Auf Käfer-Exkursion im Leitsakgraben

Die Käfer-Forscher Tobias Mainda und Jens Esser führten durch das FFH und Naturschutzgebiet bei Nauen

Jens Esser vor einem der gefällten und wieder aufgestellten Habitatbäume

Über das FFH & Naturschutzgebiet Leitsakgraben habe ich bereits mehrfach berichtet. Besonders nachdem dort zwei wertvolle Habitatbäume des Eremiten im Zuge von Straßenarbeiten gefällt wurden. Nun organisierten NABU Brandenburg und NABU Osthavelland eine Wanderung durch das Areal

Rund zwanzig Menschen folgten den Käferexperten Tobias Mainda und Jens Esser auf der Suche nach dem Eremiten. Ein sehr seltener Käfer und eine charakteristische FFH Art, die für einen ganzen Lebensraum das Käfergesicht ist, wenn man so will.

Der Eremit ist leider tot. Tobias Mainda hatte ihn einen Tag vor der Wanderung gefunden.

Gefunden wurden keine lebenden Käfer, dafür Käfer-Kot, Käfer Höhlen und die beiden Experten berichteten wissenswertes, kurioses und erstaunliches rund um die Natur im Leitsakgraben.

Dieser Habitatbaum war einem Unwetter zum Opfer gefallen. Mainda zeigt, wie wichtig auch jetzt noch seine Rolle im Wald ist.

Solche Exkursionen sind wichtig fürs Verständnis der Schätze vor der Haustür. Mehr davon liebe Naturschutzverbände.

Meeresströmung im Atlantik nähert sich möglicherweise kritischer Schwelle

Pressemitteilung des Potsdamer Instituts für Klimafolgenforschung vom 5.August 2021

Eine wichtige Strömung im Atlantik, zu der auch der Golfstrom gehört, hat im Laufe des letzten Jahrhunderts möglicherweise an Stabilität verloren. Das zeigt eine neue Studie im Fachjournal Nature Climate Change. Die Atlantische Umwälzströmung (Atlantic Meridional Overturning Circulation, AMOC) transportiert warme Wassermassen aus den Tropen an der Meeresoberfläche nach Norden und kaltes Wasser am Meeresboden nach Süden, was für die relativ milden Temperaturen in Europa von großer Bedeutung ist. Außerdem beeinflusst sie Wettersysteme weltweit. Ein möglicher Zusammenbruch dieses Meeresströmungssystems könnte daher schwerwiegende Folgen haben.

„Die AMOC ist eines der wichtigsten Zirkulationssysteme unseres Planeten“, sagt der Autor der Studie, Niklas Boers vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, der Freien Universität Berlin und der Universität Exeter. „Wir wissen bereits aus einigen Computersimulationen und aus Daten der Erdvergangenheit, so genannten Paläoklima-Proxy-Records, dass die AMOC neben dem aktuellen starken Zustand auch einen alternativen, wesentlich schwächeren Zustand einnehmen kann. Diese Bi-Stabilität bedeutet, dass grundsätzlich auch abrupte Übergänge zwischen den beiden Zirkulationsmodi möglich sind.“

Fingerabdrücke in Mustern von Oberflächentemperatur und Salzgehalt

Es wurde bereits zuvor gezeigt, dass die AMOC derzeit so schwach ist wie nie zuvor in den vergangenen tausend Jahren. Bisher war jedoch offen, ob die beobachtete Abschwächung lediglich einer Änderung des mittleren Zirkulationszustands entspricht oder ob sie mit einem tatsächlichen Verlust an dynamischer Stabilität einhergeht. „Der Unterschied ist entscheidend“, sagt Niklas Boers, „denn eine Verringerung der dynamischen Stabilität würde bedeuten, dass sich die AMOC ihrer kritischen Schwelle genähert hat, jenseits derer ein erheblicher und in der Praxis wahrscheinlich unumkehrbarer Übergang zum schwachen Zirkulationsmodus stattfinden könnte.“

