Die Idee der Umweltsteuer entwickelt endlich Kraft

Pressemitteilung des Potsdamer Instituts für Klimafolgenforschung vom 20. Januar 2021

Jährlich 290.000 Pfund extra für Beleuchtung und Reinigung, weil der Smog alles verdunkelt und verdreckt: Mit dieser Kostenabschätzung für die Industriestadt Manchester begründete einst der englische Ökonom Arthur Cecil Pigou die Theorie der Umweltsteuer. In dem Klassiker „The Economics of Welfare“, dessen erste Auflage bereits 1920 erschien, rechnete er vor: Wenn der Staat solche „Externalitäten“ in die Produktpreise einfließen lässt, kann er den Wohlstand maximieren. 2020, genau 100 Jahre später, hat die politische Umsetzung von Pigous Erkenntnis eine neue Qualität erreicht und wichtige Einwände entkräftet. Eine CO2-Bepreisung ist effizienter als Regulierungen und Verbote, bilanziert eine Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) und des Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC). Die Studie wurde in der renommierten Fachzeitschrift International Tax and Public Finance publiziert.

„Wir bieten hier einen Ankerpunkt für die derzeitige Grundsatzdebatte in Klimapolitik und Klimaökonomie“, erklärt Ottmar Edenhofer, Direktor von PIK und MCC und einer der Autoren: „Wir legen dar, dass der Kampf gegen die Erderhitzung primär über CO2-Bepreisung im Sinne Pigous geführt werden sollte und nicht, wie noch vielfach praktiziert und empfohlen, durch Regulierungen und Verbote. Die Kritiker müssen sich fragen lassen, was die Alternative ist: Ordnungsrechtliche Maßnahmen mögen leichter durchsetzbar erscheinen, doch ihre volkswirtschaftlichen Kosten und Verteilungswirkungen sind gerade bei ambitionierten Klimazielen deutlich problematischer.“ Die Studie führt die Schwierigkeiten von CO2-Bepreisung explizit auf und zeigt, dass diese 2020 im deutschen Klimapaket und teils auch im European Green Deal der EU überzeugend adressiert wurden; zudem skizziert sie eine CO2-Preis-basierte globale Klimapolitik.

Zum Einwand, CO2-Bepreisung erzeuge eine soziale Schieflage, schreibt das Autorenteam: Diese lässt sich durch entsprechende Verwendung der Einnahmen vermeiden – das deutsche Klimapaket etwa enthält eine Senkung des Strompreises, die Ärmere überproportional entlastet. Mit Blick auf das Argument, globale Klimaschäden seien schwerer zu beziffern als einst Smog-Schäden in Manchester und „richtige“ CO2-Preise kaum zu bestimmen, verweist die Studie auf den ab 2026 in Deutschland geltenden Korridor aus Höchst- und Mindestpreisen; sie empfiehlt so etwas auch für den EU-Emissionshandel. Das deutsche informelle „Klimakabinett“ sieht sie als ersten Schritt, um trotz zersplitterter Zuständigkeiten Lösungen aus einem Guss zu schaffen. Und die EU-weite Festlegung auf Klimaneutralität 2050 sowie die verschärften 2030-Ziele könnten politisches Hin und Her vermindern und Klima-Investitionen kalkulationssicherer machen.

„Europa hat 2020 seinen Pigou-Impuls erlebt, wir sehen bemerkenswerte Erfolgsgeschichten – doch dieser Fortschritt ist bislang fragil“, warnt Edenhofer. „Wenn wir die vom großen Vordenker Arthur Cecil Pigou entwickelten Erkenntnisse jetzt endlich kraftvoll umsetzen, brauchen wir weitere Weichenstellungen.“ Die Studie beschreibt den Handlungsbedarf. So könnte eine „Europäische Kohlenstoff-Bank“ verlässliche Feinsteuerung beim CO2-Preis übernehmen, ähnlich wie sich die Europäische Zentralbank unabhängig von Wahlterminen um Geldmenge und Inflationsschutz kümmert. Eine Reform globaler Transfersysteme könnte helfen, CO2-Bepreisung auch in Entwicklungs- und Schwellenländern zu erleichtern. Und um das Vertrauen in die Klimapolitik zu stützen, Kernvoraussetzung für Erfolg, braucht es neue Formate für einen „gemeinsamen Lernprozess von Wissenschaft, Politik und Bevölkerung“. In Deutschland wurde ein solcher Prozess im Jahr 2020 durch das Energiewende-Projekt Ariadne angestoßen.

