Untere Wasserbehörde mahnt zum sparsamen Umgang mit Wasser

Pressemitteilung des Landkreises Havelland vom 11.August 2020

Angesichts der aktuellen Hitzeperiode appelliert die untere Wasserbehörde des Landkreises Havelland zum sparsamen Umgang mit Wasser. Die Bewässerung von Grünanlagen und Gärten aus dem eigenen Brunnen und dem Leitungsnetz sollte ausschließlich in den Morgenstunden bis 9 Uhr und in den Abendstunden ab 18 Uhr erfolgen.

Auch wenn das Jahr 2020 bisher insgesamt mehr Regen brachte als die beiden vorangegangenen Jahre, konnte das Defizit im Grundwasserspeicher bei weitem noch nicht aufgefüllt werden. Dies zeigt sich unter anderem im Wasseraufkommen von Havel, Rhin und Dosse. Die Abflüsse sind seit April 2020 ebenfalls zu gering und erreichen weniger als die Hälfte des langjährigen Mittels. Dieses Wasseraufkommen wird noch aus der Elbe sowie aus dem Dosse- und Rhinspeicher gestützt. Für die letztgenannten Speicher reicht das Wasser bei der gegenwärtigen Witterung jedoch noch maximal 14 Tage. Die untere Wasserbehörde weist vor diesem Hintergrund ausdrücklich darauf hin, dass die Wasserentnahme aus der Havel mittels Pumpen verboten ist. Lediglich das Schöpfen mit Handgefäßen ist noch erlaubt.

Bei Hitze und Trockenheit auch an Pflanzen und Tiere denken NABU bittet Naturfreunde um das Aufstellen von Tränken und das Gießen von Straßenbäumen

Pressemitteilung des NABU vom 7. August 2020



Potsdam.
Der NABU Brandenburg bittet Naturfreunde wegen des extrem trockenen Wetters jetzt Ttränken aufzustellen und auch die Bäume vor dem Haus zu gießen.
Angesichts der anhalten Trockenheit und der derzeitigen Hitzeperiode leiden die Vögel, aber auch Insekten und Kleinsäuger unter dem Wassermangel. Die wenigen verbliebenen natürlichen Wasserstellen trocknen bereits aus. Es sei daher sehr wichtig, den Tieren saubere Tränken anzubieten, ganz gleich, ob im Garten, auf der Terrasse oder dem Balkon.

Christiane Schröder, NABU-Landesgeschäftsführerin rät: „Zunächst müsse darauf geachtet werden, dass das Wasser sauber bleibe. Allzu schnell können sich sonst Salmonellen, Trichomonaden & Co. vermehren. Täglicher Wasserwechsel, Ausspülen und Sauberwischen gehören zum Pflichtprogramm verantwortungsvoller Tierfreunde.“

„Es gibt Vogelbäder im Gartenhandel, eine flache Schüssel, ein Blumentopf-Untersetzer oder ein Suppenteller tun es aber auch“, rät der NABU. Wichtig sei, dass eine Tränke für Vögel auf einem gut einsehbaren Platz nicht in unmittelbarer Nähe von Büschen eingerichtet werde. Sonst könne manch „Stubentiger“ der fröhlichen Badeschar ein jähes Ende bereiten.“
Vögel können nicht schwitzen, da sie im Gegensatz zu Säugetieren keine Schweißdrüsen besitzen. Sie verlieren bei Hitze also weniger Wasser. Trotzdem müssen Vögel täglich Wasser aufnehmen. Vor allem Körnerfresser sind auf Wasserstellen angewiesen, da ihre Nahrung nur wenig Feuchtigkeit enthält.

Und auch nichtgefiederte Gartenbewohner wie Igel und Insekten freuen sich derzeit über ein zusätzliches Trinkangebot. „Für Insekten sollte man an Landeplätze denken Dazu Steine in der Tränke so platzieren, dass sie zur Hälfte aus dem Wasser schauen. Dazwischen und vor allem am Rand der Tränke noch etwas Moos verteilen, damit die Insekten ausreichend Flächen vorfinden, um sich niederlassen zu können“, so Schröder. Die Insektentränke sollte an einem sonnigen und windstillen Ort und in der Nähe von bienenfreundlichen Pflanzen platziert werden. Auch hier muss das Wasser in regelmäßigen Abständen ausgetauscht werden, um die Entstehung von Krankheitserregern zu verhindern.

