Eine unfassbare Tragödie

In Krefeld brannte in der Sylvester-Nacht das Affenhaus des Zoos nieder

Kommentar von Silvia Passow

Foto: Pixabay

Die erste Meldung des Jahres 2020 ist tieftraurig, macht fassungslos und doch ist da auch dieses kleine Wunder der zwei überlebenden Schimpansen. Die Zwei entkamen einer Flammenhölle wie durch ein Wunder. Vielleicht, wenn die Trauer etwas Raum freigibt, werden wir uns darüber freuen können, dass in dieser Nacht wenigstens eine kleine, rettende Hand sich schützend um diese zwei Wesen legte. Für mehr als dreißig Bewohner des Affenhauses reichte der Schutz dieser Hand nicht aus, sie starben, verbrannten, erstickten, jämmerlich, kläglich, schmerzlich. Vögel, kleinere Säugetiere, Menschenaffen, unter ihnen der Gorilla Massa (48), einer der ältesten Zoo-Gorillas der Welt. Mit ihm verbrannte seine Gefährtin Boma (46). Auch das Orang-Utan Weibchen Lea (24) starb, gemeinsam mit ihrer Tochter Suria (3). Der grausame Tot dieser Affen und der anderen Tiere warf einmal mehr die Frage nach dem Unsinn von Feuerwerkskörpern und Verbotszonen aber auch der Haltung von Menschenaffen in Zoos auf.

Die Anteilnahme war groß, es meldeten sich viele Zeugen. Relativ schnell wurde als Auslöser für das Feuer eine sogenannte Himmelslaterne ausgemacht. Hierbei handelt es sich um Laternen, auf denen man Wünsche niederschreibt und diese mittels Brennpaste oder Kerze, fliegen lässt. Und weil Oma uns schon als Kinder gesagt hat, dass offenes Feuer, wie zum Beispiel Kerzen, nicht unbeobachtet sein sollte, hat auch der Gesetzgeber diese Laternen, beziehungsweise deren Nutzung, 2009 verboten.

Drei erwachsene Frauen, Mutter mit zwei Töchtern, im Alter zwischen 30-60 Jahren sollen die verhängnisvollen flammenden Wünsche losgeschickt haben. Freilich nicht ahnend, was sie damit anrichten würden, so heißt es. Die drei Frauen haben sich übrigens selbst gestellt, wie die Polizei auf der daraufhin einberufenen Pressekonferenz gleich mehrfach betonte. Sie kommen aus dem Raum Krefeld, mehr wollte man, zum Schutz der Frauen, nicht sagen.

Den zwei überlebenden Schimpansen und auch den im Nachbargehege untergebrachten Affen, geht es gut, ist zu hören. Sie würden fressen annehmen. Erstaunlich, die reine Lebenserhaltung wird zum Maßstab fürs Befinden.

Die Himmelslaternen hatten die Frauen im Internet gekauft. Obwohl diese Laternen in Deutschland nicht genutzt werden dürfen, werden sie, ohne jeden Warnhinweis, verkauft. Das trifft übrigens auch auf andere Waren zu. So sind zum Beispiel auch Stromhalsbänder für Hunde in Deutschland verboten. Oder besser, ihr Einsatz. Ihr Besitz nicht, kaufen erlaubt, Nutzung nicht. Und das muss man eben doch erst einmal wissen, dass man so manches ohne jede Hürde und ohne jeden Hinweis kaufen aber eben nicht nutzen darf.

Nun könnte man davon ausgehen, dass, siehe oben, die Sache mit dem unkontrolliert durch die Luft fliegenden Feuer, den wachen Verstand reagieren und laut NEIN rufen lässt. Nun reden wir allerdings von Zeiten, in denen auf Kaffeebecher Warnhinweise vor heißer Flüssigkeit geschrieben stehen. Und wir reden von einer Nacht, in der Jeder, wirklich Jeder, also auch Menschen, die sonst keine Maschinen bedienen oder Autofahren dürfen, weil betrunken oder kognitiv auch sonst nicht dazu im Stande sind, mit explosiven Stoffen spielen dürfen. Gewaltbereite wie Debile, mit zittrigen Fingerchen oder zwei Gehirnzellen im Kopf, alle dürfen mit Sprengstoff werkeln. Sie schießen Raketen in den Himmel oder mit Böllern aufeinander, werfen letztere in Briefkästen oder durch Fensterscheiben, beschießen sich mit Schreckschusspistolen. Dagegen kommt so ein Laternchen freundlich, still und harmlos daher.

Ist die Frage, ob so ein Raketenwerfer oder vorübergehender Besitzer eines Luftabwehrgeschützes auch den Arsch in der Hose gehabt hätte und sich bei der Polizei gestellt hätte. Das Geknalle und Geschepper soll übrigens böse Geister vertreiben. Was genauso unwahrscheinlich ist, wie die Erfüllung irgendwelcher auf Reispapier geschriebener Wünsche. In anderen Ländern werden Tiere grausam erlegt, weil man ihren Hörnern oder Gedärmen heilsame Wirkung zuschreibt. Das finden wir dann zu Recht unmenschlich, regen uns über den blödsinnigen Aberglauben auf.

Letztes Silvester starben für UNSEREN Aberglauben Massa, Boma, Lea, Suria und all die anderen. Das Argument, man müsse Tiere hier in Zoos halten, weil dies für die Tiere sicherer wäre, ist mit dieser Katastrophe reichlich löchrig geworden. Denn genauso wenig, wie der afrikanische Wilderer sein Tun aufgeben möchte, mag der Deutsche Knallkopf seine noch vollzähligen Finger von der Rakete oder Batterie lassen. Denn eines ist auch klar, diese exotischen Tiere waren nicht die einzigen Opfer der vermeintlichen Geisterjagd. Unzählige Vögel, Haustiere und Wildtiere hat dieses Silvester das Leben gekostet. So berichten Suchdienste für entlaufende Hunde in Deutschland, dass sich die Zahl der vermissten Hunde am letzten Tag des Jahres verfünffache. Statt der durchschnittlich 100 Fälle pro Tag spricht man beim Suchdienst TASSO von mehr als 500 Fällen in der Silvesternacht. Dazu kommen die jährlichen Meldungen über Menschen, die Tiere ganz absichtlich mit Böllern beschießen und quälen.

Zu guter Letzt stellt sich eine weitere Frage, nämlich die der Brandsicherungsvorrichtungen in Gehegen, Ställen und überall dort, wo Tiere leben. Brennende Ställe sind gar nicht so selten und auch hier kommt es zum qualvollen Tod in den Flammen. Das Affenhaus in Krefeld war zwar der Feuerwehr inspiziert und freigegeben worden, eine Brandschutzanlage hatte es nicht. Damit steht das Gebäude nicht allein. Viele Bauten in Zoos sind schön deutlich älter, der Brandschutz nicht mehr aktuell. Hier heißt es nachholen, gerade in Zoos. Wer den Bestand der Tiere der gewährleisten möchte, sollte an deren Sicherheit denken.  

Foto: Pixabay

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