Artikel: Edenhofer, Ottmar, Franks, Max & Kalkuhl, Matthias. Pigou in the 21st Century: a tribute on the occasion of the 100th anniversary of the publication of The Economics of Welfare. Int Tax Public Finance (2021). DOI: https://doi.org/10.1007/s10797-020-09653-y

Weblink zum Artikel: https://link.springer.com/article/10.1007/s10797-020-09653-y

Stärkung des Rezyklatmarktes für Kunststoffe – Brandenburg übernimmt Vorsitz der UMK-Sonderarbeitsgruppe „Rezyklateinsatz stärken“ (RESAG)

Pressemitteilung des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz vom 19. Januar 2021

Potsdam – In Deutschland werden jährlich zirka 14 Millionen Tonnen Kunststoffe zu Produkten verarbeitet. Allerdings stammen lediglich etwa 14 Prozent des Rohstoffbedarfs dabei aus recycelten Kunststoffen, also Rezyklaten (Kunststoffgranulat aus Abfällen). Die durchaus vorhandenen Potentiale werden derzeit bei weitem nicht ausreichend ausgeschöpft. Um das zu ändern, hat die Umweltministerkonferenz auf Initiative der Länder Baden-Württemberg und Brandenburg die Einrichtung einer Sonderarbeitsgruppe „Rezyklateinsatz stärken“ (kurz: RESAG) beschlossen, die nun ihre Arbeit unter der Leitung Brandenburgs aufnimmt.

Umweltminister Axel Vogel: „Kunststoffe können ausgezeichnete Eigenschaften haben: Sie ermöglichen unter anderem die Herstellung leichter und stabiler Produkte, zum Beispiel im Elektronikbereich oder im Fahrzeugbau. Aufgrund der vielfältigen Eigenschaften, die die breite Palette verschiedenster Kunststoffe für das jeweilige Einsatzgebiet aufweisen müssen, ist das Recycling von Kunststoffen besonders anspruchsvoll. Der aktuelle Preisdruck auf dem Kunststoffgranulate-Markt schwächt zudem die Position des Kunststoffrecyclings erheblich. Häufig ist es für Unternehmen günstiger, neu produzierte Kunststoffe zu verwenden, als auf recycelte Kunststoffe zurückzugreifen.“

Bereits jetzt müssen Kunststoffabfälle entweder getrennt erfasst oder Abfallgemische entsprechend aufbereitet werden. Für die von der Entsorgungsbranche bereitgestellten Kunststoffrezyklate fehlen derzeit jedoch ausreichend Absatzmöglichkeiten. In der kunststoffverarbeitenden Industrie ist aber bereits ein gewisser Trend zu erkennen, Rezyklate vermehrt einzusetzen, wobei insbesondere hochwertige Qualitäten nachgefragt werden.

Die im Markt derzeit überwiegend verfügbaren Kunststoffrezyklate werden diesem Anspruch jedoch vielfach noch nicht gerecht. Auch ist die Bereitschaft zum Einsatz von Rezyklaten im Allgemeinen stark vom Preis für Rohöl abhängig. Das führt dazu, dass Investitionen in Recyclinginfrastruktur unter einem hohen Preisrisiko leiden. Die im Verpackungsgesetz und der Gewerbeabfallverordnung verankerten Recyclingziele drohen außerdem bei weiterhin niedrigem Rohölpreis aufgrund der derzeit bestehenden Marktmechanismen verfehlt zu werden.

Dazu Minister Axel Vogel: „Das Kunststoffrecycling braucht verlässliche und praktikable Rahmenbedingungen. Wir freuen uns auf die herausfordernde Aufgabe, gemeinsam mit den Umweltverwaltungen von Bund und Ländern sowie der Wirtschaft innerhalb der kommenden Monate in einen intensiven Austausch einzusteigen und tragfähige Lösungsansätze zu entwickeln. Ziel ist es, den Einsatz von Kunststoffrezyklaten möglichst flächendeckend und zügig voranzubringen.“

Die Einrichtung der Sonderarbeitsgruppe geht auf einen Beschluss der Umweltministerinnen und -minister in ihrer 95. Sitzung am 13. November 2020 zurück, der von den Ländern Baden-Württemberg und Brandenburg eingereicht wurde. Das aktuelle Vorsitzland der Umweltministerkonferenz, Mecklenburg-Vorpommern, hat nun das Land Brandenburg mit dem Vorsitz der Arbeitsgruppe betraut. 

