Brieftaubenwesen ist kein „Kulturerbe“ Deutscher Tierschutzbund kritisiert erneute Nominierung

Pressemitteilung des Deutschen Tierschutzbundes vom 12.Juni 2020

Der Deutsche Tierschutzbund rät ausdrücklich davon ab, das Brieftaubenwesen in das bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes aufzunehmen, wie vom Land Nordrhein-Westfalen schon zum zweiten Mal vorgeschlagen. In einem Schreiben an die zuständige UNESCO-Kommission hat der Verband die Nominierung kritisiert und die tierschutzwidrigen Bedingungen des vermeintlichen Kulturguts betont: Von der Zucht über die Haltung, das intensive Training und den Transport bis hin zu den Strapazen der Wettflüge sind Stress, Leid und Tod gang und gäbe. Eine erste Nominierung im Jahr 2018 war gescheitert – auch damals hatten die Tierschützer Einspruch eingelegt.

„Die Wettflüge basieren grundsätzlich auf Stress, denn die orts- und partnertreuen Tauben versuchen dabei, zu ihrem Heimatschlag zurückzukehren. Das ist kein Sport, sondern Ausbeutung!“, kommentiert Katrin Pichl, Fachreferentin für Artenschutz beim Deutschen Tierschutzbund. Die UNESCO reagierte bereits auf den Brief und erklärte, dass Tierethik bei der Bewertung der Vorschläge eine wichtige Rolle spiele. „Das lässt hoffen“, meint Pichl. „Das Immaterielle Kulturerbe hat den Anspruch, dass Menschen ihre Traditionen und ihr Wissen zukunftsgerichtet weitergeben. Darin muss sich auch der Wunsch unserer Gesellschaft nach einem Mehr an Tierschutz widerspiegeln. Tierschutzwidrige Praktiken dürfen nicht unter dem Deckmantel der Tradition gefördert werden.“

Der erste Antrag war auch deshalb abgelehnt worden, weil sich der Verband Deutscher Brieftaubenzüchter nicht ausreichend mit Tierschutzfragen auseinandergesetzt hatte. Auch wenn der Brieftaubenverband dies nach eigenen Angaben nachgeholt hat, bestehen viele Missstände weiterhin: Schon die Wettkampfvorbereitungen können die Tiere körperlich überfordern. Unabhängige Trainingskontrollen, die das Wohlbefinden der Tauben überprüfen, gibt es nicht. Obwohl das Tierschutzgesetz eigentlich verbietet, einem Tier Leistungen abzuverlangen, die es nicht erbringen kann, treiben die Wettflüge die Vögel an ihre Grenzen. Teilweise müssen bis über tausend Kilometer zurückgelegt werden und im Schnitt kehren 10 Prozent der ausgebrachten Tiere nicht mehr heim. Vor allem Jungtiere verfliegen sich leicht und sterben durch Entkräftung, Beutegreifer oder Unwetter, die auch durch ausgefeilte meteorologische Vorhersagen nicht vermieden werden können, wie Vorfälle mit hohen Verlusten immer wieder zeigen. Einige verirrte Brieftauben schließen sich großen Taubenpopulationen in Städten an – was ein elendes Leben bedeutet und wiederrum die Stadttaubenproblematik verschärft. Bestenfalls landen verirrte Brieftauben im Tierheim. Dort werden die Tiere zwar liebevoll versorgt, sie stellen aber auch eine räumliche und finanzielle Belastung dar, denn nicht immer sind die Züchter ermittelbar oder gar gewillt, ihre Tauben zurückzunehmen. Zudem ist zu befürchten, dass die Züchter die zurückgenommenen Tiere im Anschluss einfach töten. Bereits bei der Zucht werden Tiere, die aufgrund ihrer Leistung, ihrer Abstammung und ihres Körperbaus nicht ins Profil passen, aussortiert und als „unbrauchbar“ getötet.

Urteil zum Kükentöten jährt sich: Kein Ende des Tötens in Sicht

Pressemitteilung des Deutschen Tierschutzbundes vom 10.Juni 2020

Am 13. Juni jährt sich das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts Leipzig zum Töten männlicher Eintagsküken. Anlässlich dieses „Jahrestages“ zieht der Deutsche Tierschutzbund ein Fazit und kritisiert die bis heute unveränderte Praxis des Kükentötens. Obwohl die Richter kein sofortiges Verbot aussprachen, hatten sie deutlich gemacht, dass das Töten nicht mit dem Tierschutzgesetz und dem Staatsziel Tierschutz vereinbar ist. Dennoch liegt der Ausstieg aus dem Kükentöten auch ein Jahr später noch in weiter Ferne.

