Im Wald sich selbst finden- Waldbaden mit Carola Firgau

Den Wald fühlen, riechen, hören, sehen und schmecken, künstlerisch und mit allen Sinnen erkunden, eintauchen zum Bade im Wald

Brieselang.   Der weiche Boden schluckt das Geräusch der Schritte. Eine Amsel raschelt im Laub, ein Ästchen knackt, der Wind singt ein leises Lied, wenn er durch die Blätter der Bäume fährt, sie sanft streichelt. Carola Firgau sieht auf zu den Baumkronen und bleibt gleich hinter der Baumgrenze stehen. „Ich bitte den Wald um Einlass“, sagt sie, verharrt einen Moment. Die Vögel singen, es ist eine Spur kälter hier im Schatten der Eichen und Buchen und unter den Kiefern. Firgau läuft weiter, offenbar hat sie die Erlaubnis erhalten. Es ist ihr wichtig, sagt sie, dem Wald, der Natur, mit Respekt zu begegnen. „Ich bin ein Teil der Natur, von all dem hier. Die Natur, die Erde, sie gehört uns nicht. Wir sollten fragen, ob unsere Anwesenheit willkommen ist“, fährt sie fort. Ihre Stimme ist ruhig, der Blick klar, Firgau wirkt in diesem Moment wie eine Schamanin. Darauf angesprochen lacht sie. „Schon möglich“, sagt sie und lässt damit einfach alles offen. Zulassen, annehmen, dem Instinkt folgen, dass ist die erste Lektion beim Waldbaden.

Vom Abstand halten haben die Beiden offenbar noch nie gehört. Kuschelnde Bäume, im Bredower Forst
Foto: Silvia Passow

Die 55jährige Carola Firgau lebt seit einem halben Jahr in Brieselang. Sie hat bildende Kunst studiert, ist Ergotherapeutin, ausgebildet in der Neurografik. Letztere ermöglicht ein kreatives Coaching. Firgau verbindet die Elemente des sich selbst Erkundens mit dem Entdecken der Umgebung, mit der bildenden Kunst und der Natur. Eigentlich logisch, alle dies gehört irgendwie zusammen. Und so folgt Firgau einem natürlichen Impuls zusammen zu bringen, was zusammengehört. Wichtigstes Element ist dabei das „Draußen sein.“

Lecker, Knoblauchrauke
Foto: Silvia Passow

Schon als Kind war sie viel in der Natur unterwegs, mit den Eltern, wandern im Wald. Und wie so viele Kinder fand sie das furchtbar. „So langweilig, das kann sie heute so gar nicht mehr verstehen“, sagt sie. Denn nun ist jeder Schritt im Wald ein Abenteuer. „Schau mal hier, koste das mal.“ Vorher fragt sie höflich, ich darf du sagen? Ist doch einfacher. Ist es. Und vertrauter, denn der Wald fügt schon sehr bald seine Besucher zusammen. Firgau schnuppert an einer weißblühenden Blume. „Koste mal, köstlich.“ Die Knoblauchrauke steht gerade reichlich im Forst bei Brieselang. So wie die Maiglöckchen, die ihren betörenden Duft verströmen. Firgau bleibt immer wieder stehen, hält hier die Nase ins satte Grün, zupft da etwas ab und reicht es zum Kosten. Riechen, schmecken, wir sind bereits dabei in den Wald einzutauchen. Und weil es bewusst geschieht, alle Sinne angesprochen werden, heißt es Waldbaden. Wir spazieren nicht nur, wir tauchen ein in eine Welt, in der es raschelt, summt, mal herzhaft, mal süß schmeckt und duftet. Wir entdecken Wurzeln, die die Fantasie anregen, Geschichten entstehen im Kopf, begleiten ein Stück des Weges und verschwinden wieder. Wer mag sagt Firgau, kann auch gern ein Stück des Weges barfuß laufen. Spüren schließt die Füße schließlich nicht aus.  Und ja, wer mag kann natürlich auch einen Baum umarmen.  Aber nicht irgendeinen Baum.

Ja, schmeckt gut
Foto: Silvia Passow

„Jeder Baum ist anders“, sagt Firgau. Sie selbst fühlt sich am Fuße der Eiche am wohlsten, sagt sie. Zunächst sollte sorgsam der Kontakt aufgenommen werden, erklärt sie. Die Hand auf den Stamm legen, spüren, wie fühlt sich das an? Wer mit Firgau in den Wald geht entscheidet selbst, ob ein Baum umarmt wird und wenn ja, welcher. Es geht darum Energie aus der Natur zu empfangen, zu erspüren, wo und wann gelingt dies am besten.  Erspüren, dabei die eigenen Sinne öffnen, die Menschen an ihre Intuition erinnern, das sind die Effekte, die Firgau beim Waldbaden erreichen möchte. „Den Menschen zeigen, was sie Schönes wahrnehmen können“, sagt Firgau. Sich dabei treiben lassen, im Hier und Jetzt sein, der Intuition folgen und keinem Kalender, erst recht keiner Uhr.

Die Natur als Künstlerin
Foto: Silvia Passow

Wenn Firgau Menschen zum Eintauchen in das Waldbad bringt, dann bittet sie darum die Handys auszuschalten. Sechs bis acht Leute pro Gruppe können teilnehmen. Die Dauer des Bades bestimmen die Waldbesucher selbst. Ebenso das Programm, das für Familien mit Kindern ein ganz anderes ist, als für Führungskräfte auf der Suche nach neuen Perspektiven. Firgau geht durchaus spirituell ans Werk, das Bad zwischen Lärche und Ulme kann mit Atemübungen ergänzt werden, es kann sehr persönlich sein und emotional. Oder künstlerisch. „LANDART“ ist ein Kunstprojekt, bei dem die Teilnehmenden nur mit dem, was sie in der Natur vorfinden, etwas Neues, kreatives Schaffen, ohne dabei die Natur zu stören oder Tiere zu gefährden. Hierbei soll klar werden, die Kunst ist vergänglich.

Den „eigenen“ Baum finden, mit dem man auf Tuchfühlung gehen mag. Carola Firgau ist überzeugt, jeder Mensch hat „seinen“ speziellen Baumtyp
Foto: Silvia Passow

Waldbaden kommt aus Japan, es soll das Wohlbefinden und die Gesundheit der Menschen verbessern. Es senkt den Blutdruck und stärkt das Immunsystem. Mehr zum Waldbaden mit Carola Firgau gibt es unter: www.carolafirgau.de

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