Holzpyramide für Eremit

Pressemitteilung des NABU Brandenburg vom 27. Mai 2021


Aufrichtung gefällter Habitatbäume / NABU begrüßt Schadensbegrenzung

Potsdam, 27. Mai 2021. Der Landesbetrieb Straßenwesen Brandenburg hat dieser Tage zwei an der B 273 zwischen Nauen und Börnicke gefällte Bäume wiederaufgerichtet. Der NABU Brandenburg begrüßt dies und hofft, dadurch den Lebensraum seltener Holzkäfer im Schutzgebiet „Leitsakgraben“ zu erhalten.

Im Januar 2021 waren im Zuge des Straßenausbaus nicht nur Alleebäume, sondern auch die beiden Habitatbäume gegen geltendes Recht gefällt worden. Diese alten Eichen dienen den FFH-Käferarten Großer Rosenkäfer und Eremit (auch Juchtenkäfer genannt) im Naturschutz- und FFH-Gebiet „Leitsakgraben“ als Lebensraum. Um diesen auch nach der Fällung zu erhalten, wurden diese beiden Bäume in der vergangenen Woche vom Landesstraßenbetrieb als Holzpyramide aufgerichtet und im Boden verankert.

„Die gefällten Bäume überleben zwar nicht, können den standortreuen Käfern aber noch jahrelang als Lebensraum dienen“, so Manuela Brecht, NABU-Naturschutzreferentin. Die Methode zur Sicherung wertvoller Habitatbäume mittels Carbonstangen wurde von der Firma „TreeConsult“ aus Bayern entwickelt und wird derzeit als Pilotprojekt an mehreren Standorten Deutschlands umgesetzt. „Auch, wenn es sich hierbei nur um Schadensbegrenzung handelt, hoffen wir, dass die Larven dieser seltenen und geschützten Käfer in den Stämmen überleben und die erwachsenen Käfer so später eine Chance haben, neue Habitatbäume in der unmittelbaren Umgebung zu suchen.“

Der „Leitsakgraben“ ist eines von fast 600 FFH-Gebieten in Brandenburg und zeichnet sich durch sein hohes Vorkommen an Wald-Lebensräumen aus. Durch den Sturm „Xavier“, die darauffolgenden forstlichen Eingriffe und den Straßenausbau der B 273 Anfang 2021 wurde der Eichen-Hainbuchen-Wald im Stadtwald Nauen nahe der Waldsiedlung bereits erheblich beeinträchtigt. Aktuell stehen der Holzkäferart Eremit nur noch drei der ursprünglichen sieben Alteichen als Habitatbäume zur Verfügung. Der Lebensraum wurde somit um über 50 Prozent zerstört.

„Brandenburg trägt eine besondere Verantwortung für die nach europäischem Recht besonders streng geschützte und in Brandenburg wie Deutschland stark gefährdete FFH-Käferart Eremit. Der Große Rosenkäfer ist deutschlandweit sogar vom Aussterben bedroht.“ erläutert Manuela Brecht.

Die Käferarten Großer Rosenkäfer (auch Großer Goldkäfer genannt, Protaetia aeruginosa bzw. Protaetia speciosissima) und Eremit (Osmoderma eremita) besiedeln vornehmlich alte, höhlenreiche Laubbäume, die in unseren Wäldern selten geworden sind. Entscheidend für die Wahl als Habitatbaum ist dessen Höhlenangebot. Erst in 150 bis 200 Jahre alten Bäumen bilden sich besiedlungsfähige Höhlen. In diesen findet die mehrjährige Entwicklung vom Eremit über Ei, Larve, Puppe bis zum Vollkerf statt. Daher ist es besonders fatal, dass die beiden über 200-jährigen Alt-Eichen an der B 273 gefällt wurden. Der Schutz des Eremiten, einer sogenannten Schirmart, sichert auch das Überleben zahlreicher gefährdeten Organismen im Alt- und Tot-, Habitatholz.

Manuela Brecht appelliert an die Verantwortlichen: „Wenn sich der Zustand unserer Brandenburger Wälder weiter verschlechtert, können sie auch immer weniger ihre ökologischen Dienstleistungen erbringen, wie z. B. Grundwasser zu filtern und zu speichern, den Treibhauseffekt zu reduzieren und das Lokal- und Mikroklima zu beeinflussen.“

Hintergrund:

Der NABU Brandenburg war Anfang des Jahres mit Hilfe eines Eilantrags gegen die Beseitigung von ca. 90 Alleebäume an der B 273 und weiterer Alt-Eichen im benachbarten geschützten Waldgebiet im Havelland vorgegangen. Auf Intervention des Verwaltungsgerichtes stellte der Landesstraßenbetrieb die weiteren Fällarbeiten ein. Im Rahmen dieses Straßenausbaus wurden in dem geschützten Waldgebiet auch weitere Alt-Eichen im Schutzgebiet gefällt. Deswegen hat der NABU Brandenburg bei der Staatsanwaltschaft Potsdam Strafanzeige gegen Unbekannt wegen des Verdachts auf vorsätzliche oder jedenfalls leichtfertige Zerstörung von Lebensstätten streng geschützter Käferarten gestellt.

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