„Die Branche hatte immer wieder bekräftigt, dass man bereits an Alternativmethoden arbeite, um das Töten zu beenden und konnte das Gericht so offenbar einlullen. Ein Jahr nach dem Urteil aber wird deutlich, dass die Richter sich verkalkuliert und blind auf die Zusicherung einer Branche vertraut haben, die bis heute keine marktreifen und tierschutzgerechten Alternativmethoden zum Kükentöten vorzuweisen hat“, kritisiert Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes. „Flankiert wird das Ganze von einer Bundesministerin, die, anders als im Koalitionsvertrag versprochen, das Töten von Eintagsküken noch immer nicht beendet hat. Statt einen längst fälligen Strukturwechsel hin zu Zweinutzungshühnern einzuleiten, hat Frau Klöckner die Verantwortung für den Ausstieg an die Geflügelwirtschaft abgeben. Damit hat sie den Bock zum Gärtner gemacht. Ein für Ende 2021 geplanter Ausstieg ist somit jetzt schon hinfällig.“

Tierfreundliche Alternativen fehlen bis heute

Die Richter hatten in ihrem Urteil auf die Geschlechterbestimmung im Ei verwiesen, die ohnehin „in näherer Zukunft“ möglich sein würde. Anders als von der Branche angekündigt, fehlen jedoch bis heute geeignete technische Lösungen, um das Töten der männlichen Küken zu verhindern. Methoden zur Geschlechtererkennung im Ei sind entweder noch nicht marktreif oder können erst zu einem so späten Zeitpunkt angewendet werden, an dem Schmerzen für den Embryo nicht auszuschließen sind. Aus Sicht des Deutschen Tierschutzbundes umfassen die technischen Lösungen nicht das gesamte Problem, das durch die starke Spezialisierung in der Hühnerzucht entstanden ist, weshalb die Branche sich längst stärker auf tierschutzgerechte Methoden, wie die übergangsweise Bruderhahnaufzucht, und letztendlich auf eine Rückkehr zu Zweinutzungshühnern hätte fokussieren müssen

Kommentar des deutschen Tierschutzbundes zur Vertagung der Entscheidung zum Kastenstand vom 5.Juni 2020

Der Bundesrat hätte heute über die 7. Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung und damit über die Zukunft der Sauenhaltung im Kastenstand abstimmen sollen. Die Entscheidung wurde jedoch zum zweiten Mal vertagt. Dazu kommentiert Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes:

„Wir hätten uns gewünscht, dass heute im Sinne der Sauen, im Sinne des Staatsziels Tierschutz entschieden worden wäre und die gültige Rechtsprechung nicht länger ignoriert wird. Nun geht das politische Gefeilsche um die Sau weiter.

Nichtsdestotrotz ist es schon eine Leistung, dass das Verfahren um den Kastenstand und die angestrebte Änderung der Verordnung so lange offengehalten werden konnten – wo doch sonst schnellstmöglich im Sinne der Agrarlobby entschieden wird. Die schlimmsten Pläne von Bundesministerin Klöckner konnten verhindert werden. Somit bedeutet die Vertagung auch einen Hoffnungsschimmer: Hoffnung darauf, dass die Qual der Sau doch noch beendet wird.

Wir haben schon früh darauf hingewiesen, dass eine sofortige Umsetzung des Magdeburger Urteils möglich ist – auch ohne überfordernde wirtschaftliche Folgen. Die Sauen müssen ihre Gliedmaßen ungehindert ausstrecken können, dabei dürfen weder bauliche Hindernisse noch benachbarte Sauen im Wege sein. Der Landkreis Jerichower Land, in dem der Prozess um die Kastenstandhaltung angestoßen wurde, zeigt, dass dies machbar ist: Kein Sauenhalter dort wandert ab oder gibt auf. Wir wissen also, dass es geht und wie es geht und bekräftigen unsere Forderung nach dem sofortigen Vollzug.

Eine weitere Duldung der rechts- und tierschutzwidrigen Kastenstandhaltung darf dagegen keine Option sein – auch nicht für weitere acht Jahre im Deckbereich, wie es der eingebrachte Änderungsantrag aus Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen als Kompromiss vorsah. Wenn wir eines unter der amtierenden Koalition gelernt haben, dann, dass auf gesetzte Fristen kein Verlass ist. So wurden die vom Gesetzgeber beschlossene Ausstiegsfrist aus der betäubungslosen Ferkelkastration von Union und SPD auf Drängen der Agrarindustrie im Handstreich aufgehoben und verlängert. Die für den Kastenstand vorgesehenen Fristen wären somit schon jetzt Makulatur.“

Neue Ausgabestelle gesucht

Tierschutzverein „Sonnenzeiten für Tiere“ sucht neues Zuhause

Falkensee.  Petra Birkholz hofft auf ein Wunder. Dieses Wunder sollte vier Wände und ein Dach haben, etwa 20 Quadratmeter Fläche aufweisen, gut erreichbar mit Bus oder Bahn sein und, jetzt kommt die Sache mit dem Wunder, die kleine Bleibe sollte nach Möglichkeit nichts kosten. Einziehen sollte in die Unterkunft ihre Ausgabestelle für Tierfutter, die Birkholz mit dem Verein „Sonnenzeiten für Tiere“ betreibt. Mit dem Verein unterstützt Birkholz finanzschwache Tierbesitzer, verteilt regelmäßig Futter und tierisches Zubehör. 