„Vergessen Sie auch nicht, die Bäume vor der Haustür zu wässern“, bittet die Naturschützerin. Gerade Straßenbäume leider zur Zeit extrem, da sie nur wenig Fläche zur Verfügung habe, um Wasser aus dem Erdreich zu ziehen. Alle paar Tage einige Eimer Wasser (am besten zur Abendzeit) genügen, um die Gehölze vor dem ärgsten Trockenstress zu bewahren.


Vier Pfoten zu Tiertransporten

Pressemitteilung von Vier Pfoten vom 7. August 2020
   
Hamburg, 07. August 2020 – VIER PFOTEN fordert während der aktuellen Hitzewelle in Deutschland, Lebendtiertransporte sofort auszusetzen. Diese sind für die in den engen LKW eingepferchten Rinder, Schweine, Schafe, Hühner und weitere so genannte Nutztiere eine einzige Tortur. Darüber hinaus bittet die internationale Stiftung für Tierschutz die Bevölkerung um erhöhte Aufmerksamkeit und darum, in der Hitze abgestellte Transporter bei der Polizei zu melden.

Viele Tiertransporte in Drittländer wurden derzeit anscheinend gestoppt. Abgefertigt werden aber weiterhin Transporte innerhalb Deutschlands und innerhalb der EU – bei aktuell über 30 Grad. Laut EU-Verordnung dürfen Langzeittransporte bei Temperaturen über 30 Grad nicht genehmigt werden. Dies gilt für die gesamte Strecke und damit auch für Transporte, die von Deutschland mit seinen derzeit schon sehr hohen Temperaturen in noch heißere Zielgebiete wie Spanien gehen.  

Dennoch finden diese Fahrten mangels regelmäßiger Kontrollen und oft lax abfertigender Veterinärinnen und Veterinäre viel zu häufig statt – dabei sterben immer wieder Tiere aufgrund von Hitzestress und Erschöpfung.  

„Wir fordern die Bundesländer sowie die Veterinärbehörden auf, aktuell keine Tiertransporte zu genehmigen. Darüber hinaus müssen die Kontrollen verschärft und Vergehen konsequent bestraft werden. Dass Bundesministerin Julia Klöckner nach dem letzten heißen Sommer eine viel zu lasche Änderung der deutschen Transportverordnung vorgelegt hat, ist ein Hohn für jedes Tier, das in brütender Hitze seinem Tod entgegenfährt. Das gesamte System Tiertransporte muss auf den Prüfstand und der Transport lebender Tiere durch Fleisch oder Genmaterial ersetzt werden“, sagt Rüdiger Jürgensen, Geschäftsführer VIER PFOTEN Deutschland

Tiere leiden unter der Hitze: Halten Sie die Augen offen  
„Insbesondere Schweine und Geflügel leiden extrem bei Hitze. Die Tiere können nicht schwitzen und sind zudem anfällig für Herz-Kreislauf-Probleme. Das Risiko zu kollabieren, erhöht sich durch die Enge auf dem Transporter zusätzlich. VIER PFOTEN appelliert daher auch an die Bevölkerung, die Augen offenzuhalten und in der Hitze abgestellte Viehtransporter bei der Polizei oder Feuerwehr zu melden. Eine rechtzeitige Abkühlung kann das Leid der Tiere reduzieren“, so Daniela Schneider, Kampagnenverantwortliche für Tiertransporte bei VIER PFOTEN. Weitere Informationen, wie sich Hitzestress für Nutztiere vermeiden lässt und wo man die richtigen Ansprechpartner findet, erfahren Sie hier.
Ein ausführliches Hintergrundpapier zu Tiertransporten finden Sie hier.