Langfristige Beobachtungsdaten über die Stärke der AMOC gibt es leider nicht, aber die AMOC hinterlässt so genannte Fingerabdrücke in den Temperatur- und Salzgehaltsmustern der Meeresoberfläche des Atlantischen Ozeans. „Eine detaillierte Analyse dieser Fingerabdrücke in acht unabhängigen Indizes deutet nun darauf hin, dass die Abschwächung der AMOC während des letzten Jahrhunderts in der Tat wahrscheinlich mit einem Stabilitätsverlust verbunden ist“, sagt Boers. „Die Ergebnisse stützen die Einschätzung, dass der Rückgang der AMOC nicht nur eine Fluktuation oder eine lineare Reaktion auf steigende Temperaturen ist, sondern wahrscheinlich das Herannahen einer kritischen Schwelle bedeutet, jenseits derer das Zirkulationssystem zusammenbrechen könnte.“

Die Faktoren müssen weiter untersucht werden – stehen aber mit dem Klimawandel in Verbindung

Für das Phänomen ist wahrscheinlich eine Reihe von Faktoren von Bedeutung, die zu den direkten Auswirkungen der Erwärmung des Atlantiks auf seine Zirkulation hinzukommen. Dazu gehören der Süßwasserzufluss durch das Abschmelzen des grönländischen Eisschilds, durch das schmelzende Meereis, durch zunehmende Niederschläge und durch Wasser aus Flüssen. Süßwasser ist leichter als Salzwasser und verringert die Tendenz des Wassers im Nordatlantik, von der Oberfläche in größere Tiefen abzusinken, was einer der Antreiber der Umwälzung ist.

„Ich hätte nicht erwartet, dass die zusätzlichen Mengen an Süßwasser, die im Laufe des letzten Jahrhunderts in den Ozean flossen, bereits eine solche Reaktion der AMOC hervorrufen würden“, sagt Boers. „Wir müssen unsere Modelle dringend mit den vorliegenden Beobachtungen in Einklang bringen, um zu beurteilen, wie weit die AMOC tatsächlich noch vom kritischen Schwellwert entfernt ist.“ Auch wenn die jeweilige Bedeutung der verschiedenen Faktoren noch weiter untersucht werden muss, stehen sie mit dem vom Menschen verursachten Klimawandel in Verbindung.


Artikel: Niklas Boers (2021): Observation-based early-warning signals for a collapse of the Atlantic Meridional Overturning Circulation. Nature Climate Change. DOI: 10.1038/s41558-021-01097-4

Weblink zum Artikel: http://dx.doi.org/10.1038/s41558-021-01097-4

Frühere Forschung zu dem Thema: L. Caesar, G. D. McCarthy, D. J. R. Thornalley, N. Cahill, S. Rahmstorf (2021): Current Atlantic Meridional Overturning Circulation weakest in last millennium. Nature Geoscience [DOI: 10.1038/s41561-021-00699-z] (Pressemitteilung zu dieser früheren Studie hier)

Moore als natürliche CO2-Senken schützen und entwickeln – Niedrigwasser besser managen: Minister Vogel und Experten bei Klima-Moor-Projekten in Oberhavel und Pegelanlage in Fehrbellin

Pressemitteilung des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz vom 5. August 2021

Potsdam Sinkende Moor- und Seespiegel sowie Niedrigwasser in Fließgewässern sind Ausdruck eines langfristigen Klimatrends in Brandenburg. Zum Thema „Moorschutz und Landschaftswasserhaushalt“ diskutierte Axel Vogel, Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz, am Donnerstag mit Fachleuten, Akteurinnen und Landwirten vor Ort auf landwirtschaftlich genutzten Moorflächen im Rhinluch und an einer Pegelmessanlage in Fehrbellin über praktische Klimaanpassung und Klimaschutzmaßnahmen.

