Wohin zieht es die Havelländer Dohlen?

Mit einer Beringungsaktion soll das Verhalten der Dohlen im Osthavelland erforscht werden

Text & Fotos von Silvia Passow

Nauen/Börnicke.   Auch Dohlen haben verschiedene Charaktere. Während die einen sich friedlich die Flügel vermessen, wiegen und anschließend Ringe anlegen lassen, sind andere nicht für diese Art der Behandlung empfänglich. Sie flattern unruhig, doch keines der Tiere mit dem eindrucksvollen Schnabel und respekteinflößenden Krallen wehrt sich ernsthaft. „Vielleicht hatten sie heute einfach nur etwas Besseres vor“, scherzt Konrad Bauer, Turmvogelexperte des NABU Osthavelland. Für Bauer geht dieser Tage ein lang ersehnter Wunsch in Erfüllung. Die von ihm betreuten Turmvögel werden beringt. Damit wird der Artenschutz im Osthavelland durch wissenschaftliche Aufzeichnungen ergänzt.

Mit dem Beringen erfüllt sich für Konrad Bauer vom NABU ein langersehnter Traum.

Konrad Bauer kümmert sich seit Jahren um die Dohlen, Turmfalken und Schleiereulen, die in den Kirchtürmen, Scheunen und Trafo-Häuschen ihre Behausungen haben. Mit den von ihm und seinem Team angebrachten Nistkästen verschafft er den Tieren sichere Bedingungen für die Aufzucht ihrer Jungen. Wie erst kürzlich bekannt wurde, stuft das Landesamt für Umwelt rund 6000 der 15 000 in Brandenburg lebenden Tiere, als gefährdet ein. Knapp 600 Arten gelten als akut gefährdet, 389 Arten sind bereits ausgestorben. Die kleine Dohle ist in Brandenburg stark gefährdet, im benachbarten Berlin gar vom Aussterben bedroht, erklärt Luis Langfeld. Der 21jährige Medizinstudent aus Berlin unterstützt Bauer derzeit. Er hat einen sogenannten Beringerschein, darf also die Wildvögel mit Ringen ausstatten. An die linken Beinchen kommen Ringe aus Metall der Vogelwarte auf Hiddensee, ans rechte Beinchen bringt Langfeld einen Kunststoffring an. Dieser trägt eine individuelle Kennung, die auch aus einiger Entfernung mit einem Fernglas lesbar ist. Beringt werden nur die Jungvögel, Bauer hofft damit mehr über den Lebenslauf der Vögel zu erfahren. Wie alt sie werden und wohin sie fliegen. Er kontrolliert regelmäßig die Nistkästen, führt Statistiken, mit den Daten aus der Beringung erhofft er sich weiterführende Erkenntnisse.

Fast schon wie ein professionelles Fotomodell verhält sich diese kleine Dohle.

Wenn man die Vögel dann schon mal zur Hand hat, werden sie auch gleich vermessen, Körperlänge, die Flügel, Gewichte, alles wird säuberlich erfasst und in Tabellen getragen. Langfeld hat das Beringen auf der Greifswalder Oie beim Verein Jordsand gelernt. Die in der südlichen Ostsee gelegene Insel Greifswalder Oie ist nur 54 Hektar groß, doch bietet sie unzähligen Vögeln eine Heimat, viele Zugvögel machen auf ihren Reisen Station.

Vorsichtig werden die jungen Vögel aus den Nistkästen geholt und gleich nach der Beringung auch wieder zurückgesetzt.

Das Turmvogel-Team mit Konrad Bauer hat 15 Brutplätze der Dohlen im Osthavelland kontrolliert. In 11 Kirchtürmen konnten 126 Dohlenküken gezählt werden, dazu kommen noch 31 Küken aus anderen Nistkästen. Insgesamt zählte Bauer 52 Brutpaare mit 157 Küken. Den Brutrekord hält in diesem Jahr ein Dohlenpaar aus Niebede mit fünf Jungdohlen. Es gibt also reichlich zu tun. In Pessin haben Langfeld und das Turmvogel-Team 12 Jungdohlen beringt, ein weiteres Dutzend aus einer Scheune in Brädikow trägt nun ebenfalls Ringe. Weiter ging es in der Kirche in Bredow. In Börnicke konnten in der Kirche 8 von 12 Jungdohlen beringt werden. Hier sind die ersten Vögel bereits flügge. In Börnicke nisten auch die Turmfalken erfolgreich, fünf Junge konnten im Nest gesichtet werden und ein Ei. Auch die Schleiereule war fleißig und hat bereits drei Eier. Die Turmvögel, sagt Bauer, ergänzen einander oft, zieht eine Art ein, folgen nicht selten auch andere. In Börnicke konnte beim Beringen zugesehen werden. Hier wurde dann die 40. Jungdohle beringt.

Im letzten Jahr hatte Konrad Bauer die Kirche in Börnicke mit der Urkunde und der Plakette „Lebensraum Kirche“ ausgezeichnet.

Ebenfalls in Börnicke hatte Bauer auch das Experiment gestartet und Dohlenkästen unterhalb eines Storchennestes angebracht. Von den vier Kästen sind drei von Dohlen bewohnt, sagt Bauer. Und die Störche sitzen oben in ihrem Nest mit Aussicht. Die Untermieter stören offensichtlich nicht, solange sie die Übersicht haben, sind sie mit der Nachbarschaft zufrieden. Übersicht soll auch die Beringung bringen. Konrad Bauer sagt, er sei schon sehr gespannt, ob die Dohlen in der Nähe bleiben oder sprichwörtlich da Weite suchen. Ob die kleinen Rabenvögel überall so viel Aufmerksamkeit bekommen wie im Osthavelland ist allerdings eher fraglich.

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