Petra Birkholz sucht für ihre Tiertafel einen neuen Standort.
Foto: Silvia Passow

Gerade erst vor einigen Wochen feierte die tierische Tafel für Falkensee ihren ersten Geburtstag. Die Futterausgabe fand da noch auf dem Gelände der Falkenseer Tafel statt. Doch kurz nach dem ersten Geburtstag erreichte das Land die Corona-Welle. Die Veränderungen durch das Virus betreffen auch die Tierfutterausgabe. „Wir durften kein Futter mehr auf dem Gelände verteilen“, sagt Birkholz. Seitdem verteilt sie an zwei Tagen die Woche den Tierbedarf von zu Hause aus. Die Kunden müssen sich dafür vorher anmelden und bekommen einen Termin. Im 30-Minuten-Takt gibt Birkholz den Tierbedarf aus. Das geht nicht ewig so weiter, sagt Birkholz, die sich auch um ihre Nachbarn sorgt. Die sollen sich nicht durch den erhöhten Verkehrsstrom in der Straße gestört fühlen, sagt sie.

Derzeit versorgt Birkholz auf diese Weise zwölf Hunde, achtzehn Katzen, einen Hamster, ein Meerschweinchen, vier Kaninchen und siebzehn Stubenvögel. Es sind weniger Kunden, als noch auf dem Tafel-Gelände, sagt sie. Dennoch, für Birkholz zählt jedes dieser Tiere und ihre menschlichen Begleiter. Gleichzeitig nehmen auch die Spenden ab, es wird weniger Tierfutter in die Spendenbox in der Rembrandtstraße abgegeben. Mit einem festen Standort könnten die gespendeten Waren besser gelagert werden und es entfielen die Transporte an einen Ausgabeort.

Informationen zur Vereinsarbeit und Kontakt unter: www.sonnenzeiten-ev.de oder telefonisch unter: 0177 8758484.

Unterwegs mit der Blauen Holzbiene – Auf zum Open-Air-Konzert am Lindenweiher

Den Abend mit einem kleinen Spaziergang im idyllischen Grün ausklingen lassen? Dabei noch ein Konzert von vielen kleinen Künstlern genießen? Geht und noch dazu befindet sich die kleine Oase im Stadtgebiet. Im Falkenseer Ortsteil Finkenkrug liegt der Lindenweiher. Märchenhafter Teich, umgeben von viel Grün, der seltene Eisvogel ist hier zu Hause und derzeit machen die Frösche hier richtig Rabatz. Die haben sich von Corona nicht beeindrucken lassen und geben weiterhin ungeniert ihr Konzert. Und das Beste? Der Eintritt ist frei.

Herrlich entspannend, eine Runde um den Lindenweiher
Foto: Silvia Passow

Für die genüssliche Abendrunde um den See bedarf es keiner speziellen Vorbereitung oder Ausrüstung. Der rund zwei Hektar große See gliedert sich in vier Bereiche, den runden, den langen, den kurzen Teil und einem kleinen vierten Teil. Ein rund 800 Meter langer Spazierweg führt um den Weiher herum, malerische kleine Brücken führen über den See.

Soooooooooo schööööööön
Foto: Silvia Passow

Der Lindenweiher ist geschützter Landschaftsteil und Linden gibt es hier natürlich auch. Am Biotop Lindenweiher wurden 220 Pflanzenarten, darunter auch einige, die als gefährdet gelten, gefunden. Uhu, besagter Eisvogel und Ringelnattern sind hier beheimatet. Im Herbst kann hier manchmal ein außergewöhnliches Phänomen beobachtet werden. Phototrophe Bakterien färben mit ihrer Photosynthese das Wasser pink und auch blutrot.

Blühende Wildrosen
Foto: Silvia Passow

Der Lindenweiher entstand um 1900 und wurde ursprünglich zur Grundwasserregulierung angelegt. 1905 wurde hier sogar eine Badeanstalt eingerichtet und es soll noch einige Falkenseer geben, die hier einst Schwimmen lernten.