Klimaschutzminister Axel Vogel: „Moorschutz ist praktischer Klimaschutz und wird deshalb auch Teil des Klimaplans, den unser Ministerium zurzeit erarbeitet. Intakte Moore binden enorme Mengen an Kohlenstoff und sind für die Klimaneutralität unverzichtbar. Entwässerte Moore sind heute aber auch noch große Kohlendioxidquellen, die häufig mehr als 30 Tonnen CO2‑Äquivalente pro Hektar und Jahr ausstoßen. Aus dem Rhinluch werden so jährlich rund 500.000 Tonnen CO2‑Äquivalente freigesetzt – so viel wie etwa 50.000 Einwohnerinnen und Einwohner pro Jahr in Deutschland emittieren. Wir wollen diese Emissionen deutlich absenken und die Moore wieder als natürliche Treibhausgas-Senken entwickeln. 2030 wollen wir durch den Moorschutz in Brandenburg jährlich mindestens 700.000 Tonnen CO2-Äquivalente einsparen. Das Rhinluch, mit seinen 16.000 Hektar eines der größten zusammenhängenden Moorgebiete in Brandenburg, ist unser zentrales Pilotgebiet für die Einführung moorschonender Bewirtschaftung. Die Flächen sollen weiter landwirtschaftlich genutzt werden – und zwar klimaschonend bei hohen Wasserständen. Gleichzeitig wollen wir den Landschaftswasserhaushalt stabilisieren.“

Das Umwelt- und Klimaschutzministerium Brandenburg hat 2021 mit seinem Landesniedrigwasserkonzept auf die angespannte Lage des Landschaftswasserhaushaltes reagiert und geeignete Maßnahmen zu einem Niedrigwassermanagementplan zusammengestellt. Bis Ende des Jahres werden zudem ein Moorschutzprogramm und eine Gesamtstrategie zur Anpassung an den Klimawandel im Bereich Wasser erarbeitet.

Moorbewirtschaftung im Rhinluch

Das Wassermanagement im Rhinluch ist bislang zumeist noch auf die klimaschädliche Nutzung entwässerter Moorböden ausgerichtet. Auf kleinen Flächen wie denen von Landwirt Sebastian Petri werden Moorböden aber bereits klimaschonend bei hohen Wasserständen bewirtschaftet. Sein Moorhof-Betrieb bei Kremmensteht bespielhaft für innovative Konzepte der Moorbewirtschaftung und Vermarktung von Moorbiomasse. Die angepasste Landtechnik des Betriebs für die nasse Moorbewirtschaftung wurde über EU-Mittel gefördert und wird künftig durch die noch in 2021 aufzulegende Klima-Moorschutzrichtlinie des Landes „Klima-Moorschutz investiv“ unterstützt. Das bis zum Jahr 2026 15,6 Millionen Euro umfassende Programm wird aus dem Zukunftsinvestitionsfonds (ZIFoG) finanziert und fördert unter anderem den Erwerb von moorangepasster Landtechnik, die Verwertung von Biomasse aus nassen Mooren, Baumaßnahmen an Stauanlagen sowie den Aufbau von regionalen Vermarktungsketten für neue Moorprodukte und eine entsprechende Beratung von Landnutzern.

Eine bereits seit 2020 über sechs Jahre laufende zusätzliche Förderung aus dem Zukunftsinvestitionsfonds des Landes in Höhe von 7,2 Millionen unterstützt ein angepasstes Staumanagement auf Landesflächen. Das vom Landesamt für Umwelt beauftragte Klima-Moor-Team (ARGE Klima/Moor) setzt unter anderem Investitionen in die Sanierung und Modernisierung von Stauanlagen und Flächenkäufe um und stimmt die Vorhaben mit Flächennutzenden und -eigentümern ab, die von den höheren Wasserständen betroffen sind.

