Die Moosbruchheide, Porträt einer stillen Naturschönheit
Falkensee. Der Wind streichelt sanft durchs kniehohe Gras, trägt diesen würzigen Duft von Sommer mit sich. Ein Mäusebussard zieht seine Kreise, seine Rufe mischen sich ins Rascheln der Halme. Dieser unberührte Flecken Natur ist ganz sicher ein Paradies für Mäuse, Salamander, Zauneidechsen, Frösche und Insekten. Und für den schillernd bunten Eisvogel, der ist hier nistet und jagt. Der seltene Vogel hat es bis zum Maskottchen des Naturschutzgebietes gebracht. Dass es dieses Kleinod am Stadtrand überhaupt gibt, dass es sogar gesetzlichen Schutz genießt, dass ist dem Einsatz vieler Menschen, allen voran den Mitgliedern der „Bürgerinitiative (BI) Moosbruchheide“ zu verdanken.
Die Welt im Kleinen, unterschiedliche Lebensräume auf geringen Raum
Die Moosbrauchheide liegt am Ortsrand der Stadt, im Ortsteil Finkenkrug wird von der Zeppelinstraße und der Lilienthalstraße begrenzt. Im Westen grenzt das Gebiet an den Russengraben, nördlich an den Schlaggraben. 1,3 Hektar umfasst das Biotop Moosbruchheide, keine sonderlich große Fläche. Umso erstaunlicher, wie viele geschützte und gefährdete Arten in unterschiedlichen Lebensraumtypenleben hier anzutreffen sind. Feucht- und Nasswiesen und Trockenrasen. Ihre Entdeckung geht auf den Einsatz besagter Bürgerinitiative und der Ortsgruppe des BUND zu verdanken. Denn vorher nannte man das Stück Land schlicht Brache.
Das war 2010, erinnert sich Karin Schofeld, Sprecherin der BI Moosbruchheide, zurück. Schofeld sagt, dieses Stück Natur hat eine regulierende Funktion auf die Umgebung, es ist Teil des Luchs und stand schon immer unter Schutz.“ Reguliert wird hier die Be- und Entwässerung durch die beiden Gräben, erläutert sie weiter. Die feuchten Senken der Moosbruchheide gehören dazu. Dennoch gab es vor zehn Jahren Bestrebungen die sogenannte Brache in Bauland umzuwidmen. Aus diesem Bestreben heraus entstand die BI.
Wie wichtig den Nachbarn der Moosbruchheide ihr Biotop ist, sieht man bereits an den Gartenzäunen. Da hängen die mahnenden Plakate, auf denen zu lesen ist, wie wenig die Nachbarn von einer Bebauung der Moosbruchheide halten.
Kaum waren die Bebauungspläne vom Tisch zogen die Bürger der Umgebung los und begannen mit vorsichtigen Pflegemaßnahmen auf dem Gebiet. Eine Untersuchung durch das Landesumweltamt initiierten ebenfalls die Mitglieder der BI. Die Untere Naturschutzbehörde kam zu dem Schluss, die Feucht- und Nasswiesen unter Schutz zu stellen. Seitdem wacht die Naturschutz-Eule über dem Gebiet. Es folgten Begehungen und Kartierungen, verschiedene Fachleute untersuchten das Areal, entdeckten dabei gefährdete Arten. So zum Beispiel Schlangen-Lauch, Purgier-Kreuzdorn, Heide Nelken, Blauweiderich, Frühlings-Segge, Flaumiger Wiesenhafer und Salomonsiegel. „All diese Pflanzen stehen auf der Roten Liste der bedrohten Pflanzenarten“, sagt Schofeld. Dazu kommen seltene und sehr seltene Käferarten, die geschützte Zauneidechse. Reiher, Störche, Waldeidechse, Biber, Molche, Fasan, Erdkröte, Waldkauz, Ringelnatter, um nur einige der Bewohner und Besucher zu nennen, leben hier oder schauen mal vorbei und natürlich das Maskottchen der Moosbruchheide, der Eisvogel. Nur wenig größer als ein Sperling ist der Kleinfischjäger. Sein Bauch leuchtet orangerot, der Rücken ist kobaltblau, ein fliegendes Juwel. Der sehr seltene und geschützte Vogel nistet an der Abbruchkante des Russengrabens. Der Eisvogel gilt als ein Indikator für eine intakte Natur, sagt Schofeld. „Deshalb haben wir ihn zum Wappentier für die Moosbruchheide benannt.“ Diese intakte Natur, sagt Schofeld weiter, konnte man auch in den letzten beiden, sehr trockenen Sommern bestaunen. „Obwohl es wochenlang nicht geregnet hatte, waren die Wiesen in der Moosbruchheide wunderschön grün“, sagt sie.
Dort wo Zeppelin- und Lilienthalstraße aufeinandertreffen befindet sich der Info-Punkt Moosbruchheide. Zwei Informationstafeln stehen dort und ein Eisvogel, weniger farbenfroh als das Original, aber dafür größer und detailverliebt aus Holz geschnitzt. Ein idyllischer Platz, von hier aus kann sich der Blick in der Landschaft verlieren. Die Seggengrasbestände stehen derzeit hoch, hineinlaufen sollte man in die Wiese nicht. Um bodenbrütende Vögel nicht zu stören, außerdem sitzen im Gras sehr hungrige Zecken. Sie helfen der Naturschutzeule, verweisen den Menschen auf den Beobachtungsposten und das ja auch mal ganz gut so. Im Schatten der Eichen lässt es sich hervorragend sitzen und die Natur beobachten. Was bereits zwei junge Falkenseer mit Erfolg taten. Vor fünf Jahren bescherte zwei Schülern des Lise-Meitner-Gymnasiums ihre Erforschung der Moosbruchheide der 5. Preis bei „Jugend forscht“ in der Kategorie Geo- und Raumwissenschaften. Sie erstellten Bodenprofile, analysierten Wasser der Gräben, kartierten Pflanzen und Tierwelt. Sie wiesen dabei 25, zum Teil bedrohte, Käferarten nach.
Früher waren zweimal im Jahr Pflegeeinsätze nötig. Das hohe Gras wurde von Hand mit der Sense eingekürzt. Das Angebot eines Traktors zum Mähen wurde dankend abgelehnt. Schweres Gerät würde den Boden verdichten. Viel besser und auch viel schöner anzusehen, sind die Schafe von Schäfer Olaf Kolecki, die hier seit zwei Jahren das Mähen übernehmen.
An den Arbeitseinsätzen kann sich jeder beteiligen. So kommen regelmäßig Geocaching Begeisterte und beteiligen sich an den Arbeiten. Der Info-Punkt wurde ebenfalls von der BI bezahlt und eingerichtet. „Mit Unterstützung der Stadtverwaltung“, sagt Schofeld. Ein schöner Ort für fantastische Naturbeobachtungen. Wer zu Fuß oder mit dem Rad den Schlaggraben erkundet, findet hier einen romantischen Rastplatz. Auch die Erkundung des Bredower Forstes lässt einen Abstecher zu. Über die Brücke an der Brandenburgstraße den Forst verlassen, rechts in die Lilienthalstraße abbiegen und ihr folgen. Sie führt direkt zum Info-Punkt Moosbruchheide. Auf einen der Baumstämme setzen, Beine ausstrecken und genießen.