Kleines Paradies in Finkenkrug
Foto: Silvia Passow

Während die einen die Wasserfreuden genossen, kippten andere ihre Abfälle in den See. 1989 stand der Weiher vor dem ökologischen Kollaps. Die Bürgerinitiative Lindenweiher rettete den Weiher und setzte sich auch später für das Biotop ein. Inzwischen heißt die Initiative Lindenweiher-Finkenkrug e.V.

Drehen auch eine abendliche Runde, ein Stockenten-Paar
Foto: Silvia Passow

Den runden Teil des Lindenweihers erreicht man vom Zugang Rembrandtstraße, weitere Zugänge befinden sich an der Leistikowstraße und der Karl-Marx-Straße.

Kommentar des Deutschen Tierschutzbundes zum Kastenstand bei Sauenhaltung, der Morgen erneut im Bundesrat auf der Tagesordnung steht

Am Freitag, 5. Juni steht die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung und damit die Frage um die Sauenhaltung im Kastenstand erneut auf der Tagesordnung des Bundesrats. Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein hatten sich zuvor auf einen Kompromissvorschlag verständigt. Zu der anstehenden Entscheidung im Bundesrat kommentiert Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes:

„Das Geschacher um den Kastenstand und die politischen Pokerspiele auf Kosten der Sau erinnern – wie schon bei der Frage der Ferkelkastration – an Strukturen organisierter Wirtschaftskriminalität. Einen Kompromiss, der die gültige Rechtsprechung ebenso wie das Staatsziel Tierschutz mit Füßen treten würde, darf es nicht geben. Die Urteile des Magdeburger Oberverwaltungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts haben bereits 2015 bzw. 2016 klargemacht: Die Sau im Kastenstand muss ihre Gliedmaßen in Seitenlage ungehindert ausstrecken können, wobei neben baulichen Hindernissen explizit auch andere Sauen ein Hindernis darstellen. Übergangsfristen waren für diese Vorgabe laut Urteil ausdrücklich nicht vorgesehen. Der Vorstoß aus Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen ignoriert diese Urteile schlicht und einfach – ebenso wie es der ursprüngliche Referentenentwurf, der vom BMEL vorgelegt wurde, tut. Wir können nur hoffen, dass die anderen Bundesländer diesen Weg nicht mitgehen. Kompromisse mögen manchmal notwendig sein, um voranzukommen. Hier aber geht es um gültiges Recht, das endlich durchgesetzt gehört. Es braucht den sofortigen Vollzug.“

Umfrage: Mehrheit der Deutschen will strengere Regeln für Wildtierhandel

Pressemitteilung des Deutschen Tierschutzbundes vom 3. Juni 2020

94 Prozent der Deutschen unterstützen eine strengere Regulierung des Handels mit exotischen Haustieren. Dabei sehen 90 Prozent die EU in der Verantwortung. 86 Prozent sind der Meinung, dass exotische Tiere überhaupt nicht als Haustiere gehalten werden sollten. Das ergab jetzt eine vom Savanta ComRes Institut durchgeführte Umfrage im Auftrag der Tierschutzorganisationen Eurogroup for Animals und AAP Animal Advocacy and Protection. Der Deutsche Tierschutzbund und Pro Wildlife kritisieren, dass die gerade von der EU-Kommission veröffentlichte Biodiversitäts-Strategie diese Forderung nicht widerspiegelt und keine klaren Handlungsaufträge enthält, um dem boomenden Handel mit Wildtieren zu begegnen.

Millionen Wildtiere werden derzeit in europäischen Privathaushalten als exotische Heimtiere gehalten. Ein Trend, der sowohl für das Wohlergehen der Tiere, als auch für EU-Bürger Risiken birgt. Die meisten exotischen Tiere haben hohe Ansprüche an ihre Haltung, die sich im Privathaushalt kaum erfüllen lassen. Zudem können sie Träger von Krankheiten sein, darunter auch Zoonosen, die dem Menschen gefährlich werden können. Entkommen die Tiere oder werden sie ausgesetzt, stellen sie oftmals auch eine Bedrohung für die heimische Tier- und Pflanzenwelt dar. Die Risiken, die mit dem internationalen Wildtierhandel verbunden sind, werden auch durch die Verbreitung des SARS-CoV-2 Virus deutlich, das seinen Ursprung wahrscheinlich in Wildtieren hat. Nach Angaben der Weltorganisation für Tiergesundheit (OIE) haben 75 Prozent der beim Menschen neu auftretenden Infektionskrankheiten einen tierischen Ursprung. Dennoch ist es in der EU legal, tausende verschiedene Wildtierarten aus freier Natur einzuführen, mit ihnen zu handeln und sie privat zu erwerben.