BMU-Paludikulturen (= landwirtschaftliche Nutzung nasser Moore)

In Kürze werden im Rhinluch nahe Kremmen für ein zehnjähriges Pilotprojekt Versuchsflächen eingerichtet, um alternative Moornutzungen mit Paludikulturen (Rohrkolben, Schilf) zu erproben. Nahe den Versuchsflächen entsteht eine Beratungsstelle für die nachhaltige Moorbewirtschaftung und Vermarktung der Moorbiomasse. Diese Aktivitäten sind eingebettet in ein vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) aktuell in Vorbereitung befindliches Fördervorhaben mit weiteren Versuchsflächen in anderen Moorgebieten Brandenburgs.

Pegelmessstation Fehrbellin – Niedrigwasserberichterstattung

Das Gewässernetz Brandenburgs umfasst rund 33.000 Kilometer Fließgewässer und über 3.000 Seen. Zur Überwachung der Menge und Qualität des Wassers betreibt das Umweltministerium ein umfangreiches Messnetz in Flüssen, Seen und im Grundwasser. Die Daten sind Grundlage der Gewässerbewertung sowie -bewirtschaftung und ermöglichen Aussagen zu Trends und Prognosen zukünftiger Ereignisse. Die Messergebnisse unterstützen auch ein intelligentes Wassermanagement, beispielsweise im Niedrigwasserfall, und sind Grundlage, um das Landesniedrigwasserkonzept umzusetzen. Im Rahmen dieses im Februar 2021 von Umweltminister Axel Vogel vorgestellten Konzepts ist ein pegelspezifisches Niedrigwasserwarnsystem (Niedrigwasserampel) vorgesehen, das Schwellenwerte für Warn- und Vorwarnstufen definiert. Diese Werte werden derzeit sorgfältig plausibilisiert. Die Niedrigwasserampel soll noch 2021 an den Start gehen.

Der Niedrigwasservorsorge dienen auch die bereits seit 2002 laufenden Programme zur Entwicklung der Gewässer und zur Verbesserung des Landschaftswasserhaushalts. Die entsprechende Förderrichtlinie des Landes unterstützt diese wasserwirtschaftlichen Maßnahmen. Die Finanzierung erfolgt mit ELER-Mitteln (rund 94,56 Millionen Euro 2014-2024) oder aus Geldern aus der Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz (GAK) mit rund 4 Millionen Euro pro Jahr).

NABU bittet Flugreisende um Mithilfe

Die Naturschutzorganisation möchte mit der Aktion das Leben für Vögel am Flughafen BER sicherer machen

Von Silvia Passow

Der NABU Brandenburg möchte den Vogelschlag am Flughafen BER entschärfen, denn noch immer fliegen nach Angaben der Naturschutzorganisation viel zu oft Vögel gegen die Glasfassaden. „Schon vor der Eröffnung des Flughafen Berlin Brandenburg erreichten uns Meldungen von aufmerksamen Menschen, die über eine Vielzahl toter Vögel sowie Anprallspuren an Glasfassaden berichteten. Solche Kollisionen führen in den allermeisten Fällen zum Tod der Tiere“, sagt Manuela Brecht, Naturschutzreferentin des NABU Brandenburg. Sogar ganze Vogelschwärme sollen laut NABU an den Scheiben verendet sein. Der NABU bittet nun Fluggäste um Mithilfe beim Zählen der verunglückten Vögel.

Glaswände werden von Vögeln nicht als Hindernis wahrgenommen. Wenn die Tiere dann mit hoher Fluggeschwindigkeit mit der Scheibe kollidieren können sie sich schwerste Verletzungen zufügen. Nicht selten führen diese zum Tod der Vögel. Laut NABU hinterlassen nur etwa 20 Prozent der verunfallten Vögel Spuren am Glas. Entsprechend hoch wird die Dunkelziffer geschätzt. Sorge bereitet dem NABU, dass sich im Eingangsbereich des Flughafens eine Mehlschwalbenkolonie angesiedelt hat. „Besonders die unerfahrenen Jungtiere dieser rasanten Flugakrobaten sind durch die Glasfassanden und Glaswände höchst gefährdet“, sagt Brecht.

