Ende des Kükentötens lange überfällig – Klöckner handelt zu spät

Pressemitteilung des Deutschen Tierschutzbundes vom 13.Juli 2020

Laut Medienberichten will Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner das Töten von männlichen Küken nun doch gesetzlich verbieten. Der Deutsche Tierschutzbund hält diesen Schritt für lange überfällig und kritisiert Klöckners spätes Handeln. 

„Im Koalitionsvertrag haben CDU/CSU und SPD versprochen, das millionenfache Töten von lebensfähigen, männlichen Küken bis zur Hälfte der Legislaturperiode zu beenden. Das war Oktober 2019. Passiert ist bisher nichts, den Vertragsbruch hat Frau Klöckner zu verantworten. Denn sie setzte darauf, dass die Geflügelwirtschaft das Töten freiwillig beendet. Ein Irrtum, vor dem wir immer gewarnt haben. Damit sind zwei entscheidende Jahre, in denen der Gesetzgeber hätte handeln müssen, vertan. Das hat mindestens 80 Millionen Küken den Tod gebracht“, kritisiert Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes. „Hätte Klöckner direkt bei Amtsantritt gehandelt, wäre das Töten bereits beendet. Ihr verzweifelter Versuch, jetzt tätig zu werden, zeugt von Panik, als Ministerin ohne jegliche Tierschutzerfolge in die Geschichte einzugehen.“

Im Juni 2019 hatte das Bundesverwaltungsgericht Leipzig deutlich gemacht, dass das Kükentöten nicht mit dem Tierschutzgesetz und dem Staatsziel Tierschutz vereinbar ist. Weil Klöckner weiter darauf setzte, dass die Geflügelbranche dem Töten freiwillig ein Ende bereitet, liegt ein Ausstieg auch ein Jahr später in weiter Ferne. Trotz allem Verzug feiert die Ministerin die Förderung von Methoden zur Geschlechtererkennung im Ei als vermeintlichen Erfolg. Angestoßen wurde dies jedoch durch ihren Amtsvorgänger und die Methoden sind zum Teil als tierschutzwidrig einzustufen, weil bereits weit entwickelte und somit potentiell schmerzempfindungsfähige Embryonen getötet werden. Bis heute fehlt die notwendige Weichenstellung für einen grundsätzlichen Systemwechsel in Richtung Zweinutzungshuhn, um das Grundproblem der spezialisierten Hochleistungszucht zu lösen und somit eine tiergerechte und wirtschaftliche Aufzucht der Hähne zu ermöglichen.

Branche fordert Verlängerung

Die Geflügelbranche fordert laut Medienberichten für den Ausstieg aus dem Kükentöten sogar eine Verlängerung bis Juli 2023 – und hält sich dabei ein Hintertürchen offen. Denn nur wenn die Warenverfügbarkeit „ausreichend“ sei, wolle man bis dahin die im Lebensmitteleinzelhandel erhältlichen Eier umgestellt haben. Klöckner will darauf offenbar nicht eingehen. „Wir können nur hoffen, dass ihre plötzliche Härte nicht nur als Kettengerassel einzustufen ist“, sagt Schröder. „Schon zu lange wurde die Branche mit Samthandschuhen angefasst. Damit muss Schluss sein. Es darf keinen Monat Übergangsfristen mehr geben. Wir erwarten, dass Frau Klöckner mit dem angekündigten Gesetz das Ziel Zweinutzungshuhn klarstellt. Denn die Geschlechtererkennung im Ei beendet vielleicht das Kükentöten, aber die auf Hochleistung gezüchtete Henne leidet weiter im System.“

Alt wie ein Baum

Deutschlands ältester Naturlehrpfad führt durch den Wald zwischen Falkensee und Brieselang. Im Juli wird er 90 Jahre alt 

Noch kann die Sonne mit Licht und Schatten spielen, im Bredower Forst. Haben die Bäume erst ihre grünen Kronen zurück, schaffen es nur noch wenige Sonnenstrahlen bis auf den Boden. Der Bredower Forst hat rund ums Jahr seine Reize
Foto: Silvia Passow

Falkensee.   Möglicherweise erinnert sich der eine oder andere Baum zurück, an jenem 11.Juli im Jahre 1930, als der erste Naturpfad Deutschlands, eingeweiht wurde. Alt genug wären einige der grünen Riesen, blieb die Frage, ob das Ereignis bleibenden Eindruck bei ihnen hinterließ. Einblicke in die Natur soll der Besucher des Waldes mitnehmen, so die Idee hinter diesem lehrreichen Spaziergang zwischen Stileichen, Kiefern und Hainbuchen. Zum Zauber dieses wunderschönen, an einen Märchenhain erinnernden Waldes, wird auf dem Naturpfad die Neugier geweckt. Das Leben zwischen flauschigem Moos, geheimnisvollen Baumhöhlen und hölzernen Riesen wird dem Besucher an sechzehn Stationen vorgestellt.