Die Tierschützer kritisieren, dass nicht nur in der EU, sondern auch in Deutschland, trotz jahrelangen politischen Diskussionen und wissenschaftlichen Studien, keinerlei Vorkehrungen getroffen wurden, den Handel mit Wildtieren strenger zu regulieren: „Die Leidtragenden sind die Tiere, aber ebenso die Auffangstationen und Tierheime, in denen unüberlegt angeschaffte Wildtiere am Ende landen“, sagt Patrick Boncourt, Fachreferent für exotische Wildtiere beim Deutschen Tierschutzbund. „Die Bundesregierung bleibt untätig und setzt noch nicht einmal die Empfehlungen um, welche die von ihr in Auftrag gegebene „EXOPET-Studie“ zu Handel und Haltung exotischer Tiere vorgibt.“

„Hinzu kommt der massive Raubbau an der Natur: Viele der hunderttausend Wildtiere, die jährlich legal in Deutschland gehandelt werden, stammen aus der Wildnis“, erklärt Katharina Lameter von Pro Wildlife. „Obwohl Deutschland einer der wichtigsten Absatzmärkte für exotische Heimtiere in der EU ist, ist der Handel mit Wildtieren kaum reguliert.“ Eine andere aktuelle Studie, die Pro Wildlife im Auftrag des Bundesumweltministeriums und des Bundesamts für Naturschutz zu Ausmaß und Folgen des Handels mit exotischen Tieren, durchgeführt hat, belegt dringenden Handlungsbedarf. Die Umfrage des Savanta ComRes Instituts unter den deutschen Bürgern zeigt außerdem, dass fast alle Befragten (93%) es für falsch halten, Wildtiere in der freien Natur einzufangen, um sie als Haustiere zu halten.

Der Deutsche Tierschutzbund und Pro Wildlife fordern daher gemeinsam mit der Eurogroup for Animals und AAP die Einführung einer EU-weiten Positivliste, die festlegt, welche Tiere sich aus Tier-, Natur- und Artenschutzsicht, aber auch aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Gesundheit überhaupt als Haustiere eignen. Damit hätte man ein präventives Instrument, um Schäden für Tier, Natur und Mensch abzuwenden. Solche Positivlisten wurden bereits erfolgreich in Belgien und Luxemburg eingeführt und werden in den Niederlanden derzeit entwickelt.

Klima-Szenarien nutzbar machen: Online-Plattform für Entscheider startet

Pressemitteilung des PIK vom 3.Juni 2020

Damit Klimaszenarien für Entscheider nutzbar werden, hat ein internationales Forscherteam eine umfassende interaktive Online-Plattform entwickelt. Sie ist die erste ihrer Art, die Werkzeuge zur Nutzung dieser Szenarien von Klimafolgen bis hin zur Klimastabilisierung einer breiteren Öffentlichkeit jenseits der Wissenschaft zur Verfügung stellt. Die Szenarien helfen Entscheidern in Politik und Unternehmen, Finanzmärkten und Gesellschaft, die Bedrohung durch die globale Erwärmung und Möglichkeiten zu ihrer Begrenzung besser einzuschätzen.

„Klimaszenarien sind mächtige Werkzeuge, die es uns ermöglichen, mögliche Zukünfte zu erforschen und zu untersuchen, wie diese durch unser gemeinsames Handeln verändert werden – deshalb wollen wir alle Arten von Entscheidern in die Lage versetzen, die Szenarien auch tatsächlich selbst zu nutzen“, sagt Elmar Kriegler vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), der das SENSES-Konsortium leitet, welches die Online-Plattform gemeinsam entwickelt hat. „Die Wissenschaft verwendet seit vielen Jahren Klimaszenarien auf der Grundlage von Computersimulationen, doch die sind zugegebenermaßen eine etwas komplizierte Sache, und die Ergebnisse der Analysen sind in allzu vielen wissenschaftlichen Publikationen verstreut. Wir wollen nun einen neuen Weg des Zugangs zu diesen Szenarien anbieten – damit die Menschen selbst sehen können, was bei der Klimastabilisierung auf dem Spiel steht, und ihre Entscheidungen auf die besten verfügbaren Informationen stützen können.“

Von 2°C bis zum Kohleausstieg, von Sonnenenergie bis Biomasse: jede Menge Möglichkeiten

Ein Finanzexperte, der zum Beispiel das Risiko von verlorenen Investitionen in fossile Industrien bewerten möchte, könnte sich dafür interessieren, wie schnell die globalen Treibhausgasemissionen reduziert werden müssen, um die Erwärmung unter der international vereinbarten Grenze von 1,5-2°C zu halten. Der Benutzer kann sich das Lernmodul zur „Emissionslücke“ auf der SENSES-Plattform ansehen, das grundlegende Informationen sowie Grafiken und Weblinks zur Literatur enthält.