Ganz neu ist das Problem des Vogelschlags am BER nicht. Bereits zu Jahresbeginn hatten die Naturschutzverbände NABU und BUND den Flughafen, wie auch die Naturschutzbehörde, auf den Vogelschlag hingewiesen. Damals wurde versichert, man nehme das Problem ernst, so der NABU.   

„Wir nehmen das Problem ernst und wir sind dran“, versichert Pressesprecherin Sabine Deckwerth auf Nachfrage. Der Flughafen führe ein Monitoring zu den Vorkommnissen durch. Die Ergebnisse wurden den Vertretern zweier Naturschutzverbände vorgestellt, heißt es hier weiter. Der Flughafen selbst habe den Kontakt zur zuständigen Umweltbehörde aufgenommen. Zwei Termine fanden bisher statt, eine gemeinsame Begehung diente der Feststellung über mögliche Schwerpunkte. Hier soll eine Abstimmung über mögliche Schutzmaßnahmen folgen. Es gab auch vermutete Gefahrenstellen für anfliegende Vögel, die bei der Begehung als weniger gefährlich eingestuft wurden. Weitere Entscheidungen zur Flugsicherung an des Glasfront hängen von den abschließenden Ergebnissen der Überwachung ab, erklärt die Pressesprecherin. Und sie verweist auf Gebäude mit ähnlichen Problemen. Denn nicht nur der auch auf umweltrechtliche Aspekte geprüfte und genehmigte Terminal hat eine Glasfassade.

Auch Wintergärten an Wohnhäusern, verglaste Bürogebäude, Schallschutzwände und Bushaltestellen können zur tödlichen Falle für Vögel werden. Der NABU bietet zum Thema Vogelschutz an Glasfassaden Fachveranstaltungen an. Denn die Anzahl der Tiere, die bei solchen Unfällen verletzt oder gar getötet werden scheint hoch.

Ornithologen haben anhand der spezifischen Bebauungsdichte für die Stadt Potsdam errechnet, dass in er Landeshauptstadt jährlich 200 000 Vögel an Glasfronten zu Schaden kommen. Glasfronten sind nicht nur, aber eben auch, am BER ein Problem für die Vögel. Und es ist kein neues Problem. Bereits 2012 berichtete der Berliner Tagesspiegel über Vögel, die gegen die Glasfronten prallen.

Mit den Daten der Flugreisenden hofft der NABU die Vögel am BER zukünftig besser schützen zu können. Gemeldet werden können am BER aufgefundene Vögel, Aufprallspuren oder Hinweise auf Vögel, die in die Gebäude gelangt und nicht mehr herausfinden, mit Datum, Ort und Uhrzeit, auch mit Foto an: vogelschlag@nabu-bb.de

Schulze: Wir brauchen eine Trendwende beim Verlust der biologischen Vielfalt

Pressemitteilung des Bundesumweltministeriums vom 4.August 2021


Kabinett beschließt Rechenschaftsbericht 2021 zur Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt

Trotz vielfacher Gegenmaßnahmen, die die Bundesregierung im Rahmen der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt bereits beschlossen und umgesetzt hat, besteht weiter großer Handlungsbedarf, um den Verlust der biologischen Vielfalt in Deutschland zu stoppen. Dies ist das Ergebnis des vom Bundesumweltministerium vorgelegten Rechenschaftsberichts 2021 zur Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt (NBS), den die Bundesregierung heute beschlossen hat. Die Naturschutzfinanzierung wurde in den vergangenen Jahren kontinuierlich aufgestockt, insbesondere für Maßnahmen zum Insektenschutz und das Bundesprogramm Biologische Vielfalt. In dem umfassenden Bericht legt die Bundesregierung wie in jeder Legislaturperiode dar, mit welchen Maßnahmen sie die biologische Vielfalt in Deutschland erhält und schützt.

