Alle für Eine

Am Naturschutzgebiet Mossbruchhheide haben BUND und Nachbarn gemeinsam eine Hecke gepflanzt. Die gebietsheimischen Sträucher sollen vielen Tieren Nahrung und Unterschlupf geben

Text & Fotos: Silvia Passow

Falkensee.   Die beiden Jungen im Grundschulalter springen schwungvoll auf die Spaten, die im festen Erdreich stecken. Die Spaten schieben sich Stück für Stück in die Erde, der Anfang ist gemacht. Die satte, dunkelbraune Erde gibt nach, das Pflanzloch für den Kreuzdorn wird zusehends größer. Der Kreuzdorn wird Teil einer gebietsheimischen Hecke, die Schutz und neuen Lebensraum für die Bewohner des kleinen Naturschutzgebietes Moosbruchheide am Finkenkruger Ortsrand bieten soll.

Geplant hat die Pflanzung die Ortsgruppe des BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland) Falkensee. Und das schon seit längeren, sagt Karin Schofeld, die auch Sprecherin der Bürgerinitiative (BI) Moosbruchheide ist. Die BI setzt sich für den Erhalt des 1,3 Hektar kleinen Naturschutzgebietes ein. Eines der Kleinsten in Brandenburg, das Hainholz an der Stepenitz im Landkreis Prignitz und die Lange Dammwiesen mit Unteres Annatal im Märkisch-Oderland sind noch kleiner.

Die gebietsheimische Hecke soll eine natürliche Begrenzung zur Straße bilden, dabei vielen Arten Unterschlupf und Nahrung bieten. Die acht Sorten verschiedener Büsche und Sträucher sollen auch das menschliche Auge erfreuen, mit bunten Farbspielen durchs ganze Jahr, bunte Blüten, leuchtende Früchte oder knallrote Äste, wie beim Roten Hartriegel.

In der Moosbruchheide leben zahlreiche sogenannte Rote-Listen-Arten, erklärt Schofeld den anwesenden Kindern und Erwachsenen, bevor sie zu Schaufeln und Spaten greifen. Die Rote Liste führt Pflanzen- und Tierarten auf, die in ihrem Dasein bedroht sind, manche noch etwas weniger, andere stark bis lebensbedrohlich. In der Moosbruchheide leben streng geschützte Käferarten, die Zauneidechse und an der Abbruchkante des Russengrabens nistet der Eisvogel. Sie, und alle anderen hier heimischen Tiere, sollen mit der Hecke ein zusätzliches Angebot bekommen. Die Auswahl der gepflanzten Sträucher wurde dabei nicht dem Zufall, sondern Fachleuten, überlassen. Von den Neuankömmlingen sollen möglichst viele Arten profitieren. Und hier kann es manchmal ordentliche Unterschiede geben. So ist Weißdorn nicht gleich Weißdorn, erläutert Schofeld. Der Eingriffelige Weißdorn zum Beispiel, versorgt mehr als dreißig Vogelarten, vom Amerikanischen Weißdorn profitieren dagegen nur zwei. Außerdem bietet der Eingrfiffelige, heimische Weißdorn 163 Insektenarten Nahrung, Heimat oder Kinderstube. Gerade letzteres wird schon mal übersehen, sagt Schofeld und nennt als Beispiel den beliebten Sommerflieder. Dessen Blütenpracht zieht zwar Schmetterlinge an, doch diese können mit der Gartenpflanze nur begrenzt etwas anfangen. Denn der Sommerflieder eignet sich nicht als Futterpflanze für Raupen.

Kein leichtes Unterfangen, die sieben Erwachsenen und sieben Kinder sind mit vollem Einsatz beim Pflanzen dabei. Hier ist die grüne Strickmütze bald erdreichbraun eingefärbt, dort drüben wird mit widerspenstigem Wurzelwerk gekämpft. Lennart Meyer, der schon fürs Jugendforum im Kinderstadtwald eine anschauliche Anzahl an Bäumen gepflanzt und gepflegt hat ist dabei, ebenso wie die Studentin Sophia Meyer aus Falkensee. Sie ist BUND Mitglied und sagt: „Naturschutz hat für mich große Bedeutung.“ Die Falkenseerin möchte in Sachen Natur auf ihre Stadt achten, fügt sie hinzu.

Die Pflanzaktion war mit der Unteren Naturschutzbehörde besprochen und Schofeld weist darauf hin, gepflanzt wurde am Biotop, nicht drinnen. Im Naturschutzgebiet soll die Natur für sich bleiben. Schofeld hofft, dass die neue Hecke Hundebesitzer davon anhalten wird, ihre Hunde ohne Leine im Naturschutzgebiet Laufen zu lassen. Auch Reiter hat sie dort schon beobachtet und kann verstehen, dass sich die Menschen an der Natur erfreuen. Geht ihr ja auch so, nur sollte bei jeglicher Nutzung bedacht werden, ob sie auch dem Naturschutzgebiet unter dem gestrengen Blick der Eule guttut. Zur Erinnerung, Naturschutzgebiete dürfen nur auf den dafür vorgesehenen Wegen betreten werden.

Auch die Stadt Falkensee hat sich laut Schofeld an der Aktion beteiligt. Mit Muttererde und einer der bereits stehenden Büsche erhielt einen Schnitt. „Außerdem will die Stadt Natur-Bildungs-Tafeln am Info-Punkt mit dem Eisvogel aufstellen. Dort soll über die gebietsheimische Hecke und deren Wert für die Natur informiert werden. Auch der BUND will, so Schofeld, eine weitere Info-Tafel, aufstellen. Dann lässt sich auf den Baumstämmen sitzend nicht nur der Blick in das Natur-Kleinod genießen. Sondern auch etwas lernen, über die Naturwunder in der Nachbarschaft.

