein, warum sitzen sie nicht zusammen?

In der Initiative „Schönwalde im Wandel“ sind inzwischen fünfzehn Erwachsene und sechsundzwanzig Kinder aktiv. „Es gibt hier wenig Orte der Begegnung, wenig Berührungspunkte. Das würden wir gern ändern“, sagt Juliane Manthei. „Lasst uns kennenlernen und zusammenrücken“, sagt Alexandra Herdlitschke. Beide sind sie von Anfang an dabei und von der Idee, gemeinsam geht vieles besser, überzeugt.  

Die Nachbarschaft stärken fängt für sie tatsächlich im Alltag an. Nachfragen, braucht jemand etwas, wenn man selbst weiter weg zum Einkaufen fährt, gehört dazu. Gebrauchsgegenstände ausleihen ebenso. Und Kompetenzen sammeln, sagt Nicolaisen. Selbermachen, die älteren Mitbürger wissen noch gut, wie das geht. Auch die Mitglieder der Initiative machen inzwischen vieles selbst, teilen gern ihre Erfahrungen und nehmen neue Idee auf. Sie backen ihr Brot selbst, dazu mahlen sie vorher ihr Mehl, die Mühle dafür wird in der Gruppe herumgereicht. Sie stellen eigenes Waschmittel aus Kernseife, Natron und Orangenöl her. Es wird Tee aus dem eigenen Garten geerntet und getrocknet, Marmeladen gekocht. Taschen werden genäht und sogenannte Bade-Bomben, für ein entspannendes Badeerlebnis, hergestellt. Manche Dinge sind in der Anwendung etwas komplizierter, so wie das Deo aus Natron und Kokosöl, dass nach Anwendung erst trocknen muss. Plastik vermeiden, wo immer es geht, ist eines ihrer Anliegen.

Schon so einiges erreicht

Ein schöner Erfolg sagt Nicolaisen, war ihr Beitrag als Initiative beim Umwelttag. „Da waren wir mit 43 Leuten am Start“, sagt sie. Auch beim Schulgarten waren sie rege beteiligt, ihre Leserunden mit den Kindern laufen, nach eigenem Bekunden, gut. Sie haben gemeinschaftlich Vogelfutter hergestellt und Igelhäuser gebaut. Damit sind sie noch lange nicht am Ende ihrer Ideenliste angekommen. Sie würden gern einen Büchertausch organisieren und Kleider-Tausch-Veranstaltungen. Eine Energiegenossenschaft können sich die Mitglieder der Initiative ebenfalls vorstellen. Für Schönwalde würden sie sich einen Wochenmarkt mit regionalen Produkten wünschen.  

Auf dem Siedlungsfest konnte man die Mitglieder der Initiative beim Basteln mit den Kindern beobachten. Aus Konservendosen, Lehm und Schilf wurden Insektenhotels gefertigt. Den größten Erflog hatte eine durchaus nachahmenswerte Idee. Die Mitglieder der Initiative hatten im Vorfeld rund 90 Kaffeebecher eingesammelt. Diese wurden als Pfandtassen herausgegeben. Das Angebot wurde, so Nicolaisen, sehr gut angenommen. Mehr noch, ein Verein hat bereits angefragt, ob er die Becher für ein Fest, auszuleihen wären. „So tragen wir künftig dazu bei, dass bei Veranstaltungen in Schönwalde weniger Müll entsteht“, sagt Nicolaisen.

Mehr zur Schönwalder Initiative unter: https://schoenwaldeimwandel.wordpress.com. Die Initiative freut sich über weitere Mitglieder. Kontakt: schoenwalde_im_wandel@gmx.de

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