Bundesumweltministerin Svenja Schulze: „Der Schutz der biologischen Vielfalt ist eine ebenso wichtige Zukunftsaufgabe wie der Klimaschutz. Wir Menschen sind auf intakte Ökosysteme angewiesen. Geht die biologische Vielfalt zurück, werden Ökosysteme gestört, und am Ende leiden auch die Menschen. Dieser Bericht belegt, dass wir seit 2007, aber gerade auch in den letzten Jahren, große Fortschritte erreicht haben. Allerdings brauchen wir dringend eine Trendwende beim Verlust der biologischen Vielfalt. Auch deshalb haben wir bereits eine Neuausrichtung und Weiterentwicklung der NBS angestoßen. Wir müssen alles tun, um den Schutz der biologischen Vielfalt zu verstärken .“

Um dem Biodiversitätsverlust entgegenzutreten, hat die Bundesregierung bereits im Jahr 2007 die Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt (NBS) beschlossen und sich damit ehrgeizige Ziele für die Erhaltung und Förderung der biologischen Vielfalt gesetzt, in Deutschland wie auch weltweit. Mit ihren umfangreichen Zielen stellt die Nationale Biodiversitätsstrategie ein anspruchsvolles gesamtgesellschaftliches Programm dar, das die Maßnahmen zum Schutz der Arten und ihrer Lebensräume umfassend zusammenstellt und Bezüge zu den verschiedenen nationalen wie internationalen Strategien herstellt, insbesondere zum UN-Übereinkommen über die biologische Vielfalt (CBD), zur EU-Biodiversitätsstrategie 2030, aber beispielsweise auch zur deutschen Nachhaltigkeitsstrategie und zur deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel. Der heute von der Bundesregierung beschlossene Bericht zeigt in elf verschiedenen Themenfeldern und den zugehörigen Zielen der Strategie Maßnahmen und Errungenschaften im Kampf gegen den Verlust der biologischen Vielfalt auf. Dazu gehören die Bereiche Schutzgebiete, Natura 2000 und Biotopverbund, Wälder, Wildnis, Küsten und Meere, Flüsse und Auen, Landwirtschaftsflächen, Stadtnatur, internationale Verantwortung sowie Kennen und Verstehen. Gegenüber dem Rechenschaftsbericht 2017 sind außerdem die beiden Themenfelder „Insektenschutz“ und „Naturschutzstrategie für Bundesflächen“ neu hinzugekommen. Insgesamt zeigt der Bericht: Die Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt ist wirksam. Sie hat eine Vielzahl an Aktivitäten angestoßen. Sie wirkt in sehr unterschiedlicher und vielfacher Weise, manchmal direkt und manchmal eher indirekt.

So zeigt der Bericht beispielsweise Fortschritte beim Schutz der Insekten und deren Artenvielfalt durch die schrittweise Umsetzung des 2019 beschlossenen Aktionsprogramms Insektenschutz, beim Ausbau des ökologischen Landbaus, der Auenrenaturierung und der Entwicklung und Pflege der Stadtnatur auf. In allen Bereichen bestehen jedoch weiter große Herausforderungen und teils dringender Handlungsbedarf, um den Rückgang der biologischen Vielfalt zu stoppen, wie zum Beispiel bei der weiteren Verminderung der Stickstoffeinträge im Bereich der Landwirtschaft, der weiteren Naturnahen Auenentwicklung, um den Flüssen mehr Raum zu geben. Auch bei der Naturschutzfinanzierung gab es deutliche Verbesserungen. Die Mittel für die einschlägigen Bundesförderprogramme, die der Umsetzung der NBS dienen, wurden in den letzten Jahren kontinuierlich erhöht, insbesondere für Maßnahmen zum Insektenschutz und das Bundesprogramm Biologische Vielfalt, dem zentralen Förderprogramm der NBS. Dadurch konnten zahlreiche und vielfältige Projekte für die biologische Vielfalt angestoßen und umgesetzt werden.

