Ärzte fordern Sofortmaßnahmen zum Klimaschutz

Forschungsbericht zu Klimawandel und Gesundheit alarmiert Wissenschaftler

Gesundheit/Klimawandel                November 2019

Wird der Ausstoß an schädlichen Klimagasen nicht reduzieren erwarten uns nicht nur weiter extreme Wetterphänomene, sondern auch gravierende Gesundheitsschäden. Mit zu fünf zusätzlichen Hitzewellen im Norden Deutschlands und bis zu 30! Zusätzlichen Hitzewelle in Süddeutschland bis zum Ende des Jahrhunderts ist zu rechnen, wenn der Ausstoß nicht verringert wird. Die Hitze bleibt nicht ohne Folgen für die Gesundheit, Hitzschlag, Herzinfarkt und akutes Nierenversagen aufgrund von Flüssigkeitsmangel könnten vermehrt auftreten. Am stärksten gefährdet sind ältere Menschen, Säuglinge, Personen mit chronischen Erkrankungen und Menschen, die einer körperlich anstrengenden Arbeit im Freien nachgehen, wie zum Beispiel Bauarbeiter. Zu diesem Ergebnis kommt ein Forschungsbericht der medizinischen Fachzeitschrift „The Lancet“. Zum ersten Mal wird dieses Jahr auch ein Deutschland-Bericht des „Lancet-Countdown“ vorgestellt. Der Bericht ist Teil der „The Lancet Countdown on Health and Climate Change“ Forschungsprogrammes. Kooperationspartner sind die Bundesärztekammer, die Charité Berlin, das Helmholtz Zentrum München, das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, sowie die Hertie School.

Ausgetrocknete Seen waren 2018 und 2019 keine Seltenheit in Brandenburg
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Dem Bericht zufolge nimmt auch die Gefährdung durch Infektionskrankheiten Klimabedingt zu. Dies betrifft vor allen durch Mücken und Zecken übertragbare Erkrankungen. Mückenarten wie zum Beispiel die Tigermücke finden mit wärmeren Klima in Deutschland bessere Lebengrundlagen. So gilt besagte Tigermücke als Überträgerin diverser tropischer Krankheitserreger, wie zum Beispiel das Zika-Virus, dem Chikungunya-Virus und dem Dengue-Virus. 2007 wurde die erste Tigermücke in Deutschland entdeckt, seitdem werden immer wieder nicht nur einzelne Mücken, sondern auch größere Populationen und Mückenlarven nachgewiesen. In diesem Sommer wurde erstmals ein sogenannter Mücken assoziierter Fall des West-Nil-Fiebers nachgewiesen. Das heißt, anders als bei dem Patienten, der bereits im letzten Jahr mit dem West-Nil-Virus infizierte (der Tierarzt hatte sich bei der Untersuchung einen toten Vogels infiziert), wurde das Virus durch die Mücke übertragen. Der Fall gilt als Indiz dafür, dass es dem Virus nunmehr gelingt erfolgreich auch in heimischen Stechmückenarten zu überwintern. Das West-Nil-Virus gehört zur Familie der Flaviviren und ist damit verwandt mit den Usutu-Viren, die wiederum als Amselsterben traurige Berühmtheit erlangten. West-Nil- Viren gefährden tatsächlich in erster Linie Vogelbestände. Vögel sind die eigentlichen Wirte und für infizierte Tiere nimmt die Krankheit einen weitaus dramatischeren Verlauf, als es in den meisten Fällen für Menschen der Fall ist. Menschen gelten als Fehlwirte, wie auch Pferde, bei denen ebenfalls West-Nil- Infektionen nachgewiesen wurden. Das West-Nil-Virus verläuft in den meisten Fälle ähnlich einer starken Erkältung. Für geschwächte Menschen kann der Krankheitsverlauf zu lebensbedrohlichen Komplikationen führen.

Die Tigermücke fühlt sich zunehmend heimisch bei uns.
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Mit höheren Temperaturen tritt ein erhöhtes Blaualgenwachstum auf und Vibrio-Bakterien breiten sich in Binnengewässern und der Ostsee aus. Beide sind gesundheitsgefährdend. „Der Bericht belegt ausdrücklich, dass die gesundheitlichen Auswirkungen des Klimawandels nicht irgendwann in weit entfernten Weltgegenden spürbar werden, sondern hier und heute“, sagt Dr. Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer. Die Politik ist gefordert, muss Bedingungen schaffen, um die Risiken für die Gesundheit abzuwenden. Gesundheitseinrichtungen müssen mit ausreichendem Personal und Räumlichkeiten auf Extremwetterereignisse vorbereitet sein.

Es muss gar nicht immer das exotische Virus sein, auch die alt bekannte Salmonelle blüht bei Hitze richtig auf.
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Professorin Dr. Sabine Gabrysch, Ärztin und Professorin für Klimawandel und Gesundheit an der Charité und dem Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, betonte die enormen Chancen für die Gesellschaft durch sogenannte Win-Win-Lösungen. „Wenn wir Kohlekraftwerke abschalten und unsere Städte fahrradfreundlicher gestalten und dadurch der Autoverkehr abnimmt, nützt das nicht nur dem Klima. Diese Maßnahmen helfen auch gegen Luftverschmutzung und führen zu mehr Bewegung. Beides ist ein direkter Gewinn für unsere Gesundheit durch weniger Herz-Kreislauf- und Atemwegserkrankungen. Vorsorge ist besser als Nachsorge und die beste Vorsorge bei Klima und Gesundheit ist die rasche Verringerung unseres Ausstoßes von Treibhausgasen“, sagt sie.

Weniger Qualm tut allen gut
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Der Policy Brief für Deutschland sowie der Report für 2019 sind abrufbar unter:

http://www.lancetcountdown.ord/resources/

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