Pressemitteilung des Deutschen Tierschutzbundes vom 30.November 2020
Der Deutsche Tierschutzbund warnt eindrücklich vor einer möglichen Aufweichung des EU-Tierversuchsverbots für Kosmetika. Trotz des Verbots hat die Europäische Chemikalienbehörde (ECHA) einen deutschen Hersteller aufgefordert, zwei UV-Filter im Tierversuch testen zu lassen, welche lediglich in Kosmetika Verwendung finden. Eine Beschwerde des Herstellers wies die Beschwerdekammer der ECHA ab. Der Deutsche Tierschutzbund befürchtet nun einen Rückschritt für den Tierschutz. Gemeinsam mit anderen Tierschutzorganisationen hat der Verband sich daher an das EU-Parlament gewandt und fordert, dass das Verbot aufrechterhalten und ausschließlich tierversuchsfreie Teststrategien in allen Bereichen der gesetzlich vorgeschriebenen Sicherheitsprüfungen etabliert werden.
„Die Entwicklung ist auf das Höchste alarmierend“, kommentiert Kristina Wagner, Leiterin des Referats für Alternativmethoden zu Tierversuchen beim Deutschen Tierschutzbund. „Das EU-Tierversuchsverbot für Kosmetika war das Ergebnis eines über dreißigjährigen Kampfes von Tierschützern. Auch die EU-Bürger wollten nicht mehr länger hinnehmen, dass Tiere für kosmetische Produkte leiden müssen.“ Mit Inkrafttreten der letzten Stufe des Verbots sind Tierversuche für fertige Kosmetika und für neue Inhaltsstoffe, die ausschließlich in kosmetischen Produkten vorkommen, seit 2013 nicht mehr zulässig. Zudem gilt ein Vermarktungsverbot für in Tierversuchen getestete Kosmetika. Dass nun offenbar die Arbeitssicherheit vorgeschoben wird, um auch rein kosmetische Stoffe wieder im Tierversuch zu testen, ist aus Tierschutzsicht nicht hinzunehmen. Der Deutsche Tierschutzbund hat sich daher mit den größten und auf EU-Ebene agierenden Tierschutzorganisationen zusammengetan: Cruelty Free Europe, ECEAE – European Coalition to End Animal Experiments, Eurogroup for Animals, Humane Society International und PETA UK. Gemeinsam haben sie die EU-Kommission und die Abgeordneten im EU-Parlament aufgefordert, den Wunsch der Bevölkerung zu respektieren und sicherzustellen, dass das EU-Tierversuchsverbot nicht geschwächt oder gar ausgehebelt wird.
Verbraucher- und Arbeitssicherheit auch durch tierversuchsfreie Tests
ECHA und die Beschwerdekammer der Behörde argumentieren damit, dass Arbeiter bei der Produktion nicht gefährdet werden dürften, wenn sie mit den besagten Stoffen in Kontakt kommen. Rückendeckung kommt dafür von der EU-Kommission: Diese hatte bereits in der Vergangenheit geäußert, dass zur Gewährleistung der Arbeitssicherheit Tierversuche auch für kosmetische Inhaltsstoffe gefordert werden können. „Natürlich ist es notwendig, dass der Arbeitsschutz gewährleistet wird. Dieser lässt sich aber genauso durch tierversuchsfreie Testmethoden sicherstellen, die am Ende auch die Sicherheit der Verbraucher gewährleisten“, erklärt Wagner. Das EU-Tierversuchsverbot für Kosmetik hatte maßgeblich dazu beigetragen, dass durch die Kosmetikindustrie aussagekräftige tierversuchsfreie Testmethoden entwickelt und behördlich anerkannt wurden. Diese Methoden kommen mittlerweile auch für gesetzlich vorgeschrieben Sicherheitsprüfungen in anderen Bereichen zum Einsatz und sind teils Grundlage von international anerkannten Prüfvorschriften für Chemikalien der OECD. Das Verbot diente zudem zahlreichen Ländern außerhalb der EU als Vorbild für ähnliche Tierversuchsverbote und brachte so weltweit den Tierschutz voran.
Mehr zum EU-Tierversuchsverbot für Kosmetika unter: www.tierschutzbund.de/information/hintergrund/tierversuche/kosmetik