Die kleinen Info-Tafeln trage zum Naturverständnis des Besucher bei.
Foto: Silvia Passow

Made in USA

Es ist kein Zufall, dass der Waldlehrpfad in der Epoche vor neunzig Jahren eingerichtet wurde. Berlin wuchs und der urbane Mensch fuhr zur Erholung gern ins Grüne, in das Berliner Umland. Diese Ausflüge sollten nicht nur dem Luftholen vom Alltag dienen, mit dem Lehrpfad sollte die Landpartie auch das Naturverständnis des Städters wecken. Der Mensch schützt, was er kennt. Naturschutz in den Kinderschuhen und im Wald zwischen Falkensee und Brieselang, dem Bredower Forst, wurde der Gedanke vor allen von Carl Zimmer vorangetrieben. Zimmer (1873-1950) war Direktor des Zoologischen Museums der Friedrich-Wilhelm-Universität, die man heute unter dem Namen Humboldt-Universität kennt. In einer vor zehn Jahren erschienen Schrift von Luise Klann und Volker Kummer kann man mehr zur Geschichte und den Hintergründen zur Gründung dieses ersten Naturpfades nachlesen. So auch, dass die Idee für diese Art eines Freilichtmuseums, aus den USA kommt. Auch das Gebiet, das für den ersten Naturpfad ersonnen war, sollte ursprünglich ein anderes sein, haben die beiden Autoren recherchiert. Klann schrieb 2010 ihre Bachelorarbeit zur Geschichte des Naturpfades.   

Blick vom Waldrand in die Wiesen
Foto: Silvia Passow

Der 1930 eingeweihte Naturpfad war zunächst ein voller Erfolg, wurde regelmäßig besucht und liebevoll und nicht weniger regelmäßig, gepflegt. Der zweite Weltkrieg, wie auch die Jahre zuvor, ließen keinen Raum für Naturschutz. Der Naturpfad geriet in Vergessenheit. Nachkriegszeit, deutsche Teilung, die Menschen haben anders zu tun, als sich um einen Waldlehrpfad zu kümmern.

Auf verschlungenen wegen durch den Bredower Forst
Fot: Silvia Passow

1961 wird der Bredower Forst zum Naturschutzgebiet ernannt und rückt nun wieder in das Blickfeld der Naturschützer. Klann und Kummer schreiben: „Vor allem die älteren Falkenseer wünschten sich den Naturlehrpfad zurück, sie kannten ihn noch und der Lehrpfad war berühmt.“ Dem Kreisnaturschutzbeauftragten im Kreis Nauen, Gerhard Zimmermann (1911-1999) soll die Wiederbelebung des Naturpfades maßgeblich zu verdanken sein. Zimmermann gelang es, mit Hilfe ehrenamtlicher Naturfreunde den Pfad wiederaufzubauen.

Auf dem Schneewittchenberg steht der Gedenkstein
Foto: Silvia Passow

Der Achtzigste Geburtstag vor zehn Jahren wurde gefeiert, in diesem Jahr fallen die geplanten Veranstaltungen zum Geburtstag, Corona bedingt, aus, sagt Revierleiter Volker Kademann von der Oberförsterei Brieselang. Erkunden lässt sich der Naturpfad sehr gut auf eigene Faust.  

Der Forst ist auch das Sammel-Revier von Kräuterfee Tina aus Falkensee. Hier sitz sie in einem Meer aus Kaukasischen Bärlauch.
Foto: Silvia Passow

Den rund zwei Kilometer langen Naturpfad kann man zu Fuß oder mit dem Fahrrad entdecken. Ein urzeitlich anmutender Wald, mit Bäumen, deren Stämme dick und kräftig sind, mit herber rauer Rinde, deren Kronen weithin in satten hell- bis dunkelgrün, leuchten. Im Frühling lockt der würzige Duft des kaukasischen Bärlauchs, bald danach liegt das liebliche Bukett der Maiglöckchen in der kühlen Luft. Vögel zwitschern, singen, rascheln im Laub, hier huscht eine Maus über den Weg, hoch oben sitzt der Eichelhäher und ruft. Der weiche Waldboden nimmt jeden Schritt federnd auf.

So wild, der Bredower Forst
Fot: Silvia Passow

An sechzehn Stationen informieren Tafeln über das Leben im Wald. Dabei stellen sie nicht einfach nur einen Baum vor, sie erklären die Landschaft wie an Station zwei „Nacheiszeitliche Dünenkante“, erzählen etwas über die Frühlingsblüher oder wem die Früchte der Haselnussbüsche besonders gut schmecken. Auf dem Schneewittchenberge steht ein Gedenkstein und in den Höhlen unter den Eichen dahinter wohnen die Zwerge und….. okay, Letzteres stimmt nicht. Dieser zauberhafte Ort lädt zum Träumen ein, da kann die Fantasie schon mal wie eine Waldfee über Wurzeln purzeln.

Und manchmal wächst das Beschrieben direkt in die informativen Tafeln
Foto: Silvia Passow

Zum Bredower Forst führen mehrere Zugänge vom Falkenseer Ortsteil Finkenkrug. Über die Brücke am Forstweg oder die Brandenburgstraße, zum Beispiel lässt sich der Forst erobern. Aus Brieselang führt der Forstweg, vorbei am Forsthaus der Oberförsterei Brieselang, Richtung Falkensee, zum Naturpfad.

Schweinemastanlage Haßleben kommt nicht – Genehmigung ist endgültig aufgehoben

Pressemitteilung des Deutschen Tierschutzbundes vom 9. Juli 2020


Die Schweinemastanlage Haßleben wird nicht in Betrieb gehen. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat endgültig festgestellt, dass die für die Anlage mit 37.000 Mastplätzen erteilte Genehmigung rechtswidrig ist. Damit endet der seit 16 Jahren andauernde Kampf von Verbänden, Initiativen und Privatpersonen gegen die geplante industrielle Tierhaltung in der Uckermark.

