Die Gülleverordnung empfinden die Bauern als großen Mist

Beim Agrarpolitischen Frühstück der MIT tauschten sich Landwirte und Politiker über die Herausforderungen in der modernen Landwirtschaft aus

Von Silvia Passow

Schönwalde-Glien/OT Pausin.  Die Mittelstandsvereinigung (MIT) Brandenburg der CDU hatte geladen und rund fünfzig Gäste kamen zum Agrarpolitischen Frühstück nach Pausin. Landwirte der Region nutzen die Chance zum Gespräch mit den Podiumsgästen, dem Parlamentarischen Staatssekretär im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft Uwe Feiler (CDU), dem Brandenburgischen Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz Axel Vogel (Bündnis 90/Die Grünen) und Thomas Große-Rüschkamp (CDU), Mitglied im Vorstand des Kreisbauernbandes Havelland. Dessen Geschäftsführer, der Landtagsabgeordnete Johannes Funke (SPD), befand sich unter den Gästen.  

Auf dem Podium: Uwe Feiler, Thomas Große-Rüschkamp, Christoph Böhmer und Axel Vogel
Foto: Silvia Passow

Wo der Gummistiefel drückt

Thomas Große-Rüschkamp hat einen Ackerbau-Betrieb in Markee, einem Ortsteil von Nauen. Hier hat er auch einen Sitz in der Gemeindevertretung. Um über die Zukunft zu reden, sollte zunächst mal der Ist-Zustand beschrieben sein sagt er und legt los. Er spricht über die verschiedenen Fruchtfolgen, von organischer und mineralischer Düngung. (Organische Dünger sind natürliche Dünger wie Kompost, Stallmist, Pflanzenjauchen und so weiter. Mineralische Dünger sind künstlich hergestellte Mineralsalze.) Und über Pflanzenschutzmittel, deren Einsatz seit Jahren kontrovers diskutiert wird. Denn nach einhelliger wissenschaftlicher Meinung stehen diese Mittel im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Insektensterben. Große-Rüschkamp sagt, er setzte Pflanzenschutzmittel nur nach gründlicher Prüfung ein. Synthetischer Pflanzenschutz kommt nur zum Einsatz, wenn der wirtschaftliche Schaden höher wäre, als dieser Einsatz. „Wir wollen Bodenschonend arbeiten. Wir leben von unseren Böden und wollen dies auch weiterhin“, sagt er. Dabei setzt er auf moderne Technik, um noch bedarfsgerechter zu düngen und damit weniger Nitrat in den Boden zu bringen. Auf Forschung und Entwicklung setzt er auch beim Pflanzenschutz. „Das muss, wie in der Medizin, vorangetrieben werden“, sagt er. Es gibt Feldgeräte, die mit Kameras ausgestattet sind, die das unerwünschte Kraut auf dem Acker erkennen und punktuell bekämpfen, erzählt er. Hat er im Studium gesehen und danach nie wieder, sagt er auch. Er äußert deutlichen Unmut zur neuen Düngeverordnung. Die 2017 erst überarbeitete Verordnung ist noch einmal angepasst worden, musste den EU-Richtlinien angepasst werden und gilt voraussichtlich ab April 2020. Sie sieht noch mal eine Einschränkung vor, wieviel Gülle wann auf den Acker darf. Die Bußgelder für fehlende oder unvollständige Aufzeichnungen steigen drastisch. Und auch für die Bundesregierung kann die Nichteinhaltung teuer werden, mehr als 800 000 Euro für jeden Tag, an dem die Verordnung nicht eingehalten wurde, müsste sie an die EU zahlen.

Der Brandenburger Minister für Landwirtschaft & Umwelt, Axel Vogel
Foto: Silvia Passow

Die Gülleverordnung ist Mist,

sagen die anwesenden Landwirte und auch Uwe Feiler kann der Verordnung nichts abgewinnen, wie er sagt. Ändern kann er sie aber auch nicht, sagt er und verweist nach Brüssel. Gerecht sei die Verordnung auch aus seiner Sicht nicht. Denn nicht überall in Deutschland habe man mit den selben Nitrat-Belastungen im Boden zu tun. Nicht alles ist „rotes Gebiet“. Und er fragt: „Warum setzt man hier nicht auf wissenschaftliche Erkenntnisse?“ Feiler, der ab und an im landwirtschaftlichen Betrieb seiner Ehefrau aushilft, sieht neben dem Unmut um die Gülle noch viele Herausforderungen auf die Landwirtschaft zukommen. „Ökologisch und sozial sollte die nachhaltige Landwirtschaft sein“, sagt er. Schließlich müssten die Bauern mit ihren Erzeugnissen ihre Familien ernähren können.