 

Wildtierverbot im Zirkus muss sämtliche Arten umfassen

Pressemitteilung des Deutschen Tierschutzbund vom 7.August 2020

Aktuellen Medienberichten zufolge will Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner in den kommenden Wochen einen Entwurf für ein Verbot problematischer Tierarten im Zirkus vorlegen. Beispielhaft werden Giraffen, Flusspferde und Nashörner genannt. Der Deutsche Tierschutzbund reagiert irritiert auf diese Ankündigung, da ein Verbot der genannten Tierarten gerade einmal drei Individuen betreffen würde. Da die systemimmanenten Tierschutzprobleme sämtliche Arten von Wildtieren im Zirkus betreffen, haben die Tierschützer Klöckner schriftlich um Stellungnahme gebeten – und ein umfassendes Verbot gefordert.

„In Deutschland werden gerade einmal zwei Giraffen und ein Flusspferd in Zirkussen mitgeführt. Würde sich der angekündigte Entwurf nur auf diese Tierarten beziehen, wäre dies ein schlechter Witz“, kommentiert Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes. Er verweist darauf, dass die eklatanten Missstände bei der Tierhaltung in reisenden Unternehmen genauso für Elefanten, Primaten, Seelöwen, Straußenvögel oder Zebras zutreffen. Auch eine artgemäße Haltung von Großkatzen sei nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich. „Wir können nur hoffen, dass Frau Klöckner dies bei ihrem Entwurf berücksichtigt und ein Verbot aller Wildtiere im Zirkus anstrebt – so wie es auch der Bundesrat schon dreimal gefordert hat“.

Mehr als 20 europäische Länder verbieten bereits die Wildtierhaltung im Zirkus ganz oder teilweise. Bereits 2003, 2011 und 2016 sprach sich der Bundesrat für ein Verbot aus. Auch die Mehrheit der Agrarminister plädierte im letzten Jahr im Rahmen einer Agrarministerkonferenz für ein Wildtierverbot. Die Bundesregierung aber blieb untätig.

Vorgaben für Zirkustiere viel zu lasch

Die Haltungsanforderungen, die die „Zirkusleitlinien“ des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) stellen, sind aus Tierschutzsicht viel zu lasch und bleiben weit hinter den Vorgaben zurück, die für die Haltung von Wildtieren in Zoos oder in privater Hand gelten. Die These, dass Zirkustiere aufgrund der Beschäftigung durch Dressur und Auftritte in der Manege weniger Raum oder Gehegestrukturierung benötigen, ist höchst umstritten und wurde nie wissenschaftlich untermauert. „Die gravierenden Belastungen und Einschränkungen lassen sich weder ausgleichen noch durch andere Maßnahmen abmildern. Die Ministerin muss daher endlich tätig werden und ein Verbot aller Wildtiere im Zirkus erlassen. Sie darf Zirkustiere nicht länger als Tiere zweiter Klasse behandeln“, so Schröder.

Fast zu schön um wahr zu sein, die Streuobstwiese im Dyrotzer Luch

Mathies Ledwig stellt das Naturparadies an Falkensees Stadtrand und seine Tätigkeiten im FÖJ vor

Falkensee.   Die Sonne meint es gut an diesem Samstag, kaum eine Wolke schützt die fleißige kleine Schar vor der intensiven Wärme. Man könnte durchaus meinen, die Schafe machen es besser. Sie haben sich im Schatten eines besonders alten Obstbaumes versammelt und ruhen, kauen wieder und schauen sich dabei ein wenig um. In der Luft liegt ein Surren und Schwirren und zirpen, die Streuobstwiese im Dyrotzer Luch ist ein Paradies für Insekten. Und das hört und sieht man hier auch.

Juwel der Artenvielfalt, die Streuobstwiese
Foto: Silvia Passow

Seit 2015 entwickelt und pflegt der NABU Osthavelland das rund 10 Hektar große Areal, das ursprünglich von der Deutschen Bahn AG angelegt wurde. Bereits ein Jahr zuvor hatte der NABU das Gelände entdeckt, idyllisch zweifellos, doch der Fläche fehlte die pflegende Hand. Der NABU entwickelte ein Konzept für die Fläche, erfasst seitdem die dort lebenden Pflanzen- und Tierarten, schneidet die Obstbäume, hat im letzten Jahr fünfzig weitere Obstbäume gepflanzt. Streuobstwiesen gehören zu den artenreichsten Lebensräumen in Europa, mehr als 5000 Tier- und Pflanzenarten können in diesen Lebensraumtyp vorkommen. Letzten Samstag hieß es mal wieder Arbeitseinsatz auf der Streuobstwiese. Mit dabei: Mathies Ledwig aus Brieselang. Der neunzehnjährige absolviert gerade sein FÖJ (freiwilliges ökologisches Jahr) bei NABU und dem Förderverein Döberitzer Heide, die sich diese Stelle teilen.