Über die Arbeit der RESAG informieren wir Sie auch auf der Internetseite des Ministerium:

https://mluk.brandenburg.de/mluk/de/umwelt/abfall/resag/

Virtuelles Lernerlebnis: Mit einem Klick von der Couch in Wald, Wiese und Moor

Pressemitteilung des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz vom 18. Januar 2021

Potsdam/Stuhr – Zur Eindämmung der Corona-Pandemie sind erneut deutschlandweit Schulen geschlossen. Als unterhaltsames Lernangebot für zuhause hat die Stiftung NaturSchutzFonds Brandenburg www.wilde-welten.de herausgebracht – eine interaktive Webseite zum Naturerkunden für Kinder im Grund-schulalter. Ergänzt wird das Angebot durch ein Mitmach-Heft zum Aufgabenlösen, Experimentieren und Basteln sowie um eine Handlungsanleitung für Lehrerinnen und Lehrer zum Einsatz der Wilden Welten als digitale Lernressource.

„Die Wilden Welten machen viel Spaß, weil man sich in unserer virtuellen Natur 360 Grad in alle Richtungen umschauen kann und selbst bestimmt, was man erkunden möchte“, erklärt Marc Thiele von der Stiftung Naturschutzfonds Brandenburg. Die Virtual-Reality-Anwendung stellt 50 Tier- und Pflanzenarten in den Lebensräumen Wald, Wiese und Moor genauer vor. „Das ist natürlich am unterhaltsamsten, wenn man eine VR-Brille hat. Da steht man dann gefühlt knietief in einem Moor vor einer Ringelnatter und hat ein sehr realistisches Erlebnis“, so Thiele. Umschauen können sich Nutzer aber auch am PC mit der Maus oder mit einem Tablet-Computer, selbst per Smartphone.

Die Anwendung ist samt Nachtmodus, Tiervideos, Wolfsgeheul und Wildschweingrunzen frei über www.wilde-welten.de abrufbar. „In der aktuellen Situation sind die Wilden Welten samt Begleitheft sowohl eine interessante digitale Lernressource, als auch ein unterhaltsames Angebot, um Kinder sinnvoll zuhause zu beschäftigen“, findet Marc Thiele von der Landesnaturschutzstiftung. Das 18-seitige Begleitheft sowie die umfang-reiche Handreichung für Lehrerinnen und Lehrer können auf der Startseite von www.wilde-welten.de heruntergeladen werden. Die Stiftung versendet das Material auf Anfrage jedoch auch gedruckt als kostenfreien Klassensatz.

Entworfen und programmiert wurden die Wilden Welten von Kubikfoto aus Bremen, die europaweit zu den renommiertesten Firmen auf dem Gebiet der Entwicklung nahezu realer virtueller Welten zählt. „Wir haben reale 360-Grad-Filmsequenzen mit interaktiven Inhalten verschmolzen und dadurch eine virtuelle, videobasierte und interaktive Erlebnis- und Lernwelt geschaffen. Diese Technologie ist neu und macht vor allem viel Spaß“, erklärt Kubikfoto-Gründer Holger Weber. Alle Inhalte der interaktiven Webseite und auch die Ranger darin, übrigens zwei echte Naturwächter aus dem Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin, wurden an realen Orten gefilmt und fotografiert.

„Wie wir aus Tests wissen, lernen die Kinder mit Hilfe der VR-Technik sehr viel motivierter als mit dem Buch. Unsere Anwendung ist daher gut geeignet, um Zusammenhänge zu vermitteln. Dabei soll es aber nicht bleiben. Ziel ist ganz klar, die Kinder raus in die reale Welt zu locken, in die echte Natur“, erklärt Marc Thiele. Die Ranger der Natur-wacht Brandenburg bieten mit ihren Umweltbildungsangeboten reichlich Gelegenheit für Schulklassen, in freier Natur zu lernen. Dies allerdings erst wieder, wenn die Corona-Krise ausgestanden ist.