Ökologische und Konventionelle Landwirtschaft nicht gegeneinander ausspielen

„Jenseits vom Insektenschutz stehen die Bauern unter riesigen Druck“, sagt Axel Vogel. „Die soziale Marktwirtschaft hat bei den Bauern völlig versagt“, sagt er weiter und nennt als Beispiel die Milchpreise. Händler dürfen die Produkte nicht länger unter dem Einkaufspreis oder Erzeugerpreis verkaufen, sagt er weiter und kündigt an, den Ausverkauf der Landwirtschaft stoppen zu wollen. Dabei ist es ihm wichtig die konventionelle nicht gegen die Ökolandwirtschaft auszuspielen. Auch Vogel bewertet die Düngeverordnung kritisch. In Brandenburg wird der Nitratgehalt in den Gewässern regelmäßig kontrolliert. Dafür sind mehr als tausend Messstellen im Einsatz. An 47 dieser Messstellen wurden erhöhte Werte ermittelt, die im Bezug zur Landwirtschaft stehen. Das entspricht einer Rate von 2,3 Prozent. In Bundesländern mit wesentlich mehr Tierhaltung sieht dies in der Tat oft ganz anders aus.

Uwe Feiler, Staatssekretär im Bundeslandwirtschaftsministerium
Foto: Silvia Passow

„Wir sind nicht die Bösen“,

sagt Landwirt Uwe Jürgens aus Wustermark

Jürgens, der im letzten Jahr Paten für einen Blühstreifen auf einem seiner Felder suchte, sagt, sein Berufsstand werde in den Medien oft schlecht dargestellt. „Dabei sind wir in Brandenburg doch eigentlich ganz gut“, sagt er. Was er sich wünscht: „Mittel wie Glyphosat erst vom Markt nehmen, wenn es entsprechenden Ersatz gibt.“

Landwirt Uwe Jürgens aus Wustermark
Foto: Silvia Passow

Christoph Plass, konventioneller Kartoffelbauer und Vorsitzender der Initiative „Land schafft Verbindung“ sagt, er halte die Messstellen „für Schrott“. Und er vermisst den Zugang zu den dort gewonnen Daten. Sein Problem mit seinen Feldfrüchten ist ganz anderer Natur. Lange Wege, um eine Kartoffel-Sortier-Station zum Abpacken zu finden. Ähnlich geht es auch Landwirten mit Tierhaltung, die einen Mangel an Schlachthäusern in der Umgebung beklagen.

Enrico Voigt aus Gülpe sieht sich mit seiner Agrargenossenschaft umzingelt von Naturschutzgebieten, wie es sagt. „Wir haben Flächen, auf denen konnten wir immer konventionell anbauen. Nun muss es plötzlich öko sein“, sagt er.

Johannes Funke warnt vor einer Spaltung zwischen den Landwirten, wenn die einen, deren Felder am Naturschutzgebiet Auflagen erfüllen müssen und andere nicht.

Hier fand die Veranstaltung statt, in der Waldschule Pausin
Foto: Silvia Passow

Schönwaldes Bürgermeister Bodo Oehme (CDU) sagt: „Mir fehlt ein klares Bekenntnis zur Landwirtschaft in Brandenburg. Einem Bekenntnis, dem Taten folgen müssen.“ Die regionale Milch im Supermarkt an der Ecke komme selten aus Brandenburg. „Bei uns ist von drei Milchbauern noch einer übrig“, sagt er. Statt der Kühe stehen hier nun Pferde auf den Wiesen, sagt er.

Uwe Feiler sieht noch ein anderes Problem. „Es läuft auch etwas falsch zwischen den Städtern und der Landbevölkerung“, sagt er.

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