Mathies Ledwig arbeitet gern unter freien Himmel. Am Liebsten bei schönen Wetter, sagt er augenzwinkernd
Foto: Silvia Passow

Ledwig sagt, er will Biologie studieren und dafür kommt ein solches Jahr ganz recht. Ledwig wollte sich nach dem Abitur erst einmal umsehen, sagt er. Als er erfuhr, dass die Möglichkeit zur Naturarbeit in gleich zwei dem Naturschutz verhafteten Institutionen, in seiner Nachbarschaft möglich ist, hat er sich sofort beworben, sagt er. Seit September letzten Jahre ist er nun dabei und sagt: „Es war eine gute Entscheidung.“ Ledwig, der sehr gern fotografiert und sich bestens in der Vogelwelt auskennt, durfte an einem Vogel-Monitoring teilnehmen. Das für ihn beste Ereignis in diesem Jahr, sagt er. Vögel kann man auch prima auf der Streuobstwiese beobachten. „Bachstelze, Wendehals und Neuntöter sind hier zu sehen“, sagt er, schaut sich um und weist auf einem der Zaunpfähle. „Da ist Einer“, sagt er und erläutert, dass der Neuntöter seinen Namen nicht unbegründet trägt. Insekten, die er gefangen hat, spießt er auf Dornen auf. Auch Fasane haben sie hier schon beobachtet und Füchse mit Jungen, Rehe und Hasen.

Große & kleine Tiere freuen sich über Verstecke und Nahrungsangebote auf der Streuobstwiese
Foto: Silvia Passow

Heute wird die Wiese gemäht, die Obstbäume sollen am Fuß von Gräsern befreit werden und ganz wichtig, dass Jakobs Greiskraut herausreißen. Die zur Familie der Korbblütler gehörende Pflanze ist in allen Teilen giftig. Auch für die Schafe, die hier weiden. Um die Tiere zu schützen muss die gelb blühende Pflanze sorgfältig entfernt werden. Ledwig und der kleine Trupp haben damit alle Hände voll zu tun.

Viel Arbeit wartet auf die Ehrenamtlichen
Foto: Silvia Passow

Die Arbeit in der Natur mag Ledwig, sagt er. Allerdings, im Winter kann das auch hart sein, fügt er hinzu. Egal wie das Wetter ist, die Rinder, Pferde, Ziegen und Schafe des Fördervereins Döberitzer Heide wollen immer gefüttert sein. Beim NABU dagegen, war der Winter den Arbeiten am Computer vorbehalten, sagt Ledwig.

Tierische Rasenmäher sind auch im Einsatz
Foto: Silvia Passow

Ab dem 1.September wird wieder ein FÖJler/in gesucht. Drei Tage die Woche werden dabei in der Döberitzer Heide verbracht. Neben dem Füttern der Tiere und deren Pflege steht die Landschaftspflege auf dem Programm. Handwerkliches Geschick wäre gut, sagt Ledwig, denn es werden auch Reparaturarbeiten an Zäunen und Ställen durchgeführt. Bei Veranstaltungen wird geholfen und bei der Büroarbeit unterstützt. Büro- und Verwaltungsarbeiten erwarten den FÖJler auch die zwei Tage wöchentlich beim NABU. Die Fachgruppen werden unterstützt und man ist bei Veranstaltungen, Fachvorträgen und Exkursionen dabei. Die Betreuung der Kindergruppe gehört zu den Aufgaben. Der NABU, sagt Michaela Börgemann, Pressesprecherin beim NABU Osthavelland und ebenfalls auf der Streuobstwiese mit dem Ausreißen des Jakobs Greiskraut beschäftigt, freut sich über frische Idee und eigenständige Entwicklung und Durchführung von Projekten, besonders um die Mitgliedergewinnung.  Bewerbungen bitte an: www.ljr-brandenburg.de/freiwilligendienste.

