Sanierung für Ribbecks inoffizielles Wahrzeichen

Der Storchenhorst auf dem Schornstein der „Alten Brennerei“ wurde abgetragen und ersetzt

Reportage aus Ribbeck von Silvia Passow

Nauen/Ribbeck.   Mag das Schloss derer von Ribbeck das Wahrzeichen des Birnendorfes, es ist jedoch der Schornstein der „Alten Brennerei“, der von einem mächtigen Storchenhorst gekrönt ist, der bei der Anfahrt durch das leicht hügelige Havelland zuerst ins Auge fällt. Anders als in Pisa ist hier nicht der Schornstein schief, der steht wie eine Eins. Es war die obenauf aufliegende Storchenwohnung, die sich bedrohlich zur Seite neigte. „So manches Mal sprachen mich Touristen besorgt auf das schiefe Nest auf dem Schornstein an“, sagt Christian von Ribbeck. Die von Ribbecks stellen in der um 1850 erbauten Brennerei Birnenessig her. Die Gäste auf dem Schornstein sind von Ribbeck im Laufe der Zeit vertraut geworden, er hat sich einiges Wissen um Adebar zugelegt und war sogleich zur Mithilfe bereit, als eine Sanierung der Storchenbehausung anstand.

So sag das Nest im Mai letzten Jahres aus. Auch auf die Entfernung ist der Schiefstand gut zu sehen.
Foto: Silvia Passow

Claudia Jörg ist die Storchenbeauftragte des NABU in der Region. Sie plante das Projekt und ist voller Begeisterung für die vielen Helfer, die sich ihr angeschlossen haben und für die Unterstützung der Unteren Naturschutzbehörde dankbar. Die stellte den neuen, von einem Fachmann geflochtenen Korb, zur Verfügung, der die Grundlage für das neue Nest bilden wird. Und sie finanzierte mit 2700 Euro die Aktion. Denn um auf den 30 Meter hohen Schornstein zu gelangen, war eine Hebebühne nötig. Viermal musste Jörg auf den Turm fahren, um dem Nest mit einer Mistgabel zu Leibe zu rücken und es Stück für Stück abzutragen. Unterstützt wurde sie dabei von Konrad Bauer, dem Turmvogel-Experten des NABU Osthavelland, dessen Einsatzgebiete sich naturgemäß in luftiger Höhe befinden und für den Schwindelfreiheit zur Aufgabenbeschreibung gehört.

Konrad Bauen und Claudia Jörg arbeiten in luftiger Höhe
Foto: Silvia Passow

Rund 2,50 hoch war der Horst und auf etwa eine Tonne Gewicht brachte er es, schätzen Bauer und Jörg. „Dennoch war es eng geworden für eine sechsköpfige Storchenfamilie“, sagt Jörg. Denn das Nest verlief konisch nach oben und für das Storchenpaar, welches in diesem Jahr erfolgreich vier Junge hier großgezogen hatte, war die Enge schon grenzwertig. So wacklig wie der Horst von unten aussah, war er allerdings nicht. „Ich hatte immer den Eindruck, das Nest sitzt wie ein Korken auf dem Schornstein“, sagt von Ribbeck, während er hilft, die Mischung aus Ästen, Reisig und trockenen Pferdedung von der Hebebühne zu holen. Jörg bestätigt den Eindruck und ist dennoch froh, denn wer weiß wie lange der Horst da oben auf dem Schornstein den Elementen getrotzt hätte. Außergewöhnliche Fundstücke gab es im Nistmaterial nicht, Putzlappen, ein langes Stück Schnur, Wäschestücke. Wer in Ribbeck die Wäsche draußen trocknet, sollte wohl mit diebischen Störchen rechnen. „Erfreulich wenig Plastik“, sagt Bauer. Das ist leider nicht immer so, fügt er hinzu.

Was so alles in einem Storchennest zu finden ist. Christian von Ribbeck, Claudia Jörg und Dieter Stark laden aus
Foto: Silvia Passow

Tatsächlich wäre ein Überraschungsfund über viele Jahre dort oben wohlgehütetes Geheimnis gewesen.

„Storchenvater“ Dieter Stark und Claudia Jörg
Foto: Silvia Passow

Der Horst ist älteren Ribbeckern, wenigstens seit 1962 bekannt. In den Listen der Storchenbeobachter im Osthavelland taucht der Horst ab 1977 regelmäßig auf, ab 1981 wurden hier erfolgreich Jungvögel aufgezogen. „An den Horst kamen wir damals nicht ran“, sagt Ursula Stark, die sich mit Ehemann Dieter Stark jahrelang um die Störche im Kreis gekümmert hatte. Dieter Stark brachte sein Engagement den Beinamen „Storchenvater“ ein. Nun stehen beide unten, auf der Wiese der „Alten Brennerei“ und schauen mit interessiertem Blick hinauf. Von oben rieseln unablässig Laub, Stroh, kleinere Ästchen und wahrscheinlich auf noch andere Hinterlassenschaften vieler Storchgenerationen.

Vier Mal ging es rauf zum Nest
Foto: Silvia Passow

Nachdem das Nest abgetragen ist, kommen erstmal die Maurer zum Einsatz. Beste Bedingungen soll die neue Unterkunft haben und eine Weile halten. Danach wird eine extra für diesen Zwack umgearbeitete Palette auf den Schornstein gesetzt und an den Steinen befestigt. Dann kommt der Korb rauf, wieder wird alles befestigt und es wird sozusagen für die erste Einrichtung gesorgt. Äste und Rindenmulch geben die Grundausstattung, die neue Heimat für Adebar ist bezugsfertig. Das Beste an dem Domizil ist aber unverändert. Die Aussicht, weit übers Land, bis hinüber zu den Windrädern auf der Nauener Platte. Dem Storch zu Füßen liegt das Schloss und mit ihm der gesamte Ort.  

Luftiger Wohnplatz. Das Nest ist abgetragen, am Abend war das neue Nest auf dem Schornstein angebracht
Foto: Silvia Passow

Die Gefahr, dass die Störche den neuen Horst nicht annehmen, besteht laut Claudia Jörg, nicht. Sie sind Ortstreu, was man in Sachen Partnerschaft nicht unbedingt von ihnen behaupten kann.

Claudia Jörg zeigt die Bauelemente des neues Horstes
Foto: Silvia Passow

Wer nun nach Ribbeck kommt wird von einem Schornstein ohne schiefes Nest von Ribbeck empfangen. Möglicherweise ändert sich das, wird das Nest mit jedem Jahr wachsen. Und noch wichtiger, im Inneren des Nestes wächst sicher und behütet, dank vieler helfenden Hände, Adebars Nachwuchs.

Der Schornstein der Alten Brennerei ohne Storchenhorst. Ein ungewohnter Anblick, blieb ja Gott sei Dank nicht lange so.
Foto: Silvia Passow

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