Für mehr Einzelheiten kann der Benutzer ein, wie die Forscher es nennen, „Guided Exploration Module“ (GEM) nutzen. „Die GEMs bieten gleichsam eine weiche Landung in den harten Daten und ermöglichen es den Benutzern, selbst Szenarien zu analysieren“, erklärt die Projektkoordinatorin Cornelia Auer, ebenfalls vom PIK. „Sie können robuste Trends verstehen, wie etwa den Ausstieg aus der Kohle oder die Umstellung der Stromerzeugung auf klimaneutrale Technologien, aber auch Variationen in den Szenarien, wie zum Beispiel die Entscheidung für unterschiedliche Technologien – etwa das Herausholen von CO2 aus der Atmosphäre.“

Für diejenigen, die noch tiefer einsteigen möchten, gibt es einen „Scenario Finder“. Benutzer können durch eine große Anzahl von Szenarien blättern, die sie nach ihren eigenen Annahmen über die Zukunft filtern können. Diejenigen, die der Auffassung sind, dass die Entfernung von Kohlenstoff aus der Atmosphäre in der Zukunft wahrscheinlich nicht funktionieren wird, können Szenarien mit einer geringeren Menge an Bioenergie mit Kohlenstoffabscheidung und -speicherung (BECCS) aussortieren. Und diejenigen, die einen niedrigen Energieverbrauch und ein Szenario weit unter 2°C wünschen, können nach diesen Merkmalen filtern.

„Abschätzung potenzieller Risiken für das Finanzsystem“

Philipp Haenle, Ökonom in der Abteilung Finanzstabilität der Deutschen Bundesbank, kommentiert: „Klima-Risiken für die Finanzmärkte erhalten immer mehr Aufmerksamkeit. Klimaszenarien können helfen, diese Risiken besser zu verstehen. Für einen Finanz-Ökonomen ist es jedoch eine sehr komplexe Aufgabe, sich mit den von Naturwissenschaftlern entworfenen Szenarien vertraut zu machen und sie für Finanzanalysen zu nutzen. SENSES ist daher ein sehr zukunftsträchtiges Werkzeug, da es helfen kann, die zugrundeliegenden Klimaszenarien zu verstehen und sie für die Beurteilung möglicher Risiken für das Finanzsystem zu nutzen. Die Plattform bietet dabei auch Unterstützung für die Entscheidung, welche Szenarien für spezifische Fragestellungen am besten geeignet sind.“ Haenle war am Co-Design der SENSES-Plattform durch Wissenschaft und Entscheider aus anderen Bereichen beteiligt (die Stellungnahme stellt eine persönliche Meinung dar und gibt nicht unbedingt die Ansichten der Deutschen Bundesbank oder ihrer Mitarbeiter wieder).

Die Plattform ist für die Nutzung durch Entscheider und Experten konzipiert, ist aber für alle Interessierten frei zugänglich. „Es geht hier wirklich um offene Wissenschaft“, sagt Kriegler. „Lösungen zur Bewältigung der Klimaproblematik zu finden, ist etwas, das wir nur gemeinsam tun können. Es ist ein Prozess, der viele verschiedene Stimmen und Perspektiven einbeziehen muss. Ein wichtiges Element dabei ist, dass Akteure in die Lage versetzt werden, Klimaszenarien aus der Wissenschaft zu nutzen.“ Es ist eine neue Form von Klima-Services.

„Wir bieten den Nutzern eine Menge Wenn-Dann. Das mag ein bisschen mühsam erscheinen, aber es ist das, was wir für notwendig halten“, so Kriegler abschließend. „Die Grundidee von Klimaszenarien ist, dass es mehr als ein Ziel gibt, und dass es viele Wege zu diesen Zielen gibt. Die Wahl zwischen den Optionen hängt von den Präferenzen ab. Doch Entscheidungen sind nicht willkürlich, man muss sich der Konsequenzen bewusst sein. Wissenschaftlich fundierte Szenarien liefern diese Art relevanter Informationen über die Risiken.“

Weblink zur SENSES-Plattform: https://www.climatescenarios.org/

Weblink zur Website des SENSES-Projekts: http://senses-project.org/

Vogelzählung bestätigt, Sorge um Blaumeisen berechtigt

Auch im Havelland wurden bei der „Stunde der Gartenvögel“ sehr viel weniger Blaumeisen gezählt