Unterschiedliche Lebensräume locken verschiedene Bewohner
Foto: Silvia Passow

Ledwig sagt, für ihn hat sich dieses Jahr sehr gelohnt und es wird ihm auch bei der Suche nach dem Studienplatz helfen. Auf diese Art Bekanntschaft mit dem Arbeitsleben zu machen ist ebenfalls von Vorteil, sagt er. „Für mich hat es meinen Berufswunsch noch einmal gefestigt“, sagt er.

Die Info-Tafel zeigt auf, warum die Arbeit auf der Streuobstwiese so wichtig ist
Foto: Silvia Passow

Auch auf der Streuobstwiese mit den 150 Obstbäumen, mit Sorten aus der Region, kann der NABU Hilfe gebrauchen, sagt Börgemann. Besondere Fachkenntnisse braucht es dafür nicht. Mehr dazu unter: www.nabu-osthavelland.de

Thüringen stoppt lange Tiertransporte

Pressemitteilung des Deutschen Tierschutzbund vom 4. August 2020

Der Deutsche Tierschutzbund und sein Landestierschutzverband Thüringen begrüßen die Entscheidung des thüringischen Sozialministeriums, Transporte in Risiko-Länder außerhalb der EU-Länder nicht mehr zu genehmigen. Damit haben nun fast alle Bundesländer einen vorläufigen Stopp verhängt. Kritik üben die Tierschützer an Amtsveterinären, die die Transporte bisher weiter abgefertigt haben sowie an Zuchtverbänden und dem Bauernverband, die nun auf Umwege über andere EU-Staaten anstatt auf tierschutzgerechte Lösungen setzen.

„Es ist ein Erfolg für den Tierschutz, dass Thüringen nachzieht und die tierquälerischen Transporte nicht mehr genehmigt. Das ist auch ein wichtiges Signal in Richtung von Bundesministerin Julia Klöckner“, kommentiert Gerd Fischer, Vorsitzender des Landestierschutzverbands Thüringen des Deutschen Tierschutzbundes. „Es ist der Job von Klöckner, jetzt ein EU-weites Verbot dieser Transporte und die Überarbeitung der EU-Transportverordnung schnellstmöglich durchzusetzen“, ergänzt Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes. Weil die aktuellen Verbote mit den fehlenden Versorgungsstationen auf der Ostroute begründet werden, warnt er davor, andere defizitäre Tierschutzaspekte außer Acht zu lassen: „Selbst, wenn bei den Versorgungsstationen nachgebessert wird, dürfen die Transporte in keinem Fall wieder rollen. Die langen Strecken sind eine einzige Qual, von den Bedingungen der Schlachtung in den Bestimmungsländern ganz zu schweigen.“

Aus Sicht des Deutschen Tierschutzbundes ist es nicht nachvollziehbar, dass Tierärzte Langstreckentransporte in Risiko-Länder weiter abgefertigt haben, obwohl gemäß einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes von 2015 die Vorgaben der EU-Transportverordnung bis zum Ziel eingehalten werden müssen, was nachweislich nicht der Fall ist. Daher sei es zu begrüßen, dass die Länder – wenn auch spät – gehandelt haben. Unverständlich sei auch, dass Zuchtverbände und Bauernverband schweigen, anstatt sich aktiv für tierschutzgerechte Lösungen auszusprechen. Die vermeintliche „Lösung“, die Tiere jetzt über andere EU-Länder wie etwa Ungarn zu verschicken, bedeute Umwege und zusätzliches Leiden für die Tiere.