Das OVG Berlin-Brandenburg hat mit Beschluss vom 6. Juli 2020 den Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam abgelehnt. Das VG Potsdam hatte die Genehmigung, die das Landesamt für Umwelt im Jahr 2013 erteilt hatte, mit Urteil vom 16. Oktober 2017 aufgehoben. Dieses Urteil ist nunmehr rechtskräftig, weitere Rechtsmittel gibt es nicht mehr.

Das VG Potsdam hatte die Schweinemastanlage aus bauplanungsrechtlichen Gründen für unzulässig erklärt. Die Genehmigungsbehörde war bei ihrer Genehmigung davon ausgegangen, dass der riesige Komplex der alten DDR-Mastanlage innerhalb des Orts Haßleben in der Uckermark liegt. Dem widersprach das VG mit dem Argument, dass sich eine solche Großanlage nicht in ein kleines Dorf „einfügt“. Im Außenbereich, so das VG, sei die Anlage aber nicht genehmigungsfähig, weil es sich bei einer solchen Anlage nicht um ein sog. privilegiertes Vorhaben handelt.

Das OVG hat dies nun bestätigt. Damit ist der Rechtsstreit beendet.

Geklagt hatten die Umweltverbände NABU und BUND und der Deutsche Tierschutzbund zusammen mit dem Deutschen Tierschutzbund Landestierschutzverband Brandenburg. Die klagenden Verbände waren breit unterstützt worden, unter anderem von der örtlichen Bürgerinitiative Kontra Industrieschwein Haßleben, der Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt, dem Förderverein Feldberg-Uckermärkische Seenlandschaft und PROVIEH.

Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, sagt dazu: „Wir sind froh und erleichtert, dass wir die geplante Megaanlage verhindern und somit vielen tausenden Schweinen das Leid in engen Buchten ohne Beschäftigung ersparen konnten. Obwohl bauplanungsrechtliche Gründe ausschlaggebend waren, ist die Entscheidung des Gerichts auch ein starkes Signal für eine tiergerechtere Landwirtschaft.“

Friedhelm Schmitz-Jersch, Vorsitzender des NABU Brandenburg, erklärt: „Haßleben war immer der Inbegriff der industriellen Tierhaltung in Brandenburg. Dieses Projekt ist nunmehr gescheitert. Die Region kann aufatmen, für den Natur– und Tierschutz ist das Urteil ein großer Erfolg.“

Thomas Volpers, stellvertretender Vorsitzender des BUND Brandenburg und selbst Uckermärker, ergänzt: „Wir begrüßen das Urteil und danken für die breite Unterstützung. Leider ist es nur ein Verfahren von vielen, die wir momentan führen müssen, um weitere Massentierhaltung im Land zu verhindern. Das zeigt, dass sich grundlegend etwas ändern muss.“

Sybilla Keitel und Gert Müller von der Bürgerinitiative Kontra Industrieschwein Haßleben nehmen das Urteil mit gemischten Gefühlen auf: „Wir sind erleichtert. Schwer erträglich finden wir es allerdings, dass wir als Bürger*innen nunmehr 16 Jahre lang mit viel Energie sowie beträchtlichem finanziellen Einsatz darum kämpfen mussten, die Landesregierung Brandenburg zur Einhaltung der Gesetze zu zwingen, und sie davon abzuhalten, diese permanent nach den Wünschen und Spielregeln des Antragstellers zurecht zu biegen.“

Auch Rechtsanwalt Peter Kremer, der die Gegner der Mastanlage im Verfahren vertreten hatte, freut sich über das immense Durchhaltevermögen der Verbände und Bürger*innen. Gleichzeitig appelliert er an die Behörden, mit solchen Anträgen künftig anders umzugehen: „Man wird sich die Frage stellen dürfen, warum die Zivilgesellschaft mehrere zehntausend Euro in ein behördliches und anschließendes gerichtliches Verfahren investieren muss, damit am Ende eine Entscheidung nach Recht und Gesetz ergeht.“

Besonders erleichtert ist Ernst Pries, der bereits in den 70er- und 80er Jahren gegen die damals bestehende Schweinemast gestritten hat. Er hatte auch die Auswirkungen der Gülle und Abluft auf Böden und Vegetation im Umkreis von vielen Kilometern untersucht und dokumentiert. Nach wie vor ist ihm jedoch unverständlich, dass diese Vorbelastung im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren überhaupt keine Rolle spielte.

Tierschutzbund kritisiert Ministerin Klöckner: Vermeintliche Tierschutzerfolge entbehren jeder Realität

Pressemitteilung des Deutschen Tierschutzbundes vom 8. Juli 2020

Der Deutsche Tierschutzbund kritisiert Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner, die sich in den Medien und auf Facebook gerade selbst für ihre Tierschutzpolitik lobt. Aus Tierschutzsicht hat die Ministerin jedoch keine Erfolge vorzuweisen. 

