Unterwegs mit der Blauen Holzbiene, Abflug nach Friesack

Heute gibt es einen duften Stadtspaziergang mit etwas Park und ganz viel Legendenbildung. Besondere Vorbereitung braucht es dazu nicht.

Foto: Silvia Passow

Die Sonne senkt sich über dem Havelland und mit der frühen Abendstunde legt sich ein verlockend süßer Duft über die Zufahrtsstraße nach Friesack. Die Fliederstadt trägt ihren Namen zu Recht und das kann der Besucher bereits von weitem erschnüffeln. Friesack ist nicht unbedingt touristische Hochburg. Wer von Berlin ins Havelland reist, der Bundesstraße 5 folgend, der kommt zunächst nach Falkensee, weiter nach Dallgow-Döberitz, Wustermark, Nauen und dann eine ganze Weile gar nichts, oder nicht wirklich viel. Plattes Land, hier und da ein Hügelchen, Wiesen, Felder, Wälder auf der Fahrt nach Rathenow und zwischendrin, so irgendwo im nirgendwo, liegt Friesack. Reizvoll ist die kleine Stadt im Frühling, wenn nicht nur der weiße, sondern auch der lilafarbene bis ins Blaublütige Flieder blüht. Besonders schön zu sehen in und am Hohenzollern Park.

Foto: Silvia Passow

Gefeiert wird der Flieder auch, beim Fliederfest. Weinkönigin, Erntekönigin, Pah, in Friesack gibt es eine Fliederkönigin. Und der örtliche Tennisverein heißt: Flieder Blau-Weiß-Friesack.

Foto: Silvia Passow

Mit dem Feiern ist ja dieses Jahr nicht so dolle. Dem Flieder ist das herzlich egal, er blüht und duftet unbeeindruckt. Und weil dem so ist, lohnt Friesack einen Besuch. Und wer schon mal da ist, schlendert noch über den Marktplatz, der durch so manch mittelalterlich anmutendes Fachwerkhaus und das aufwendig restaurierte Rathaus lieblichen Charme bewahrt hat. Wenn noch der Weißstorch im Tiefflug über eine der Gassen segelt, dann ist die Idylle durchaus perfekt.

Das Rathaus am Marktplatz
Foto: Silvia Passow

Dabei ist Friesack das Resultat einer teuflischen Nachlässigkeit. Zumindest der Sage nach. Und die geht so:

Vor langer Zeit hatte sich der Teufel auf der Erde umgesehen und alle Edelleute, die seiner Meinung nach nicht so recht viel taten, in einen großen Sack gestopft und ist mit ihnen munter und frohgemut über seinen guten Fang Richtung Hölle geflogen. Offenbar war er dabei etwas unachtsam. Heute würde man mutmaßen, er habe vielleicht eine WhatsApp bekommen. Wie auch immer, er schrammte mit dem Sack an der Kirchturmspitze entlang, worauf dieser ein Stück aufriss. Einige Edelleute purzelten hinaus und sie hatten Glück. Der Teufel bemerkte den Verlust nicht. Es waren jene von Bredow, denen die mangelnde Aufmerksam des Teufels zu Gute kam. Als der erste von ihnen aufschlug, befand er die Gegend als schön und beschloss zu bleiben. Um dem Ort entsprechend zu würdigen, nannte er ihn Frie-sack. Direkt neben ihm landete sein Bruder und er gab ihm den guten Rat: „Gä bes hin“ Denn er wollte Friesack nicht mit ihm teilen. Der Bruder tat wie gewünscht und gründete Besshin, das heute Pessin heißt. Ein weiterer Bruder landete in Friesack und der erste der Bredows schickte ihm den Bruder hinterher. „gä den selben Weg lang hin.“ Das tat er und gründete Selbelang. Das liegt allerdings hinter Pessin, weil von dort scheuchte ihn Bruder zwei noch ein Stück weiter. Ein weiterer Bruder landete, der hielt sich rechts beim Wandern „rechts-to“ und gründete damit Retzow.

Foto: Silvia Passow

Neben Friesack lohnt auch ein Besuch in die umliegenden Dörfer, deren Namen man noch heute auf der Landkarte findet. Lohnenswert sind die kleinen Dorfkirchen in Pessin und Selbelang, die naturnahe Gärtnerei Sandglöckchen in Retzow oder die zauberhaften Schlösser in Görne und Kleßen. Tatsächlich leiten sich die Ortsnamen überwiegend aus dem Slawischen ab. So soll der Name Selbelang übersetzt Schildkrötensumpf heißen. Von Sümpfen und Schildkröten ist hier nicht mehr viel zu sehen, vom Teufel übrigens auch nicht. Aber der Kirchturm, der ist noch da und davor steht…..? Aber sicher, ein Fliederbusch.

Schreibe einen Kommentar

You have to agree to the comment policy.