Drei Engel für Rehkitze

Ein Dreiergespann aus dem Havelland rettet in seiner Freizeit Rehkitze vor einem grausamen Tod

Dallgow-Döberitz/OT Seeburg   Früh aufstehen gehört dazu, wenn man Rehkitze vor dem Mähwerk retten möchte. „Wenn man dann so ein kleines, zartes Kitz auf den Armen hält, wohl wissend, was ihm erspart bleibt, dann fällt jede Müdigkeit von einem ab“, sagt Frank Neumann. Wenn er und seine Frau, Marina Stolle, auf die Pirsch gehen, dann ist es noch sehr früh am Morgen dunkel auf den Brandenburger Wiesen. Bis zum Sonnenaufgang müssen die Rehkitze gefunden sein. Denn nur so lange der Boden kühl, liefert die Wärmebildkamera ihrer Drohne verlässliche Bilder. Mithilfe dieser Technik finden sie die katzengroßen Rehkitze in den Wiesen. Neumann und Stolle leben im Havelländischen Seeburg, einem Ortsteil von Dallgow-Döberitz, einem ländlich geprägten Ort liegt zwischen Berlin und Potsdam. Nicht weit entfernt, in Wustermark, lebt Jäger Jochen Aderhold, der das Paar bei der Mission „Rehkitzrettung in Brandenburg“ unterstützt. Dass diese Rettung dringend notwendig ist, zeigen die Zahlen.

Bei Gefahr flüchten Rehkitze nicht, sie ducken sich nur noch tiefer ins Gras. Das hilft gegen so manchen Beutegreifer aus der Luft, nicht aber gegen die scharfen Messer eines Mähdreschers
Foto: Pixabay

Etwa 90 000 Rehkitze sterben jährlich unter den Mähwerken der Landwirte, schätzt die „Rehkitzrettung Osnabrücker Land“. Bei den Niedersachsen haben Neumann und Stolle viel über die Rehkitzrettung mittels Drohne gelernt, sagt Neumann.

In den Wiesen und Feldern legen Rehe ihre Jungen ab. Mit fatalen Folgen für die Kitze, wenn die Landmaschinen im Einsatz sind
Foto: Silvia Passow

Eine vernachlässigte Pflicht

Die Rehkitz-Mutter, im Jägerlatein Ricke genannt, legt ihren Nachwuchs gern im hohen Gras ab. Hier machen sich die Kleinen noch sehr viel kleiner, ducken sich, denn ihnen wurde mit dem Instinkt in die Wiege gelegt, klein machen, nicht bewegen, damit man nicht als Raubtierfutter endet. Dieser Instinkt reicht so weit, dass sich die Rehkitze auch bei nahender Gefahr nicht rühren. Der fehlende Fluchtimpuls wird zum Verhängnis, wenn der Mähdrescher naht, oft werden die Laufe vom Körper des Rehkitz getrennt und sie sterben qualvoll im Gras. Eigentlich sind die Landwirte verpflichtet, vor der beabsichtigten Mahd den zuständigen Jäger zu informieren. Dieser muss dann die Wiese absuchen und Rehkitze sichern. Dass kann durch heraustragen aus dem Gefahrengebiet geschehen oder der Landwirt mäht um das Kitz herum, lässt also etwas Gras stehen. Ob es nun die Landwirte sind, die ihre Absicht die Wiese zu mähen nicht weitergeben oder die Jäger, die ihrer Pflicht nicht nachkommen, dass lässt sich nur im Einzelfall sagen, sagt Jäger Aderhold. Er sagt, er kenne durchaus Jäger, die würden dieser Aufgabe nicht nachkommen und alle drei sagen, sie kennen Jäger, die hätten noch nie ein Rehkitz gesehen. Nun ist das Ablaufen einer Wiese ein aufwendiges Unterfangen, das wissen Neumann und Stolle, sie haben selbst so angefangen. Mit der Drohne geht das schneller und effektiver, sagen sie. Sie bieten ihre Dienste den Landwirten in Brandenburg kostenlos an.

Drei Engel für die Rehkitze, Marina Stolle, Frank Neumann und Jochen Aderhold
Foto: Silvia Passow

Mit Hartnäckigkeit ans Ziel

Es war Marina Stolle, die den Stein ins Rollen oder besser, die Drohne über die Wiese brachte. Vor ungefähr sechs Jahren wurde sie durch einen Radiobericht auf das Problem aufmerksam. Die Außendienstmitarbeiterin eines medizinischen Unternehmens verbringt viel Zeit im Auto und auf Landstraßen. Fortan hatte sie ein Auge auf die Wiesen und brauchte nicht lange, um ein Reh auf einer abgemähten Wiese zu entdecken. Sie hielt an und konnte sich dem Reh nähern, bevor es sein Heil in der Flucht suchte. Stolle ging zu der Stelle, an der das Reh gestanden hatte und fand ein schrecklich zugerichtetes Rehkitz. Von dem Moment an wusste sie, hier musste was geschehen. „Und wenn ich mir mal etwas vorgenommen habe, dann mache ich das auch“, sagt sie. Keiner widerspricht.   