„Anders als Klöckner es gerade in den Medien und in einem Facebook-Video postuliert, gibt es keine Erfolge im Tierschutz, die auf ihr Konto gehen. Im Gegenteil: Beim Thema Kükentöten ist sie sogar vertragsbrüchig. Und wäre es bei der aktuellen Kastenstands-Frage nach ihr gegangen, hätten wir keinen Ausstieg im Deckbereich, sondern eine Zementierung dieser tierquälerischen Haltungsform. Es ist eine Blamage für Klöckner, dass die überfälligen, wenn auch unzureichenden Verbesserungen nicht durch, sondern gegen sie erzielt wurden“, kommentiert Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes. „Die verzweifelten PR-Versuche, ihr Versagen schönzureden, gehen ins Leere. Für den Rest der Legislaturperiode erwarten wir politisch nichts mehr.“

Versprochen war nach Koalitionsvertrag ein Ende der Kükentötung zur Mitte der Legislaturperiode, also im Oktober 2019. Das überfällige Verbot hat Klöckner nicht erlassen, sondern die Umsetzung für den Ausstieg der Geflügelwirtschaft überlassen und damit den Bock zum Gärtner gemacht. Obwohl das Töten bis heute unverändert stattfindet, lobt sich Klöckner selbst für die Förderung von Methoden zur Geschlechtererkennung im Ei. Diese stammen allerdings noch aus der Zeit ihres Amtsvorgängers und sind als tierschutzwidrig einzustufen, weil bereits weit entwickelte Embryonen getötet werden. Wenig Durchsetzungsvermögen zeigt die Ministerin auch bei anderen Tierschutzthemen: schmerzhaftes Schnabelkürzen bei Puten, Schwanzkupieren von Schweinen und Enthornen von Rindern werden nach wie vor praktiziert. Das eigentlich schon festgelegte Verbot der betäubungslosen Ferkelkastration wurde unter Klöckner um weitere zwei Jahre nach hinten verschoben. Auch die Pläne für ihr freiwilliges Tierwohlkennzeichen, dessen Kriterien viel zu niedrig angesetzt sind, sind bis heute nicht in trockenen Tüchern. Ihr tierschutzpolitisches Versagen zeigte sich aktuell in der Debatte um die Kastenstandhaltung von Sauen: Klöckner wollte den Passus, dass Sauen ihre Gliedmaßen ausstrecken können müssen, komplett aus der Verordnung streichen und den Kastenstand weitere 15 bis 17 Jahre in der jetzigen Form zulassen. Nach dieser Zeit hätten die Kastenstände lediglich etwas breiter sein müssen. Die Bundesländer haben hier nachverhandelt und zumindest den Einstieg in die Gruppenhaltung für Sauen ermöglicht. 

Alle Menschen ans Straßennetz anschließen ist teuer, aber nicht unbedingt für das Klima

Pressemitteilung des PIK vom 8. Juli 2020

Den Zugang zur Verkehrsinfrastruktur zu gewährleisten ist eines der UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung. Das könnte erreicht werden, indem man alle Menschen ans Straßennetz anschließen würde. Was die ökonomischen Kosten und was die Auswirkungen auf das Klima wären, hat nun ein Forschungsteam unter der Leitung des Potsdam-Instituts beziffert, indem es verschiedene Datensätze zusammengeführt hat. Das Ergebnis: Ein solcher Straßenausbau würde zwar die Staatshaushalte der einzelnen Länder stark belasten, nicht so sehr aber das globale CO2-Emissionsbudget. Um fast die gesamte Weltbevölkerung anzuschließen, müsste das globale Straßennetz um nur 8 Prozent erweitert werden – was insgesamt einen CO2-Ausstoß von etwa 1,5 Prozent der Gesamtmenge dessen verursacht, was wir unter Einhaltung des 2-Grad-Ziels noch ausstoßen dürfen.

Das Team des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) und des Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) stellt fest, dass derzeit etwa 14 Prozent der Weltbevölkerung weiter als 2 km von der nächsten Straße entfernt leben. „In der Studie berechnen wir, wie viele Straßenkilometer in jedem Land gebaut werden müssten, um mehr Menschen Zugang zu ermöglichen; wie viel der Bau kosten würde; und schließlich, wie viele CO2-Emissionen aus dem Bau und dem dadurch gesteigerten Verkehr resultieren würden“, erklärt Leonie Wenz, Hauptautorin der Studie und Vize-Leiterin des Forschungsbereiches Komplexitätsforschung am PIK. Die Anbindung von 97,5 Prozent der Bevölkerung in jedem Land würde etwa 4 Millionen zusätzliche Straßenkilometer erfordern. Am größten sind die Zugangslücken in Subsahara-Afrika und Südostasien. In Angola und in Indonesien beispielsweise hat es derzeit mehr als die Hälfte der Bevölkerung mehr als 2 km bis zur nächsten Straße.

Die Studie ergibt, dass die Kosten für den Bau dieser Straßen insbesondere im Vergleich zur nationalen Wirtschaftsleistung der einzelnen Länder erheblich sind: 3.000 Milliarden US-Dollar wären erforderlich, um fast der gesamten Weltbevölkerung Zugang zu verschaffen. „Ähnlich wie in der Logistik ist die letzte Meile, die zurückgelegt werden muss – oder besser gesagt, der letzte Haushalt, der angeschlossen werden muss -, am teuersten“, erläutert Jan Steckel, Leiter der Arbeitsgruppe Klimaschutz und Entwicklung am MCC. „Zum Vergleich: Für den Anschluss von 90 Prozent der Bevölkerung in jedem Land wären nur etwa 700 Millionen US-Dollar erforderlich. Das Ziel von 97,5 Prozent würde für einige Länder Kosten von mehr als der Hälfte ihrer aktuellen Wirtschaftsleistung eines Jahres bedeuten – insbesondere in Afrika und im Nahen Osten, wo sowohl der Bedarf als auch die Kosten am höchsten sind.“