Havelland.  Im Vergleich zum Vorjahr wurden in diesem Jahr 29 Prozent weniger Blaumeisen gemeldet. Die bundesweite Vogel-Zähl-Aktion des NABU Die Stunde der Gartenvögel“ bestätigte, was die Naturschutzorganisation bereits befürchtet hatte, einen deutlichen Rückgang bei den Blaumeisen, ausgelöst durch eine Erkrankung, die überwiegend kleinere Meisenarten betrifft. Das Bakterium Suttonello ornithocolo ruft offensichtlich nur bei Meisenarten schwere Lungenentzündungen hervor. Anfang März waren beim NABU vermehrt Berichte über erkrankte und tote Blaumeisen eingegangen. BRAWO berichtete. Bis heute registrierte der NABU bundesweit 19 000 Meldungen, die 35 000 verstorbene Vögel betrafen. 22 Prozent weniger Meisen wurden bei der diesjährigen Zählaktion bundesweit gezählt. Seit Ende April flaut, die laut NABU einmalige Vogel-Epidemie, wieder ab.

Blaumeise
Foto: Pixabay

Um herausfinden zu können, ob der Rückgang der Sichtungen tatsächlich etwas mit der Epidemie zu tun hat, wurden für jeden Postleitzahlenbereich die Veränderungen der Blaumeisenzahlen gegenüber dem Vorjahr mit der Anzahl gemeldeter kranker Meisen verglichen. Hierbei stellte der NABU einen eindeutigen Zusammenhang fest. Ob noch weitere Faktoren beim Rückgang der Blaumeisen-Sichtungen eine Rolle spielen, kann gegenwärtig nicht ganz ausgeschlossen werden, so der NABU.  

Foto: Pixabay

22 Prozent, das entspricht einem Verlust von 1,7 Millionen Vögeln, vorausgesetzt, es trifft die im Wald lebenden Blaumeisen genauso hart, wie jene, die sich in den Gärten im Siedlungsraum niederlassen. Der offizielle Bericht zur Lage in der Vogelwelt ging zuletzt von einem Gesamtbestand von 7,9 Millionen Blaumeisen in Deutschland aus. Die Blaumeise geht also als der große Verlierer aus der Zählung. Schlecht geht es allerdings auch Star und Grünfink.

Der Star schaffte es im Havelland auf Platz 2
Foto: Pixabay

Auf dem Gewinnertreppchen ganz oben steht auch in diesem Jahr wieder der Haussperling. Auch Ringel- und Türkentaube zählen zu den Gewinnern. Dazugewonnen hat auch die Zählaktion des NABU, nämlich wieder an naturbegeisterten Menschen, die eine Stunde lang Vögel zählten. Bundesweit waren es 160 000 Menschen, womit die 150 000 Teilnehmermarke eindeutig geknackt wurde. Sie meldeten Daten von 3,2 Millionen Vögel an den NABU.

Mehr Ringeltauben wurden gezählt
Foto: Pixabay

Im Kreis Havelland wurden in 322 Gärten 10 688 Vögel gezählt. 478 Vogelbeobachter konnten auch hier am Ende den Haussperling für den Sieger erklären. Wenn auch mit einem Rückgang um 5 Prozent bei den Sichtungen zum Vorjahr. Überraschender Weise landet im Kreis eines der NABU Sorgenkinder, der Star, auf Platz zwei. Platz drei geht an den Feldsperling, Platz vier, mit einem Rückgang von 30 Prozent zum Vorjahr, die Amsel. Auch die Amseln hatten mit dem Usutu-Virus einen todbringenden Feind, der die Bestände reduzierte. Der bundesweite Trend für die oben benannten Taubenarten ist auch im Havelland zu sehen. Für die Ringeltaube ging es um 10 Prozent hinauf, was ihr einen passablen sechsten Platz sichert. Die Türkentaube hat einen Zuwachs von 38 Prozent und liegt in der Tabelle auf Platz 21.

Unterwegs mit der Blauen Holzbiene- Tour de Schönwalde

Zu Schönwalde-Glien gehören einige ehemalige Dörfer, die heute Ortsteile der Gemeinde am Berliner Stadtrand sind. Der Havellandradweg führt durch Schönwalde, die einzelnen Ortsteile sind durch einen 56 Kilometer langen Radweg vernetzt. Das beste an diesen Radwegen, wer hier unterwegs ist, hat keinen Motor, E-Motoren an entsprechenden Fahrrädern mal ausgenommen. Und es gibt viele Möglichkeiten, die Tour zu verlängern, so gibt es Verbindungen zum Berliner Mauerweg und zum Havel-Radweg. Wer hier radelt, sollte im Sommer auf jeden Fall eine Decke, Badebekleidung und Getränke dabeihaben. Schöne Wiesen, auf denen man sich niederlassen kann, gibt es viele, ausgewiesene Picknickplätze sind allerdings eher rar. Es gibt Möglichkeiten der Einkehr zu Eis, Bier, süßen oder deftigen Imbiss. Auf dieser Tour starten wir in Falkensee, es geht nach Schönwalde-Siedlung, Pausin, Wansdorf, Schönwalde-Dorf und wieder zurück. Die Wege sind nicht immer aalglatt, manche auch steinig, andere etwas sandig, überwiegend aber gut befahrbar. Die Landschaft ist abwechslungsreich, Wiesen, Felder, Wälder, Koppeln und hier und da kleine Überraschungen am Wegesrand.

