Pressemeldung des Deutschen Tierschutzbundes vom 3. Juli 2020
Der Bundesrat stimmt heute über die 7. Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung und damit über die Zukunft der Sauenhaltung im Kastenstand ab. Bundesministerin Julia Klöckner will den derzeit praktizierten, tierschutzwidrigen Kastenstand für weitere 17 Jahre legitimieren, danach nur etwas größer gestalten. In die gleiche Richtung ging ein Antrag des Landes Nordrhein-Westfalen, der nach einer Übergangszeit von acht Jahren auf Dauer das bestehende System beibehalten wollte. Für beide Vorhaben fand sich keine Mehrheit im Bundesrat. Nach Verhandlungsdruck durch die grünen Landesminister legten Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein für die heutige Sitzung einen nun mehrheitsfähigen Antrag vor, nach dem der Kastenstand im Deckbereich nach achtjähriger Übergangsfrist abgeschafft und die Gruppenhaltung der Sauen verbindlich werden soll. Eine Regelung für den Kastenstand im Abferkelbereich fehlt.
„Dass mit der heutigen Entscheidung die Gruppenhaltung von Sauen im Deckbereich verbindlich wird, ist ein Erfolg für den Tierschutz, der vor wenigen Wochen noch in weiter Ferne schien – und eine Niederlage für die Bundesministerin. Natürlich sind acht Jahre Übergangsfrist zu lang und die nur in Teilen geplante Umsetzung des „Magdeburger Urteils“, weil im Übergang noch Enge bleibt, ist zu kritisieren. Bei dem Gefeilsche um die Sau konnte aber das Schlimmste, die Umsetzung der Klöckner`schen Pläne, verhindert werden“, erklärt Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes.
Das Bundesverwaltungsgericht hatte im November 2016 klargestellt, dass die gängige Haltung von Sauen in Kastenständen gegen die Mindestbedingungen der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung von 1992 verstößt. Nach dem Urteil muss es Sauen möglich sein, jederzeit ungehindert eine Liegeposition in beiden Seitenlagen einzunehmen. Die heute genutzten Kastenstände in den üblichen Sauenhaltungen sind dafür zu eng.
„Die Kastenstandfrage ist eine Systemfrage und die duldet keinen weiteren Aufschub. Mit dem verbindlichen Ziel der Gruppenhaltung beginnt ein Systemwechsel, der nicht bei der Sau stehenbleiben darf. Entscheidend ist jetzt, dass weitere Fragen, wie etwa die nach dem Abferkelbereich, nicht auf die lange Bank geschoben werden. Allerdings drängt sich zunehmend die Frage auf, ob eine Ministerin, die auch Tierschutzministerin ist, aber gleichzeitig einen tierschutzwidrigen Umstand wie den Kastenstand so vehement verteidigt hat, die Zuständigkeit für den Tierschutz behalten sollte. Das muss die Bundeskanzlerin im Kabinett klären“, ergänzt Schröder.
Ebenfalls Klärung erhofft sich der Deutsche Tierschutzbund von der Normenkontrollklage des Landes Berlin vor dem Bundesverfassungsgericht, die unabhängig von der heutigen Entscheidung Bestand haben muss. Der Berliner Senat hält weite Teile der rechtlichen Anforderungen an die Schweinehaltung in Deutschland für verfassungswidrig. Die Klage unterstützt der Deutsche Tierschutzbund.