Mit der Drohne geht die Suche schneller und ist genauer, sagt Frank Neumann
Foto: Silvia Passow

Zunächst erzählt Stolle, informierte sie sich, über Rehe, ihr Verhalten, sie suchte Jäger auf, um bei ihnen zu lernen. Dann nahmen sie und Frank Neumann Kontakt zu Landwirten auf, boten an, die Wiesen nach Rehkitzen abzusuchen. „Da sind wir schon mal zwölf, fünfzehn Kilometer abgelaufen“, sagt sie. Denn die kleinen Rehkitze sind gut versteckt, nur bei der engmaschigen Suche sind sie zu finden, erklärt Stolle. Drei Jahr ging das so. Stolle sagt, sie weiß gar nicht, wie oft sie für ihr Ansinnen belächelt wurde, doch sie ließ sich nicht beirren, blieb hartnäckig am Ball. Einer der ersten Landwirte, bei denen sie nach Rehkitzen suchen durften, ist Willi Groß aus Dallgow. „Ich war er skeptisch, ich kannte die Leute ja nicht und ich wusste auch nicht, dass sich dafür überhaupt jemand interessiert.“ Groß erzählt, er habe von seinem Großvater gelernt, die Wiesen vor der Mahd selbst abzugehen. „Das ist sehr aufwendig, gehört aber dazu, wenn man für Naturschutz einsteht. Mit der Drohne geht die Suche schneller und ist effektiver, sagt Landwirt Groß, der das Dreiergespann nun regelmäßig vor der Mahd ruft.  

Ein eingespieltes Gespann, die Brandenburger Rehkitz-Retter
Foto: Silvia Passow

Mit moderner Technik Leben retten

Vor drei Jahren haben sich die Rehkitz-Engel eine Drohne mit Wärmebildkamera zugelegt. Mehr als 10 000 Euro haben sie in das Gerät investiert, dazu kommen die Kosten fürs Zubehör. „Dafür haben wir auf einige Urlaube verzichtet“, sagt Neumann. „Aber das war es wert“, fügt er hinzu. Neumann hat enge Kontakte zur „Rehkitzrettung Osnabrücker Land“ aufgebaut. Dort hat man gute Erfahrung mit dem Drohneneinsatz, sagt Neumann. „Mit der Drohne haben wir unsere Erfolgsquote auf 99 Prozent steigern können“, sagt Aderhold, der fast bei jedem Einsatz dabei ist. „Die Drohne ist am besten mit zwei Leuten zu bedienen, wenn man Rehkitze finden will“, sagt Neumann. „Und wir lernen viel von Jochen. Er ist sehr engagiert und hat das Herz am rechten Fleck“, sagt Neumann.

An manchen tagen holen die Retter einige Kitze aus den Wiesen.
Foto: Symbol-Bild von Pixabay

Manpower braucht es weiterhin

Zwischen zwei und zehn Freiwillige sind bei den Einsätzen dabei. Hat die Drohne ein Kitz aufgespürt, werden die Helfer zum Fundort gelotst, dort wird es vorsichtig geborgen. Dabei sollte der Mensch das Tier nicht direkt anfassen. Denn später, nach der Mahd, wird das Tierkind wieder zurückgelegt und die Mutter nimmt es nicht an, wenn es dann nach Mensch riecht. Rehe sind die kleinste und häufigste Hirschart in Europa. Menschen riechen sie auf etwa 300 Meter Entfernung. 52 Rehkitze haben sie allein in diesem Jahr vor dem schrecklichen Ende durch das Mähwerk erspart. Dabei waren sie an 31 Einsatzorten in ganz Brandenburg aktiv. Unter anderen in Cottbus, Eisenhüttenstadt, Potsdam, Werder, Phöben, Bötzow, Wustermark, Dallgow, um nur einige Einsatzorte zu nennen. „Da die Ricken zeitversetzt ihre Junge zur Welt bringen sind wir von Anfang Mai bis Anfang Juli auf den Wiesen unterwegs“, sagt Stolle.