Trotz der genannten Mittelaufstockung gibt es bei der Naturschutzfinanzierung weiterhin eine erhebliche Diskrepanz zwischen den Mitteln, die in Deutschland zum Schutz der biologischen Vielfalt zur Verfügung stehen und dem Mittelbedarf, um eine nachhaltige Trendwende beim Verlust der biologischen Vielfalt zu erreichen. Auch deshalb wurde von der Bundesregierung, unter Federführung des BMU, ein Prozess zur Neuausrichtung und Weiterentwicklung der NBS mit einer umfangreichen Stakeholderbeteiligung eingeleitet. Um die NBS zukunftsfest zu machen, soll eine Aktualisierung und Modernisierung der Strategie in der nächsten Legislaturperiode erfolgen, wenn nach der neuen EU-Biodiversitätsstrategie auch der neue strategische Rahmenplan der CBD als wichtige Vorgabe vorliegt.

Der Rechenschaftsbericht 2021 zur nationalen Strategie Biodiversität ist abrufbar unter: www.bmu.de/DL2775   

Weitere Informationen zur Nationalen Strategie Biodiversität erhalten Sie unter: www.bmu.de/WS452

Huhn im Glück

Im Wustermarker Ortsteil Hoppenrade hat Landwirt Gernot Engelmann zwei mobile Hühnerställe angeschafft. Dazu rund 2000 Hühner. Die Hühnchen entscheiden voran selbst, ob sie drinnen relaxen oder draußen futtern wollen. Und für die Vermarktung der Eier wird auch gerade gesorgt.

Gernot Engelmann mit seinen eggsklusiven Eiern

Text & Fotos von Silvia Passow

Wustermark/Hoppenrade.  Einige der Hühner sind besonders aufmerksam, sie bemerken den Besuch, der sich der eingezäunten Wiese nähert. Sie unterbrechen ihr Scharren und Picken und rennen los. Die rundlichen Hühnerpopos wackeln lustig, hier und da gackert es zur Begrüßung. Erwartungsvoll bleibt die kleine Hennenversammlung vor den Besuchern stehen, könnte ja sein, dass jemand Körner dabeihat. Die besonders Mutigen streichen direkt um die menschlichen Beine, die Neugierigen haben bereits die Schnürsenkel an den Schuhen entdeckt und zupfen daran. „Die brauen Hühner sind zutraulicher“, sagt Landwirt Gernot Engelmann und hebt ein Huhn vom Boden hoch, hält es im Arm. Hinter Engelmann steht eines der beiden mobilen Hühnerhäuser, auf der Wiese wird munter gegackert, die Hühner suchen im Gras nach Futter, andere suhlen sich im trockenen, Brandenburger Sand und wieder andere dösen im Schatten. Landidyll, freilaufende Hühner, die sich rund um die zwei mobilen Ställe tummeln. 2040 Hühner, fast alles Hennen, dazwischen stolzieren einige weiße Hähne. Mehr als 2000 Hühner klingt viel, die Nachfrage nach Eiern ist enorm, doch die folgenden Zahlen zeigen, was nach Masse klingt, ist ein Kleinbetrieb.

Stolzer Hahn mit Gefolge, hinten, einer der mobilen Ställe

19,4 Milliarden Eier verbrauchen die Bundesdeutschen im Jahr. Das macht pro Kopf 236 Eier, zum Frühstück, im Kuchen oder in verarbeiteten Lebensmitteln. In Deutschland sorgen rund 49 Millionen Legehennen für täglich frische Eier, 3,4 Millionen dieser Hennen leben in Brandenburg, der durchschnittliche Hühner-Betrieb hat 100 000 Tiere und mehr, erzählt Ronald Milus. Milus will die Wustermarker Eier in die großen Supermärkte nach Berlin und Brandenburg bringen. Mit der „Brandenburger-Bio-Ei GmbH“ sollen die Eier zukünftig professionell vermarktet werden. Dazu soll im Wustermarker Ortsteil Hoppenrade die erste Bio-Ei-Packstation im Land errichtet werden.