Aus Falkensee hinaus kann die Schönwalder Straße gewählt werden oder es geht ab durch den Kiefernwald, vorbei am Scheinwerferberg. Diese Route ist spannender aber auch, (Stickwort Zuckersand!), anstrengender. Auch hier landet man an der L 20, die nach Schönwalde führt.

Zuckersand ist nicht der beste Freund des Radfahrers. Den Scheinwerferberg erklimmt man nach wie vor am besten zu Fuß und gern auch mal am Abend
Foto: Silvia Passow

Hinter dem Schönwalder Ortsschild geht links der „alte Wansdorfer Weg“ ab. Hier von der Landstraße abfahren und dem Weg folgen. Es geht zur Schleuse, von der Brücke kann man, wenn gerade ein Schiff da ist, den Vorgang des Schleusens beobachten. Wir überqueren die Brücke und folgen den ausgeschilderten Radweg, fahren am Havelkanal entlang, der uns linkerhand begleitet.

Am Havelkanal entlang
Foto: Silvia Passow

Rechts Felder und Wiesen, die von einem kleinen Graben vom Weg getrennt sind. Der Kanal liegt ruhig da, Frösche quaken, Enten schwimmen auf dem Wasser. Hier und da kann eines der alten Wehre besichtigt werden. Dem Weg folgen, kleine Schilder geben über die Route Auskunft, doch zunächst gibt es kaum Möglichkeiten versehentlich falsch abzubiegen.

Rostiges Wehr mit blutroten Klatschmohn
Foto: Silvia Passow

Wir verlassen den Kanal, der Weg biegt nach rechts ab, aus dem Feldweg wird ein gepflasterter Pfad, Bäume spenden Schatten, wir sind auf dem Weg nach Pausin. Aus Wiesen werden Weiden, Pferde, manchmal auch Reiter begegnen uns.

Skyline von Pausin
Foto: Silvia Passow

In Pausin begrüßt der Storch, der seinen Horst auf dem Grundstück von Bärbel Eitner hat. Eitner kümmert sich um pflegebedürftige Wildtiere. Der Storch dort oben wohnt nur, Pflege benötigt er, Gott sei Dank, nicht.

Es lohnt ein Abstecher zur Waldschule. Ein zauberhafter Garten erwartet die Gäste. Hier kann geheiratet und gefeiert werden. Mehr zur Waldschule Pausin unter: www.waldschule-pausin.de

Die Waldschule Pausin, attraktive Veranstaltungsort und Fotomodell
Foto: Silvia Passow

Gegenüber der Waldschule führt der Weg weiter nach Wansdorf. Ein idyllischer Weg, schattig, gut befahrbar. In Wansdorf selbst lohnt ein Besuch der aus dem 18. Jahrhundert stammenden Barock-Kirche. Das 700 Jahre alte Dorf lockt mit einem Schloss und zwei Gutshäusern. Hinter Wansdorf führt der Weg durch Wiesen, auf denen die Reiher sich ihre Nahrung suchen. Und wieder durch Wälder. Der Weg führt wieder auf Koppeln und damit nach Schönwalde-Dorf. Hier lohnt der Abstecher zum Landgut Schönwalde. Denn inzwischen könnte die Zeit reif für eine leichte Bierspezialität sein und hier wird der Gerstensaft erfrischend mit Rhabarber gemischt, was wirklich köstlich schmeckt. Mehr unter: www.daslandgut.de

Landidyll mit Pferd & Biergarten, das Landgut Schönwalde
Foto: Silvia Passow

Erfrischend kann auch der Sprung in den Badesee in Schönwalde sein. Der befindet sich im Ortsteil Siedlung, Wegweiser zum Strandbad folgen. Auf dem Weg dorthin liegt die Pizzeria „Bel Paese“ (Alte Gartenstraße 7 in Schönwalde-Glien), schöne kleines Restaurant, in dem kreative italienische Küche angeboten wird.

Das klare Wasser lockt, doch Achtung, noch ist es reichlich frisch im Brandenburger Badeseen
Foto: Silvia Passow

Von Schönwalde-Siedlung kann der direkte Weg über die L 20 nach Hause führen oder ein Abstecher durch den Eiskeller. Gut Strampel und viel Freude beim Erkunden wünscht die Blaue Holzbiene.