Wenn Mutter und Kind wieder ihrer Wege ziehen, ist dies der schönste Augenblick und Lohn für alle Arbeit, sagt Frank Neumann.
Foto: Pixabay

Vereinsgründung geplant

Auf Facebook kann man die Abenteuer des Teams unter „Rehkitzrettung Brandenburg“ verfolgen. Stolle, Neumann und Aderhold sind als Privatleute unterwegs, doch das soll sich bald ändern. Neumann sagt, er plane einen Verein zu gründen. Menschen, die das Team unterstützen und Landwirte, die ihre Dienste in Anspruch nehmen möchten, können sich direkt an Frank Neumann wenden. Kontakt: 0173 5667403.

Abkehr von Improvac wäre fataler Rückschritt im Tierschutz

Pressemitteilung des Deutschen Tierschutzbund vom 31. Juli 2020

Im Streit um die Impfung gegen Ebergeruch mit Improvac in Biobetrieben fordert der Deutsche Tierschutzbund die Bundesländer auf, dieser tierfreundlichen Alternative nicht den Weg zu versperren. Nachdem die Ländergemeinschaft Ökologischer Landbau (LÖK) die sogenannte Immunokastration für den Ökolandbau nicht mehr zulassen will, haben sich laut Medienberichten nun auch alle Bundesländer – mit Ausnahme von Niedersachsen – gegen diese Methode positioniert.

„Es gibt keinerlei nachvollziehbare Begründung für ein Verbot der Impfung mit Improvac für den Bio-Bereich. Es darf keine Option sein, sich von dieser tierfreundlichen und absolut unbedenklichen Methode abzukehren und der blutigen Kastration weiter Priorität einzuräumen. Das wäre ein fataler Rückschritt für den Tierschutz“, kommentiert Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes. Er fordert: „Die Länder müssen umgehend ihre plötzliche Kehrtwende korrigieren, dem Beispiel von Niedersachen folgen und Improvac auch für die ökologische Landwirtschaft erhalten. Immerhin nimmt diese für sich in Anspruch, einem besonders hohen Tierschutzstandard gerecht zu werden.“ In einem Anschreiben hatte der Verband bereits an die Agrarminister der Länder appelliert, das Thema auf die Tagesordnung der Sonder-Agrarminsterkonferenz am 27. August zu setzen.

Kritik übt der Deutsche Tierschutzbund insbesondere an Bayern, wo männliche Ferkel aus biologischer Erzeugung schon ab dem 1. September 2020 wieder chirurgisch kastriert werden sollen. Eine Impfung mit Improvac als Alternative ist dann für diese Tiere nicht mehr zulässig.  „Im Zuge des Verbots der betäubungslosen Ferkelkastration hat Bayern schon lange die Etablierung von kastrationsfreien Alternativen sabotiert und vehement auf die chirurgische Kastration beharrt. Mit dem Verbot von Improvac nimmt man Bio-Landwirten, die auf eine Amputation verzichten wollen, eine wichtige Alternative und missachtet damit jeglichen Tierschutzgedanken“, kritisiert Schröder.

Hintergrund:

Männliche Ferkel werden in Deutschland und in vielen anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union noch immer kastriert. Der Grund: Das Risiko der Entwicklung von Ebergeruch, den viele Verbraucher als abstoßend empfinden, soll verringert werden. Aus tierschutzfachlicher Sicht ist die Impfung gegen Ebergeruch als minimal-invasive Methode, die auf das Amputieren der Hoden verzichtet, eine sehr gute Alternative neben der Ebermast. Bei der Methode handelt es sich um keine Hormonbehandlung, sondern um eine normale, handelsübliche Impfung. Diese unterdrückt die Ausbildung der männlichen Hormone bei den heranwachsenden Schweinen. Die Impfung hinterlässt – wie andere Impfungen auch – keine Rückstände im Produkt und ist so für den Verbraucher völlig unbedenklich.