Neue Straßen sind nur mäßig klimaschädlich

Besser sind die Aussichten, was die Klimawirkung des Baus und des Verkehrs auf den neuen Straßen angeht: Bis zum Jahr 2100 werden die daraus resultierenden Emissionen rund 16 Gigatonnen CO2 betragen, so haben die Forscher berechnet. Dabei nehmen sie an, dass alle Straßen bis 2030 fertiggestellt und mit den heutigen CO2-intensiven Verfahren gebaut und befahren werden. Das gesamte CO2-Budget – also die Menge des Treibhaugases Kohlendioxid, welche die Menschheit noch ausstoßen kann, wenn sie die globale Erwärmung unter 2 Grad halten will – beträgt etwas mehr als 1.000 Gigatonnen. Der Anteil, der für den Straßenbau und den zusätzlichen Verkehr anfallen würde, betrüge also etwa 1,5 Prozent dieses Budgets. „Die Anbindung der überwiegenden Mehrheit der Menschen an das Straßennetz, was als ein Motor für Wohlstand gilt, würde unseren Ausstoß von Treibhausgasen demnach nicht drastisch erhöhen“, erklärt Leonie Wenz. „Aus dieser Perspektive stehen hier wirtschaftliche Entwicklungsziele und Klimaschutz nicht im Gegensatz zueinander.“

Es könnte allerdings noch andere Quellen für CO2-Emissionen und weitere ökologische und gesellschaftliche Probleme im Zusammenhang mit dem Straßenbau geben. Jan Steckel von MCC erklärt: „Straßen, die unberührte Natur durchqueren, können Entwaldung und eine Zerstückelung dieser Gebiete nach sich ziehen, und damit zum Verlust von Kohlenstoffsenken und der biologischen Vielfalt führen, oder auch negative Auswirkungen auf die Gesundheit haben. Das stünde im Gegensatz zu manchen anderen der Ziele für nachhaltige Entwicklung.“ Um mögliche negative Rückkopplungen mit anderen UN-Nachhaltigkeitszielen zu vermeiden, schlagen die Autoren vor, Straßenbauprojekte strategisch zu planen und den Schwerpunkt weg von der reinen Verfügbarkeit von Straßen und hin zu Fahr- und Reisezeiten, etwa zum nächstgelegenen Markt, zu verlagern.

„Mit unserem geografisch sehr detaillierten Datensatz hoffen wir, einen nützlichen Ausgangspunkt für weitere Analysen zu liefern“, so Wenz. „Sowohl für die konkrete Situation einzelner Länder als auch für die Erfüllung der Ziele der nachhaltigen Entwicklung innerhalb  unserer planetaren Grenzen.“

Artikel: Leonie Wenz, Ulf Weddige, Michael Jakob, Jan Christoph Steckel (2020): Road to glory or highway to hell? Global road access and climate change mitigation. Environmental Research Letters [DOI 10.1088/1748-9326/ab858d]

Land Brandenburg gibt ökologische Vorrangflächen im Landkreis Havelland frei

Pressemitteilung des Landkreises Havelland vom 8. Juli 2020

Die Wetterbedingungen der vergangenen Monate drohen im Landkreis Havelland eine Futtermittelknappheit auszulösen. Das Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz des Landes Brandenburg gibt daher die ökologischen Vorrangflächen frei. Die Antragstellung ist seit dem 1. Juli 2020 möglich und gilt bis zum Ende dieses Jahres.

Aufgrund geringer Niederschlagsmengen sowie der Witterungssituation droht in einigen Regionen des Landes Brandenburg eine Futtermittelknappheit. Das Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz hat daher entschieden, in den betreffenden Landkreisen die ökologischen Vorrangflächen sowie Puffer- und Feldrandstreifen zur Beweidung freizugeben.

Wer im Landkreis Havelland den Aufwuchs zur Tierfütterung nutzen möchte, kann einen formlosen Antrag an das Amt für Landwirtschaft, Veterinär- und Lebensmittelüberwachung stellen. Die Nutzung der Flächen ist grundsätzlich tierhaltenden Betrieben vorbehalten, Betriebsinhaber ohne Tiere können jedoch durch einen Futterabnahmevertrag mit einem Tierbetrieb die Fläche zur Verfügung stellen. Des Weiteren besteht die Pflicht des Flächeneigentümers zum Nachweis, dass im Betrieb nicht genügend Futter vorhanden ist bzw. in nächster Zeit sein wird.

Ab dem 1. August 2020 ist auch wie gehabt eine Beweidung der ökologischen Vorrangflächen durch Schafe oder Ziegen ohne einen gesonderten Antrag möglich. Mehr Informationen sowie Einzelheiten zur der Maßnahme sind auf der Homepage des Landkreises www.havelland.de unter dem Stichwort „Agrarförderung“ zu finden.

Vier Pfoten verklagt Brandenburger Veterinär-Ämter

Pressemitteilung von Vier Pfoten vom 8. Juli 2020

Hamburg, 08. Juli 2020 – Aufgrund des Verdachts der Beihilfe zur Tierquälerei bei Tiertransporten in tierschutzrechtliche Risikostaaten hat VIER PFOTEN in den Bundesländern Brandenburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen insgesamt 21 Strafanzeigen gegen Transportunternehmer, Organisatoren und Veterinärämter wegen des Verdachts auf den Verstoß gegen das Tierschutzgesetz erstattet. Nach Ansicht der internationalen Stiftung für Tierschutz wurden in den angezeigten Fällen Lebendtiertransporte rechtswidrig genehmigt.

