Pressemitteilung des NABU Brandenburg vom 13. April 2021
Zerstörung von Lebensstätten streng geschützter Arten muss aufgeklärt werden!
Der NABU Brandenburg hat bei der Staatsanwaltschaft Potsdam Strafanzeige gegen Unbekannt wegen des Verdachts auf vorsätzliche oder jedenfalls leichtfertige Zerstörung von Lebensstätten streng geschützter Käferarten gestellt. Dieser Schritt ist für den Naturschutzverband nicht alltäglich und erfolgte erst nach sorgfältiger Abwägung. Von der Strafanzeige erhoffen sich die Naturschützer*innen die vollständige Aufklärung der Verantwortlichkeit für die rechtswidrige Fällung von zwei Habitat-Bäumen der streng geschützten FFH-Käferarten „Großer Rosenkäfer“ und „Eremit“ (auch Juchtenkäfer genannt) im Schutzgebiet „Leitsakgraben“ im Zuge des Ausbaus der B 273 zwischen Nauen und Börnicke im Februar dieses Jahres.
Die Planungen des Straßenausbaus der B 273 schneiden das Naturschutzgebiet und FFH-Gebiet „Leitsakgraben“ in drei Abschnitten. Bereits im Februar 2021 ist der NABU mit einem Eilantrag gegen die Beseitigung der geschützten Alleebäume vorgegangen, die im Zuge von Straßenausbauarbeiten an der B 273 im Havelland gefällt wurden. Auf Intervention des Gerichtes hat der Landessstraßenbetrieb die weiteren Fällarbeiten eingestellt. Im Zusammenhang mit dieser Maßnahme wurden im Wald auch weitere Alt-Eichen im Schutzgebiet gefällt. Darunter zwei Eichen, die bekannte Habitat-Bäume der Käferarten waren. Hierbei wiegt besonders schwer, dass es sich um die wenigen alten Bäume handelte, die sich überhaupt als Lebensstätte für diese Käfer eignen – und hier auch erfolgreich besiedelt worden waren.
Die streng geschützten Käferarten besiedeln vornehmlich alte und anbrüchige, höhlenreiche Laubbäume, in und an welchen die verschiedenen Entwicklungsstadien der Käfer leben. Entscheidend für die Wahl eines Brutbaumes ist dessen Zustand, denn die mehrjährige Entwicklung vom Ei über Larve, Puppe bis zum Vollkerf erfolgt im Mulmkörper der Stammhöhlungen alter Laubbäume, aber auch in Astbruchstellen, Spechthöhlen und in größeren Spalten hinter der Rinde.
„Für die nach europäischem Recht besonders streng geschützten und in Brandenburg wie Deutschland stark gefährdete FFH-Käferart Eremit (Osmoderma eremita) trägt Brandenburg eine besondere Verantwortung.“ sagt Manuela Brecht, Naturschutzreferentin des NABU Brandenburg. „Jedes einzelne Vorkommen ist von großer Bedeutung für den Erhalt der Art, da sie extrem selten ist und die Tiere sehr wenig mobil sind. Die Fällung dieser Lebensstätten wirkt sich daher auch in besonderem Maße auf die weitere Entwicklung der Käferpopulationen aus.“
Die Baumfällungen für den Straßenausbau der B273 bewirken eine erneute Schädigung des Schutzgebiets „Leitsakgraben“. Durch Sturmereignisse und darauffolgende Forstarbeiten im Schutzgebiet in den letzten Jahren wurde der FFH-Lebensraumtyp „Sternmieren-Eichen-Hainbuchenwälder“ sowie die FFH-Käferarten Eremit, Großer Rosenkäfer und Scharlachroter Plattkäfer durch Habitatverlust erheblich beeinträchtigt.
Obwohl die Planungsunterlagen Hinweise auf die Habitatbäume und die Besiedlung der Bäume mit streng geschützten Arten enthalten, wurden die beiden Alt-Eichen gefällt. Auch der Unteren Naturschutzbehörde war das Vorkommen bekannt.
Der NABU erhofft sich mit der Strafanzeige die Klärung der Verantwortlichkeiten für die Beseitigung der Bäume. „Aus diesem Verhalten müssen nun rechtliche Konsequenzen folgen.“ sagt Brecht. „Solche schwerwiegenden Verstöße gegen das Naturschutzrecht dürfen sich nicht wiederholen.“