Futter für den besten Freund

Tiertafeln helfen bedürftigen Menschen ihren tierischen Liebling zu versorgen, ihre Fürsorge gilt dabei Tier und Mensch

Von Silvia Passow

Über den Dächern von Rathenow (Havelland), hat die Tiertafel Havelland, ihr neues Domizil. Helle, große, lichtdurchflutete Räume, oben auf dem Parkdeck des City-Centers, der Einkaufsmeile der Kreisstadt. „Zentral, gut erreichbar und dennoch nicht auf dem Präsentierteller, besser geht’s nicht“, sagt Tino Rippler, der die Tiertafel Havelland seit rund sechs Jahren leitet. Diese Erreichbarkeit und dabei nicht unbedingt gesehen werden, dass ist wichtig für seine rund 80 Klienten, die er hier jeden dritten Freitag im Monat empfängt. Dann ist nämlich Ausgabe bei der Tiertafel, dann werden etwa 50 Hunde, ungefähr ebenso viele Katzen, 10 Nagetiere, 5 Sittiche und 3 Frettchen mit Futter und dem versorgt, was es sonst noch so für das Wohlbefinden von Vierbeinern und geflügelten Lebensgefährten so braucht. Vogelsand, Katzenstreu, Leinen, Halsbänder, dazu freundliche Worte, ein Lächeln, ein Plausch, während Stephanie Stößel Trockenfutter abwiegt und Futterdosen zuteilt. Die Rationen sollten für einen Monat reichen. Und bei manch einem kommt da ganz schön was zusammen. Das ältere Paar, dem Stößel gerade die Futterspenden zusammenpackt hat einen Hund und vier Katzen. Alles betagte Tiere. „Es ist so schön zusammen alt werden zu können. Für uns ist das nur mit Hilfe der Tiertafel möglich“, sagt die Frau.

Tino Rippler in den neuen Räumen der Tiertafel Rathenow
Foto: Silvia Passow

Die älteste Tiertafel Deutschlands

„Die Tiertafel Havelland ist die älteste Tiertafel in Deutschland“, sagt Tino Rippler. 2006 wurde sie gegründet und seit 2008 ist der 46jährige Rippler dabei. Bei ihm bekommt jeder Tierbesitzer Unterstützung, der Bedarf muss nachgewiesen werden. Hartz 4 oder der Rentenbescheid reichen für den Zweibeiner. Hunde können anhand des Steuerbescheides nachgewiesen werden. So einfach ist es mit Hamster, Sittich und Katz nicht, hier lassen sich die Ehrenamtlichen regelmäßig Fotos als Nachweis zeigen. Ansonsten stellt Rippler keine Fragen. „Man muss das Tier wertschätzen, ohne den Menschen dahinter verändern zu wollen“, sagt er. Dem häufig vorgebrachten Einwand, warum er Menschen helfe, die trotz ihrer Situation ein Haustier besäßen, entgegnet er, dass in den allermeisten Fällen erst das Tier im Leben der Menschen war. „Und erst später kam die Tragödie. Und wenn es jemanden dann schon schlecht geht, soll er das einzige Lebewesen hergeben, dass noch zu ihm steht? Das Liebe gibt und den Menschen auch weiterhin in die Verantwortung nimmt“, fragt Rippler. Er kennt solche Fälle zur Genüge, berichtet von der betagten Frau, die Hunde und Katzen für den Tierschutz aufnahm. „Die haben sie dann einfach mit den Tieren sitzengelassen“, erzählt Rippler. Er fährt nun regelmäßig zu ihr, bringt Futter für die Tiere und ist damit auch zum Fenster zur Welt für die Seniorin geworden. Jeden zweiten Sonntag fährt Rippler nach Berlin, Ziel: Bahnhof Zoo. Hier verteilt er Hundefutter, Leinen, Mäntel für die Hunde und für deren Besitzer kocht er vorher, bringt Essen mit, will nicht nur Näpfe, sondern auch Teller füllen. Rippler ist selbständig, lebt inzwischen in Havelberg. Wie schafft man das alles? Er lacht. „Man muss wohl einfach verrückt sein“, sagt er. Eine seiner Hauptaufgaben ist nicht die Verteilung des Futters, sondern das Einsammeln. Alles Spenden, oft von Firmen aber auch kleinere Futter- oder Sachspenden. „Wenn Leute kommen und etwas abgeben, nehme ich das persönlich entgegen. Ich mag es nicht, wenn einfach etwas vor der Tür liegt. Oft gehört eine Geschichte zu dem Tier, dem die Dinge mal gehörten und die Besitzer sollen sie mir erzählen können“, sagt Rippler. 