Damit genehmigten laut VIER PFOTEN die zuständigen Behörden in den angezeigten Fällen in den vier Bundesländern 2019 und 2020 rechtswidrig Tiertransporte und fertigten diese in tierschutzrechtliche Hochrisikostaaten wie Algerien, Iran, Libanon, Libyen, Kasachstan und Usbekistan ab. Da es keine zugelassenen Versorgungsstationen auf den Routen gibt, kann die Versorgung der Tiere während des Transports nicht gewährleistet werden. Die Schlachtmethoden in diesen Ländern sind besonders brutal und grausam. Aus diesen genannten Gründen haben die genehmigenden Behörden nach Ansicht von VIER PFOTEN gegen das deutsche Tierschutzgesetz und die Tierschutztransportverordnung 1/2005 verstoßen. Der EU-Gerichtshof hatte bereits 2015 festgestellt, dass dafür Sorge zu tragen ist, dass die Vorgaben dieser Verordnung bis ins Zielland einzuhalten sind, auch wenn es sich hierbei um ein Drittland handelt. VIER PFOTEN muss davon ausgehen, dass den Tieren auf dem Transport sowie am Zielort mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erhebliche Schmerzen und Leiden zugefügt wurden.  

„Wir brauchen sofort einen bundesweit einheitlichen Stopp von Tiertransporten in Drittländer. Die bewussten und wiederholten Verstöße gegen Tierschutzrecht sind ein systematisches Versagen der zuständigen Behörden. Wer bei 21 Fällen in vier Bundesländern noch von schwarzen Schafen spricht, ist entweder naiv oder ignorant. Die Bundesländer müssen dieser Tierqual endlich den Riegel vorschieben!“, sagt Ina Müller-Arnke, Nutztierexpertin bei VIER PFOTEN.

Da immer wieder die an Transporten beteiligten Akteure gegen deutsches Recht verstoßen und sich systematisch nicht an die EU-Tiertransportverordnung 1/2005 halten, fordert VIER PFOTEN eine umfassende tierschutzgerechte Verbesserung der EU-Verordnung. Dass dringender Handlungsbedarf in der sogenannten Nutztierindustrie besteht, zeigen auch die Auswirkungen der Corona-Krise. VIER PFOTEN appelliert daher an Bundeslandwirtschaftsministerin Klöckner, sich während der im Zeichen der Corona-Bekämpfung stehenden deutschen EU-Ratspräsidentschaft für eine zeitgemäße und tierschutzgerechte Überarbeitung der EU-Verordnung einzusetzen.

„Die Bundeslandwirtschaftsministerin hat während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft die Chance, eine europäische Lösung voranzutreiben. Die aktuelle EU-Transportverordnung schützt die Tiere überhaupt nicht. Die Regelungen sind viel zu lasch und selbst diese werden systematisch gebrochen. Wenn die Transportzeiten auf acht Stunden begrenzt werden, sind die völlig unnötigen und besonders grausamen Tiertransporte in Drittstaaten endlich Geschichte. Unsere Strafanzeigen machen deutlich, dass Tiertransporte transparenter werden müssen – beispielsweise durch eine verpflichtende Informationssammlung zu allen Transporten in einer gemeinsamen EU-weiten digitalen Datenbank. Julia Klöckner betont immer wieder, dass das Thema auf europäischer Ebene gelöst werden muss. Jetzt kann sie zu ihrem Wort stehen und grausame Tiertransporte beenden“, so Rüdiger Jürgensen, Geschäftsführer VIER PFOTEN Deutschland.

Forderungen von VIER PFOTEN

  • Verbot von Langstreckentransporten lebender Tiere
  • Eine Begrenzung der Transportdauer lebender Tiere auf 4 Stunden in Deutschland und darüber hinaus maximal 8 Stunden
  • Transportverbot für nicht abgesetzte Jungtiere, die noch auf Milch angewiesen sind
  • Generelles Verbot von Abfertigungen bei zu erwartenden Außentemperaturen von über 30°C sowie bei Kälte unter 5°C
  • Verpflichtung der Informationssammlung zu allen Transporten in einer gemeinsamen EU-weiten digitalen Datenbank
  • Verpflichtung der Offenlegung und ständiger Zugang zu sämtlichen Transportdaten in der Datenbank für Institutionen, Genehmigungsbehörden und deren fachvorgesetzten Instanzen
  • Schlachtung von Tieren am nächstgelegenen, geeigneten Schlachthof
  • Mehr und unabhängige Kontrollen sowie starke Sanktionen bei Verstößen
  • Transport von Fleisch und genetischem Material anstelle von lebenden Tieren

Ein ausführliches Hintergrundpapier zu Tiertransporten finden Sie hier.