Hier eröffnet bald die erste Brandenburger Packstation für Bio-Eier

22 Bio-Betriebe für Hühnereier gibt es Brandenburg sagt Mikus, mit durchschnittlich 20 000 Tieren, die in kleinen Gruppen gehalten werden. Meistens werden die Bio-Eier direkt vom Landwirt vermarktet. Das schafft zwar Kundennähe aber auch ein deutliches Plus an Arbeit. Das soll sich nun für Landwirt Engelmann ändern, er ist der erste Landwirt, der sich der Bio-Erzeugergemeinschaft für mobile Hühnerhaltung in Brandenburg angeschlossen hat. Fünf weitere Erzeuger stehen in den Startlöchern, so Mikus. Die sogenannte mobile Hühnerhaltung ist dabei Teil des Konzepts. In diese mobilen Hühnerställe hat Engelmann viel Geld investiert. Seit dem Frühjahr sind seine Hühner so etwas wie Camping-Hühner, das mobile Haus als Zuflucht immer in der Nähe, ein Stück Freiheit vor der Tür.

Die Hühner entscheiden selbst über ihre Tagesgestaltung

1995 hat Gernot Engelmann seinen Betrieb gegründet. 2017 dann der große Schritt, Engelmann ging mit seiner Wublitz Rind GbR neue Wege, stellte den Betrieb auf Bio um. Er ist Mitglied im Naturland-Verband erzählt er. Zu seinem Betrieb gehören Ackerland und Grünland, viel Platz für die mobile Hühnerhaltung. Diese eindrucksvollen Mobil-Homes für Hühner sind computergesteuert, die Klappen öffnen sich am Morgen, die Hühner können raus und rein, wie sie wollen, am Abend lockt Licht sie zurück ins Innere. 150 000 Euro kostet einer dieser Ställe, die auf Kufen, alle 3-4 Wochen, umgesetzt werden. Das hat gleich mehrere Vorteile. Die Hühner haben frisches Gras, viel Auslauf, etwa 4 Quadratmeter pro Huhn. Der Boden bleibt gesünder, denn was das Huhn vorne pickt, fällt hinten irgendwann als Hühnerkot wieder raus. Die Ausscheidung landet nicht konzentriert nur auf einen Fleck, damit wird der Boden nicht überdüngt. Und das alles kommt nicht nur den Hennen zugute, auch die Hähne, die in der konventionellen Tierhaltung oft vergast oder geschreddert werden, werden in Bio-Haltung aufgezogen. Damit greift Engelmann dem Gesetz vor, denn ab 2022 darf dieses Küken töten nicht mehr praktiziert werden.

Ein Mann und sein Huhn. Naja, eines von vielen Hühnchen

Eine solche Hühnerhaltung kostet, die Legehennen sind teuer, die sogenannten Bruderhahnaufzucht wird mit eingepreist, der Arbeitsaufwand wird auf 6-8 Mal höher, gegenüber den konventionellen Tierhaltung, eingestuft. Das spiegelt sich im Preis. Dennoch sieht Mikus gute Chancen für die Bio-Eier aus Brandenburg, deren Absatz sieht er zunächst in den Supermärkten, weniger in den Diskountern.

Und überall Hühner

Übrigens, die Wustermarker werden auch weiterhin ganz bequem an die Eier von Landwirt Engelmann kommen. Er plant zwei Eierautomaten aufzustellen, einer in Wustermark, ein weiterer kommt nach Hoppenrade.

Hühner sind sehr neugierige Tiere. ich finde, dass sieht man ihnen schon ein bisschen an.