Fliegen zum Frühstück

In Baruth/Mark werden Insekten zu Tierfutter für Haustiere verarbeitet. Allerdings dürfen nur Hunde und Katzen die Proteine aus der Schwarzen Soldatenfliege im Napf haben. Tiere, die vom Menschen verzehrt werden, dürfen diese Futteralternative nicht bekommen.  

Von Silvia Passow

Wustermark.  Fliegen sind nicht nur lästig, sie sind auch nützlich. Das Unternehmen Hermetia Baruth GmbH verarbeitet als erste industrielle Insektenfarm Deutschlands rund 300 Tonnen der Schwarzen Soldatenfliege zu Insektenmehl und Insektenfett. Der hohe Anteil an Proteinen und gesättigten Fettsäuren kann es mit anderen tierischen Komponenten im Tierfutter, wie zum Beispiel Fischmehl locker aufnehmen, erklärt Konstantin Katz. Die Fliegen vermehren sich schnell, kurz vor der Verpuppung werden die Larven getrocknet. Das daraus gewonnene Mehl eignet sich als Futtermittel für Schweine, Geflügel und Speisefische wie Lachs, Steinbutt, Forelle, Dorade, Kabeljau und einige mehr. Im Moment liegt der Bärenanteil der Produktion im Hundefutter, erläutert Katz. Das hat auch etwas mit Verordnungen zur Fütterung von Nutztieren zu tun.  

Konstantin Katz mit den Vorratsschüsseln, die unterschiedliche, verarbeitete Insekten enthalten. Foto: Silvia Passow

Was das Hausschwein im Stall schluckt, Käfer, Spinne oder Fliege, das bleibt allein sein Geheimnis. Geht es um Insekten, die als Mehl verfüttert werden, gibt es reichlich Vorgaben, erklärt Katz. Denn, wird ein Tier zum Nutzen gehalten, fällt es unter die Verordnung für Nutztiere. Und die dürfen, egal ob Fliege oder Schwäbisch-Hällisches Landschwein, nicht irgendwas zu essen bekommen. Fliegen, man ahnt es, sind nicht allzu wählerisch bei ihrer Nahrungsauswahl. Zumindest aus menschlicher Sicht. Das weggeworfene Wurstbrot ist für sie genauso lecker, wie die tote Maus im Vorgarten. Nur, wenn sie hinterher als Futter in der Nahrungskette des Menschen landen, gilt es ein strenges Regelwerk zu beachten. Eine ressourcensparende Verwertung von organischen Stoffen wie Speiseresten, fällt bei der Erzeugung von Tierfutter aus Insekten leider aus. Das macht das Tierfutter teuer, teurer als Fischmehl. Da hilft es erst mal nicht, wenn die Universität Kiel dem Tierfutter bescheinigt, der beste bekannte Ersatzstoff für Fischmehl zu sein.

Sieht doch gar nicht schlecht aus. Foto: Silvia Passow

Eine andere Kundengruppe greift schon eher mal etwas tiefer in die Tasche. Laut Statista gaben die Deutschen im Jahr 2020 rund 1,6 Milliarden Euro für Hundefutter aus. Und so nimmt es nicht Wunder, dass das Unternehmen derzeit am meisten Umsatz mit Hundefutter generiert.

Insektenfett könnte der Grundstoff für weitere Produkte werden. Foto: Silvia Passow

Seit 1992 beschäftigt sich das Familienunternehmen mit Insekten. Dabei stand zunächst die biologische Schädlingsbekämpfung im Fokus. Seit 2006 ist das Unternehmen dabei, macht aus Insekten einen Ersatz für Fischmehl. Tatsächlich lässt sich aus den kleinen Fliegen noch viel mehr machen. Mit dem Fett lassen sich Meisenknödel zusammenhalten. Spannend ist die technische Anwendung. Biodiesel, biologischer Schmierstoff, in der Kosmetik und Pharmaindustrie sehen die Unternehmer weitere Absatzmärkte. Und letztlich kann das Insekt auch als Dünger zum Einsatz kommen. Für all das eignet sich die 14 bis 17 Zentimeter lange Schwarze Soldatenfliege, lateinisch: Hermetia illucens. Die Fliege kommt ursprünglich aus dem tropischen und subtropischen Breiten Amerikas, Katz gibt den Amazonas als Heimat der Fliege an. Schutzmaßnahmen sollen verhindern, dass die Fliege ausbricht, sagt Katz. „Sollte sie es dennoch schaffen, würde sie die kalten Winter hier nicht überleben“, fügt er hinzu. Die Fliegen werden für die Verwertung als Futtermittel gezüchtet. Der Insektenschwund ist von der Verwertung der Fliege nicht betroffen, versichert er weiter.

Eine Larve zum osten vielleicht? Foto: Silvia Passow

Insekten gelten in vielen Ländern der Welt auch als Nahrungsmittel für die Menschen. 2018 wurden Insekten auch in Deutschland als Lebensmittel zugelassen, sagt Katz. Es ist unsere europäische Kultur, die mit dem Gedanken an Krabbeltieren auf dem Teller nicht so gut klarkommt. Auch dann nicht, wenn da nichts mehr krabbelt. Er selbst empfiehlt Mehlwurm auf Chili. „Der Wurm nimmt die Schärfe gut an“, sagt er.

Foto: Silvia Passow

Eindruck machte das Tierfutter aus Insekten auf der „Brandenburg ist Bioökonomieland“ – Tour von Landwirtschafts- und Klimaschutzminister Axel Vogel (Bündnis 90/Die Grünen) und Forschungsministerin Manja Schüle (SPD). In Wustermark im Havelland hatten sie Gelegenheit sich über die Futtermittel aus Insekten zu informieren.