Wildschutzzäune gegen Afrikanische Schweinepest: Verbraucherschutzstaatssekretärin Heyer-Stuffer begrüßt Gesetzesänderung

Pressemitteilung des Ministeriums für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg

Der Bundesrat hat sich heute mit den Stimmen von Brandenburg für einen Gesetzentwurf ausgesprochen der es erlauben soll, präventiv feste Schutzzäune gegen eine Einschleppung der Afrikanischen Schweinepest (ASP) durch infizierte Wildscheine aufzustellen. Dazu erklärt Verbraucherschutzstaatssekretärin Anna Heyer-Stuffer:

„Ausdrücklich begrüße ich diesen Gesetzentwurf. Die Afrikanische Schweinepest stellt eine reale Bedrohung nicht nur für Brandenburg, sondern auch für ganz Deutschland dar. In den vergangenen Monaten haben wir bereits zahlreiche Präventionsmaßnahmen in Brandenburg getroffen, zum Beispiel durch das Aufstellen mobiler Schutzzäune entlang der polnischen Grenze. Unser Ziel ist es, einen Ausbruch und die Verbreitung der ASP zu verhindern.  Denn der Schaden wäre für die landwirtschaftlichen Schweinehalter*Innen, aber auch für Futtermittelhersteller*Innen, Transporteure und Schlachtbetriebe immens. Erfahrungen in anderen Ländern haben gezeigt, dass die präventive Errichtung eines Wildschutzzaunes ein wirksames Mittel sein kann. Bisher fehlt jedoch eine belastbare Rechtsgrundlage, die eine Umzäunung auch da ermöglicht, wo sich bisher noch keine an der Tierseuche erkrankte oder verdächtige Tiere aufhielten. Dies soll durch eine Gesetzesänderung im Tiergesundheitsgesetz des Bundes geändert werden – ein Schritt, der dringend notwendig ist“.

Die Landesregierung hält feste Wildschweinbarrieren aus veterinärrechtlicher Sicht für erforderlich, um eine Verbreitung der ASP durch infizierte Wildschweine zu unterbinden.  Daher beabsichtigt Brandenburg einen „festen Zaun“ im Bereich des Landkreises Spree-Neiße zu setzen. Dies ist wegen des dortigen Infektionsdrucks und in diesem Zusammenhang notwendigen verstärkten Schutzmaßnahmen insbesondere durch Bejagung auch in Zaunnähe unabweisbar.

Nach abschließender Befassung des Bundesrates kann das „Gesetz zur Änderung des Tiergesundheitsgesetzes“ durch den Bundestag beschlossen werden.

Entscheid zur Kastenstandhaltung von Sauen steht bevor – Bundesrat ebnet Weg für die Gruppenhaltung

Pressemeldung des Deutschen Tierschutzbundes vom 3. Juli 2020

Der Bundesrat stimmt heute über die 7. Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung und damit über die Zukunft der Sauenhaltung im Kastenstand ab. Bundesministerin Julia Klöckner will den derzeit praktizierten, tierschutzwidrigen Kastenstand für weitere 17 Jahre legitimieren, danach nur etwas größer gestalten. In die gleiche Richtung ging ein Antrag des Landes Nordrhein-Westfalen, der nach einer Übergangszeit von acht Jahren auf Dauer das bestehende System beibehalten wollte. Für beide Vorhaben fand sich keine Mehrheit im Bundesrat. Nach Verhandlungsdruck durch die grünen Landesminister legten Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein für die heutige Sitzung einen nun mehrheitsfähigen Antrag vor, nach dem der Kastenstand im Deckbereich nach achtjähriger Übergangsfrist abgeschafft und die Gruppenhaltung der Sauen verbindlich werden soll. Eine Regelung für den Kastenstand im Abferkelbereich fehlt.

„Dass mit der heutigen Entscheidung die Gruppenhaltung von Sauen im Deckbereich verbindlich wird, ist ein Erfolg für den Tierschutz, der vor wenigen Wochen noch in weiter Ferne schien – und eine Niederlage für die Bundesministerin. Natürlich sind acht Jahre Übergangsfrist zu lang und die nur in Teilen geplante Umsetzung des „Magdeburger Urteils“, weil im Übergang noch Enge bleibt, ist zu kritisieren. Bei dem Gefeilsche um die Sau konnte aber das Schlimmste, die Umsetzung der Klöckner`schen Pläne, verhindert werden“, erklärt Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes.

Das Bundesverwaltungsgericht hatte im November 2016 klargestellt, dass die gängige Haltung von Sauen in Kastenständen gegen die Mindestbedingungen der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung von 1992 verstößt. Nach dem Urteil muss es Sauen möglich sein, jederzeit ungehindert eine Liegeposition in beiden Seitenlagen einzunehmen. Die heute genutzten Kastenstände in den üblichen Sauenhaltungen sind dafür zu eng.

„Die Kastenstandfrage ist eine Systemfrage und die duldet keinen weiteren Aufschub. Mit dem verbindlichen Ziel der Gruppenhaltung beginnt ein Systemwechsel, der nicht bei der Sau stehenbleiben darf. Entscheidend ist jetzt, dass weitere Fragen, wie etwa die nach dem Abferkelbereich, nicht auf die lange Bank geschoben werden. Allerdings drängt sich zunehmend die Frage auf, ob eine Ministerin, die auch Tierschutzministerin ist, aber gleichzeitig einen tierschutzwidrigen Umstand wie den Kastenstand so vehement verteidigt hat, die Zuständigkeit für den Tierschutz behalten sollte. Das muss die Bundeskanzlerin im Kabinett klären“, ergänzt Schröder.

Ebenfalls Klärung erhofft sich der Deutsche Tierschutzbund von der Normenkontrollklage des Landes Berlin vor dem Bundesverfassungsgericht, die unabhängig von der heutigen Entscheidung Bestand haben muss. Der Berliner Senat hält weite Teile der rechtlichen Anforderungen an die Schweinehaltung in Deutschland für verfassungswidrig. Die Klage unterstützt der Deutsche Tierschutzbund.