Zehn grüne Schulhöfe für Brandenburg – klimagerecht und nachhaltig

Pressemitteilung des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz und der Deutschen Umwelthilfe vom 18. Januar 2021  

Potsdam / Radolfzell – Auch wenn der Schulalltag im Distanzunterricht aktuell Schülerinnen und Schüler, Lehrkräfte und Eltern fordert, sollen Schulen und die Schulhöfe bald wieder lebendige Orte des Lernens und Erlebens werden.Das Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz des Landes Brandenburg und die Deutsche Umwelthilfe (DUH) suchen im Rahmen des Wettbewerbs „Zehn grüne Schulhöfe für Brandenburg“ noch bis zum 31. Januar zehn Schulen, die ihre Schulhöfe in naturnahe, klimagerechte, nachhaltig soziale und attraktive Lebens- und Lernräume verwandeln wollen.

Bei ihren Bewerbungen werden die Schulen von der Deutschen Umwelthilfe beraten und individuell unterstützt.

Durch finanzielle Förderung und intensive Begleitung sollen Schulen im Rahmen des Wettbewerbs Ihre Schulhöfe neu denken. Ziel dabei ist, Schulhöfe in klimagerechte, nachhaltige und grüne Lebens- und Lernräume zu verwandeln.


„Schulhöfe können grüne Oasen sein, auf denen Kinder wichtige Impulse für den Unterricht finden, sich erholen, sich bewegen und insgesamt vielfältige Anregungen für Ihre Sinne erleben können. Gerade die Pandemie zeigt, dass nicht nur das Schulgebäude, sondern auch Grün- und Freiflächen gemeinsames Lernen essentiell unterstützen können. Viele Schulen nutzen die aktuelle Situation auch als Chance, um ihr Schulgelände fürs Lernen im Freien fit zu machen“, so Umweltminister Axel Vogel.


Wir wollen motivierte und zukunftsorientierte Schulen da abholen, wo sie stehen und uns gemeinsam auf einen spannenden Weg begeben“, sagt Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH. „Mit der gesamten Schulgemeinschaft gemeinsam Ideen entwickeln, planen und in die Umsetzung kommen ist Kern des Projektes. Dazu wollen wir in Brandenburg die Schulen begleiten und hoffen auf zahlreiches Interesse.“


Vier sogenannte Umsetzungsschulen werden gesucht, die bereits die ersten Schritte schon gegangen sind und ihren Schulhof neu geplant haben. Deren Schulhofplanung soll sich durch ein hohes Maß an Naturnähe und Nachhaltigkeit auszeichnen und Ideen zum Klimaschutz und zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels integrieren. Ein besonderer Fokus liegt auf der Motivation und Partizipation aller an der Schule Beteiligten. Den vier Umsetzungsschulen winkt jeweils eine Fördersumme von 30.000 Euro als Anschubfinanzierung für die Umsetzung ihrer Planung.


Mit je 5.000 Euro werden zusätzlich sechs Schulen gefördert, die schon länger den Wunsch haben, ihren Schulhof endlich umzugestalten, denen aber bisher das Geld und das fachliche Know-how für eine partizipative Planung fehlen. Alle zehn Schulen werden neben der finanziellen Förderung im Projekt kontinuierlich begleitet und erhalten eine vielfältige Unterstützung, unter anderem mit Schulungen und einer Schulhofkonferenz.

Die Förderung richtet sich an alle Grund- und weiterführenden Schulen in Brandenburg. Letzter Einsendeschluss für die Bewerbung ist der 31. Januar 2021. Wie eine Schule teilnehmen kann ist auf der Projektwebseite www.duh.de/schulhof-brandenburg erklärt. Dort finden Sie alle Informationen und Unterlagen zum Wettbewerb und können die Ansprechpartner direkt kontaktieren. Bei Fragen zum Wettbewerb können sich die Schulen auch telefonisch beraten lassen.

Hintergrund:

Mit dem Projekt in Brandenburg startet die Deutsche Umwelthilfe nun neben Thüringen und Hessen bereits in einem dritten Bundesland einen Schulhofwettbewerb, der Schulen konkret auf ihrem Weg zu grünen, klimagerechten und klimafreundlichen Schulhöfen unterstützt und begleitet.