Stephanie Stößel verteilt Trockenfutter., ein Lächeln und freundliche Worte
Foto: Silvia Passow

Mit dem Hänger übers Land

Katrin Krause von der Tiertafel Bad Belzig schaut sich die neuen Räume staunend an. „Ach, so etwas hätten wir auch gern“, sagt sie. Sie und ihre Mitstreiter fahren die Orte rund um Bad Belzig mit dem Anhänger ab und verteilen ihre Futterspenden. Rund 70 Menschen mit 130 Tieren versorgen sie. Einen festen Standort hat ihr Verein nicht. Kein Lager, keine Ausgabestelle, das macht ihre Aufgabe nicht leichter. „Wir unterstützen bedürftige Menschen“, sagt sie. „Menschen, denen ihre Tiere Familie sind. Es wäre schrecklich für die Leute, müssten sie sich von den Tieren trennen“, sagt sie. Eine Bleibe für den Verein, gut erreichbar und am besten kostenlos überlassen, das wäre Krauses großer Wunsch für ihre Tiertafel.

Tierschützer aus ganz Brandenburg kamen und gratulierten
Foto: Silvia Passow

An einen Ort gebracht

Petra Birkholz hat mit ihrem Verein Sonnenzeiten für Tieren ebenfalls die Tiere Bedürftiger im Blick. Seit einem Jahr steht sie einmal wöchentlich auf dem Gelände der Tafel der Humanisten in Falkensee und verteilt dort Futterspenden. Eine eigene Ausgabestelle hatte sie tatsächlich nicht im Sinn. „Für Tiere sorgen, heißt auch für die Menschen sorgen. Und hier werden die Menschen versorgt, bei der Tafel. Warum also nicht am gleichen Ort deren Tiere versorgen“, sagt sie. Waren es in den ersten Wochen nur eine Handvoll Haustierbesitzer, wächst auch ihre Kundschaft beständig. Auch für Birkholz ist es wichtig, dass finanziell schwächer aufgestellte Menschen ihre Tiere behalten können. „Die sind oft der letzte Halt im Leben. Und sie verpflichten, sie können der Grund sein, Morgens aufzustehen.“ Birkholz begleitet Rippler seit ein paar Wochen bei seinen Touren zum Bahnhof Zoo. Sie würde sich wünschen, dass die Notunterkünfte für Wohnungslose Menschen die Mitnahme der Hunde gestatten würden. „Für viele der Obdachlosen ist der Hund so wichtig, dass sie Draußen, bei ihrem Freund in der Kälte bleiben. Das zeigt doch, wie wichtig gerade für diese Menschen der tierische Begleiter ist. Ich erlebe immer wieder, ein sehr großes Verantwortungsbewusstsein bei den Obdachlosen, wenn es um ihre Hunde geht“, sagt Birkholz.

Auch Petra Birkholz (links) kümmert sich um Bedürftige und deren Tiere
Foto: Silvia Passow

Auch in Potsdam und Cottbus gibt es Tiertafeln. „Ist die Katze gesund, freut sich der Mensch“, besagt die Werbung eines namhaften Herstellers für Katzenfutter. Genau dafür sorgen die Tiertafel, ohne große Namen, dafür mit sehr viel Herz und helfend ausgestreckter Hand.

Hier gibt es noch mehr Infos:

Tiertafel Rathenow: www.tiertafel.info

Tiertafel Bad Belzig: www.tiertafel-badbelzig.com

Sonnenzeiten für Tiere mit Tiertafel in Falkensee: www.sonnenzeiten-ev.de

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