Die Energiewende gemeinsam gestalten: Start des Kopernikus-Forschungsprojekts Ariadne

Pressemitteilung des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschungund des Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change vom 03.Juli 2020

Von der Stromversorgung über die Industrie bis hin zu den Pariser Klimazielen, von einzelnen Sektoren bis hin zum großen Ganzen: Mit dem Projekt Ariadne startet jetzt ein Verbund führender Forschungseinrichtungen die Arbeit an einem beispiellos umfassenden Forschungsprozess zur Gestaltung der Energiewende. Ziel des auf drei Jahre angelegten Projekts ist es, die Wirkung verschiedener Politikinstrumente besser zu verstehen, um gesellschaftlich tragfähige Energiewende-Strategien entwickeln zu können. Von Beginn an werden politische Entscheider, Wirtschaftsvertreter sowie Bürgerinnen und Bürger über einen groß angelegten Dialogprozess eingebunden.

„Klimaziele allein gewährleisten noch keinen Erfolg, dafür braucht es konkrete Maßnahmen. Und genau hier setzt Ariadne an, um Überblick zu geben und Wege aufzuzeigen durch die komplexen Detailfragen der Energiewende“, erklärt Ottmar Edenhofer, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) sowie des Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) und Leiter des Kopernikus-Projekts Ariadne: „Mit der einmaligen gebündelten Expertise von 26 Forschungspartnern können wir eine übergreifende Perspektive schaffen, die Wirkung von Politikinstrumenten analysieren und eine ganze Reihe möglicher Politikoptionen aufzeigen – und so auf dem Weg zu einem klimaneutralen Deutschland wichtiges Orientierungswissen für Entscheider bieten.“

Ariadne wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) über drei Jahre mit insgesamt 30 Millionen Euro gefördert und ist Teil der Kopernikus-Forschungsinitiative. Als vierte Kopernikus-Säule ergänzt Ariadne die Projekte ENSURE, P2X und SynErgie. Zusammen bilden die Kopernikus-Projekte eine der größten deutschen Forschungsinitiativen zum Thema Energiewende.

Im Dialog handlungsrelevantes Wissen für Entscheider schaffen

„Stromerzeugung, Wärme, Verkehr oder Industrie – Ariadne wird detailliertes Sektorwissen erarbeiten, um zielführende Maßnahmen und Wege aufzuzeigen, jedoch immer mit dem Blick auf das große Ganze“, erklärt Gunnar Luderer vom PIK, stellvertretender Leiter des Projekts Ariadne. „Diese übergreifende Systemperspektive ist zentral: So soll ein umfassendes Gesamtbild entstehen im Hinblick auf die Effektivität von Technologien und Politikinstrumenten, aber auch auf die Auswirkungen etwa auf Verteilungsgerechtigkeit, internationale Wettbewerbsfähigkeit sowie Umwelt- und Naturschutz.“

Von Anfang an werden auch Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Wirtschaft und der breiten Öffentlichkeit aktiv eingebunden. Dieser gesellschaftliche Dialogprozess wird von einer Policy Unit als Herzstück des Projekts moderiert. „Die Energiewende kann nur in einem gemeinsamen Lernprozess gelingen,“ erklärt Brigitte Knopf, Leiterin der Ariadne Policy Unit und Generalsekretärin des MCC. „Mit Ariadne werden wir dezidiert auf Entscheidungsprobleme der Politik eingehen, gleichzeitig aber auch gezielt Debatten anstoßen im Dialog mit Politik, Energiewendeakteuren sowie Bürgerinnen und Bürgern.“

Erkenntnisse und Ergebnisse des Kopernikus-Projekts Ariadne zur Energiewende werden kontinuierlich über die gesamte Laufzeit bereitgestellt, etwa in Form von Policy Briefs, Themendossiers, Hintergrundpapieren, Visualisierungen und interaktiven Plattformen.

Weblink zum Kopernikus-Projekt Ariadne:
https://www.kopernikus-projekte.de/projekte/ariadne


Wer ist Ariadne? In der griechischen Mythologie gelang dem legendären Helden Theseus durch den Faden der Ariadne die sichere Navigation durch das Labyrinth des Minotaurus. Dies ist die Leitidee für das Energiewende-Projekt Ariadne, in dem ein Konsortium von 26 Partnern durch exzellente Forschung in einem gemeinsamen Lernprozess mit Politik, Wirtschaft und Gesellschaft Überblick und Orientierung bereitstellt für die Gestaltung der Energiewende. Wir sind Ariadne:

adelphi| Brandenburgische Technische Universität Cottbus – Senftenberg (BTU) | Deutsche Energie-Agentur (dena) | Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) | Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) | Ecologic Institute | Fraunhofer Cluster of Excellence Integrated Energy Systems (CINES) | Helmholtz-Zentrum Geesthacht | Hertie School | Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU) | Institut der deutschen Wirtschaft Köln | Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität | Institute For Advanced Sustainability Studies (IASS) | Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) | Öko-Institut | Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) | RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung | Stiftung 2° – Deutsche Unternehmer für Klimaschutz | Stiftung Umweltenergierecht | Technische Universität Darmstadt | Technische Universität München | Universität Hamburg | Universität Münster | Universität Potsdam | Universität Stuttgart – Institut für Energiewirtschaft und Rationelle Energieanwendung (IER) | ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung